Das Duo aus einer Literaturwissenschaftlerin und einer Psychiaterin schafft nicht immer ganz ernstzunehmende, aber interessante neue Perspektiven bei der Deutung weltbekannter literarischer Werke. Der ...
Das Duo aus einer Literaturwissenschaftlerin und einer Psychiaterin schafft nicht immer ganz ernstzunehmende, aber interessante neue Perspektiven bei der Deutung weltbekannter literarischer Werke. Der Ödipus aus der Antike erscheint dabei als zeitloses Werk, wenn man daraus liest, dass alles besser gelaufen wäre, wenn die Protagonisten nicht irgendwelchen Orakeln blind gefolgt, sondern ihr eigenes Hirn eingeschaltet hätten. Wenn Menschen sich nicht als handelnde Subjekte begreifen und lieber Weissagungen glauben, wird es auch heute problematisch. Dass die Story von Artus und Merlin wirklich frauenverachtend ist, hätte ich nie geglaubt, ich fand das alles immer romantisch, aber sicherlich ist unser Bild aufs Mittelalter verklärt-verfälscht. Denn Frauen wird immer nur die Rolle der unglücklich Leidenden zugedacht. Über Guineveres Schicksal entscheidet nicht sie selbst, sie ist eine passive Heldin, und die große Liebe darf sie nicht erleben, denn weibliche Lust wurde schon im Mittelalter als Bedrohung erlebt. Dass Julia und Romeo nicht das Liebespaar sind, sondern eher zwei egozentrische pubertierende Wesen tröstet, wenn es in der Liebe mal wieder floppt (wäre auch in der Renaissance so gekommen, wenn Julia und Romeo weitergelebt hätten). Werther war schon immer ein psychopathologischer Rebell, ungeeignet für Gesellschaften jedweder Art, von daher war unser Deutschlehrer froh, dass es der gesamte Kurs nach der Lektüre geschafft hat, vollzählig zu bleiben. Mit der ganzen Vampirlektüre von Dracula "Biss zum Abendrot" verbunden ist auch die Emanzipation der Frau. Die Analyse der Frauenfiguren der Scarlet und der Melanie in Vom Winde verweht ist ebenfalls lesenswert. Momo ist kein Kinderbuch, wie die Autorinnen beweisen. Sehr schön gelungen ist die Analyse von Harry Potter als Plädoyer gegen Ausgrenzung und Klassismus jedweder Art - ein Thema des 21. Jahrhunderts. Der Schluss mit 50 Shades of Grey hat mich nicht interessiert und daher habe ich mit dem Lesen hier aufgehört, mancher Klassiker ist eben auch nur ein Schinken.
Berlin 1945: Robert Stanton und Trude Meyer begegnen sich in einer Kneipe. Er ist Offizier bei der Army, sie war im Krieg als Flakhelferin eingesetzt. Seine Sprachkenntnisse hat er von seiner Mutter, die ...
Berlin 1945: Robert Stanton und Trude Meyer begegnen sich in einer Kneipe. Er ist Offizier bei der Army, sie war im Krieg als Flakhelferin eingesetzt. Seine Sprachkenntnisse hat er von seiner Mutter, die aus Deutschland stammt. Er vermeidet aber Deutsch zu sprechen, weil dies als zu große Nähe vorm Feind ausgelegt werden könnte. In Trude begegnet ihm eine eigensinnige junge Frau mit festem christlichem Glauben und Prinzipien. Sie imponiert nicht nur ihm, sondern auch Louis Friedman, der ebenfalls Offizier in der Army ist, doch als jüdischer Emigrant den Deutschen ablehnend begegnet. Ob Trude doch ja sagt, wird sehr spannend erzählt und muss unbedingt selbst gelesen werden.
Die Autorin wagt sich an große Themen heran: Vor der historischen Weltbühne um die Schuld der Deutschen und die Überwindung von Feindbildern wird eine Geschichte „im Kleinen“ von der Liebe zweier Menschen erzählt, die von Distanz zu Nähe kommen müssen. Dabei hilft ihnen der Glaube an Gott. Die Erzählung wird lebendig untermalt – und ein Schmunzeln kann sich die Leserin oder der Leser an vielen Stellen nicht verkneifen!
Carmen Korn porträtiert 4 Frauenleben, deren Wege sich in Hamburg kreuzen, in ihrem historischen Roman, der sich auf die Recherche der Lebenswege realer Personen aus einem Hamburger Vorort stützt. Anschaulich ...
Carmen Korn porträtiert 4 Frauenleben, deren Wege sich in Hamburg kreuzen, in ihrem historischen Roman, der sich auf die Recherche der Lebenswege realer Personen aus einem Hamburger Vorort stützt. Anschaulich beschreibt Korn die Lebensbedingungen u.a. den beengten Wohnverhältnissen und gesellschaftlichen Vorstellungen. Der Roman beginnt mit Henny unter der Dusche, die ihr Vater noch montiert hat, der im 1. Weltkrieg gefallen ist. Die Dusche mit dem Vorhang bedeutet ein Stück Privatsphäre, ansonsten steht Henny unter der Fuchtel ihrer einsamen Mutter. Henny beginnt eine Ausbildung zur Hebamme und freut sich, dass ihre liebste Freundin Käthe auch die Ausbildung macht, keine Selbstverständlichkeit, da Käthe aus einem Elternhaus kommt, in dem Geld knapp ist. Aber seit ihre Brüder an Diptherie gestorben sind, ist Käthe das einzige Kind, das die Volljährigkeit erreicht. Geschätzt hätte ich es, wenn die Arbeitsbedingungen in der Klinik und Lebensumstände der dort entbindenden Frauen genauer dargestellt worden wären. Das hätte vielleicht auch den Rahmen gesprengt, dennoch fehlt mir die Schilderung der schwierigen Bedingungen lediger Mütter. Henny verliebt sich in einen Arzt, lebt ihre Leidenschaften jedoch nie aus und entscheidet sich für Lud, den Bruder von Lina. Lina ist Reformpädagogin und will nicht heiraten. Später wird auch klar, warum. Lina und Lud haben eine innige Geschwisterbeziehung, nachdem ihre Eltern im Weltkrieg verhungert sind, um ihre Kinder durchzubringen. Henny heiratet Lud, weil sie schwanger ist und das Kind nicht abtreiben will. Die beiden bekommen eine Tochter, Marike. Lud wird von einem Auto überfahren. Lina beginnt eine Beziehung zu Louise. Käthes Mutter Anna wird als Dienstmädchen im Haushalt von Ida angestellt. Ida kommt aus großbürgerlichem Elternhaus. Da ihr Vater verschuldet ist, muss Ida einen reichen Banker heiraten, den sie gar nicht liebt. Ida liebt einen mittellosen Chinesen. Auch das gehört zum Kolorit der Zeit, das die reichste Frau eigentlich die Ärmste ist. Während die anderen arbeiten müssen, um sich durchzubringen, dadurch aber Unabhängigkeit erlangen, ist Ida auf einen Versorger angewiesen und eigentlich in derselben Situation wie die Prostituierten auf St. Pauli. Käthe steht den Kommunisten nahe und bringt ihren Freund Rudi dazu sich aktiv zu engagieren, weil sie selbst durch ihre Tätigkeit im Entbindungskrankenhaus nicht zu offen ihre Sympathie für die "Roten" zeigen darf - sonst ist sie ihren Job los. Rudi hat seinen Vater nie kennengelernt, seine angebliche Mutter bringt sich später um. Rudi liebt Gedichte und wirkt wie aus einer anderen Welt. Er gehört auch nicht zu den Kommunisten, Käthe zuliebe macht er mit. Er hätte gern ein Kind und Familie mit Käthe, doch die lässt einen Abbruch vornehmen und verschweigt ihm, dass sie anschließend unfruchtbar geworden ist. Mit dem Aufstieg der Nazis ist Rudi in höchster Gefahr. Korn schildert das brutale Vorgehen der Gestapo, die Menschen niederprügeln oder in ihren Wohnungen überfallen. Rudi wird geschnappt und kommt nach Ko-La-Fu (Konzentrationslager Fuhlsbüttel). Er wird entlassen, muss später nach Dänemark fliehen, dabei hilft ihm der jüdische Arzt aus Käthes Klinik, der seinen Job weggenommen bekommt und zunächst als Landarzt weitermachen kann, bis er keinen Ausweg mehr sieht als sich umzubringen. Als die Wehrmacht Dänemark überrennt, wird Rudi erneut erwischt, später kommt er in ein weiteres Konzentrationslager Stuthof. Inzwischen klärt sich Rudis Herkunft: Er ist Sohn eines italienischen Diplomaten. Und Rudis Mutter war in Wahrheit seine Tante, die ihn großzog, weil Rudis leibliche Mutter am Tag seiner Geburt starb. Auf Betreiben seines Vaters wird Rudi aus dem Konzentrationslager entlassen, später Wehrmachtssoldat und kommt in russische Gefangenschaft. Das fand ich total unfair, dieses schwere Leben, ich vermute aber, dass es diesen Lebensweg tatsächlich so gegeben hat. Für Rudi zählt nur eines: dass er seine Käthe wiedersehen darf. Doch dies wird im Buch noch nicht berichtet. Denn auch Käthe hat unter den Nazis zu leiden. Weil ihre Mutter Anna und sie zu gutmütig sind und Fritz, den unehelichen Sohn von Mia, die das 2. Dienstmädchen bei Ida ist, bei sich bleiben lassen, weil Fritz nicht kurz vor Kriegsende zurück zur Wehrmacht und sich erschießen lassen will, werden sie verschleppt. Fritz wird in Berlin umgebracht. Das Buch endet mit einer verheißungsvollen Nachricht an Henny, die vermutet, dass Käthe überlebt hat und die sie sucht. Auch Rudis Schicksal bleibt noch im Dunkeln. Henny hat auch Schweres erlebt: In zweiter Ehe ist sie verheiratet und hat neben Marike einen Sohn, den Klaus, doch ihr Ehemann wird immer mehr zu einem Mitläufer der Nazis. Er ist es auch, der bemerkt, dass Käthe den Fritz bei sich lässt und Käthe und ihre Mutter verrät. Dies weiß Henny aber noch nicht. Klaus vertraut sich Mutter und Schwester Marike an, dass er schwul ist. Daraufhin zerbricht die Ehe der Eltern zum Kriegsende endgültig. Henny ist aber stolz auf ihre Kinder und freut sich, dass ihre Tochter Marike Ärztin werden will und studiert. Unglücklich ist sie darüber, dass Marike einen Freund hat und auch wie sie sehr jung schwanger ist. Lina und Louise, die Halbjüdin ist, überleben den Krieg und gründen eine Buchhandlung mit dem Namen des jüdischen Arztes, der sich umgebracht hat. Hennys Schwarm hatte vor dem Krieg eine Jüdin geheiratet und Elisabeth durch den Krieg gebracht. Durch Elisabeth kam der Kontakt zum italienischen Diplomaten, Rudis Vater, zustande. Die Ehe war mehr eine Vernunftehe, Elisabeth entscheidet sich, Deutschland zu verlassen, ihr Mann gibt sie frei, sie trennen sich in Freundschaft. Last but not least bekommt Ida ihren Chinesen. Lange musste sie darauf warten und Lügen und Liebschaften ihres Mannes erdulden, der ihr seine Unfruchtbarkeit verschweigt, bis sie eines Tages dahinter kommt. Idas Chinese hat inzwischen sein Geld in Übersee, in der Karibik, gemacht, dennoch war es in der Nazizeit gefährlich, ein Kind von ihm auszutragen. Ida und ihr Mann bekommen eine süße kleine Tochter, an der auch ihr Vater seine Freude hat, der nach dem frühen Tod seiner Frau, die er nur "Eichhörnchen" nannte in Guste, einer resoluten Pensionswirtin das Pendant gefunden hat. Habe ich eine Person vergessen? Man darf gespannt sein, wie es für die vielen Protagonisten weitergeht. Das war für mich auch das Schwierige: So viele verwobene Kontakte und Handlungsstränge, da bleibt nicht viel Zeit für das Herausarbeiten von Charakteren. Weniger wäre manchmal mehr gewesen. Eins hab ich aber gelernt: wie Verhütung früher funktionierte.
Kein Buch, das man mal eben so liest. Hochinformativ ist der Querschnitt über deutsche Literatur und Autorinnen im Spiegel deutscher Geschichte. Oder wussten Sie auf Anhieb von einem Ghetto in Shanghai? ...
Kein Buch, das man mal eben so liest. Hochinformativ ist der Querschnitt über deutsche Literatur und Autorinnen im Spiegel deutscher Geschichte. Oder wussten Sie auf Anhieb von einem Ghetto in Shanghai? Die Autorin gruppiert die Porträts im geschichtl. Verlauf - Kaiserreich, 1. u. 2. Weltkrieg, Exilanten, Autorinnen der BRD und DDR mit Blick auf Schlesien sowie zeitgenössische Literatur - und stellt davor eine Einleitung. Ich habe noch nie eine so präzise Analyse des Körperkultes der Nazis gelesen. Wie Menschen zwischen die Fronten geraten konnten, wird aufgezeigt: Künstlerinnen, die nach 45 als deutsche Exilanten keinen Fuß mehr fassen konnten - als zu "aus der Zeit gefallen" oder zu "expressionistisch". Dabei wären gerade diese Exilanten zu einer Aufarbeitung der deutschen Verbrechen fähig gewesen, aber so schlitterte die Gesellschaft in die Neurose "BRD" und "DDR". Sehr einfühlsam schildert die Autorin eine fiktive Begegnung zwischen "Opfern" und "Tätern" der Nazizeit auf einem Schloss. Durch die gewählte Form der Erzählung wird der häufig beschönigende Umgang mit dem Nationalsozialismus deutlich und dass das Leiden der Opfer überhaupt nicht wahrgenommen wird. Die These, dass die Deutschen kein Trauma durch den Holocaust, sondern durch die Kriegsfolgen haben, ist leider wahr. Gut der Abschluss mit dem Lebensbericht von Jennifer Teege und dem Werk Ursula Krechels. Spannend fände ich, deutsche Autorinnen, die aufgrund ihres Migrationshintergrundes nicht sofort als deutsch wahrgenommen werden, über ihre Kunst und Verhältnis zu der deutschen Vergangenheit zu hören - vielleicht in einem 2. Band?
Ich habe das Buch bei meiner Schwiegermutter gefunden und es in einem Rutsch durchgelesen. Charlotte wird - obwohl bald 40 - von ihren Eltern manipuliert und gegängelt. Sie sei zu dick, zu unsicher, nicht ...
Ich habe das Buch bei meiner Schwiegermutter gefunden und es in einem Rutsch durchgelesen. Charlotte wird - obwohl bald 40 - von ihren Eltern manipuliert und gegängelt. Sie sei zu dick, zu unsicher, nicht kommunikativ und habe kein Händchen für Männer. Im Laufe emanzipiert sich Charlotte aber, daher ist das Buch tatsächlich kein Beziehungsdrama, sondern eher die Story von Aschenputtel wird zur Frau. Gut, die Witze sind manchmal zotig, und der Schreibstil alles andere als gute Prosa, aber Frau Berg will unterhalten, und das schafft sie grandios!
Charlotte ist zur Hochzeit ihrer besten Freundin Antonia eingeladen. Antonia hat sich Charlottes Ex geangelt und ihm vorgegaukelt, sie sei schwanger von ihm, damit er sie überhaupt heiratet. Dort begegnet Charlotte der lebensklugen Holly, die das falsche Spiel von Antonia schneller durchschaut. Der frischangetraute Ehemann schmeißt sich an Charlotte ran, Antonia legt das aber anders aus, und mit Schimpf und Schande flüchtet Charlotte von der Hochzeitsgesellschaft. Charlotte arbeitet als Kardiologin, hält sich aber in Herzensdingen für unbegabt. Klempner Uwe verknallt sich Hals über Kopf in die Ärztin, ist sich aber nicht sicher, bei ihr landen zu können. Es folgen einige Irrungen und Wirrungen, bis die beiden zueinander landen. Denn zu allem Übel haben Charlottes Eltern schon den perfekten Lover für Frau Doktor ausgesucht: etwas Standesgemäßes, denn Downsizing in Liebesdingen geht natürlich gar nicht. Die Eltern bezahlen Charlotte auch die Psychologin, zu der sie seit 5 Jahren brav hingeht und sich wundert, dass es nicht besser wird. Charlotte ist zum Kontrollfreak geworden. Es ändert sich erst etwas, als sie ihr Mitgefühl für ein kleines herzkrankes Mädchen und dessen Mutter entwickelt, die sich die Herz-OP nicht leisten können (etwas an den Haaren herbeigezogen, aber gut). Charlotte beginnt, sich für etwas einzusetzen, an dem ihr Herz hängt, zum ersten Mal in ihrem Leben, und sammelt Geld für die OP. Sie macht sich dabei ihren Chef zum Feind, der solche armen Popel nicht in seiner piekfeinen Klinik haben will. Er droht ihr, dass sie nie wieder als Kardiologin arbeiten wird. Ihre Eltern sind entsetzt. Charlotte feuert ihre Psychologin. Antonias Ehe ist mittlerweile in fetten Schwierigkeiten. Sie tut so, als habe sie ihr Kind bei einem Reitunfall verloren, dabei war sie ja nie schwanger. Daraufhin ist ihr Mann am Boden zerstört und heult sich bei Charlotte aus, prompt erwischt Uwe sie dabei und zweifelt an ihrer Integrität und Liebe zu ihm. Antonia spannt ihr Uwe aus, indem sie Charlotte vorgaukelt, Uwe habe das Geld ihrer Eltern angenommen (die Eltern wollten Uwe bezahlen, dass die Finger von ihrer Tochter lässt). Als Charlotte ganz unten ist und nicht weiß, an wen sie sich wenden soll - in ihrer Wohnung wurde eingebrochen, also fühlt sie sich auch dort nicht mehr sicher - flüchtet sie zu Holly. Merke: Bevor etwas besser wird, muss man erstmal ne handfeste Krise bewältigen und sich selbst von unten nach oben katapultieren. Man fängt kein neues Leben an, und alles läuft sofort wie geschmiert. Diese Lektion muss Charlotte lernen. Diesmal checkt sie den Betrug von Antonia und als sie diese im Beisein von Uwe konfrontiert, ist diese entlarvt. Charlotte wird 40 und schwanger von Uwe! Den Rest müsst ihr selbst lesen.