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mari_liest

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2021

... dieses Buch ist anders ...

Der Termin
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Eine Frau. Ein Stuhl zur „Untenrum-Untersuchung“. Ein kahler Kopf von Dr. Seligmann. Ein Monolog. Eine gnadenlose Abrechnung mit der Welt.

Dieses Buch ist wie ein Tsunami in die Literaturwelt gebrandet ...

Eine Frau. Ein Stuhl zur „Untenrum-Untersuchung“. Ein kahler Kopf von Dr. Seligmann. Ein Monolog. Eine gnadenlose Abrechnung mit der Welt.

Dieses Buch ist wie ein Tsunami in die Literaturwelt gebrandet und überrollt einen Wort für Wort. Was Euch erwartet? Nichts für schwache Nerven. Das Aushalten einer Sprachlawine, auf teils straight, teils vulgäre Art, gepaart mit Wut, Ironie und Humor. Ein Text, der radikal daherkommt.

Die namenlose Protagonistin hat vor kurzem ein Erbe erhalten und sitzt nun, untenrum frei, am Stuhl. Zwischen ihren Beinen der jüdische Dr. Seligman, vor dem sie ihr Innerstes nach außen stülpt. Sowohl anatomisch als auch in geballter Sprachexplosion. Von ihrer Familie hat sie sich abgewandt, die ja nur scheinheilig katholisch zu sein scheint, mit ihrer deutschen Herkunft will sie nichts mehr zu tun haben, thematisiert ihre persönliche Scham aufgrund deutscher Herkunft, sympathisiert ihre Sexträume mit Hitler und Sexrobotern. Trotzdem verfolgt sie ihre Vergangenheit und ihre Überlegungen zur sippenhaften Schuld zum Holocaust. In ihren geistigen, verbal sprunghaften Ergüssen rechnet sie gesellschaftlich gnadenlos alles auf 0 herunter. Die persönliche Biografie der jungen Frau prasselt auf Dr. Seligmann von oben herab, wo sie ihre Ängste, Identitätsfragen, Gedanken und anderes kundtut. In all dieser Lesezeit bleibt der liebe Dr. Seligmann ein einziger Hinterkopf mit einer kahlen Stelle drauf. Sie redet sich alles radikal (erbricht sich quasi), tlw. in rotziger Manier und unverblümt von der Seele, auf eine Art, wie wir es vermutlich nie tun (nicht mal in Gesprächen mit uns selbst!?).

Leseempfehlung? JA!!!
Gewagt und vulgär? Definitiv, ja!
Knallhart, intensiv, ehrlich und trotzdem ernst? Zum Henker, ja!
Lerneffekt und (denk-)anstößig?? OH JA!!
Verstörend?? Jup!!
Hier wird aufgeräumt, Wut verarbeitet, mutig gedacht, ausgebrochen und auf die Etikette geschi..en: auf ca. 120 Seiten!

Ich weiß nicht, ob ich dieses literarische Werk vollkommen begriffen habe, aber ich feiere es!! Berührungsängste mit vulgären Themen wie Oralsex mit Fremden, Toilettenficks und Sex mit Hitler, darf man hier nicht haben. Ich habe mir oft gedacht „bäääääh“ und mich hat‘s geschüttelt, ich habe gelacht und mir aufs Hirn geklopft … dennoch: große Kunst!

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Veröffentlicht am 24.08.2021

Die unsäglichsten Lover der Zeitgeschichte

I'm every woman
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„Frauen sind nicht für das abstrakte Denken geschaffen. Marie Curie ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt“, das sagt Einstein einst.

Einstein, uns allen als kluger Mann bekannt, hatte da wohl ...

„Frauen sind nicht für das abstrakte Denken geschaffen. Marie Curie ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt“, das sagt Einstein einst.

Einstein, uns allen als kluger Mann bekannt, hatte da wohl viele dümmliche Aussagen vom Stapel gelassen. Einer der bekanntesten Männer der Geschichte kommt in dieser Graphic Novel so gar nicht gut weg. Zu Recht! Hatte doch seine Ehefrau Marič - Physikerin, Mutter - einen hohen Anteil an seinen Forschungsergebnissen, da sie selbst mitgeforscht hat. Doch wie es zu dieser Zeit klassisch war, verschwand diese Information doch in der Versenkung.

Ströquist nimmt in dieser Graphic Novel die unsäglichsten Lover der Zeitgeschichte auf die Schippe. Wie gehabt mit feiner humorvoller, feministischer Klinge seziert sie den Mythos des männlichen Genies berühmter Männer, von denen viele ihre „Karriere“ auf Kosten ihrer Frauen machten. In genialer Umkehr holt sie deren Frauen aus der Versenkung und paart dies mit einem bekannten Song von Chaka Khan „I’m every woman“ (der ja von Whitney Houston gecovert wurde, die wiederum auch zu den Frauen gehört, deren Mann durch sie erfolgreich wuchs). Die Geschichten kommen auf eine Art und Weise daher, wie wir sie in keinem Geschichtsunterricht je gelernt habe, was ich ehrlich gesagt aber sehr bedaure.

Erwähnt werden Männer wie Marx, Picasso, Einstein, Presley, u.v.m., deren Geschichte Strömquist einfach zeitweise unter den Tisch fallen lässt und deren tolle Frauen vor den Vorhang holt: Priscilla Prellen, Yoko Ono, Jenny Marx und weiteren tollen Frauen. Mit Charme und Witz, bunt und in schwarz-weiß, trägt sie in amüsanter Manier und gesellschaftskritisch das Dasein von Frauen in diesen Zeiten und entlarvt die bekannten Muster des männlichen Verhaltens. Mit diesen humorvoll gezeichneten Comics entlarvt Strömquist die Geschlechterstereotypen und zeigt, dass hinter den meisten bekannten Männern, viel tollere Frauen standen, deren Genie einfach ignoriert wurde.

Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.08.2021

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Gender
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Ein immer wieder kontrovers diskutiertes Thema: Gender. Daher auch so interessant zu lesen. Das Buch von Barker und Scheele liefert gut strukturiert und verständlich eine Einführung in die Thematik.
Die ...

Ein immer wieder kontrovers diskutiertes Thema: Gender. Daher auch so interessant zu lesen. Das Buch von Barker und Scheele liefert gut strukturiert und verständlich eine Einführung in die Thematik.
Die Autor*innen zeichnen nach, wie sich Geschlecht und die Auffassung davon im Wandel der Zeit verändert haben. Neben historischen Entwicklungen, gab es natürlich auch gesellschaftliche. Sie verweisen auf die Bewegungen und sozialen Kämpfe sowie intersektionale Diskriminierungen und Privilegien. Die Berücksichtigung soziologischer Aspekte wie den sozialen Status oder die Hautfarbe in Bezug zu Gender-Gleichheit empfinde ich sehr gut. Doch die Erarbeitung bietet noch so viel mehr und ich kann auch die Lektüre nur ans Herz legen, ohne tiefer ins Detail zu gehen.

Das Buch hat definitiv „Schmackes“ und ich möchte es jedem ans Herz legen, egal ob zum Einlesen, Herschenken, „Auffrischen von bereits Gelesenem“ oder zum Weiterdenken. Diese Lektüre sollte in Schulen definitiv herangezogen werden. Es eignet sich für alle Altersklassen.
Eine Graphic Novel, die sich umfassend zu den Themen CIS, Nicht-binär, Inter, Trans und weiteren Themen befasst und dabei aber den roten Faden nicht verliert. Das Buch bietet einen Schatz an Grundlagen zum besseren Verständnis der einzelnen Begrifflichkeiten in der Thematik. Und trotzdem man beim Lesen das Köpfchen einschalten muss, um nicht durcheinander zu geraten, ist es trotzdem nicht zu wissenschaftlich oder hat gar einen Informationsüberhang oder zu wenig davon.
Das Buch gibt anhand eines roten Fadens einen guten Überblick und zeigt für mich glasklar auf, welchen „Nutzen wir daraus ziehen“ könnten und wie lohnenswert es darüber hinaus ist, wenn „wir“ über unser anerzogenes, binäres Denken hinauswachsen würden.
Lesenswert, super zur Einführung und zum „Lernen“, zum über-sich-hinauswachsen-falls-man-zu-engstirnig-ist und von mir eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.08.2021

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Queer
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Heute darf ich Euch eine feine Graphic Novel aus dem Unrast Verlag vorstellen: „QUEER – Eine illustrierte Geschichte“.
Barker & Scheele haben die historische Entstehung von Queer-Theorie und des LGBTQ-Aktivismus ...

Heute darf ich Euch eine feine Graphic Novel aus dem Unrast Verlag vorstellen: „QUEER – Eine illustrierte Geschichte“.
Barker & Scheele haben die historische Entstehung von Queer-Theorie und des LGBTQ-Aktivismus super in einer Graphic Novel eingearbeitet.
Viele Menschen verstehen den Begriff „queer“ unterschiedlich. Früher ein Schimpfwort, wird es heute mit Stolz getragen.
Das Buch bietet einen umfassenden und übersichtlichen Einblick in das Thema der Queer-Theorie. Die Informationen werden mit tollen Illustrationen erklärt und die teilweise komplexen Inhalte sind verständlich umgesetzt. Mit dieser Lektüre ist es möglich sich unkompliziert Grundwissen anzueignen.
Neben der historischen Entwicklung erklären die Autor
innen auch diverse Begrifflichkeiten wie Gender, Identität, Identitätspolitik, Heteronormativität, etc. sowie Details zu den Personen, die sich bereits seit längerem mit der Thematik auseinandersetzen.

Ich persönliche empfinde die Lektüre als super Einstieg für alle, die sich mit dem Thema beschäftigen und sich einlesen möchten und ich würde dieses Buch definitiv für Schülerinnen und Lehrerinnen empfehlen, um auch gute Informations- und Aufklärungsarbeit starten zu können.
Die Autor*innen gehen auf das Thema und die Ansätze sachlich, fachlich ein und erklären die kritischen Punkte auch klar. Es bietet sich mit diesem Buch eine tolle Grundlage, um sich über das Thema zu informieren und so den Stereotypen, die sich täglich auftun, entgegenzuwirken.
Sind queere Perspektiven herausfordernd? Wie stehen wir zum sozialen bzw. biologischen Konstrukt des „Geschlechts“? Und was haben Bewegungen zum Thema bereits alles vollbracht, um das Denken zu „was normal ist“ zu verändern … das findet sich kurz und knackig, manchmal etwas trocken, in dieser Lektüre!
Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.08.2021

Neuer Tätersuche mit Werner und Korner

Das Nest
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Das Setting hat diesmal eher düsteren Charakter und alles beginnt in einer Müllverbrennungsanlage. Beim Beobachten des Müllgreifers durch ein Fenster in der Anlage, stockt den beiden Mitarbeitern der Atem: ...

Das Setting hat diesmal eher düsteren Charakter und alles beginnt in einer Müllverbrennungsanlage. Beim Beobachten des Müllgreifers durch ein Fenster in der Anlage, stockt den beiden Mitarbeitern der Atem: ein Arm hängt aus dem Müll.
Zeitsprung.
Wir befinden uns zwei Tage vor dem grausamen Fund und erfahren von einem Vermisstenfall, an dem Werner und Korner dran sind. Der 15-jährige Oscar Dreyer-Hoff ist verschwunden. Seine Eltern, die ein Onlineauktionshaus für Kunst betreiben, geben zu Protokoll, dass er am Vortrag bei einer Schulfreundin übernachten wollte, dort aber nie ankam. Die Eltern vermuten eine Entführung, da auch ein rätselhafter Brief in der Wohnung aufgefunden wird. Werner und Korner sind irritiert, da die Eltern sich eigenwillig präsentieren.
Ist die Leiche in der Müllverbrennungsanlage Oscar?

Fazit:
Ich war von Anfang an wieder gefesselt. Wieder schafft es Katrine Engberg den Aufbau der Story schlau und die Charaktere undurchschaubar darzustellen.
Die Geschichte kam schnell in Fahrt und ich bin durch die Kapitel geflogen. Als bekannte Figuren auftauchten, ging mir wieder das Herz auf. Auch Esther und Gregers haben wieder ihren Platz in der Geschichte; Esther ermittelt unbeabsichtigt und stößt bei Recherchen zu ihrem Buch auf einen Pädophilenring und Gregers erhält eine schlechte Nachricht.
Engberg hat verschiedene Spuren in diverse Richtungen gelegt und hat mit Spannung nicht gespart. Nach und nach, in kleinen Häppchen, präsentiert sie die Verbindungen zwischen den Personen. Doch dies führt keineswegs dazu, dass man klar sagen kann, wer hier Täter*in ist.
Zu abrupt stellt sich für mich jedoch das Ende ein. Das ging mir alles zu schnell und etwas zu glatt, auch wenn ich diese Auflösung nicht erwartet hatte. Ich hätte mir hier ein Ende mit mehr Ausführung gewünscht. Leseempfehlung! 4/5 Sternen.

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