Atmosphärischer Urlaubsschmöker und Selbstfindungsroman in einem, mit viel Humor gewürzt.
Kaputte Herzen kann man klebenDie alleinerziehende Hebamme Luisa, liebt ihre Tochter Amelie sehr. Doch Amelie hat große Probleme in der Schule und Luisa fehlt einfach die Zeit, sich neben ihrem anstrengenden und stressigen Job auch ...
Die alleinerziehende Hebamme Luisa, liebt ihre Tochter Amelie sehr. Doch Amelie hat große Probleme in der Schule und Luisa fehlt einfach die Zeit, sich neben ihrem anstrengenden und stressigen Job auch noch, rund um die Uhr, um ihre Tochter kümmern zu können. So hält sie sich, langsam aber sicher, für eine Rabenmutter. Besonders wenn sie mit anderen Müttern von Kindern, mit denen Amelie in einer Klasse geht, zusammenkommt. Diese Mütter umsorgen ihre Kids mit selbstgemachten Brot, biologisch und glutenfrei natürlich und finden auch noch ausreichend Zeit dafür, sich mit den Lehrern liebkind zu machen, damit die Kids eine bessere Note bekommen.
Seit der Trennung von Amelies Vater, der noch nicht reif war für eine Beziehung, sich nun eher sporadisch meldet, noch das er regelmäßig Unterhalt für Amelie bezahlt, versucht Luisa alles, um ihrer Tochter dennoch ein schönes Leben zu bieten.
Doch leider ist das alles andere als einfach, die Rechnungen stapeln sich, denn München ist ein teures Pflaster und zudem hat sie seit einiger Zeit dermaßen schlimme Rückenprobleme, dass sie jetzt, nach einem tragischen Vorfall in der Geburtsklinik, in der sie arbeitet, die Reißleine ziehen musste.
Für mehrere Wochen ist sie nun krank geschrieben und beschließt der Einladung ihrer Tante Mimi zu folgen, die in St. Peter Ording lebt und dort einen kleinen Bauernhof bewirtschaftet. Doch sie reist mit eher gemischten Gefühlen dorthin, denn beide hatten sich im Streit getrennt. Ganz im Gegensatz zu Amelie, die sich auf einen Tapetenwechsel freut. In St. Peter Ording angekommen, muss Louisa sich nicht nur für schwierige Gespräche wappnen, sondern auch zu sich selbst finden und begreifen, was sie wirklich will.
Doch sie ist nicht allein- eine Gruppe von einheimischen Frauen, die sich mit ihr befreunden und der attraktive Physiotherapeut Tom, wollen ihr dabei helfen…
Kristina Günaks aktueller Roman führt seine Leser ins malerische St. Peter Ording und was mir besonders gefällt in ihren Geschichten, sind die lebendigen, manchmal auch ein bisschen knorrigen Akteure, die die Storys perfekt abrunden. Dies und auch der Humor, der immer wieder durchblitzt und mich ein bisschen an die Romane von Autorin Petra Hülsmann erinnert. „Kaputte Herzen kann man kleben“, spielt nicht nur am Meer, der Autorin ist es dazu perfekt gelungen, den Ort und die Menschen dort so bildhaft zu beschreiben, dass man schon bald das Gefühl hat, man schaue Louisa, Amelie, Mimi und Fiete direkt über die Schulter.
Ich fand den Roman sehr atmosphärisch geschrieben und in diesen Zeiten, in denen man sich, dank Corona, zweimal überlegen muss, ob man überhaupt verreist, ist es wunderbar, dass man das zumindest imaginär machen kann.
Die Geschichte über Louisa ist in erster Linie ein Selbstfindungsroman. Freilich einer der unterhaltsameren Sorte, aber doch keine reine Romance. Zwar verguckt sich Louisa in den attraktiven Tom, doch auch der hat seelische Altlasten, die er mit sich herum trägt und obwohl ich schon fand, dass die Autorin beiden Tiefgang auf den Leib geschrieben hat, hätte ich mir die Entwicklung der Liebesgeschichte doch ein wenig ausführlicher geschildert gewünscht. Auch die Aussprache zwischen Louisa und ihrer Tante kam mir ein wenig zu kurz und Louisas Sinneswandel, nachdem sie wirklich viel zu lange auf der sprichwörtlichen Leitung stand, fand ich auch nicht so glaubwürdig und vor allem kam auch er zu hopplahopp daher.
Wunderbar fand ich dagegen die Szenen mit Louisas neuen Freundinnen, deren witzige Dialoge, den Zusammenhalt und nicht zu vergessen, Louisas knuffige und sehr lebhafte Tochter, die in St. Peter Ording richtig auflebt. Und auch dass die Autorin an passender Stelle erwähnt, wie wichtig eine gute und gerechte Bezahlung für Menschen in Pflegeberufen oder die in Krankenhäusern lange Dienste schieben müssen, ist. Ebenfalls, dass es nicht gerecht ist, dass Frauen immer noch weniger verdienen, als Männer und dass sich endlich etwas ändern muss. Wir haben also einen unterhaltende Geschichte, eine ernste Botschaft, eine Heldin, die sich selbst finden muss und eine kleine Liebesgeschichte.
„Kaputte Herzen kann man kleben“, ist die perfekte Lektüre für den Urlaub oder auch um einfach für zwei Stunden abzuschalten. Und die Grundstory, nebst Botschaft, traf auch meinen Nerv, aber alles in allem gesehen fand ich schon, dass noch Luft nach oben gegeben war. Daher habe ich einen Punkt bei meiner Bewertung abgezogen.
Kurz gefasst: Atmosphärischer Urlaubsschmöker und Selbstfindungsroman in einem, mit viel Humor gewürzt.