Das dunkle Meer
Der Tod und das dunkle MeerNachdem mir Turtons Erstlingswerk schon überraschend gut gefallen hat, musste ich "Der Tod und das dunkle Meer" natürlich auch lesen.
Und ich wurde nicht enttäuscht, denn auch hier haben wir wieder eine ...
Nachdem mir Turtons Erstlingswerk schon überraschend gut gefallen hat, musste ich "Der Tod und das dunkle Meer" natürlich auch lesen.
Und ich wurde nicht enttäuscht, denn auch hier haben wir wieder eine stimmungsvolle, mysteriöse und grade zu Beginn leicht verwirrende Story, deren Auflösung mir sogar noch besser gefallen hat als bei Evelyn Hardcastle.
Ich brauchte anfangs zwar meine Zeit, um erstmal reinzukommen, das macht aber gar nichts, weil die Geschichte so ausgelegt ist, dass sie sich nach und nach entfaltet und man immer klarer sieht.
Der Narrativ wechselt zwischen verschiedenen Figuren, wobei die beiden Hauptcharaktere eindeutig Arent und Sara sind.
Arent ist der Assistent des Detektivs Sammy und landet nur an Bord des Schiffes seines Onkels, weil Sammy festgenommen und dorthin verschleppt wird. Er ist so eine Art edelmütiger, freundlicher Riese, stark wie ein Bär, aber eben durch und durch moralisch.
Das Schiff wird kurz vorm Ablegen verflucht und als immer mehr seltsame bis gruselige Dinge geschehen, muss Arent die Detektivrolle übernehmen, um herauszufinden, was vor sich geht.
Sara ist die Frau von Arents Onkel, dem Generalgouverneur von Batavia. Sie verachtet ihren Mann, der sie schlägt und generell ziemlich furchtbar ist, aber auch den goldenen Käfig, in den sie hineinheiraten musste.
Ihr größter Wunsch ist Freiheit für sich und ihre super intelligente Tochter Lia (die ihre Fähigkeiten geheim halten muss, weil sie sich für ein Mädchen nicht gehören).
Auch Sara möchte wissen, was vor sich geht und schließt sich den Ermittlungen an.
An Bord befinden sich natürlich auch diverse andere Charaktere, die man erstmal kennenlernen und auseinanderhalten können muss.
Heraus stechen im Gegensatz zum Vorgänger hier diesmal vor allem die weiblichen Figuren, allen voran natürlich Sara und Lia, die schlau, talentiert und dennoch bodenständig sind.
Außerdem ist da Creesjie, die Geliebte des Generalgouverneurs und beste Freundin von Sara. Die Zuneigung der beiden zueinander war einer meiner Lieblingsaspekte des ganzen Buches.
Die Frauen brechen mit ihren Rollen und den damit verbundenen Erwartungen, sind Subjekte statt Objekte, zeigen, dass auch sie fähig sind. Welches Wissen und welche Fähigkeiten allerdings als wertvoll und erstrebenswert gelten, wird ausschließlich durch eine männliche Linse gesehen, die auch die Frauen verinnerlicht haben. Da die Geschichte aber im 17. Jahrhundert spielt, ist das schon in Ordnung. Immerhin schlagen wir uns heute noch damit rum.
Die Männer wirken leider etwas blass und eintönig, denn bis auf Sammy, der über den Großteil der Story off page ist, sind absolut alle raubeinig, extrovertiert, grobschlächtig gebaut und/oder gewaltbereit. Außerdem sind alle potenzielle Vergewaltiger, denn die Frauen dürfen einen bestimmten Bereicht des Schiffes nicht übertreten, sonst sind sie Freiwild.
Die Stimmung ist schaurig und beklemmend, was mir sehr gefallen hat. Außerdem kann man die ganze Zeit mitüberlegen und versuchen, Sachen zu kombinieren und auf die Lösung zu kommen. Ich lag nur teilweise richtig und konnte am Ende sogar noch ein bisschen überrascht werden. :)
Außerdem wird eine Content Note fällig: Es gibt wie schon gesagt häusliche Gewalt. Sara wird von ihrem Mann einmal on page geschlagen, ansonsten wird nur erwähnt, dass er sie regelmäßig bei "Missverhalten" verprügelt hat - einmal sogar so sehr, dass sie danach mehrere Tage nicht laufen konnte. Außerdem gibt es eine Vergewaltigung, die als "eheliche Pflicht" verschleiert wird und trotzdem nicht weniger widerlich ist.
Immerhin: es handelt sich dabei um eine kurze, recht schnörkellose Szene aus ihrer Sicht, die sich nicht, wie es leider so oft der Fall ist, wie die schmutzige Fantasie eines Mannes liest.
Mein Fazit: Eine größtenteils tolle Story mit einem für mich befriedigenden Ende, die an manchen Stellen aber auch etwas kürzer hätte ausfallen oder sensibler sein können.