Ein durch und durch bewegender Roman
Das DamengambitBeschreibung
Ein Autounfall beraubt die achtjährige Beth Harmon ihrer Mutter und macht sie zur Vollwaise. Im Kinderheim versucht Beth der lauten und beängstigenden Realität zu entfliehen, was ihr durch ...
Beschreibung
Ein Autounfall beraubt die achtjährige Beth Harmon ihrer Mutter und macht sie zur Vollwaise. Im Kinderheim versucht Beth der lauten und beängstigenden Realität zu entfliehen, was ihr durch die grünen Beruhigungspillen, die den Kindern tagtäglich ausgegeben werden, leicht fällt. Eines Tages sieht sie den Hausmeister Mr. Shaibel vor einem Brett mit schwarzen und weißen Figuren sitzen und beginnt sich für das Spiel zu interessieren. Das junge Mädchen beweist ein außergewöhnliches Talent und spielt schon bald gegen die erfolgreichsten Männer auf dem Gebiet. Auf dem Weg vom Wunderkind zur Weltmeisterschaft droht die einsame Beth jedoch eine Schlucht aus Drogen und Alkohol zu verschlucken.
Meine Meinung
Die Romanvorlage von Walter Tevis zur erfolgreichen Netflix-Serie »Das Damengambit« wurde 1983 erstveröffentlicht (»The Queen’s Gambit«) und ist nun zum ersten Mal in einer deutschen Übersetzung im Diogenes Verlag erschienen. Die Lektüre des Romans hielt noch ein viel intensiveres Erlebnis für mich bereit, als es die grandiose Serie vermochte.
Walter Tevis schreibt in einem mitreißenden und ergreifenden Erzählstil über das bewegende Leben des Waisenmädchens Beth Harmon, sodass man kaum glauben kann, dass es sich nur um eine rein fiktive Geschichte handelt. Dem bedrückenden Gefühl alleine in der Welt zu sein, entflieht die Achtjährige mit den vom Heim ausgegebenen Beruhigungspillen und als sie durch den Hausmeister Mr. Shaibel ihre Liebe zum Schach entdeckt, kann sie an nichts anderes mehr denken, als an das Spiel mit Bauern, Springer, Läufer, Turm, Dame und König.
Beths herausragende Fähigkeiten als Schachspielerin beginnen sich zu entwickeln und schon bald spielt sie besser als Mr. Shaibel, doch ihr Talent wird in keinster Weise von der Heimleiterin gefördert, sondern vielmehr versucht im Keime zu ersticken als Beth nach einem Vorfall ein Schachverbot erhält. Als Beth mit dreizehn Jahren schließlich doch noch adoptiert wird, lockt sie das Preisgeld der Schach-Turniere mindestens ebenso sehr wie der Reiz des Spieles. Ihr Talent wird von ihrer Adoptivmutter nur zu gerne unterstützt, denn sie bekommt kaum Unterhalt von ihrem Mann und ist durch den Kauf diverser Suchtmittel immer knapp bei Kasse, sodass die Siegprämien im Schach gut gelegen kommen.
Die Entwicklungen und sozialen Hintergründe in Beths Leben sind so spannend miteinander verwoben, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Walter Tevis ist ein rundes Gesamtkunstwerk von Settig und Protagonisten gelungen, in dem nicht nur eine starke Frau in einer von Männern geprägten Welt in den Vordergrund rückt, sondern auch der Missbrauch von Alkohol und Beruhigungsmitteln und dann werden durch Beths farbige Freundin Jolene auch noch Rassismusproblematiken ins Spiel gebracht. Ich habe wirklich jede einzelne Seite über den selbstbestimmten Weg von Beth Harmon genossen!
An den ausführlichen Schilderungen von Spielzügen und nervenaufreibenden Turnieren werden Schachspieler bestimmt noch eine etwas eine größere Freude haben, als jemand, der sich mit dem Spiel nicht auskennt. Aber auch ohne diese Kenntnisse weiß Walter Tevis mit seinem imaginären Ausflug in die Schachwelt eine unheimliche Sogwirkung aufzubauen. Ich konnte mich dem Zauber von »Das Damengambit« nicht entziehen und kann den Roman (auch in Kombination mit dem Serien-Soundtrack) nur allerwärmstens empfehlen.
Fazit
Ein durch und durch bewegender Roman über ein weibliches Wunderkind in einer Männerdomäne, der sich liest, wie eine Erzählung, die so nur das Leben schreibt.
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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 26.07.2021