Cover-Bild Viktor
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24,90
inkl. MwSt
  • Verlag: Urachhaus
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Generationenroman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 415
  • Ersterscheinung: 12.2021
  • ISBN: 9783825152574
Judith Fanto

Viktor

Eva Schweikart (Übersetzer)

Wien, 1914. Der junge Viktor entwickelt sich zielstrebig zum schwarzen Schaf seiner wohlhabenden jüdischen Familie. Nimwegen, 1994. Die Studentin Geertje hat es satt, dass sich ihre Familie noch immer für ihr Judentum schämt. Auf der Suche nach ihrer eigenen Identität will sie die Mauer des Schweigens endlich durchbrechen. Denn das Schicksal ihrer Familie ist allgegenwärtig – auch das von Viktor.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.09.2023

Überraschend

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[TW: Antisemitismus, Nationalsozialismus, Diskriminierung, Gewalt]

"Das wir jüdisch waren, wusste ich von Kind an, nicht aber was es bedeutete. Mein jüdisches Bewusstsein bestand hauptsächlich ...

[TW: Antisemitismus, Nationalsozialismus, Diskriminierung, Gewalt]

"Das wir jüdisch waren, wusste ich von Kind an, nicht aber was es bedeutete. Mein jüdisches Bewusstsein bestand hauptsächlich aus dem vagen Gefühl, dass wir ein unergründliches Geheimnis mit uns herumtragen, ein Geheimnis das auch mir anhaftet, wie eine nicht benennbare angeborene Abweichung, ein zusätzlicher Makel zu all meinen anderen. Erst im Laufe der Zeit fanden sich Schlüssel, die mir unsere in  Mysterien gehüllte Existenz begreiflich machten."
Viktor. S 17f.

Judith Fanto erzählt die Geschichte einer Wiener Familie die ebensogut für viele andere Jüdische Familien nach dem Zweiten Weltkrieg stehen könnten. Man spricht nicht über das Judentum, nicht über die Geschichte und am allerwenigsten über Viktor den gescheiterten, unliebsamen Spross der die Familie enttäuscht hat. Geertje, das jüngste Mitglied der Familie beschließt das sich das ändern muss und begibt sich auf Spurensuche um nicht mehr denken zu müssen das ihr Jüdisch sein ein Makel wäre. Diese Suche führt sie unter anderem nach Polen
So entfaltet sich ihr die Geschichte von Viktor die auch Teil ihrer eigenen ist und sie beginnt den Teil ihrer Identität zu entdecken den ihre Familie ihr ganzes Leben verleugnet hat. Während der Handlung wird immer deutlicher das Viktor alles andere als das schwarze Schaf der Familie war und auch Geertje, die seit sie denken konnte ein Gefühl von unvollständigkeit verfolgte verändert sich sehr.

"Als Kind war ich immer bestrebt gewesen, mein Anderssein auf ein Minimum zu reduzieren, vor allem innerhalb der Familie. Jetzt empfand ich eine innere Leere, einen Mangel an erworbener Identität, und mir wurde klar, dass ein Mensch, der sich im eigenen Stamm nicht zu Hause fühlt, die nicht automatisch anderswo ist." S. 85

Erzählt wird teilweise Geertjes und teilweise Vikrots Geschichte die sich ja aufgrund der Verwandtschaftsverhältnisse durchaus manchmal überschneiden. So wird ein lebhaftes Bild der Wiener Gesellschaft, ein Soziogramm der  jüdischen Gesellschaft und ein Stück Zeitgeschichte gekonnt in eine spannende Romanhandlung verwebt die wirklich wunderbar zu lesen ist,  einem sowohl das Gefühl des damaligen Zeitgeistes sowie auch den Eindruck vermittelt sich unmittelbar in der Geschichte zu befinden zeigt auf wie sich Jahrhundertelanger Internalisierter Antisemitismus auf die betroffenen auswirken kann und welche Folgen das für viele Menschen der Jüdischen Gemeinde haben könnte.
Ein toller Roman mit einem total unerwarteten plottwist.

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Veröffentlicht am 08.08.2021

Grandios

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"Hat dich das als Mensch verändert? Ändert sich die Identität irgendwie, wenn man einen anderen Namen annimmt?" (S. 136)

Wien, 1914. Als Studienabbrecher und Frauenheld in Verruf geraten, hat Viktor mit ...

"Hat dich das als Mensch verändert? Ändert sich die Identität irgendwie, wenn man einen anderen Namen annimmt?" (S. 136)

Wien, 1914. Als Studienabbrecher und Frauenheld in Verruf geraten, hat Viktor mit seiner Begeisterungsfähigkeit und seinem sprunghaften Verhalten keinen guten Stand in seiner Familie. Besonders seinem Vater Anton macht der jüngste Spross zu schaffen, berief sogar ein psychologisches Konsil ein, um ihn zur Vernunft zu bringen. Doch gerade seine Gewitztheit und sein Mut sollen im Zuge der Machtergreifung der Nazis und dem Beginn der Judenverfolgung die entscheidende Rettung seiner Familie sein.

Nimwegen, 1994. Geertje wächst in einer Familie auf, die ihre Vergangenheit verdrängt, sie in Kisten auf dem Speicher versteckt. Sie weiß, dass sie Jüdin ist, doch erhält auf Nachfrage bei ihren Großeltern keine Antworten, denn sie schämen sich nach dem Holocaust noch immer für das Judentum. Kurzerhand beschließt sie, der Geschichte ihrer Familie auf die Spur zu gehen und ihren ganz eigenen Weg zu gehen, sich frei zu machen von alten Ängsten, dem Trauma des Kriegs und den staubigen Fesseln der Vergangenheit.

In ihrem fantastischen Debütroman „Viktor“ erzählt Judith Fanto (aus dem Niederländischen übertragen von Eva Schweikart), basierend auf der wahren Geschichte der Wiener Familie Fanto, dem dreizehnten Stamm; eine Geschichte nach den jüdischen Wurzeln, die von ihren Großeltern und deren Vorfahren tief vergraben wurden, und der jungen Geertje die Offenlegung durch Verleumdung und Angst nicht gerade erleichtert.

Das vorherrschende Thema, das Geertje und Viktor durch die Jahrzehnte hinweg miteinander verbindet, ist die Suche nach der Identität und der Bedeutung von Namen. Was macht unser Name mit uns, wie ändert er unser Auftreten in der Welt, gegenüber anderen Menschen? Wie wichtig ist es, etwas beim Namen nennen zu können, wie notwendig für die Identität, für die Selbstermächtigung?

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Veröffentlicht am 05.08.2021

Überaus lesenswert

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Worum geht es in dem Buch?
Geertje ist eine junge Frau und lebt in Nijmegen in den Niederlanden. Sie will Jura studieren, trifft sich mit ihrer Freundin Yolante und verliebt sich in den angehenden Zahnarzt ...

Worum geht es in dem Buch?
Geertje ist eine junge Frau und lebt in Nijmegen in den Niederlanden. Sie will Jura studieren, trifft sich mit ihrer Freundin Yolante und verliebt sich in den angehenden Zahnarzt Thomas.
Gleichzeitig möchte sie für sich selbst herausfinden, wie sie zum Judentum steht, da sie und ihre Familie jüdisch sind. Sie versucht, in eine jüdische Gemeinschaft einzutreten, was ihr aber nicht einfach gemacht wird. Und sie recherchiert ihre Familiengeschichte, da ihr ihre Großeltern nicht alles sagen wollten, was damals in deren Heimat – in Wien – während der Nazi-Zeit passierte.
Geertjes Großvater Felix hatte einen Bruder, namens Viktor, der als Frauenheld galt. Außerdem galt er als sehr kreativ, was seine Geldverdienstmöglichkeiten anbelangte.
Geertje recherchiert und ändert parallel dazu ihren Vornamen. Geertje passt nicht zu ihr – das fühlt sie nicht nur, das haben ihr auch mehrere Leute gesagt. Sie nennt sich von nun an Judith.

Meine Meinung zu diesem Buch:
„Viktor“ ist ein flüssig geschriebenes und lesenswertes Buch aus der auktorialen Erzählperspektive (kein Ich-Erzähler). Sofort bin ich mitgerissen von den Ereignissen rund um die Familie Fanto in Wien. Sie sind Juden, sie feiern jüdische Feste. Wenn ich Ausdrücke und Wörter zu diesem Thema, die in dem Buch fallen, nicht kenne, kann ich ihre Bedeutung am Schluss des Buches in einem Extra-Kapitel nachschlagen.
Mir gefällt der Schreibstil und manche Ereignisse in dem Buch werden mit einem Augenzwinkern geschildert. Beispielsweise ein Essen bei den Großeltern oder das Gespräch zwischen Judith und einem Rabbiner, mit dessen Hilfe sie in eine jüdische Gemeinschaft in Nijmegen aufgenommen werden will.
Als Leserin will ich wissen, wie es mit Viktor, Felix und ihren Angehörigen in Wien weitergeht. Es passieren erschütternde Dinge. Die Familie diskutiert, wie sie mit den Repressalien gegen die Juden umgehen soll. Alles ist mit einer gewissen Distanz, aber auch anschaulich und lesenswert geschrieben.
„Victor“ ist nicht nur ein Familienroman, sondern auch ein Roman über eine junge Frau, die ihren Platz im Leben sucht. Ich wünsche diesem Buch noch viele Leserinnen und Leser und empfehle es weiter.

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Veröffentlicht am 28.07.2021

Jüdische Identität zurückgewinnen

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Der Roman ‚Viktor‘ bekam in den Niederladen das Siegel: Bestes Debüt des Jahres! Und das macht natürlich neugierig und ich fragte mich: Hält es was die euphorischen Stimmen versprechen? Um es abzukürzen: ...

Der Roman ‚Viktor‘ bekam in den Niederladen das Siegel: Bestes Debüt des Jahres! Und das macht natürlich neugierig und ich fragte mich: Hält es was die euphorischen Stimmen versprechen? Um es abzukürzen: Ja! Ich bin und war eine begeisterte Leserin des Debütromans ‚Viktor‘ von Judith Fanto.
Judith Fanto, Jahrgang 1969, hat sich auf die Spurensuche ihrer eigenen Herkunft gemacht und wollte einfach mehr wissen, denn sie entstammt einer alteingesessenen Wiener jüdischen Bürgerfamilie. Die niederländsiche Juristin mit dem Fachgebiet Medizin ist Mutter von 3 Kindern und ist hochaktiv im sozialen Bereich, gründete mehrere Stiftungen. Und nun auch hervorragende Autorin. Aber trotz aller Parallelen und Gemeinsamkeiten ist es ein fiktives und kein biografisches Werk.
Dieses Buch hat zwei Erzählstränge, zum einen im Wien des Jahres 1914 wird das Leben der jüdischen Familie Rosenbaum erzählt und hier besonders vom angeblichen schwarzen Schaf der Familie: Viktor. Ein regelrechter Aufschneider, lässt nichts anbrennen, eine Lebemann und macht was er will Scheinbar! Denn was nach außen hin als undurchdacht daher kommt hat oft einen zutiefst sozialen Kern.
Der zweite Erzählstrang widmet sich Geertje, geboren in den Niederlande und 1994 Jura-Studentin in Nimwegen. Sie ist eine „nichtjüdische“ Jüdin, wie sie sich selbst bezeichnet, denn sie ist zwar Teil einer jüdischen Familie, aber die weder praktiziert noch ein Thema daraus macht. Nun will Geertje diesem Teil ihrer Wurzeln nachgehen Zum Teil auf dem Dachboden ihrer Großmutter und zum Teil in einer jüdischen Gemeinde vor Ort. Zusammengeführt werden die Stränge, da Viktor der Bruder ihres Großvater.
Beide Stränge haben ihre Stärken und sind in sich schon eine Bereicherung, aber der Strang in den 90er Jahren hat mir besonders gefallen, denn Geertje setzt sich mit ihrer familiären Identität auseinander und ergründet was das für sie bedeutet! Sie will herausfinden und erspüren was es mit ihr macht und wer sie als Jüdin ist.
Wirklich spannend wie die Autorin sich mit dem Judentum und den historischen Ereignissen hier literarisch auseinandersetzt und das in einer leicht lesbaren Art. Auch beschreibt sie die Orte, also das historische Wien und dengegenwärtigen Nimwegen so plastisch, dass man es sich gut vorstellen kann.
Ich bin überzeugt und wünsche dem Roman sehr sehr viele Leser:innen, vor allem da es kein Roman aus einem der großen Verlagshäuser ist!

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Veröffentlicht am 04.07.2021

Grandioser und absolut lesenswerter Roman

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Der Roman "Viktor" überstrahlt für mich in diesem Jahr (fast) alle anderen Bücher, die ich gelesen habe, und unter meinen Highlights nimmt er einen absoluten Spitzenplatz ein. Dieses Buch schafft es, ...


Der Roman "Viktor" überstrahlt für mich in diesem Jahr (fast) alle anderen Bücher, die ich gelesen habe, und unter meinen Highlights nimmt er einen absoluten Spitzenplatz ein. Dieses Buch schafft es, der düsteren Geschichte einer jüdischen Familie durch das 20. Jahrhundert mit leichter Hand und feinsinnigem, eleganten Humor zu folgen und dennoch die dunkel Seite der Tragik nicht auszusparen.

Durch die persönlich stark involvierte Perspektive der Ich-Erzählerin Geertje, die sich in den 1990er Jahren auf die Suche nach ihrem jüdischen Familienerbe macht, wird dem Roman eine authentische, unverbrauchte Stimme verliehen. Geertjes, später Judiths, völlig unbedarftes Erleben der Regeln des Judentum, die sie trotz ihrer jüdischen Familie zeitweise überfordern, sind komisch, unterhaltsam und fremd, aber auch sehr faszinierend. Geertje/Judiths Geschichte wechselt mit der Erzählebene, in der das Leben Viktors im Wien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschrieben wird, ab. In den Viktor-Teilen gelingt es der Autorin auch düstersten Erlebnissen mit bedachter Komik zu begegnen. Viktor als Figur ist ausgesprochen apart, unerschrocken, interessant und liebenswert (obwohl er selbst eine solche Kategorisierung zurückweisen würde). Überhaupt ist jede Figur bis ins Detail speziell und besonders, aber nicht verschroben, sondern eben einfach erzählenswert.

Sprachlich und stilistisch ist das Buch einfach unglaublich gelungen. Es strahlt einfach, ist sehr besonders und irgendwie drängt sich mir immer wieder das Wort "vornehm" auf. Vor der Autorin kann man auf jeder Ebene nur den Hut ziehen, denn dem finstersten und meisterzähsten Kapitel der Geschichte des 20. Jahrhunderts mit soviel Leichtigkeit, Unverbrauchtheit und Stil zu begegnen und dabei noch einen Roman zu erschaffen, der diesen Glanz hat - das ist kein leichtes Unterfangen.

Dies ist ein sensationell guter Roman, der für jeden geeignet ist, der ausgezeichnete Literatur mag, sich über neue Wege freut und ungewöhnliche Familiengeschichten mag.

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