Minou ist schon eine besondere Katze: als siebtes Kätzchen aus dem siebten Wurf ihrer Mutter Nanette, die ihrerseits auch der siebte Nachkömmling war, ist sie prädestiniert dafür, eine Hexenkatze zu sein. So hört sie es in den Geschichten ihrer Mutter, von denen sie gar nicht genug bekommen kann. Wie die pechschwarze Bella Noire, die einst einer Hexe diente, möchte Minou sein, genau so! Nur, wo findet sie ihre eigene Hexe, diejenige, für die sie bestimmt ist? Wenn es anscheinend nicht einmal Menschen gibt, bei denen sie wohnen kann, die sie, gerade sie haben wollen! Nachdem nämlich all ihre Geschwister ihre neuen Familien gefunden haben, bleibt Minou alleine bei ihrer Mutter zurück, voller Selbstzweifel. Klein ist sie, kleiner als ihre Brüder und Schwestern, und sie benimmt sich komisch, wenn Besuch kommt, der sich ein Kätzchen aussuchen möchte. Klar, sie ist schwarz, pechschwarz, wie sich das für eine richtige Hexenkatze gehört, aber da ist dieser Makel, dieses eine lange weiße Haar zwischen ihren Zehen! Sollte es daran scheitern? Nun, vorerst träumt sie jedenfalls weiter, auch dann, als endlich Lukas und Viola erscheinen und Minou mit nach Hause nehmen, in ein Haus, in dem die Kinder Emma, Michael und Baby Jakob auf sie warten, entzückt über die witzige kleine Katze, gleichzeitig laut, lärmend, stürmisch, wie kleine Kinder nun einmal sind. Zum Glück ist Minou hart im Nehmen und gewöhnt sich überraschend schnell an ihr neues Leben, auch wenn sie Vieles nicht versteht, vor allem nicht, was das mit den vielen Verboten soll, mit der ihre Menschen sie belegen und die sie, in aller Unschuld versteht sich, nicht immer einhält, nicht einhalten kann, weil sie den Sinn dahinter nicht versteht. Doch wenn sie es sich recht überlegt – eigentlich ist sie ganz zufrieden bei der chaotischen Familie, wenn da nicht dieser große, dieser unbändige Wunsch wäre, ihre Hexe zu finden und bei ihr in die Lehre zu gehen, wie dereinst die sagenumwobene Bella Noire, der sie unbedingt nacheifern möchte! Dass sie ihr neues Zuhause dann verlassen muss, weiß sie, und das erfüllt sie mit Traurigkeit, lässt sie in ihrem Herzenswunsch immer wieder wankend werden. Moralische Unterstützung und Ermutigung aber erfährt sie von ihren neuen Freunden, dem riesigen Nachbarshund Bruno, der Ratte Roko und der Krähe Corrax – die letzten beiden sind selbst Hexentiere und kennen sich aus. Sie raten der von Ängsten und Selbstzweifeln geplagten Minou, unbedingt auf ihr Herz zu hören, denn dann – ja dann werde alles, alles gut werden!
Und recht haben sie, ganz klar, denn wie könnte eine Geschichte wie diese kein Happy End haben? Ein unerwartetes freilich, obwohl – vielleicht doch nicht? Womöglich musste alles genau so kommen, wie wir es in diesem rundum sympathischen Buch lesen, einer märchenhaften Katzengeschichte – manche mögen es als Fantasy bezeichnen - , der eine hübsche, nicht alltägliche Idee zugrunde liegt und die durchgehend von dem Katzenmädchen Minou höchstpersönlich erzählt wird. Noch dazu ist sie bevölkert von einer ganzen Schar liebenswerter Charaktere – egal ob menschlicher oder tierischer Gestalt; das Böse bleibt außen vor, wie ich erfreut und befriedigt konstatieren konnte. Schlechte, übelwollende Kreaturen haben in dem freundlichen kleinen Buch mit den eleganten Illustrationen nichts verloren. Die sollen sich gefälligst in anderen Romanen tummeln – und tun das schließlich auch zuhauf!
Herzerwärmend scheint mir das passende Attribut für die Geschichte um die wackere kleine Minou, die ihren Träumen folgt und damit genau das Richtige tut. Ganz reizend und erfrischend ist auch der Stil des Büchleins! Katzenbesitzer – und ich gehe davon aus, dass die Mehrzahl aller Leser, die ihren Weg zu Elisabeth Marienhagens Hexenkatzenbuch gefunden haben, zu dieser Gruppe gehören – sind sicherlich sehr einverstanden mit der Art und Weise, in der die Autorin sich in die bezaubernden, rätselhaften, anschmiegsamen, manchmal kratzbürstigen, aber vor allen Dingen unabhängigen, eigenwilligen und freiheitsliebenden Samtpfoten hineinversetzt und aus Katzensicht das Geschehen rundherum betrachtet und erzählt. Das zeugt von Sensibilität und genauer Beobachtung, denn, sollten Katzen kognitive Fähigkeiten haben, was selbstverständlich kein Katzenfreund auch nur im Geringsten bezweifeln würde, dann könnte das genau so aussehen, wie die Autorin es in ihrer sehr gelungenen Geschichte, die den Leser unweigerlich in gute Laune versetzt, zum Ausdruck bringt!