Profilbild von dasbuchzuhause

dasbuchzuhause

Lesejury Profi
offline

dasbuchzuhause ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit dasbuchzuhause über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.08.2021

Verlust, Trauer, Zugehörigkeit, Liebe - Eine bewegende Familiengeschichte

Ein erhabenes Königreich
0

Mit der Ankunft ihrer Mutter in Kalifornien wird alles hochgespült, was Gifty seit Jahren unterdrückt hatte. Ihre Mutter hat Depressionen und kommt zu ihr, um zu wieder gesund zu werden, in diesem Fall ...

Mit der Ankunft ihrer Mutter in Kalifornien wird alles hochgespült, was Gifty seit Jahren unterdrückt hatte. Ihre Mutter hat Depressionen und kommt zu ihr, um zu wieder gesund zu werden, in diesem Fall heißt es, dass sie sich bei ihrer Tochter wortlos ins Bett legt, einschläft und eine ganze Zeit einfach im Bett bleibt. Bleierne Erschöpfung, Müdigkeit und ein 69jähriges Leben, das auf den Schultern dieser Frau lastet und auch auf den Schultern Giftys, der 29jährigen Gifty und der 11jährigen Gifty.

Ihre Mutter war immer sehr religiös und so ist Gifty aufgewachsen, bis sie sich als Erwachsene den Neurowissenschaften verschreibt und der Forschung widmet. Sie hat sich eingerichtet in diesem Forscherinnenleben.

Und dann kommt ihre Mutter und ist ein zweites Mal in einer schweren Depression gefangen. Dies lässt bei Gifty die Familienvergangenheit, all den Schmerz und Kampf der Kindheit hochkommen und sie muss sich damit auseinandersetzen.

„Ein erhabenes Königreich“ ist mehr als eine simple Familiengeschichte. Das Buch ist tiefsinnig und spricht die Probleme einer Einwandererfamilie aus Afrika in Amerika an, es spricht den Zwiespalt zwischen einer ganz starken Religiosität und der Wissenschaft an und es geht das Thema Depression in diesem Kontext an. Drogenkonsum und der Wunsch, nach außen eine glückliche Familie zu sein, Sehnsucht nach den Wurzeln und eine neue Heimat im neue Land zu finden, es werden viele Facetten gezeigt.

Besonders dieser Kampf dieses kleinen Mädchens, das all dies durchmacht, ohne es groß nach außen zu tragen und nicht daran zu zerbrechen, ist gut beschrieben. Der Verlust erst des Vaters, dann des Bruders und dann der Stärke der Mutter zu kompensieren, ist brillant beschrieben und zwischen den Zeilen spürt man, wie schwer vieles war und über welch inneren Reichtum Gifty zu verfügen scheint.

Als Leser:in bekommt man einen Einblick in die sehr religiöse Welt, in der Gifty als Kind lebte und wie sich angepasst hat und wie sie mit der Wissenschaft einen Weg für sich gesucht hat, da herauszukommen. Zwischen den einzelnen Kapiteln gibt es Tagebucheinträge aus dem Tagebuch, das Gifty als Kind geführt hat. Gespräche, Fragen an Gott und Geschehnisse aus ihrer Kindheit leiten die einzelnen Kapitel ein.

Yaa Gyasi erzählt eine mitreißende Familiengeschichte, die ganz intensiv mit den Themen Verlust, Zugehörigkeit und Liebe umgeht. Gleichzeitig ist das Buch wunderschön geschrieben, so dass ich es innerhalb von zwei Tagen durchgelesen hatte – eine klare Leseempfehlung meinerseits.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.08.2021

Antworten auf Fragen, die man immer schon mal haben wollte

Was wäre, wenn ...
0

Die brand eins lese ich gerne und auch die Kolumne von Christoph Koch ist ein Highlight, also war ich neugierig auf dieses Buch, das eine Zusammenstellung von 33 Entwürfen zu einer alternativen Welt liefert.

Christoph ...

Die brand eins lese ich gerne und auch die Kolumne von Christoph Koch ist ein Highlight, also war ich neugierig auf dieses Buch, das eine Zusammenstellung von 33 Entwürfen zu einer alternativen Welt liefert.

Christoph Koch widmet sich Fragestellungen wie „Was wäre, wenn es nur noch Elektroautos gäbe?“, „Was wäre, wenn Bayern sich von Deutschland abspaltete“, „Was wäre, wenn sich die Erde nicht mehr drehte?“ und noch viele weitere aktuelle Fragen wie z. B. „Was wäre, wenn sich die Erdtemperatur um zwei Grad Celsius erhöhte?“.

Antworten darauf findet Koch durch Recherche und Interviews mit Expert:innen zu den jeweiligen Themen.

Viele der Fragen stellt man sich ja so im Laufe der Zeit einmal, ohne das Thema im Nachhinein noch intensiv zu verfolgen und so ist es wirklich gut, dass der Autor dies für uns tut. Gerade die Antworten auf ganz aktuelle und unter den Nägel brennenden Themen fand ich besonders interessant. So ist die Frage, „Was wäre, wenn in Deutschland einen Monat lang der Strom ausfiele?“ durch die aktuellen Flutkatastrophen direkt vor der Haustür (ich wohne z. B. in Hagen) nicht mehr nur Fiktion wie in „Blackout“ von Marc Elsberg, sondern real.

„Was wäre, wenn auf deutschen Autobahnen ein generelles Tempolimit von 120 km/h gälte?“ ist auch ein aktuelle Frage und die Antwort ist so logisch, dass ich mich frage, warum wir es nicht haben wie die meisten anderen Staaten.

Antworten auf Fragen wie „Was wäre, wenn Nord- und Südkorea wieder ein Land wären?“ finde ich überaus spannend, denn dieses Land ist schon so lange getrennt und wie wäre es überhaupt möglich, hier eine Zusammenführung durchzuführen, um beide Länder anzugleichen. Ebenso die Frage „Was wäre, wenn ganz Afrika nur noch eine Währung hätte?“ ist eine zu diskutierende Frage. was bringt es für die einzelnen Länder und was ist zu beachten, können die Erfahrungen anderer Währungsunionen übertragen werden?

Eine Frage, die immer mal wieder auftaucht, da der Freistaat Bayern eine Sonderrolle genießt ist natürlich „Was wäre, wenn Bayern sich von Deutschland abspaltete?“. Oft gestellt, aber dann nie weiterverfolgt, hier gibt es einen Ausblick auf dieses Szenario.

Alles in allem ein interessantes und gut geschriebenes Buch zu Fragen, die man sich mal zwischendurch stellt, aber oft nicht weiter verfolgt, hier wird es gemacht und gerade die Szenarien in puncto Klimawandel sollte man sich durchlesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 29.07.2021

Die Liebe im Alter und die kleinen Geschichten in der großen Geschichte

Die langen Abende
0

,Elizabeth Strout lässt die Geschichte gleich beginnen und nimmt einen sofort mit in die Köpfe und das Leben ihrer Figuren. Und es sind keine einfachen, glatten Figuren. Jack und Olive haben Ecken und ...

,Elizabeth Strout lässt die Geschichte gleich beginnen und nimmt einen sofort mit in die Köpfe und das Leben ihrer Figuren. Und es sind keine einfachen, glatten Figuren. Jack und Olive haben Ecken und Kanten, sie sind auf der Beliebtheitsskala nicht gerade oben angesiedelt und haben doch einen gewissen Charme, vielleicht weil sie so herrlich normal sind. Olive zeichnet sich durch schlechte Laune aus und eine barsche Herzlichkeit und Jack weiß sie so zu nehmen, wie sie ist.

Ihre Liebesgeschichte ist nicht kitschig, sondern einfach aus dem Leben gegriffen. Zwei ältere Menschen, einsam und traurig über die nicht besonders innige Beziehung zu ihren Kindern, beide verwitwet, aber auch noch mitten im Leben und noch jung genug, um noch einmal neu zu beginnen. Es ergibt sich mit einer Selbstverständlichkeit, dass die beiden sich verlieben und trotzdem ihre Vergangenheit nicht hinter sich lassen, sondern mit in diese neue Beziehung nehmen.

Es wird erzählt, wie die zwei sich ändern, wie sich ihre Liebe ändert und auch wie sich die Beziehung zu den Kindern ändert bzw. wie besonders Olive hier ihre Vergangenheit reflektiert. Gleichzeitig wird ein Portrait der Küstenstadt und ihrer Bewohner gezeichnet. Die Schwierigkeiten und Risse im Leben der Menschen, die in Cosby leben und in irgendeiner Weise auch mal das Leben von Olive berührt haben.

Das Ganze geschieht ganz unaufdringlich und nebenbei. Die Erzählweise Elizabeth Strouts wird nicht umsonst gelobt. Sie schafft es, viele kleine Geschichten innerhalb einer großen Geschichte zu erzählen und die Charaktere „echt“ darzustellen. Es ist kein Roman mit einer „Knallergeschichte“, sondern ein schöner ruhiger Roman, der aus dem Leben erzählt und auf wunderbare Art und Weise über die Liebe im Alter berichtet. Die Geschichte ist gespickt mit kleinen Spitzen, Ironie und diesen Szenen, bei denen man einfach mal laut loslachen muss.

Natürlich ist der Charakter der Olive Kitteridge der Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte und das ist auch gut so. Sie ist auf die eine Art so unwirsch und geradezu unfreundlich und gleichzeitig herzlich, einfühlsam und findet auf ihre direkte Art dann oft doch die richtigen Worte, auch wenn sie nicht alles richtig macht. Sie ist echt.

ch mag Bücher wie dieses, in denen auch die Nebenhandlung gut erzählt wird und in denen auch den Nebendarstellern ihr Moment und ihre Bühne gegeben wird und das macht „Die langen Abende“. Als Leserin werde ich mit in die Welt der Olive Kitteridge genommen, aber nicht nur dorthin, sondern auch in den Ort und in das Gefühl, dort zu leben und die Bewohner mit ihren Freuden und Sorgen im Alltag zu begleiten. Das ist der Autorin gelungen und ich empfehle es gerne an diejenigen, die auch die leisen Romane mögen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.06.2021

Solide Fantasy-Kost

Die Stadt der Seher
0

Mich hat die Mischung aus italienischem Stadtstaat, einem geheimnisvollen Orden und der Bedrohung durch einen stark und ein bisschen geheimnisvoll wirkenden Herzog Solare Biocca und sein Heer angesprochen. ...

Mich hat die Mischung aus italienischem Stadtstaat, einem geheimnisvollen Orden und der Bedrohung durch einen stark und ein bisschen geheimnisvoll wirkenden Herzog Solare Biocca und sein Heer angesprochen. Es hörte sich nach solider Fantasy-Kost an und das wurde auch geliefert.

Die Geschichte fing spannend an und ich war mir am Anfang gar nicht sicher, worum es geht und was bzw. wer die eigentliche Bedrohung ist. Besonders gut hat mir die rasante Vorstellung Marcos gefallen, es erinnerte an eine Achterbahnfahrt. So wurde ein feines Netz gesponnen, dessen Fäden ganz langsam im Laufe der Geschichte zusammenfinden.

Der Charakter Marcos entwickelt sich im Laufe der Geschichte und Elena ist eine perfekte Ergänzung zu dieser Figur. Zalvado und Caronix sorgen für Unterhaltung und nehmen der Geschichte das manchmal sehr Tragende, wobei das Erscheinen eines Elfs schon vieles klarer werden ließ und mich das Ende dann nicht mehr so ganz überrascht hat. Aber ich möchte hier an dieser Stelle jetzt nicht zu viel verraten.

Es gab noch einen weiteren Charakter, Ombro, dessen Geschichte und Rolle leider nicht ganz klar wurde (vielleicht auch nur mir nicht, wer weiß). Zu dieser Figur hätte ich mir gerne ein wenig Informationen gewünscht, sowie am Ende nicht ganz so viel Geschwindigkeit in der Geschichte. Sehr gut hat mir gefallen, dass der Autor den Frauen im Buch nicht nur eine schmückende Rolle zugeteilt hat. Es gab genauso Soldatinnen wie Soldaten und auch Elena wurde von Zalvado als vollwertige Ansprechpartnerin behandelt, was oft in Geschichten in einer solchen Welt nicht der Fall ist.

Christoph Hardenbusch ist es gelungen, eine ganz interessante Mittelalterwelt aufzubauen und eine spannende Geschichte zu erzählen. Es ist ein Buch, das gut an einem Wochenende oder im Urlaub gelesen werden kann und führt einen in eine andere Welt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.05.2021

Toller Roman über eine weibliche Radsport-Ikone

Die Rebellion der Alfonsina Strada
0

Das Buch hat mich sofort angesprochen, denn mir fehlen in der Bücherlandschaft, in der tagtäglichen Berichterstattung und auch im normalen Leben die bewundernden Berichte über die starken Frauen im Sport. ...

Das Buch hat mich sofort angesprochen, denn mir fehlen in der Bücherlandschaft, in der tagtäglichen Berichterstattung und auch im normalen Leben die bewundernden Berichte über die starken Frauen im Sport. Es geht hauptsächlich um die männlichen Sportler und das finde ich mehr als schade. Umso größer war die Freude, dieses Buch über eine der Wegbereiterinnen des Radsports für Frauen zu finden.

Es beschreibt, aus welch einfachen Verhältnissen Alfonsina Strada sich nach vorne gekämpft hat und an sich geglaubt hat. Es erzählt, wie offen die Zeit damals noch gewesen sein muss in Hinblick darauf, dass es gemischte Rennen gab, heutzutage undenkbar. Allein der Gedanke daran, dass den Frauen durch die offizielle Möglichkeit der Teilnahme an einem der großen Männerrennen auch die große mediale Aufmerksamkeit geschenkt werden könnte wie den männlichen Kollegen, hat einen großen Charme. So gucken sie auch heute noch in die Röhre und bekommen nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen würden, geschweige denn Preisgelder in gleicher Höhe.

Simona Baldelli beschreibt aber auch die Anfeindungen, die Alfonsina ertragen musste und wie schwer die Kriegs- und Nachkriegsjahre waren. Die Entwicklung vom Italien nach dem ersten Weltkrieg und der Aufstieg Mussolinis wird nicht ausgespart, sondern ist ein wichtiger Teil. Durch diesen Rechtsruck büßen gerade die Frauen wieder Freiheiten ein, die sie sich während dem ersten Weltkrieg erkämpft hat. Sie werden wieder an den Herd geschickt, so ist auch zu erklären, dass die großen Radrennen nur noch von Männer gefahren werden können. Auch verdeutlicht das Buch, unter welchen Entbehrungen die Menschen damals gelitten haben.

Der Roman zeigt, was dazu gehört, um eine solche Leistung zu vollbringen, diesen Willen, etwas gegen Widerstände durchzuziehen und die Schmähungen, die es heute im Internet und immer noch in den Zeitschriften gibt, gab es auch schon damals, Erfolg hat viele Neider und damals wie heute, wurde ein unglaublicher Druck auf erfolgreiche Menschen aufgebaut. Alfonsina musste lange und hart dafür arbeiten, dass sie in Radsportkreisen auch bei den männlichen Kollegen Respekt bekam, für sie hat sich dieser Weg am Ende gelohnt und sie konnte ihr Ziel erreichen.

Es ist eine starke Erzählung über bewundernswerte Sportlerin, die gegen die Konventionen ihrer Zeit ihren Weg findet und ihn auch geht. Das hat mir sehr gut an dem Buch gefallen und ich empfehle es allen, die sich für den Radsport und seine Pionierinnen interessieren.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere