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Veröffentlicht am 08.08.2021

Sehr gelungene Fortsetzung

Narbenherz
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Nachdem ich erst im Frühjahr „Leichenblume“ gelesen hatte, war ich sehr erfreut, als ich gesehen habe, dass es mit der Investigativjournalistin Heloise Kaldan und Kommissar Erik Schäfer bereits weitergeht. ...

Nachdem ich erst im Frühjahr „Leichenblume“ gelesen hatte, war ich sehr erfreut, als ich gesehen habe, dass es mit der Investigativjournalistin Heloise Kaldan und Kommissar Erik Schäfer bereits weitergeht. Die Autorin steigert sich mit ihrem zweiten Thriller „Narbenherz“ deutlich, was die Spannung anbelangt. Nach einem verhältnismäßig ruhigen Einstieg gewinnt die Handlung im weiteren Verlauf zunehmend an Fahrt, so dass man das Buch kaum noch aus der Hand legen möchte. Die Kapitel sind und kurz und man fliegt nur so durch die Seiten.
Gleich zu Beginn steigen wir in den Kriminalfall ein. Der 10-jährige Lukas verschwindet von der der Schule. Niemand hat ihn gesehen oder will auch nur eine Idee haben, was passiert sein könnte. Anne Mette Hancock führt sehr viele Charaktere in ihren Thriller ein. Die Eltern des Jungen, Lehrer, Erzieher, ein Verkäufer im Supermarkt... Sie legt viele Fährten und es gibt jede Menge Raum für Spekulationen. Dadurch wird die Handlung sehr vielschichtig und kurzweilig. Trotz zahlreicher Verdächtigen gelang es ihr, mich sehr lange im Dunkeln tappen zu lassen. Tatsächlich war die Auflösung vollkommen überraschend für mich. Auch wartet sie am Ende mit einem letzten Plottwist auf, der dem Leser die Kinnlade herunterfallen lässt.
Mir gefällt, dass sich Anne Mette Hancock immer etwas Besonders einfallen lässt. Im ersten Band war es die Leichenblume, eine Pflanze die einen sehr speziellen Geruch verströmt und in der Fortsetzung macht sie den Leser mit Pareidolie bekannt, dem Phänomen, in Mustern Gesichter zu erkennen, etwas, worauf ich in Zukunft sicherlich verstärkt achten werden. Ich habe dadurch das Gefühl, dass ich mir aus ihren Thrillern etwas mitnehme, dass bleibt, wenn ich das Buch schon längst beendet habe.
Neben dem Vermisstenfall kommt auch Heloises Privatleben nicht zu kurz, wodurch „Narbenherz“ eine sehr persönliche Note bekommt. Heloise ist eine Person, bei der ich schwer entscheiden kann, ob ich sie mag oder nicht. Sie ist eine Eigenbrötlerin, die es aus Selbstschutz vermeidet, andere Menschen zu nah an sich heranzulassen. Hierbei übertritt sie allerdings mehr als einmal Grenzen und verhält sich ihren wenigen Freunden gegenüber fast schon empathielos.
Sehr schön mitanzusehen ist, wie sehr die Freundschaft zwischen Heloise und Erik Schäfer gewachsen ist und wie stark sein Beschützerinstinkt ausgeprägt ist.
Für mich war dies eine sehr gelungene Fortsetzung und ich bin gespannt, was die Autorin für Heloise und Erik noch in petto hat.

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Veröffentlicht am 06.08.2021

Schneesturm und Gemütlichkeit

Dein ist die Lüge
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Nachdem mich der 10. Band der Kate Burkholder Reihe kürzlich enttäuscht hat, gelang es dem 12. Band wieder, mich völlig zu begeistern. „Dein ist die Lüge“ hat mich 350 Seiten lang gefesselt und es kam ...

Nachdem mich der 10. Band der Kate Burkholder Reihe kürzlich enttäuscht hat, gelang es dem 12. Band wieder, mich völlig zu begeistern. „Dein ist die Lüge“ hat mich 350 Seiten lang gefesselt und es kam nie auch nur ein Moment der Langeweile auf. Dabei ist das Buch meilenweit von einem Thriller entfernt, sondern eher ein Roman.
Linda Castillo weicht diese Mal von ihrem gewohnten Muster ab. Zur Abwechslung gibt es kein Gewaltverbrechen innerhalb der amischen Gemeinde. Dafür erfahren wir sehr viel über den typischen Alltag der Amischen.
Kate Burkholder ist völlig überrascht, als ihre ehemalige beste Freundin, zu der sie seit 10 Jahren keinen Kontakt hatte, vor ihr steht. Gina – ebenfalls eine Polizistin – ist verwundet und auf der Flucht, da sie laut eigenen Angaben von ihren Kollegen hereingelegt wurde.
Mitten in einem gigantischen Schneesturm finden die beiden Frauen Unterschlupf bei Adam Langacher, einem amischen Witwer mit zwei Kindern. Ich habe die häuslichen Szenen sehr geliebt. Während draußen der Schnee ohne Unterlass fiel, war sein Heim ein Kokon der Gemütlichkeit.
Adam und die Kinder sind sehr sympathische und höfliche Menschen und ich habe die Zeit mit ihnen genauso genossen, wie Kate und Gina.
In Rückblicken springt die Handlung immer wieder zurück zu der Zeit, als Kate und Gina sich kennenlernten. Wir sehen zum ersten Mal eine Kate, die noch keine Polizistin ist und begleiten sie bei ihren ersten Schritten in der modernen Welt. Diese Flashbacks empfand ich als sehr gute Idee und für mich war es interessant, mehr über die junge Kate zu erfahren.
Weiterhin werden zwischendurch kurze Kapitel aus Sicht der Verfolger eingeschoben, damit man bei all dem trauten Beisammensein nicht vergisst, dass es eine Bedrohung gibt.
Am Ende kam es dann noch zu einem Showdown, der mit Gewalt und einer Schießerei aufwartet, so dass es doch noch ein paar Thriller Elemente gab.
Mit „Dein ist die Lüge“ ist Linda Castillo ein Risiko eingegangen, in dem sie einen etwas untypischen Band geschrieben hat. Für mich ging der Plan auf und ich gebe gerne 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 27.07.2021

Zwischen Wahrheit und Fiktion

Das letzte Bild
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Ich höre mir gerne True Crime Podcasts an, wenn es ein ungelöster Fall ist, dann finde ich es oft frustrierend, die Beweggründe des Verbrechens nicht zu kennen. So ähnlich muss sich Anja Jonuleit gefühlt ...

Ich höre mir gerne True Crime Podcasts an, wenn es ein ungelöster Fall ist, dann finde ich es oft frustrierend, die Beweggründe des Verbrechens nicht zu kennen. So ähnlich muss sich Anja Jonuleit gefühlt haben, als sie von der sogenannten Isdal Frau gehört hat – eine Frau, die in den 70er Jahren in Norwegen ermordet wurde und deren Identität bis heute unklar ist.
Anja Jonuleit gibt der Ermordeten einen Namen und eine Geschichte. Dabei greift sie auf tatsächliche Hinweise und Beweismaterial zurück und baut hierauf ihren Roman auf.
Erzählt wird auf zwei Zeitebenen.
In der Gegenwart entdeckt Eva in der Zeitung das Bild einer Toten, die das Spiegelbild ihrer Mutter sein könnte. Auf Nachfrage reagiert diese abweisend, doch Eva lässt die Sache keine Ruhe und sie reist nach Norwegen um Nachforschungen anzustellen.
In der Vergangenheit begleiten wir Margarete durch die 60er und 70er Jahre. Margarete führt kein glückliches Leben. Sie hat als Kind ihre Schwester und ihre Mutter verloren und die Suche nach ihrer Familie treibt sie kreuz und quer durch Europa.
Sie ist eine Protagonistin mit Ecken und Kanten, die man nicht unbedingt als sympathisch beschreiben kann aber man entwickelt Mitgefühl für sie. Sie hat ihre Wurzeln verloren und landet bei ihrer Suche immer wieder in Sackgassen. Man fiebert mit ihr mit und wünscht ihr so sehr, endlich eine Spur zu finden. Ihre Geschichte ist vollgepackt mit vielen verschiedenen Themen, seien es die Lebeborn Heime im zweiten Weltkrieg, norwegische Fremdenlegionäre oder das Leben einer Escortdame in den 70er Jahren.
Es kommt zu keiner Zeit Langeweile auf. Auch der Handlungsstrang aus Evas Sicht ist ähnlich spannend. Sie versucht Margaretes letzte Tage zu rekonstruieren und der Leser bekommt noch einmal eine ganz andere Sicht auf die Geschehnisse von damals.
Im Gegensatz zum realen Fall der Isdal Frau löst „Das letzte Bild“ das Schicksal der Toten auf. Margarete, die zu Lebzeiten so hart wirkte, weckt im Tod dennoch Emotionen im Leser. Es macht traurig, welchen Preis sie für ihre Antworten bezahlen musste.
Abgerundet wird der Roman durch ein ausführliches Nachwort und Information zum wahren Kriminalfall.
Mir hat die Vermischung von Fiktion und Realität sehr gut gefallen und für mich war dies ein weiteres gelungenes Buch von Anja Jonuleit, welches ich gerne mit 5 Sternen bewerte.

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Veröffentlicht am 23.07.2021

Geisterstunde

Besuch aus ferner Zeit
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Der Klappentext von Katherine Webbs neuem Roman „Besuch aus ferner Zeit“ hörte sich so mystisch und interessant an, dass mir klar war, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss. Obwohl ich also mit sehr ...

Der Klappentext von Katherine Webbs neuem Roman „Besuch aus ferner Zeit“ hörte sich so mystisch und interessant an, dass mir klar war, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss. Obwohl ich also mit sehr viel Vorfreude und Motivation an den fast 600 Seiten starken Wälzer herangegangen bin, war ich relativ schnell versucht, den Roman zu pausieren. Durch die ersten Kapitel musste ich mich förmlich durchbeißen. Insbesondere der Teil, der in der Vergangenheit spielt, hatte einen zähen Start. Bethia ist eine eitle Frau, die es durch Heirat geschafft hat, ihre ärmlichen Verhältnisse zu verlassen. Sie engagiert sich im Armenhaus, jedoch nicht aus Nächstenliebe, sondern um sich zu profilieren. Generell ist sie von allem was sie tut, sei es ihr Gesang, ihre Qualität als Vorleserin etc. sehr überzeugt und sieht sich gerne im Mittelpunkt. Eines Tages beschließt sie, ihre Hilfe einer Frau aufzudrängen, die 20 Jahre in einem Heuhaufen gelebt hat. Als sie der vermeintlichen Landstreicherin gegenüber steht, fällt Bethia aus allen Wolken. Dieser Schockmoment war für mich der Auslöser, der die Blase der Trägheit zum Platzen brachte und von einer Sekunde auf die andere war ich plötzlich mitten im Geschehen. Die Handlung springt in Rückblenden weiter zurück und erzählt eine unfassbar tragische Geschichte über den Schaden, den die strengen Konventionen der Gesellschaft anrichten können.
Parallel dazu gibt es noch eine Handlung in der Gegenwart. Liv will nicht glauben, dass ihr Vater sich umgebracht hat sondern hofft täglich auf seine Rückkehr. Die Suche nach Spuren lenkt sie von ihren eigenen Problemen ab und löst gleichzeitig immer wieder Zweifel an ihrer geistigen Gesundheit in ihr aus. Nachts hört sie das Weinen eines Kindes und bei Tag steht immer wieder ein Obdachloser vor ihrer Tür und fragt nach Personen, von denen sie nie gehört hat.
Ich mochte die Atmosphäre von „Besuch aus ferner Zeit“ sehr. Man sollte allerdings ein wenig offen sein, für Dinge, die mit Wissenschaft nicht zu erklären sind, um sich richtig auf die Geschichte einzulassen. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der Lust auf eine dramatische Geistergeschichte hat. Insbesondere für die Herbstzeit finde ich den Roman sehr passend. Für mich hat es sich auf jeden Fall gelohnt, trotz des zähen Anfangs durchzuhalten, denn ich wurde mit einem sehr guten und besonderen Schmöker belohnt.

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Veröffentlicht am 11.07.2021

Eine junge Mutter im Nachkriegsdeutschland

Wenn die Hoffnung erwacht
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„Wenn die Hoffnung erwacht“ war mein vierter Roman von Lilli Beck und auch diese Geschichte hat mich komplett abgeholt und in den Bann gezogen. Inzwischen sind die Bücher der Autorin eine Garantie für ...

„Wenn die Hoffnung erwacht“ war mein vierter Roman von Lilli Beck und auch diese Geschichte hat mich komplett abgeholt und in den Bann gezogen. Inzwischen sind die Bücher der Autorin eine Garantie für mich, dass ich für einige Stunden gut unterhalten werde und völlig vom Alltag abschalten kann.
Der Titel ist hier Programm, denn nach den düsteren Kriegsjahren wird das Leben für die junge Nora endlich wieder aufregender und glücklicher. Sie verliebt sich in den charmanten Soldaten William und sieht die gemeinsame Zukunft bereits in allen Farben vor sich. Doch als William plötzlich spurlos verschwindet bleibt Nora allein und schwanger zurück – zur damaligen Zeit ein Skandal! Um ihrem strengen Vater zu entkommen flieht Nora nach München, wo sich aufgrund eines Missverständnisses großartige Chancen für sie ergeben.
Nora konnte ich von Anfang an sehr gut leiden und habe mit Spannung verfolgt, wie sich ihr Leben entwickelt. Mehr als einmal habe ich innegehalten und darüber nachgedacht, ob ich ihre verhängnisvolle Entscheidung verwerflich oder nachvollziehbar finde. Aus heutiger Sicht ist es schwer, sich so eine Situation vorzustellen aber der Roman erklärt anschaulich die gesellschaftlichen Normen Ende der 40er Jahre. Dass eine alleinerziehende Mutter eine Wohnung erhält, wäre undenkbar gewesen. Wahrscheinlich wäre ihr noch nicht einmal das Sorgerecht zugesprochen worden. Unter diesem Aspekt kann ich Noras Zwickmühle und ihren Entschluss, ihr Leben auf einer Notlüge aufzubauen verstehen.
Neben Nora spielt insbesondere die Familie Wagner eine bedeutende Rolle. Helene Wagner findet nur sehr schwer ins Leben zurück, nachdem ihr der Krieg ihre Kinder genommen hat. Da hilft auch das große Haus und das Vermögen der Familie wenig. Ihr Mann Wolf träumt davon, eine Illustrierte zu gründen. Wolf war einer meiner Lieblingscharaktere in dieser Geschichte. Ich empfand ihn als ausgesprochen sympathisch, großzügig und verständnisvoll. Außerdem hat es mir großen Spass bereitet, die Entstehung der Zeitschrift – damals noch in schwarz/weiß – zu verfolgen und darüber zu lesen, welche Themen Anfang der 50er Jahre beliebt waren.
Auch die Aufmachung des Romans gefällt mir gut. Die Covergestaltung passt sich optisch sehr gut an die anderen historischen Romane von Lilli Beck an und die vier ergeben zusammen ein stimmiges Bild. Zudem finde ich es sehr positiv, dass der Klappentext nicht zu viel verrät. Ich hatte zwar vermutet, dass ich ziemlich genau wüsste, wohin die Handlung geht, tatsächlich brachte die Geschichte einige Überraschungen mit sich und entwickelte sich anders, als zunächst angenommen.
„Wenn die Hoffnung erwacht“ habe ich sehr gerne gelesen. Die Protagonistin durchläuft eine interessante Charakterentwicklung vom jungen Mädchen zu einer erfolgreichen, berufstätigen Frau und setzt sich dabei über die Konventionen ihrer Zeit hinweg.
Hier vergebe ich gerne fünf Sterne.

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