Cooles Storytelling mit Insiderwissen kombiniert
Tote schweigen nieSektionsassistentin Cassie Raven ist so gar nicht das, was der geübte Thrillerleser gewohnt ist: die Londonerin mit polnischen Wurzeln ist der neue Star der Gerichtsmedizin, hat Piercings, Tattoos und ...
Sektionsassistentin Cassie Raven ist so gar nicht das, was der geübte Thrillerleser gewohnt ist: die Londonerin mit polnischen Wurzeln ist der neue Star der Gerichtsmedizin, hat Piercings, Tattoos und redet mit den Toten. Und trifft damit voll ins Schwarze. Eben weil sie so erfrischend anders ist, hat sie sich in mein Herz geschlichen. Irgendwie hat sie mich an die exzentrische und unkonventionelle Abby aus »Navy CIS« erinnert.
Der neue Pathologe ist genau das Gegenteil von ihr: geschniegelt, mit Anzug und ziemlich eingebildet. Cassie findet ihn auf Anhieb unsympathisch - und ich auch. Gelingt es den beiden trotzdem, ein angenehmes Arbeitsklima zu schaffen? Es war auf jeden Fall spannend, das berufliche Techtelmechtel zwischen ihnen mitzuverfolgen.
Auch der Fall hat es ordentlich in sich. Als Cassie ihre erste „bekannte Leiche“ auf den Tisch bekommt, ist sie zuerst erschrocken. Es ist Mrs. E. - eine Lehrerin, die Cassie damals aus den Sumpf geholt und zum Abitur überredet hat. Ihr hatte Cassie viel zu verdanken. Und nun liegt die einstige Mentorin tot auf ihrem Sektionstisch. Die Todesursache ist unklar; es wird zunächst vermutet, dass Mrs. E. alkoholisiert in der Wanne ertrunken ist. Aber Cassie kann und will das nicht glauben und beginnt nachzuforschen.
Zitat: Jetzt beugte sich Cassie zu ihr herab, während sie vorgab, den Rücken der Frau nach Hämatomen abzutasten, und flüsterte: „Wir finden raus, was mit ihnen passiert ist, Mrs. E.“
Als eine Leiche in der Pathologie verschwindet, greift eine weitere Figur ins Geschehen ein: DS Phyllida Flyte. Sie und Cassie sind völlig unterschiedliche Charaktere, was zu zwischenmenschlichen Spannungen führt. Letztendlich machen sie die Story in meinen Augen aber erst authentisch, denn im realen Berufsleben ist auch nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Man versteht sich nicht zwangsläufig mit jedem Kollegen, das ist doch völlig normal.
Der Schreibstil der Autorin entwickelt einen gewissen Sog und lässt sich locker lesen. Man driftet gänzlich ab und kann sich super in die Story einfinden. Ohne Schnörkel, ohne Ausschweifungen, einfach auf den Punkt gebracht.
Persönliches Fazit: „Tote schweigen nie“ ist der Auftakt zu einer neuen Forensik-Thriller-Reihe von A. K. Turner. Mir hat dieser erste Teil unglaublich gut gefallen, insbesondere der Hauptprotagonistin wegen, die absolut nicht ins klassische Bild einer Ermittlerin oder Rechtsmedizinerin passt. Hier wurde gut konstruiertes Storytelling mit coolem Insiderwissen kombiniert. Unbedingt lesen!