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Veröffentlicht am 13.08.2021

Zu unbedarft

Im Reich der Schuhe
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Ich gebe zu, wenn ich mich plötzlich in der aufsteigenden Wirtschaftsmacht China wiederfinden würde, wäre ich wohl ähnlich aufgeschmissen wie unser Protagonist Alex.

Der junge Jude ist aus den USA nach ...

Ich gebe zu, wenn ich mich plötzlich in der aufsteigenden Wirtschaftsmacht China wiederfinden würde, wäre ich wohl ähnlich aufgeschmissen wie unser Protagonist Alex.

Der junge Jude ist aus den USA nach Foshan gekommen, um seinen Vater in der familieneigenen Schuhfabrik zu unterstützen und die Fabrik auf lange Sicht zu übernehmen. Allerdings sieht er sich schnell mit der chinesischen Politik konfrontiert und versucht, dieses ihm so fremde Land mithilfe der jungen Arbeiterin Ivy zu verstehen.

Grundsätzlich fand ich das Setting unheimlich interessant und erfrischend neu. Das heutige China mit seinen Gegensätzen von Kultur, Glaube und Politik durch die Augen eines amerikanischen Juden zu erleben hat etwas seltsam verqueres.

Die Geschichte setzt sich aus den Erinnerungsfetzen der beiden Hauptfiguren ebenso zusammen wie aus den aktuellen Geschehnissen in der Fabrik. Aber ich glaube, dass gerade diese Gegensätze und Risse in der Erzählung dazu führen, dass der rote Faden des Ganzen nur schwer zu erkennen ist. Es ist zudem kaum ersichtlich, worauf die Erzählung überhaupt hinaus will. Was will uns Spencer Wise mit diesen manchmal fast schon plakativen Schnipseln, die vor allem der männliche Protagonist so von sich gibt, eigentlich sagen?

Und auch die Figuren können mich nicht wirklich überzeugen: Alex ist deutlich zu naiv und unbedarft geblieben, eine charakterliche Entwicklung ist kaum erkennbar. Nachdem er sich aus den Fängen des übertrieben egozentrischen Vaters befreit hat, bleibt er gleich darauf am Rockzipfel der undurchschaubaren Ivy hängen.
Die chinesischen Nebenfiguren bleiben leider zu blass, mal abgesehen davon, dass sie sich kaum voneinander unterscheiden.

Insgesamt liefert das Buch einige interessante Einblicke in eine mir fremde Kultur, kann mich aber insgesamt nicht überzeugen.

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Veröffentlicht am 13.08.2021

Tolle Grundidee

Rosa Parks
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Ich mag diese Reihe wirklich sehr, kannte aber bisher nur die etwas ausführlicheren Bücher für Kinder ab 4 Jahren.

Im Vergleich zu dieser "erwachseneren" Serie ist natürlich die Seitenanzahl reduziert, ...

Ich mag diese Reihe wirklich sehr, kannte aber bisher nur die etwas ausführlicheren Bücher für Kinder ab 4 Jahren.

Im Vergleich zu dieser "erwachseneren" Serie ist natürlich die Seitenanzahl reduziert, der Text ist sehr zurückgenommen und die Bilder stehen im Vordergrund.

Rosa Parks ist ohne Zweifel ein tolles Vorbild, von deren mutiger Geschichte jedes Kind etwas lernen kann.

Allerdings bezweifle ich etwas, dass die Zielgruppe, die dieses kleine Büchlein ansprechen möchte, diese Erzählung wirklich schon komplett begreifen können wird. Mit manchen Wörtern wird der kleine Leser vermutlich noch kaum etwas anfangen können.

Aber vielleicht ist es auch eher als Vorlesebuch geeignet, das die Kinder dazu anregen soll, den vorlesenden Eltern Fragen zu stellen und sich im Gespräch die Hintergründe auf individuelle, kindgerechte Weise erklären zu lassen (was natürlich voraussetzt, dass sich die Eltern bereits mit Rosa Parks und ihrem Leben beschäftigt haben).

Nichts destotrotz besticht es mit der für die Reihe typischen bunten, kindgerechten Illustrationen, die um robuste, dicke Pappseiten ergänzt wurden, die auch den ungeübten Erstleser-Händen widerstehen können.

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Veröffentlicht am 13.08.2021

Nicht gut genug ausgearbeitet

Der dunkle Schwarm
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Gute, überzeugende Science Fiction zu schreiben ist schwer. Dieses Gleichgewicht aus scheinbar unnützen (Technik-)Details und genügend Spannung, um den Leser bei der Stange zu halten, ist wirklich schwierig ...

Gute, überzeugende Science Fiction zu schreiben ist schwer. Dieses Gleichgewicht aus scheinbar unnützen (Technik-)Details und genügend Spannung, um den Leser bei der Stange zu halten, ist wirklich schwierig auszutarieren.

Marie Grasshoff hat grundsätzlich eine interessante Welt konstruiert, die aus heutiger Sicht gar nicht so unmöglich erscheint:
In der Welt der Zukunft kommunizieren die Menschen über Implantate, sogenannte ADICs. Die Spanne zwischen Arm und Reich ist aufs Unermessliche angewachsen. In dieser Welt führt die junge Atlas ein Doppelleben: tagsüber arbeitet sie für den größten Kommunikationsproduzenten, nachts betreibt sie dank ihres außergewöhnlihen ADICs Wirtschaftsspionage.

Das Besondere an diesem Buch ist, dass es eine in schriftliche Form gefasste Hörspielserie ist. Aber genau daran krankt die Geschichte auch ein wenig: als Hörspiel, in kurze Episoden unterteilt, muss schnell viel Spannung aufgebaut werden, ohne dass das Tempo durch zu viele unnötige (?) Hintergrundinformationen gedrosselt wird. Was als Hörspiel aber noch funktioneirt, muss als Buch nicht logischerweise auch wirken. Hier zerstören die fehlenden Infos oft den Lesefluss, lassen zu viele Fragen offen oder werden einfach zu spät erst eingeflochten. Das lässt die Handlung etwas willkürlich wirken, man fühlt sich als Leser zu wenig mitgenommen.

Das schlimmste ist allerdings, dass jede Wendung der Geschichte, jedes Problem, das den Figuren in den Weg fällt, immer mit Atlas überragender Fähigkeit gelöst wird (deren Ursprung/ Grund zudem nie so wirklich erklärt wird). Atlas wirkt damit auf Dauer einfach übermenschlich, ihre "Kräfte" wachsen zu wahrer Superpower an, die von nichts und niemandem gestoppt werden kann. Dadurch wirkt die Geschichte zum Ende hin unglaubwürdig.

Und auch für die Ausgestaltung der Figuren bleibt aufgrund der Kürze der Episoden einfach zu wenig Platz. Emotionen werden nicht fühlbar, Charakterentwicklungen wenig nachvollziehbar. Zu keiner konnte ich eine wirkliche Bindung aufbauen.

Fazit:
Grundsätzlich gefällt mir die Idee, die Geschichte enthält so einiges an Potential. Aber für ein wirklich gutes Buch sollte die nächste Staffel des Hörspiels in der Buchfassung einfach noch etwas detailierter ausgearbeitet werden.

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Veröffentlicht am 02.06.2021

Verschenktes Potential

Die Stadt der Seher
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Die Geschichte um Vastona und seine Bewohner hat so viel Potential, episch zu werden. Sie hat einen mächtigen Glaubensbund, verschwenderische Herrscher, einen gnadenlosen Gegner und einen jungen Straßenjungen, ...

Die Geschichte um Vastona und seine Bewohner hat so viel Potential, episch zu werden. Sie hat einen mächtigen Glaubensbund, verschwenderische Herrscher, einen gnadenlosen Gegner und einen jungen Straßenjungen, der mit ein wenig Glück eine große Rolle im Schicksal dieser Stadt spielen wird.

Vastona ist eine große Stadt, deren mächtige Mauern ihre Bewohner in der Vergangenheit vor jeglichen Angriffen beschützt hat. Regiert wird sie offiziell von Fürsten, im Hintergund ziehen aber deren Berater, die Mitglieder des Orden der Seher, die Fäden. Für den jungen Marco scheint sich das Schicksal zu wenden, als er von Bruder Giate aus dem Gefängnis befreit wird, um fortan dem Orden als Anwärter zu dienen. Doch die Stadt und alle, die darin leben, werden bedroht vom schwarzen Herzog, der mit seinem riesigen Heer den Angriff vorbereitet.

Alles in allem wirklich episch, und doch fehlt es dem Buch an dem gewissen Etwas.

Zum einen nimmt sich der Autor zu wenig Zeit, den Leser in diese Welt und deren Geschichte einzuführen. Das muss ja nicht einmal als ellenlanger Sermon zu Beginn passieren, aber die ganze Erzählung über hat man das Gefühl, das einem wichtige Informationen fehlen um wirklich alle Andeutungen und Handlungen der einzelnen Figuren oder auch nur die Dramatik der Geschehnisse zu verstehen.

Womit wir beim nächsten Problem wären: die Figuren bleiben einfach zu blass. Am überzeugendsten sind für mich die beiden Nebenfiguren, die leider erst im weiteren Verlauf der Handlung eingeführt werden und mit ihrem Charme und Witz den eigentlichen Hauptfiguren jegliche Aufmerksamkeit stehlen. Dafür gibt es andere Figuren, die eigentlich gar nicht hätten sein müssen, da sie für die Handlung per se keine Rolle spielen.

Insgesamt will dieses Buch episch sein, mit allen Stilmitteln die dazu gehören, wie Magie und Elfen, spielt diese Mittel aber zu wenig wirksam aus, um den gewünschtenEffekt erzielen zu können.

Ich finde es schön, dass man die Geschichte als abgeschlossenen Einzelband verkaufen möchte. Dafür hätten dem Buch aber entweder mehr Seiten gut getan oder man hätte sie doch in einen Zweiteiler verpackt. So wirkt es etwas zu abgespeckt.

Nicht falsch verstehen: mir gefällt die Geschichte grundsätzlich wirklich gut und hätte ich nicht vor kurzem erst vergleichbares, aber wesentlich besser umgesetztes gelesen, wäre ich voll und ganz zufrieden gewesen. So aber fällt "Die Stadt der Seher" im direkten Vergleich leider etwas zurück.

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Veröffentlicht am 31.05.2021

Das Ende schwächelt

Die Verlorenen
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Wer ist wohl die bessere Mutter- die Frau, die das Kind zur Welt gebracht hat oder diejenige, die es aufgezogen hat? Stacey Hall hat eine interessante Fragestellung genommen und diese in ein historisches ...

Wer ist wohl die bessere Mutter- die Frau, die das Kind zur Welt gebracht hat oder diejenige, die es aufgezogen hat? Stacey Hall hat eine interessante Fragestellung genommen und diese in ein historisches Gewand verpackt.

Die junge Bess kommt aus ärmlichsten Verhältnissen und hält sich als Krabbenverkäuferin gerade so über Wasser, als sie 1754 ein kleines Mädchen zur Welt bringt. Den Vater hält sie geheim, alleine kann sie das Kind aber nicht ernähren. Deswegen gibt sie es schweren Herzens noch am selben Tag im Findlingsheim ab, mit dem Versprechen, es zu sich zurückzuholen, sobald sie genug Geld beisammen hat. Sechs Jahre später kehrt sie zurück und muss feststellen, dass ihre Clara bereits vor langer Zeit von einer Frau abgeholt worden ist, die sich als ihre leibliche Mutter ausgegeben hat.

Die Geschichte wird aus der Sicht der zwei Frauen erzählt: Bess, die junge Mutter, die im heruntergekommendsten Teil Londons um ihr Überleben kämpft, und Alexandra, eine ebenso junge Frau aus gutsituierten Verhältnissen, die trotz ihres Wohlstandes mit ganz anderen Problemen umgehen muss.

Wenn die Autorin eines wirklich gut hinbekommen hat, dann wohl das historische Setting. Bei der Beschreibung von Bess Lebensumständen bin ich ein ums andere Mal froh, in der heutigen Zeit und unter so wohlbehüteten Verhältnissen aufgewachsen zu sein. Man spürt förmlich die Verzweiflung und des Elend, dass dort in allen Ecken herrscht.

Die Figuren sind auch recht gut gelungen. Sowohl Bess als auch Alexandra nimmt man jede Gefühlsregung zu hundert Prozent ab, allein ihre Beweggründe bleiben manchmal etwas nebulös. Gerade in Bezug auf Alexandra hätten es ruhig ein paar mehr Hintergrundinformationen sein dürfen, um ihre Handlungen und ihr Verhalten besser verstehen zu können, um eine stärkere Verbindung zu ihr aufbauen zu können.

Ein kleiner Minuspunkt ist der teilweise etwas verworrene Plot, der mit zu vielen Zufälligkeiten arbeitet. Natürlich lebt ein Buch von seinen Überraschungsmomenten und es muss auch nicht immer voll und ganz logisch sein, dafür ist es ein Roman, in den man sich gerne ein wenig fallen lässt, solange die Geschichte ansonsten überzeugen kann.

Allerdings fühlt sich diese Erzählung manchmal etwas holprig an, man stolpert über einzelne Geschehnisse, als würde die Reihenfolge nicht ganz stimmen. Und das Ende, so glücklich es mich einerseits auch gemacht hat, passt für mich weder zum Titel, noch zur restlichen Geschichte.

Fazit:
Alles in allem eine authentische Erzählung von der dem Glück abgewandten Seite Londons, die zum Schluss leider etwas an Glaubwürdigkeit verliert.

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