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Veröffentlicht am 12.09.2021

Bis zur Honigwabe-Doppelhelix

Der perfekte Kreis
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Südengland im Sommer 1989: Nacht für Nacht machen sich Redbone und Ivan Robin Calvert an die Arbeit. Heimlich legen die beiden jungen Männer kreisrunde Muster auf den Feldern an. Die komplexen Kornkreise ...

Südengland im Sommer 1989: Nacht für Nacht machen sich Redbone und Ivan Robin Calvert an die Arbeit. Heimlich legen die beiden jungen Männer kreisrunde Muster auf den Feldern an. Die komplexen Kornkreise lösen zunehmend Aufregung aus. Gerüchte entstehen, Medien berichten: Sind es bloß Streiche oder deuten sie auf Außerirdische hin? Ungerührt von den Spekulationen setzen die beiden Freunde ihr Vorhaben fort. Ihr Ziel: Sie wollen ein Meisterwerk erschaffen, das sie „Honigwabe-Doppelhelix“ nennen…

„Der perfekte Kreis“ ist ein Roman von Benjamin Myers.

Meine Meinung:
Der Roman beginnt mit einer Art Prolog. Daran schließen sich zehn Kapitel mit kreativen Überschriften an, benannt nach der jeweiligen Kreisformation, die die Männer in diesem Kapitel erschaffen. Die Handlung erstreckt sich über einen Sommer - von Ende Juni bis Ende August.

Besonders auf sprachlicher Ebene hat mich der Roman beeindruckt. Der Ton ist unaufgeregt und geradezu poetisch. Der Schreibstil ist wortgewaltig und atmosphärisch stark. Der Roman enthält viele, teils ungewöhnliche Metaphern und Vergleiche. Vor allem in den Landschaftsbeschreibungen zeigt sich das schriftstellerische Können des Autors. Eingefügt sind mehrere Zeitungsartikel.

Die Zahl der Figuren ist übersichtlich. Redbone und Calvert stehen klar im Fokus der Geschichte. Die beiden Protagonisten sind interessant dargestellt und echte Sympathieträger. Die zwei Charaktere weisen psychologische Tiefe auf. Sie kommen authentisch, aber nicht zu gefällig daher.

Inhaltlich kann der Roman ebenfalls überzeugen. Die Idee mit den heimlich geschaffenen Kornkreisen hat mich gleich angesprochen. Die Umsetzung der Geschichte ist ebenfalls geglückt. Das Vorgehen und die Motivation der beiden Männer haben mich berührt. Zudem passt die Geschichte zum Zeitgeist und ist erstaunlich aktuell, weil auch die Themen Naturschutz und Zerstörung der Umwelt auftauchen.

Auf den kaum mehr als 200 Seiten ist die Geschichte wenig ereignisreich und spannungsärmer als erwartet. Das Erzähltempo bleibt gemächlich. Trotzdem habe ich mich beim Lesen überhaupt nicht gelangweilt.

Auch die Gestaltung des Hardcovers ist nach meiner Ansicht sehr gelungen. Die goldene Prägung der Schrift, das farblich passende Lesebändchen sowie das reduzierte, aber gut gewählte Design sind ansprechend und wirken sehr hochwertig. Erfreulicherweise wurde der englische Originaltitel („The Perfect Circle“) wortgetreu ins Deutsche übersetzt.

Mein Fazit:
„Der perfekte Kreis“ von Benjamin Myers ist ein Roman, der mich in mehrfacher Hinsicht begeistert hat. Ein Lesevergnügen mit leisen Tönen, das mir Lust darauf gemacht hat, weitere Bücher des Autors zu entdecken.

Veröffentlicht am 28.08.2021

Ein tiefer Fall

Der Mauersegler
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Prometheus, der eigentlich mit ersten Namen Marvin heißt, ist auf der Flucht vor der Polizei. Seit der Kindheit war er mit Jakob befreundet. Doch dann macht Prometheus einen schlimmen Fehler. Nun ist der ...

Prometheus, der eigentlich mit ersten Namen Marvin heißt, ist auf der Flucht vor der Polizei. Seit der Kindheit war er mit Jakob befreundet. Doch dann macht Prometheus einen schlimmen Fehler. Nun ist der Freund plötzlich tot und der Arzt versteckt sich in Dänemark.

„Der Mauersegler“ ist der zweite Roman von Jasmin Schreiber.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 13 Kapiteln, die wiederum in nummerierte Abschnitte unterteilt sind. Erzählt wird aus der Perspektive von Prometheus. Zum einen gibt es das aktuelle Geschehen, zum anderen immer wieder Rückblenden. Dieser Aufbau funktioniert prima.

Der Schreibstil ist eine der Stärken. Er ist poetisch, voller starker, frischer Bilder und eindringlich. Die Metapher des Mauerseglers wird mehrfach aufgegriffen.

Der Protagonist ist kein einfacher, durchweg liebenswerter Charakter, aber interessant ausgestaltet. Durch die inneren Widersprüche und seine Schwächen wirkt er authentisch und hat in psychologischer Sicht viel Tiefgang. Auch die übrigen Figuren werden reizvoll dargestellt.

Inhaltlich ist der Roman keine leichte Kost. Es geht um Tod und Trauer, Schuld und die Suche nach Vergebung, Krankheit und Verlust, Freundschaft und Familie. Das macht die Geschichte bewegend, ohne ins Kitschige abzudriften. Der Roman hat es außerdem geschafft, mich immer wieder zum Nachdenken anzuregen.

Auf nur etwas mehr als 230 Seiten entfaltet sich eine Geschichte, die vorwiegend auf Erinnerungen fußt und weniger von der Handlung in der Gegenwart vorangetrieben wird. Das Erzähltempo ist unaufgeregt. Dennoch kommt beim Lesen keinerlei Langeweile auf.

Besonders gut gefällt mir auch, dass das Cover von der Autorin selbst gezeichnet wurde. Es passt hervorragend zum prägnanten Titel.

Mein Fazit:
Auch mit ihrem zweiten Roman konnte mich Jasmin Schreiber überzeugen. „Der Mauersegler“ ist eine empfehlenswerte Lektüre, die mich in mehrfacher Hinsicht begeistert hat und wohl noch eine Weile nachwirken wird.

Veröffentlicht am 19.08.2021

Auf dem Bethches-Hof

Wildtriebe
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Der Bethches-Hof in Hausen (Hessen): Elisabeth, genannt Lisbeth, ist die Tradition sehr wichtig. Doch Schwiegertochter Marlies möchte nicht einfach nur Bäuerin sein, sondern sich selbst verwirklichen. ...

Der Bethches-Hof in Hausen (Hessen): Elisabeth, genannt Lisbeth, ist die Tradition sehr wichtig. Doch Schwiegertochter Marlies möchte nicht einfach nur Bäuerin sein, sondern sich selbst verwirklichen. Zwei Lebensmodelle prallen aufeinander. Kann Joanna, Marlies‘ Tochter und Lisbeths Enkelin, die beiden Frauen am Ende doch noch enger zusammenbringen?

„Wildtriebe“ ist der Debütroman von Ute Mank.

Meine Meinung:
Der Roman hat nicht die klassische Einteilung in Kapitel, sondern besteht aus kurzen Abschnitten. Die Handlung umfasst einige Jahre. Es gibt etliche Zeitsprünge. Ein etwas klarerer Aufbau wäre hilfreich gewesen.

Der unaufgeregte Schreibstil gefällt mir sehr. Er ist äußerst atmosphärisch, eindringlich und einfühlsam. Mit wenigen Worten gelingt es der Autorin, viel zu transportieren.

Drei Frauenfiguren stehen im Vordergrund der Geschichte: Lisbeth, Marlies und Joanna. Ihr Denken und Fühlen lässt sich hervorragend nachvollziehen. Die Protagonistinnen wirken sehr authentisch und sind gut ausgestaltet. Vor allem Marlies bietet eine Menge Identifikationspotenzial. Die Männer werden zwar auch realitätsnah dargestellt. Sie bleiben jedoch eher blass, was in diesem Fall nicht stört, weil die Geschichte den Fokus auf die Rolle der Frauen legt.

Thematisch geht es um das Leben auf dem Land und insbesondere um die Konflikte zwischen den Generationen. Träume, Ziele, Erwartungen - das sind drei Aspekte, die wiederholt aufkommen. Zwischenmenschliches und Schicksalsschläge machen den Roman berührend, ohne in den Kitsch abzudriften. Zugleich ist die Geschichte facettenreich und geht ausreichend in die Tiefe. Immer wieder regt sie zum Nachdenken über das eigene Leben an und konnte mich an einigen Punkten abholen.

Insgesamt ist es ein Roman der leisen Töne. Zwar passiert auf den rund 280 Seiten durchaus einiges. Das Erzähltempo ist jedoch eher ruhig, auf starke Dramatik wird verzichtet. Dennoch konnte mich die Geschichte durchweg fesseln.

Der knappe, aber passende Titel sowie das hübsche Cover sind ebenfalls sehr gelungen.

Mein Fazit:
„Wildtriebe“ von Ute Mank ist ein besonders lesenswerter Generationenroman, der mich mit seiner Authentizität und Sprache begeistern konnte. Eines meiner Lesehighlights 2021.

Veröffentlicht am 10.08.2021

Ein Ganove wider Willen

Harlem Shuffle
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New York in den 1950er- und 1960er-Jahren: Ray Carney wohnt mit seiner Frau Elizabeth in Harlem. Die beiden erwarten ihr zweites Kind. Obwohl Ray aus einer kriminellen Familie stammt, verdient er auf ehrliche ...

New York in den 1950er- und 1960er-Jahren: Ray Carney wohnt mit seiner Frau Elizabeth in Harlem. Die beiden erwarten ihr zweites Kind. Obwohl Ray aus einer kriminellen Familie stammt, verdient er auf ehrliche Weise mit dem Verkauf von Möbeln seinen Lebensunterhalt. Nun jedoch reicht das Geld nicht mehr aus. Über seinen Cousin Freddie droht er, selbst ins kriminelle Milieu abzudriften...

„Harlem Shuffle“ ist ein Roman von Colson Whitehead.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen: der erste spielt im Jahr 1959, der zweite 1961 und der dritte 1964. Diese wiederum sind in jeweils acht beziehungsweise neun Kapitel untergliedert. Ein schlüssiger Aufbau.

Der Schreibstil ist eine der Stärken des Romans. Dem Autor gelingt es, mit gelungenen Beschreibungen die Atmosphäre Harlems jener Tage heraufzubeschwören und das Innenleben seiner Figuren anschaulich und nachvollziehbar zu machen. Zudem ist die Sprache des Romans perfekt auf die damalige Zeit und das Milieu abgestimmt.

Das Erzähltempo ist weniger rasant als von Whitehead sonst gewohnt, der Roman deutlich umfassender. Auf rund 380 Seiten kommt dennoch keinerlei Langeweile auf.

Überrascht hat mich die Vielzahl an Charakteren, denn anders als vermutet spielt nicht nur Ray eine bedeutende Rolle in der Geschichte. Anfangs fiel es mir nicht leicht, den Überblick zu behalten. Die Figuren sind detailliert ausgestaltet.

Inhaltlich ist der Roman erstaunlich vielschichtig und noch facettenreicher als erhofft. Zu lesen ist eine Mischung aus Kriminalgeschichte und Familiensaga, die mir gut gefallen hat.

Ein Pluspunkt des Romans liegt auch darin, dass viel politischer und gesellschaftlicher Hintergrund transportiert wird. Die Story vermittelt einen wichtigen Teil der Historie Harlems und ist gewissermaßen eine Hommage an das berühmte Stadtviertel. So habe ich beispielsweise von den Unruhen im Jahr 1964 dort erfahren. Darüber hinaus sensibilisiert der Roman für Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe und sozialer Schicht. Und obwohl die Geschichte vor etlichen Jahrzehnten spielt, hatte ich das Gefühl, dass sie noch erstaunlich aktuell ist.

Das deutsche Cover strahlt Nostalgie aus und lädt bereits auf die Zeitreise ein. Es gefällt mir sogar besser als das der Originalausgabe. Der gleichsam prägnante wie passende Titel der amerikanischen Ausgabe wurde erfreulicherweise wörtlich übernommen.

Mein Fazit:
Auch mit seinem neuen Roman „Harlem Shuffle“ hat Colson Whitehead meine hohen Erwartungen nicht enttäuscht. Wieder einmal beweist der Autor seine Vielseitigkeit und hat mich begeistert. Für mich eines der besten Bücher dieses Jahres.

Veröffentlicht am 06.08.2021

Aufstehen mit dem kleinen Bären

Dreh hin – Dreh her 2: Aufgewacht, kleiner Bär!
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Der kleine Bär hat ein tägliches Morgenritual, denn auch er muss für den Kindergarten fertig werden. Was gibt es alles zu tun?

„Dreh hin - Dreh her 2: Aufgewacht, kleiner Bär!“ ist ein Kinderbuch von ...

Der kleine Bär hat ein tägliches Morgenritual, denn auch er muss für den Kindergarten fertig werden. Was gibt es alles zu tun?

„Dreh hin - Dreh her 2: Aufgewacht, kleiner Bär!“ ist ein Kinderbuch von Sylvia Tress.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus fünf Doppelseiten, wobei sich ein Motiv über jeweils beide Seiten erstreckt. Immer links ist ein kleiner Text zum Vorlesen abgebildet, immer rechts befindet sich das Drehelement, in dem der kleine Bär abgebildet ist. Erzählt wird die tägliche Routine des kleinen Bären in chronologischer Reihenfolge.

Die Texte von Sylvia Tress sind altersgerecht einfach und liebevoll formuliert. Drei bis vier Sätze beschreiben jeweils eine Szene. Sie sind gut verständlich, beziehen sich auf die Bilder und lassen noch Raum für eigene Entdeckungen.

Ich habe mich ein wenig gewundert, dass der kleine Protagonist keinen Namen hat. Allerdings ist das für diese Altersgruppe nicht zwingend notwendig.

Das interaktive Mitmachbuch richtet sich schon an Kleinkinder ab 18 Monaten. Dementsprechend ist es wichtig, dass der Drehmechanismus einfach funktioniert und sich gut mit der Schlaufe von ungeduldigen Händchen betätigen lässt. Das ist hier eindeutig der Fall. Auch scheint das Ganze zumindest einigermaßen robust zu sein, sodass das Buch nicht schon nach wenigen Einsätzen kaputt ist.

Inhaltlich geht es darum, dass die Mädchen und Jungen den kleinen Bären morgens beim Aufstehen, Frühstücken, Anziehen und Zähneputzen sowie auf dem Weg zur Kita begleiten. Die Auswahl der Szenen finde ich passend. Positiv aufgefallen ist mir, dass auch der Bärenvater eine Aufgabe übernimmt.

Die Bilder von Carola Sieverding gefallen mir sehr gut. Dank vieler Details gibt es viel zu sehen. Die liebevolle Gestaltung hat mich komplett überzeugt.

Das Cover entspricht wegen des großen Gucklochs dem Bild auf der zweiten Seite. Dadurch erschließt sich der Drehmechanismus sofort. Die abgerundeten Ecken sind kinderfreundlich.

Mein Fazit:
„Dreh hin - Dreh her 2: Aufgewacht, kleiner Bär!“ von Sylvia Tress ist ein durchweg gelungenes Kinderbuch. Ich bin so angetan, dass der erste Band „Gute Nacht, kleiner Bär!“ vermutlich auch noch bei uns einziehen darf.