ein spannender roadtrip
Südamerika – bei dem Begriff fällt mir zunächst einmal einer meiner Lieblingsautoren, Gabriel Garcia Marquez, ein. Dann natürlich die dazugehörigen Länder wie Brasilien, Peru, Bolivien, Chile. Aber auch ...
Südamerika – bei dem Begriff fällt mir zunächst einmal einer meiner Lieblingsautoren, Gabriel Garcia Marquez, ein. Dann natürlich die dazugehörigen Länder wie Brasilien, Peru, Bolivien, Chile. Aber auch Begriffe wie Samba und Lebensfreude.
Nach Lektüre von „Absturz überlebt“ von Kerstin Westerbeck kommen jetzt noch Menschenhandel, Prostitution, Drogen usw. dazu. Kerstin Westerbeck ist durch persönliche Verhältnisse eine tief in Südamerika verwurzelte Autorin, die sich nicht zu schade ist, auch die negativen Aspekte dieses „Subkontinents“ zu beleuchten, was bei der Bewertung dieses Romans mit einfließen muss.
Worum geht´s: Lennard Krupp ist ein Ingenieur aus Deutschland, der in Chile an einem Hafenbau-Projekt teilnimmt und sich ein paar Tage Auszeit gönnen will. So steigt er in ein Flugzeug Richtung La Paz und damit beginnt für ihn ein wilder und irrer „Überlebens“-Trip, der geprägt ist von Sex, Schwindel und Ohnmacht, der Suche nach Elena (einer weiteren Überlebenden des Absturzes) und der immer wiederkehrenden Frage, wie man mit dem Trauma, einen Flugzeugabsturz überlebt zu haben, richtig umgehen kann, ohne daran zu zerbrechen.
Mancher Leser wird sich fragen, warum ein Mann Anfang 40 und demnach in der „Mitte seines Lebens“ (oder auch Midlife-Crisis genannt) nach einem Flugzeugabsturz ständig an Sex denkt und ebensolchen mit wechselnden Partnern und mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg hat. Diese Frage habe auch ich mir während der Lektüre öfter gestellt und das ist (leider) auch ein Negativ-Aspekt dieses Romans; hier wäre weniger definitiv mehr gewesen. Wer jetzt allerdings denkt, dass es in dem Buch nur um die Demonstration männlicher Potenz geht, liegt hier falsch. Dafür ist „Absturz überlebt“ dann doch zu vielschichtig (s. o.).
Schwierig mögen auch für den ein oder anderen Leser (oder alle, die des spanischen nicht mächtig sind g) die in Spanisch gehaltenen Passagen und Sätze sein, wobei das Wichtigste direkt im Anschluss immer sinngemäß wiederholt und so übersetzt wird. Und notfalls gibt es ja auch einen Übersetzer namens – na ja, Schleichwerbung mach ich hier jetzt nicht ha ha ha.
Ein weiterer Aspekt, der die Lesefreude etwas trübt, ist die Kommasetzung. Wobei ich hier ein Auge zudrücke, da Kerstin Westerbeck keinen professionellen Lektor im Rücken hat und das sogar auf ihrer Homepage selber zur Sprache bringt (Respekt dafür, so offen mit dem Thema umzugehen!!!). Die Sache mit dem Lektor ist ein Umstand, der heutzutage leider (scheinbar) zum Autoren-Dasein dazugehört. Man kann Kerstin Westerbeck nur wünschen, dass sie die Möglichkeit erhält, jemanden zu finden, der ihr in Zukunft dahingehend mit Rat und Tat zur Seite steht.
Positiv hervorheben muss und will ich die Beschreibung der Szenen, in denen man sich wirklich vorkommt, als wäre man direkt vor Ort. Zum Beispiel, wenn der Protagonist auf eine Bergtour Richtung Machu Picchu aufbricht und oben angekommen, sich ein Panorama entfaltet, wo man einfach nur hofft, eines Tages diese Schönheit der Natur in Wirklichkeit betrachten zu können. Man spürt allerdings auch die versteckte Kritik der Autorin am Massentourismus, der dabei ist, solch unschätzbare Güter der Menschheit unwiederbringlich zu zerstören.
Das Ende bietet für den Leser eine ziemliche Überraschung und man versteht auf einmal, warum das Buch an der einen oder anderen Stelle sprunghaft, wirr und diffus wirkt und warum die Sprache eher an ein Tagebuch als an einen „normalen“ Roman erinnert.