Cover-Bild Die Leuchtturmwärter
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: S. FISCHER
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 432
  • Ersterscheinung: 25.08.2021
  • ISBN: 9783103970371
Emma Stonex

Die Leuchtturmwärter

Roman
Eva Kemper (Übersetzer)

»Ein erstklassiges Debüt« (The Guardian), »Faszinierend wie ein aufgewühltes Wintermeer« (The Sunday Times), »Wunderbar klug und atmosphärisch« (Observer) – Der internationale Bestseller aus England

In der Silvesternacht verschwinden vor der Küste Cornwalls drei Männer spurlos von einem Leuchtturm. Die Tür ist von innen verschlossen. Der zum Abendessen gedeckte Tisch unberührt. Die Uhren sind stehen geblieben. Zurück bleiben drei Frauen, die auch zwei Jahrzehnte später von dem rätselhaften Geschehen verfolgt werden. Die Tragödie hätte Helen, Jenny und Michelle zusammenbringen sollen, hat sie aber auseinandergerissen. Als sie zum ersten Mal ihre Seite der Geschichte erzählen, kommt ein Leben voller Entbehrungen zutage – des monatelangen Getrenntseins, des Sehnens und Hoffens. Und je tiefer sie hinabtauchen, desto dichter wird das Geflecht aus Geheimnissen und Lügen, Realität und Einbildung.

Emma Stonex hat in ihrem Roman »Die Leuchtturmwärter« ein fesselndes Drama über Verlust und Trauer geschaffen – und über die Liebe, die es braucht, um das Licht am Brennen zu halten, wenn alles andere von Dunkelheit verschlungen wird.

»Ein außergewöhnliches Buch! Durch jede Seite, jede Figur hallt die dunkle, mächtige Präsenz des Meeres wider.« Raynor Winn, Autorin des Bestsellers »Der Salzpfad«

»Mystery, Liebesgeschichte und Schauerroman in einem. Ich wollte nicht, dass es endet!« S J Watson

»Misstrauen, Lügen und eine doch außergewöhnliche Liebe verbindet diese Frauen in einem Roman, der sich für Hoffnung und Zusammenhalt ebenso interessiert wie für Mord und Rache.« Guardian

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2021

Das Ende hat leider einiges kaputt gemacht

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Wie gerne hätte ich geschrieben, dass dieses Buch eines meiner bisherigen Jahres-Highlights darstellt, da mir das Buch wirklich sehr, sehr gut gefallen hat, doch dann kam das Ende und hat für mich vieles ...

Wie gerne hätte ich geschrieben, dass dieses Buch eines meiner bisherigen Jahres-Highlights darstellt, da mir das Buch wirklich sehr, sehr gut gefallen hat, doch dann kam das Ende und hat für mich vieles kaputt gemacht. Doch nun von Anfang an...

Das Buch handelt in zwei Zeitebenen, einmal im Jahr 1992, in dem ein Autor den Fall von drei verschwundenen Leuchtturmwärtern in einem Buch aufschreiben möchte und dafür die drei Frauen, beziehungsweise ehemalige Freundin der Leuchtturmwärter interviewt. Dabei kommen einige bisher ungesagte Geheimnisse zutage...

In der Zeitebene um 1972 geht es um die drei Leuchtturmwärter selbst und wie sie ihre letzen Tage im Leuchtturm verbracht haben und was dann alles geschehen ist...

Insgesamt fand ich das Buch wunderschön geschrieben, die Sprache ist sehr poetisch und bildhaft, so fängt die Autorin perfekt das Bild des einsamen Leuchtturms im wogenden Ozean ein. Man spürt richtig die Gischt auf die Haut spritzen, riecht das Salz in der Luft und hört die schreie der Möwen. Man erfährt aber auch etwas über die unglaubliche Enge und Einsamkeit, monatelang von der eigenen Familie getrennt zu sein...

Das Buch ist sehr geheimnisumwoben geschrieben, teils mutet das Buch auch sehr mystisch an und man weiss manchmal nicht was Traum ist und was Wirklichkeit! Die Autorin legt immer wieder neue Spuren ,was am letzen Tag des Verwindens der drei Wärter passiert sein könnte. Die Autorin gibt einem viele Rätsel in die Hand wie beispielsweise einen Koffer, indem ein Leuchtturmwärter hinein sieht und der Leser selbst erfährt aber nicht, was sich darin befindet. Das hielt die Spannung sehr hoch und man musste das Buch in jeder freien Minute weiter lesen...

Tja, und dann kommt der Schluss, der für mich sehr viel an diesem Buch kaputt gemacht hat. Nicht nur die sehr banale Auflösung, bei der ich als Leser einfach das Gefühl hatte die Autorin wollte fertig werden und hat einfach "irgendein Ende genommen" (In meinen Augen passte es nicht und war fast unlogisch). Doch das ist nicht alles! Auch mit den vielen Rätseln, die man im Buch angesammelt hat, wird man einfach so stehen gelassen. Ich kann mit offenen Enden normalerweise ganz gut umgehen, aber dies hat mich maßlos geärgert. Die Autorin spielt ein Spiel mit dem Leser von wegen "Ich weiss etwas, was du nicht weisst" und lässt einen dann stehen...

Die letzten paar Seiten waren dann auch noch sehr verkitscht und haben so gar nicht zu dieser mysteriösen und rauen Geschichte passen wollen.

Fazit: Eigentlich ein grandios geschriebenes Buch, rätselhaft, mystisch und sehr bildhaft, das Ende hat mir aber vieles kaputt gemacht, so dass es von mir gutgemeinte 4 Sterne gibt. Ob ich es weiter empfehlen kann? Schwierig, 3/4 vom Buch ganz sicher, aber das Ende wird wohl nicht jeder Leser gelungen finden...

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Cornwall mal etwas anders

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Die Maiden ist ein Leuchtturm draußen auf dem Meer vor der Küste Cornwalls. Wenn ich normalerweise an Cornwall denke, kommt Urlaubsfeeling auf, erscheinen schöne Landschaften und etwas seichtere Romantik ...

Die Maiden ist ein Leuchtturm draußen auf dem Meer vor der Küste Cornwalls. Wenn ich normalerweise an Cornwall denke, kommt Urlaubsfeeling auf, erscheinen schöne Landschaften und etwas seichtere Romantik vor meinem inneren Auge. All diese Dinge bringt das Debüt von Emma Stonex nicht mit, sondern vielmehr eine raue, düstere, bedrückende Atmosphäre, in der die Protagonisten lieben, leben und schließlich auch trauern müssen.

Der Roman bewegt sich in zwei Zeitebenen auf das Verschwinden der drei Dienst habenden Leuchtturmwärter zu. Eine Ebene beschäftigt sich mit den Erinnerungen der Ehefrauen zwanzig Jahre nach dem Schicksalsschlag. Hier versucht ein geheimnisvoller Autor unter Pseudonym, die Geschichte um das Verschwinden zu rekonstruieren und literarisch aufzubereiten. Die zweite Ebene ist live dabei und begleitet die Leuchtturmwärter während ihrer letzen Tage auf ihrem Leuchtturm, der Maiden.

Die drei Männer auf dem Leuchtturm sind Arthur, Bill und Vincent. Alle drei haben ihre Vergangenheit und auch ohne die Enge und Abgeschiedenheit der Maiden ihr Päckchen zu tragen. Sie sind keine Männer vieler Worte, machen fast Alles mit sich selbst aus. So konnte ich in ihre jeweilige Gedankenwelt eintauchen und sie samt ihrer dunkelsten Geheimnisse kennenlernen. Interessant waren für mich darüber hinaus die zeitintensiven Hobbys, mit denen Arthur, Bill und Vincent die freie Zeit im Turm verbringen. Etwas überraschend empfand ich ihr Engagement in Sachen Reinlichkeit. Auf dem Festland sehnen sich die Ehefrauen nach ihren Leuchtturmwärtern. Sie wohnen in Cottages, die den Familien der Wärter zur Verfügung gestellt werden. So leben die Wärterfamilien in einem Mikrokosmos aus langen Trennungsphasen, unerfüllter Sehnsucht und Eifersucht. Gehemmte Kommunikation treibt ein Fremdwerden voran, führt zu Hirngespinsten.

Die Autorin schafft eine bedrohliche Stimmung, die sich immer weiter zuspitzt bis zum alles entscheidenden Ereignis. Ihre literarische Mystik wurde zunehmend unglaublicher, so dass ich zwischendurch schon etwas Übernatürliches im Sinn hatte. So wird letztlich transparent, wozu der menschliche Verstand fähig ist, wie Einbildung zur Wahrheit mutieren kann. Besonders gefallen haben mir die verschieden Erzähl-Perspektiven, die jeweils die Sichtweise der Protagonisten einnehmen. Erst durch die Summe an Blickwinkeln wird die problematische Situation der Leuchtturmfamilien übergreifend sichtbar. Bereichernd habe ich auch das gelegentliche Abweichen vom reinen Prosatext mittels Gedichten oder Interviewaufzeichnungen empfunden.

Insgesamt hat mir der Geheimnis umworbene Roman mit seinen vielen Puzzleteilen gut gefallen. Vielleicht hätte ich mir eine etwas frühere und intensivere Aufklärung des Sachverhalts gewünscht, wobei die späte Auflösung hier auch ihren Reiz hatte. Die Anspannung und Neugier beim Lesen schwillt maximal an, weil man endlich wissen möchte, wie genau es nun zu dem Verschwinden gekommen ist.

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Das mystische Geheimnis der Maiden

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Emma Stonex spinnt angelehnt an die wahre mysteriöse Geschichte der verschwundenen drei Leuchtturmwärter der Eilean Mòr von 1900 eine fiktive, düstere Psycho-Thriller-Geschichte, die sich puzzleartig und ...

Emma Stonex spinnt angelehnt an die wahre mysteriöse Geschichte der verschwundenen drei Leuchtturmwärter der Eilean Mòr von 1900 eine fiktive, düstere Psycho-Thriller-Geschichte, die sich puzzleartig und subtil stückchenweise entfaltet. In gewaltiger Atmosphäre, die die Unberechenbarkeit und Stärke des Meeres miteinfängt, rollt Stonex abwechselnd in den Zeiten 1972 und 1992 facettenreiche Einblicke in das Seelenleben der Protagonisten auf. 1972 sprechen jeweils die Männer auf dem Leuchtturm, der Maiden Rock – Arthur, Bill und Vince haben alle ihr Päckchen aus der Vergangenheit zu tragen: Geheimnisse, Traumata, Verbrechen, Eifersucht und Verlust. Dazu macht sie das wochenlange klaustrophobische und monotone Arbeiten auf einem engen Turm mitten im gewaltigen Meer teils psychisch zu schaffen – je weiter die Kapitel schreiten, desto mehr gesellen sich wahnsinnige und mystische Elemente sowie imaginäre Gespenster in das Erzählen von Stonex. Nach und nach bahnen sich tief liegende, starke Emotionen der Männer an die tosende Oberfläche und führen zu Spannungen – die verschwiegene Vergangenheit holt sie ein.

1992 kommen die Frauen der Wärter zu Wort: Helen, Jenny und Michelle – ein Schriftsteller nimmt sich dem mysteriösen Verschwinden der Männer nochmal an und interviewt die zurückgelassenen Frauen. Die zahlreichen Möglichkeiten, Theorien und geheimnisvollen Indizien des Verschwindens wie eine verschlossene Tür, ein für zwei Personen gedeckter Tisch und angehaltene Uhren sowie das Schweigen des Leuchtturmkonzerns Trident und Vince’ Gefängnisaufenthalt fließen subtil und galant in die Geschichte mitein – und bieten umfassend Anlass für Spekulationen und Grübeleien. Auch hier versteht es Stonex ohne wörtliche Dialoge eine düster-nachdenkliche und spannende, rätselhafte Szenerie mit den Gedanken der Frauen zu kreieren, bei der auch poetische Sätze hineingewoben werden.

„Helens Erinnerungen an ihren Mann waren nur Bruchstücke, vedorrte Schuppen, die sie umwehten wie Laub, das durch die Küchentür getrieben wurde. Manchmal bekam sie eine zu fassen und konnte sie genauer betrachten, aber meist sah sie nur, wie diese Blätter um ihre Knöchel wehten, und fragte sich, wie in aller Welt sie die Energie aufbringen sollte, sie zusammenzukehren.“ S. 38

Was ist damals wirklich passiert? Wie laufen die Fäden der verschiedenen und teils tragischen Biografien ineinander? Bis zum Schluss spielt Stonex mit verschiedenen Andeutungen, Hinweisen und tückischen Geheimnissen, die sich immer wieder überwerfen und wie ein wankendes Schiff auf stürmischer See in neue Richtungen hinauslaufen, bevor am Ende zwar etwas konstruiert alle Schichten abgedeckt und die menschliche Katastrophe offenbaren. Versiert gibt sie jedem Protagonisten seinen eigenen, präzisen Anstrich in Sprache, Gedanken und Lebenslauf, während das Meer tost und weiße, mystische Vögel ihre Kreise darüber ziehen.

„Die Leuchtturmwärter“ ist ein sprachgewaltiger, eindringlicher und packender Roman über die schwere, mittlerweile automatisierte Arbeit von Leuchtturmwärtern, aber auch über menschliche Tragödien, Ungesagtes und verdrängte Emotionen. Mit starkem Sog lässt diese düster-aufwühlende Geschichte so schnell nicht los, gräbt sich mit den Wahnsinn und der Mystik tief ins Unterbewusste. Einzig und allein die letzten Kapitel sind etwas schwächer komponiert, schmälern aber nur bedingt die Lesefreude dieser psychologisch clever konstruierten Mystery-Geschichte.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Wie konnten drei Leuchtturmwärter spurlos verschwinden? Atmosphärisches und intensives Leseerlebnis

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„Auf einen Landmenschen wirkt das Meer ziemlich beständig, aber Jory weiß, dass es das nicht ist: Es ist launisch und unberechenbar, und wenn man nicht aufpasst, erwischt es einen.“

1972 verschwinden ...

„Auf einen Landmenschen wirkt das Meer ziemlich beständig, aber Jory weiß, dass es das nicht ist: Es ist launisch und unberechenbar, und wenn man nicht aufpasst, erwischt es einen.“

1972 verschwinden drei Leuchtturmwärter vom Maiden Rock-Leuchtturm vor der Küste Cornwalls spurlos. Sie lassen ihre drei Frauen Helen, Jennifer und Michelle zurück. Zwei Jahrzehnte später möchte der Autor Dan Sharp herausfinden, was mit den Männer wirklich geschah. Er spricht mit den Frauen, die alle ihre persönlichen, gut gehüteten Geheimnisse haben. Ob die Wahrheit endlich ans Licht kommt?

Emma Stonex schreibt klar, verständlich und stilistisch „schön“. Viele der treffenden, bemerkenswerten Sätze musste ich immer wieder lesen, so beeindruckt haben sie mich. Die Autorin setzt bewusst, gekonnt und abwechslungsreich ganz verschiedene sprachliche Stilmittel ein. Wenn Helen beispielsweise Dan Sharp ein Interview gibt, gibt Stonex nur das wieder, was Helen denkt, was in ihr vorgeht, was sie sagt. Was Dan Sharp zum Gespräch beiträgt, wird nicht erwähnt. Ein Dialog wird also einseitig betrachtet zum Monolog. Stonex kreiert dadurch eine besondere Atmosphäre. Die ganz eigene Stimmung, die Einsamkeit auf dem Leuchtturm, fängt sie präzise und treffend ein. Stonex erzählt nicht chronologisch. Die Erlebnisse und Gedanken der Frauen 1992 werden genauso ausführlich geschildert wie die Rückblenden aus der Zeit vor dem Verschwinden der Leuchtturmwärter. Nach und nach erhalten die Leser Bruchstücke einer Geschichte, die sich immer klarer zusammenfügt.

Wer waren die verschwundenen Männer Arthur, Bill und Vincent wirklich?
Die Leser erleben die Männer selbst in Szenen vor ihrem Verschwinden und schließen aus den Erzählungen der Frauen, was diese Männer umtreibt und bewegt.
Bill beispielsweise hat ein schwieriges Verhältnis zum Meer: „Ich kann das Meer nicht leiden, und das Meer kann mich nicht leiden.
Arthur scheint mit dem Meer und dem Leuchtturm auf unsichtbare Weise verbunden zu sein. Den Tag, an dem Leuchttürme keine Wärter mehr braucht wird, fürchtet er: „Bald und ich denke nicht gerne darüber nach, wie bald, wird eine Maschine meine Arbeit erledigen. Diese Maschine wird den Turm nicht so brauchen wie ich, sie wird ihn nicht. Mit der Technik kann das Licht eingeschaltet und die Nebelkanone abgefeuert werde, aber Technik kann sich nicht um die Leuchttürme kümmern, und das brauchen sie, jemand muss sich um ihre Substanz kümmern, um ihre Seele.“
Vince hat eine schwere Kindheit, ist in verschiedenen Pflegefamilien aufgewachsen, er gerät dabei auf die schiefe Bahn und landet im Gefängnis. Durch die Arbeit als Leuchtturmwärter versucht er seiner Vergangenheit zu entfliehen. Doch das ist nahezu unmöglich, wie seine Freundin Michelle erklärt: „Vinny wusste, dass seine Vergangenheit ihn zu Fall bringen würde. Er dachte, egal, was er tat und wie schnell er es tat, die Vergangenheit würde schon da sein und auf ihn warten.“
Mindestens genauso wichtig für die Geschichte sind die Frauen, die zurückbleiben. Helen, Arthurs Frau, fasst es Dan Sharp gegenüber so zusammen: „Die Wahrheit ist, dass Frauen wichtiger füreinander sind. Wichtiger als die Männer, und das werden sie nicht hören wollen, weil es in diesem Buch genau wie in Ihren anderen Büchern um Männer geht oder?“
Helen möchte ihren Verlust gemeinsam mit Jenny, Bills Frau, verarbeiten: „Ich glaube, dass Menschen so etwas miteinander teilen müssen. Wenn so etwas Schlimmes passiert, kann man es nicht allein durchstehen.“ Aber Jenny distanziert sich trotz des gemeinsamen Leids von Helen. Mit Michelle scheint Helen sich besser zu verstehen.
Nach und nach wird offensichtlicher, welche Päckchen die Frauen zu tragen haben, welche erschütternden Geheimnisse sie zu verarbeiten haben und warum sich die Frauen verhalten, wie sie sich verhalten. Die Autorin zeigt anschaulich, wie unterschiedlich Menschen auf das vermeintlich selbe Ereignis, auf den großen Verlust reagieren. Gleichzeitig wird klar, dass jede der klar und überzeugend ausgearbeiteten, tiefgründigen Figuren ihre eigene Wahrheit hat und die ganze Lektüre über musste ich rätseln, wie nun alles tatsächlich zusammenhängt.

Wahrheit und Wirklichkeit haben mehrere Seiten. Emma Stonex arbeitet den Fall der verschwunden Leuchtturmwärter detailliert aus verschiedenen Perspektiven auf, streift dabei unterschiedliches Genres. Am Ende entwirrt sie - zumindest weitgehend- ein komplexes Geflecht und stellt sechs sehr interessante Figuren und ihre Situation eingehend dar. Imponiert hat mir die Atmosphäre des Romans. Beim Lesen wird fast spürbar deutlich, vor welche Herausforderungen einen das Leben auf dem Leuchtturm stellt, wie dabei manchmal die Grenzen zwischen Realität und Einbildung verschwimmen und welche Auswirkungen dieses Leben auf Beziehungen haben kann. Auch wenn das Ende für manchen Geschmack möglicherweise nicht ganz zur Stimmung und Aussage des Romans passen mag, hat mich der vielschichtige, intensive, dramatische und spannende Roman über Verlust gefesselt und nachhaltig beeindruckt. Ich würde gerne mehr von der Autorin lesen.

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Der Leuchtturm im Meer

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Emma Stonex nimmt ihre Leser mit auf einen Leuchtturm an die Küste Cornwalls. "Ein Fischer hat einmal gesagt, das Meer habe zwei Gesichter. Man müsse sie annehmen... das gute wie das böse, und darf keinem ...

Emma Stonex nimmt ihre Leser mit auf einen Leuchtturm an die Küste Cornwalls. "Ein Fischer hat einmal gesagt, das Meer habe zwei Gesichter. Man müsse sie annehmen... das gute wie das böse, und darf keinem von beiden den Rücken zuwenden."

Jory kennt das Meer wie seine Westentasche – heute ist es spiegelglatt. Heute werden sie hinausfahren, hinaus auf den Maiden Rock, dem Turm im Meer. Das Anlanden dauert, endlich erreichen sie die Tür, die jedoch von innen abgeschlossen ist. Die Stahlplatte muss aufgebrochen werden, drinnen sehen sie, dass der Tisch für zwei gedeckt ist, sie aber waren drei Mann. Warum? Eine der vielen Fragen, die nicht beantwortet werden kann. Das Ölzeug der Männer hängt am Haken, die beiden Wanduhren sind stehengeblieben: Viertel vor neun zeigen sie an – ein Zufall? Ein Mysterium, das auch zwanzig Jahre später nicht geklärt ist. Ein Schriftsteller nimmt sich der Geschichte an, will von den Frauen mehr wissen. Sie jedoch haben zwar ihre Vermutungen, aber sie wissen nichts.

Emma Stonex entführt ihre Leser in eine Zeit, in der die Leuchttürme noch nicht automatisiert waren. Ihre fiktive Geschichte lehnt sich an das spurlose Verschwinden dreier Männer von einem Leuchtturm, deren Verbleib nie aufgeklärt wurde, an. Sie erzählt ihre Geschichte einmal aus Sicht der Wärter. 1972 war ihr letztes Jahr auf dem Leuchtturm, sie mussten klarkommen mit dem mitunter sehr stürmischen Meer, waren auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen, mussten sich über viele Wochen ergänzen, sich aufeinander verlassen können. Es war kein leichtes Leben, auch wenn sie viel Zeit hatten, ein Tag war lang. Trotzdem musste rund um die Uhr einer da sein, das Meer und die Schiffe beobachten und diese leiten. Zwanzig Jahre später sind die Frauen an der Reihe, jede hat ihre eigene Betrachtungsweise auf damals, hat ihre eigenen Erklärungen. Der Leser lernt Helen, Jenny und Michelle immer besser kennen und im Laufe des Buches hat sich meine Einstellung ihnen gegenüber grundlegend geändert. Von den Wärtern Arthur, Bill und Vincent erfährt der Leser viel, ihre Gemütsverfassung, ihre Lieben, ihre Abneigungen sind bald vertraut, man schätzt den einen mehr, verurteilt das Tun des anderen. Ihre Vergangenheit wird nach und nach sichtbarer, keiner kommt ungeschoren davon. Ihre Ängste und Sehnsüchte, ihre Beziehungen, die erlittenen Verluste – all das kommt zur Sprache.

Eine zuweilen mystische Atmosphäre herrscht im Turm, der man sich als Leser nicht entziehen kann. So etliche Szenen sind geheimnisvoll, unerklärbar angelegt, dass man Schein und Sein nur erahnen kann, wenn überhaupt. War das wirklich so oder bildet man sich das nur ein? Diese illusorischen Momente mochte ich sehr, die Perspektiven wechseln vom Gestern zum Heute. Mit viel Gespür führt die Autorin durch ihre Geschichte, lässt viel Spielraum für Vermutungen.

Das Ende kam zu abrupt, einer Auflösung hätte es nicht bedurft. Hier, und nur hier, war ich etwas enttäuscht. Mir hätte es sehr viel besser gefallen, wenn all diese Mystik in der Schwebe geblieben wäre. So wäre der nicht ganz greifbare, ja surreale Charakter erhalten geblieben.

Diese Erzählung ist wie eine gewaltige Woge, unbezwingbar wie das Meer, das so manches mit sich reißt - und mich hat dieser außergewöhnliche Roman mitgerissen. Ein Leseerlebnis, das nachhallt.

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