Blutarmer Horror
Kinder der NachtDan Simmons’ Roman betrachtet das Thema „Vampire“ mal von einer erfrischend anderen Seite. Mit Kate als Ärztin wird das Ganze aus medizinischer Sicht verarbeitet. Das ist sehr interessant, manchmal aber ...
Dan Simmons’ Roman betrachtet das Thema „Vampire“ mal von einer erfrischend anderen Seite. Mit Kate als Ärztin wird das Ganze aus medizinischer Sicht verarbeitet. Das ist sehr interessant, manchmal aber auch zu medizinisch, etwa wenn Kate und eine Kollegin über mehrere Seiten hinweg mit Fachausdrücken nur so um sich werfen. Das passiert nicht zu oft, aber wenn, dann ist der Grat zwischen informativ und langatmig sehr schmal. Trotzdem ist es mal etwas anderes als die romantische Weichei-Version des Vampirs, wie sie leider nur allzu oft zu finden ist.
Die Story selbst hat mich nicht vollends überzeugt. Einerseits fand ich die Idee prima, vor allem die beiden Perspektiven: einmal Kates Sicht und einmal die Erinnerungen von Dracula. Aber nach den ersten 200 Seiten dachte ich, das Ganze entwickelt sich in eine komplett andere Richtung. Wie die Handlung dann tatsächlich verlief, war okay, aber so richtig glücklich war ich auch nicht damit.
Und was mir sehr gefehlt hat, war das Blut. Blutrünstige, mordende, bestialische Vampire. Düsterer Grusel mit Gänsehautfaktor. Obwohl Simmons ganz offensichtlich sehr intensiv für seine Geschichte recherchiert hat, ist dadurch der Horror ein bisschen auf der Strecke geblieben.
Kate als Protagonistin ist eine gute Wahl: Sie ist stark, selbstbewusst, verbissen und kämpft für das, was ihr wichtig ist. Unterstützt wird sie dabei von dem undurchsichtigen Rumänen Lucian und dem Priester Michael O’Rourke (wer „Sommer der Nacht“ gelesen hat, wird sich hier ganz besonders freuen). Aber wem kann man trauen und wer ist vielleicht ein Verräter?
Stilistisch zeigt Dan Simmons auch in „Kinder der Nacht“ sein ganzes Können. Das Vampirthema wird erfrischend anders präsentiert, was ihn wohltuend von der breiten Masse an romantischen Vampir-Romanen abhebt. Aber mir persönlich war es zu blutarm und zu ungruselig.