Mitreißend
Die drei Freunde Carl, Artur und Isi mögen charakterlich verschieden sein, doch eint sie, dass sie der ärmeren Schicht entstammen und alle aus unterschiedlichen Gründen ohne Familienrückhalt sind. Mit ...
Die drei Freunde Carl, Artur und Isi mögen charakterlich verschieden sein, doch eint sie, dass sie der ärmeren Schicht entstammen und alle aus unterschiedlichen Gründen ohne Familienrückhalt sind. Mit dem Wunsch, diesem Leben zu entfliehen, kombinieren sie ihre Eigenschaften, werden kreativ, geschäftstüchtig und bewegen sich an den Grenzen der Legalität oder darüber hinaus.
Durch den Beginn des ersten Weltkrieges wird ihre bis dahin beschauliche kleine Welt auf den Kopf gestellt und ihre Wege trennen sich zwangsweise, obwohl sie im Herzen verbunden bleiben, aneinander denken und (vielleicht nur) so überleben.
Ist das Buch zu Beginn noch aus der Ich-Sicht Carls geschrieben, werden nun die Vorfälle um Artur und Isi aus allwissender Erzählersicht dargestellt, was mich ihnen weniger nah sein lässt als Carl.
Der Krieg nimmt somit auch den Großteil des Buches ein. Teilweise recht detailliert und bildreich werden die Grausamkeiten dem Leser vor Augen geführt. Haben die Drei im Kindesalter noch unbedarft und oft mit mehr Glück als Verstand Situationen getrotzt, müssen sie sich nun auf mitunter dramatische Weise den Umständen stellen und an ihnen wachsen - jeder weiterhin auf seine ganze eigene Art; mit kühlem Verstand, mit frecher List oder mit harten Fäusten.
An einigen Stellen kommen dabei allerdings zu häufig Zufälle ins Spiel. Gleiches gilt für Querverbindungen, die zwischen ihnen immer wieder geschaffen werden, um die Geschichte zusammenzuhalten.
Die damalige Zeit (im Buch 1910-1918), Örtlichkeiten und Vorfälle wurden vom Autor gut recherchiert, und die historische Darstellung ist gelungen. Etwas mehr Grautöne wären dennoch wünschenswert gewesen, denn Viele(s) ist/sind nur schwarz-weiß. Er hat die Stimmung der damaligen Zeit gut eingefangen, und als Leser wird man trotz der ruhigen Erzählweise hineingezogen. Die Höhen und Tiefen dieser Jahre lassen sich hautnah miterleben. Es ist ein Hoffen und Bangen, ein Mitleiden mit den Heranwachsenden, das sich im Laufe der Handlung zuspitzt, weil der Autor den Dreien (zu) viel zumutet. Manchmal sind es nur wenige Worte, ein kurzer Satz - und Peng! Nicht nur dem Protagonisten wird der Boden unter den Füßen weggerissen, auch dem Leser, und Gänsehaut stellt sich ein.
Abschnitte oder Kapitel enden ohnehin oft mit einen Teaser, was die Spannung hochhält und das flüssige zu lesende Buch weiter in der Hand halten lässt.
Das Ende hat mich dann jedoch etwas überrascht, denn mit einem Cliffhanger und offenen Strängen hatte ich bei einem derartigen Wälzer nicht gerechnet.