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Veröffentlicht am 16.08.2021

Wenn Anoxie das Leben bestimmt

Aus dem Leben gefallen
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„...Das hier ist meine persönliche Geschichte. Sie ist so individuell, wie jeder Mensch individuell ist...“

Diese Worte stammen aus der Einleitung des Buches, eines Buches, in dem eine junge Frau erzählt, ...

„...Das hier ist meine persönliche Geschichte. Sie ist so individuell, wie jeder Mensch individuell ist...“

Diese Worte stammen aus der Einleitung des Buches, eines Buches, in dem eine junge Frau erzählt, wie sich ihr Leben mit Anorexie – Magersucht – anfühlt. Sie macht auch deutlich, dass diese Krankheit eine sehr individuelle Krankheit ist, weil sie zum großen Teil im Kopf des Betroffenen abläuft und dort gesteuert wird.
Es ist ein sehr ehrliches Buch. Die Autorin lässt mich an ihren vielen Niederlagen und ihren kurzen Erfolgen teilnehmen.
Das Besondere an dem Buch wird durch zwei Aspekte deutlich. Zum einen kommen ihre Eltern zu Wort und schildern ihr Erleben mit der Krankheit der Tochter, zum andern ist Ariatani in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Wie passen Glaube und Krankheit zusammen?
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er ist weitgehend sachlich und deshalb um so beeindruckender. Bei den Eltern allerdings sind in jeder Zeile die Emotionen wie Angst, Verzweiflung, aber auch Hoffnung zu spüren.

„...Respekt, denke ich mit einem zynischen Lächeln, sie haben wirklich an alles gedacht. An absolut alles. Feste Zeiten, zu denen ich in meinen sterilen Krankenhauszimmer essen muss. Keine Möglichkeiten, meinen Zwängen und Essritualen nachzugehen...“

So beschreibt Ariatani den Beginn ihrer ersten Einweisung in die Klinik. Die Autorin nennt ihre Krankheit Ana. Sie begründet das so:

„..Vielmehr ist es Ausdruck dafür, dass ich jahrelang einen Kampf austrug, einen Kampf zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Selbstannahme und Selbstzerstörung, zwischen meinem wahren, lebensfrohem Ich und diesem fremden bedrohlichen Eindringling in mir...“

Die Autorin erzählt über ihre behütete Kindheit. Sie ist das zweite von vier Kindern. Erste Probleme gibt es, als sie in die Schule, speziell ins Gymnasium, kommt. Man nennt es Mobbing. Sie ist anders, stark, extrovertiert, durchsetzungsfähig, ehrgeizig. Doch dann kommen Worte wie erste Nadelstiche. Die Eltern stehen an ihrer Seite. Die Erfolge sind bescheiden, verkehren sich manchmal sogar ins Gegenteil. Für den Vater stellte sich das so dar:

„...Ich musste mit Frust und Entsetzen feststellen, dass meine Worte an Überzeugungskraft verloren und an der Gedankenwelt meiner Tochter abperlten. […] Die anderen Stimmen waren lauter, schriller, stärker...“

Es sollte Jahre dauern, bis ein Arzt die Ursache für ihr Verhalten fand: Hochbegabung und Hypersensibilität. Da hatte aber schon die Abwärtsspirale eingesetzt. Mit 14 Jahren hatte alles begonnen.

„...Ich musste mich verändern, optimieren, perfektionieren. Ich musste abnehmen...“

Es beginnt ein Kreislauf mit regelmäßigen Klinikeinweisungen, Entlassungen, neuen Einweisungen. Ariatani weiß, die Ärzte zu manipulieren und ihr Gewicht geschickt zu kaschieren. Das Fatale an der Geschichte ist, das sie sich mit „Nichtessen“ bestraft, weil ihr irgendetwas anderes nicht gelungen ist. Die Erkenntnis der Eltern fasst die Mutter so zusammen:

„...Ja,wir Eltern haben inzwischen gelernt und gelesen, dass es bei Anorexie nicht in erster Linie ums Essen geht, sondern um innere Probleme und Identitätskonflikte. […] Es geht auch ums Essen, damit die Person lange genug lebt, um zu genesen. Sie muss essen, um innerlich heil zu werden, und sie muss innerlich heil werden, um essen zu können...“

Mehrmals steht Ariatanis Leben auf Messers Schneide. Immer aber kann sie sich auf die Hilfe der Familie verlassen, auch wenn sie selbst das nicht immer so sieht. Sehr deutlich wird an vielen Stellen ihr innerer Kampf. Sie muss sich selbst annehmen, den Selbsthass überwinden, um wieder in die Normalität zurück zu finden. Der Glaube kann ihr dabei helfen. Aber auch das geht nur Schritt für Schritt. Sie weiß sich auf Gebetshänden getragen – und fühlt sich trotzdem unwert.
Der Wendepunkt und die langsamen Etappen der Heilung werden gut beschrieben. Sie lernt ihren Weg zu gehen in dem Tempo, das für sie das Richtige ist. Und ich bewundere die Eltern, die nach all den Sorgen das Vertrauen aufbringen, sie loszulassen in die Eigenverantwortung.
Die Autorin ist noch auf den Weg der Heilung. Es wird aber deutlich, welch große Fortschritte sie innerlich bereits gemacht hat.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ermöglicht am persönlichen Schicksal einen Blick in eine Krankheit, die sehr vielschichtig ist. Außerdem ist es ein Buch der Hoffnung für andere, die noch um ihr Leben oder das ihrer Angehörigen kämpfen.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Der lange Weg zueinander

Die Heimkehr der Störche (Die Gutsherrin-Saga 2)
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„...Nur weil Sie früher einen Gutshof hatten, brauchen sie ihr Näschen nicht so hoch zu tragen. Bei mir wird fleißig gearbeitet. Und das gilt auch für Sie...“

Dora kann machen, was sie will. Frau Stübeck ...


„...Nur weil Sie früher einen Gutshof hatten, brauchen sie ihr Näschen nicht so hoch zu tragen. Bei mir wird fleißig gearbeitet. Und das gilt auch für Sie...“

Dora kann machen, was sie will. Frau Stübeck wird nie zufrieden sein. Nach dem Krieg war sie bei der Bäuerin mit ihren Eltern und Geschwistern eingewiesen worden. Mittlerweile schreiben wir 1953. An ihren Lebensverhältnissen hat sich nichts geändert. Doch die 28jährige Dora will mehr als Hilfskraft auf einem Bauernhof. Deshalb hat sie sich bei verschiedenen Hochschulen um ein Studium der Tiermedizin beworben. Bis auf die Humboldt – Universität in Ostberlin gab es nur Absagen.
Als Dora durch das Rote Kreuz erfährt, dass Curts letzte Adresse Berlin war, ist es für sie klar. Sie wird zum Vorstellungsgespräch gehen. Entgegen kommt ihr, dass ihr Bruder Erich in Berlin wohnt und dort verheiratet ist.
Die Autorin hat einen spannenden Roman geschrieben. Die eingebundenen historischen Ereignisse zeugen von akribischer Recherche.
Der Schriftstil ist ausgefeilt und abwechslungsreich. In Berlin lernt Dora beide Teile der Stadt und damit auch die Unterschiede in der Versorgung kennen. Deutlich wird, dass Dora bisher wenig über das Leben in der DDR wusste. Sie freut sich, als Frau studieren zu dürfen, ein Stipendium zu erhalten und für ihre Ziehtochter Clara einen Hortplatz. Die politische Seite ist im Wesentlichen an ihr vorbeigegangen. Genau dazu aber wird sie in der Aufnahmeprüfung gefragt. Erst reagiert sie geschickt, dann aber geht ihr Temperament mit ihr durch. Als Gutsherrentochter abgestempelt zu werden, lässt sie sich nicht gefallen. Trotzdem bekommt sie die Stelle. Einer der Professor honoriert ihren Mut.

„...“Mein Vater war kein Ausbeuter!“, fiel Dora dem Professor ins Wort. „Nur weil mein Vater einen Gutshof besaß, war er kein schlechter Mensch!“...“

Dora und Clara kommen im Haus von Erichs Schwiegereltern in Ostberlin unter. Schnell wird Dora mit der prekären Versorgungslage konfrontiert. Die Unzufriedenheit in der Stadt wächst. Auch unter den Studenten kursieren Aufrufe für mehr Freiheit. Selbst Erichs Schwiegermutter wagt es einmal, ihrem Mann Widerworte zu geben.

„...Tulpen sehen ja ganz hübsch aus, lieber Heinz, aber leider kann man sie nicht essen...“

Währenddessen erfährt Dora, dass Curt inhaftiert wurde, weil er mit dem Naziregime zusammen gearbeitet haben soll.
Im Juni 1953 beteiligt sich Dora aktiv an den Demonstrationen. Ihr gelingt im letzten Moment die Flucht über die Grenze nach Westberlin. Dort aber wartet das nächste Problem auf sie. Dieses mal ist es nicht die Politik, die sie unter Druck setzt, sondern eine missgünstige Nachbarin, die der Meinung ist, dass Clara nicht richtig betreut wird.
Stalins Tod und das Wunder von Bern sind weitere Themen, die die Handlung tangieren.
Die Geschichte zeichnet ein gekonntes Gemälde der damaligen Zeit. Dabei wird nicht nur das Leben in Ost- und Westberlin dargestellt, sondern es dürfen auch unterschiedliche Meinungen aufeinander prallen. Währen im Osten die Unzufriedenheit der Arbeiter und Studenten, die privilegierte Stellung mancher Parteifunktionäre und deren Widerspruch zwischen Wort und Tat eine Rolle spielen, ist es im Westen für junge Frauen schwierig, ihren eigenen Weg zu gehen. Hinzu kommt, dass insbesondere auf dem Land die Flüchtlinge nur geduldet sind.
Ab und an wechselt das Geschehen zu Doras umfangreicher Familie und dem Leben ihrer Geschwister.
Es wird einige Zeit vergehen, bis Dora und Curt zueinander finden und endlich eine Heimat finden.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Der Schatten der Vergangenheit

Soko mit Handicap: Aktion Licht
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„...Ihre Hoffnung, dauerhaft zur Mordkommission wechseln zu können, konnte sie begraben. Wut, Enttäuschung und Frustration strahlten aus all ihren Knopflöchern, als sie ihre alte Dienststelle betrat und ...

„...Ihre Hoffnung, dauerhaft zur Mordkommission wechseln zu können, konnte sie begraben. Wut, Enttäuschung und Frustration strahlten aus all ihren Knopflöchern, als sie ihre alte Dienststelle betrat und dort einige belanglose Aufgaben zugeteilt bekam...“

Lina ist sauer. Kommissar Seidel hat für ihre Theorie nichts übrig. Sie ist raus. Trotzdem möchte sie erst einmal ihren Bruder Theo aus der Schusslinie bringen und verordnet ihm einen Urlaub mit ihrer Mutter und ihrer Oma auf dem Darß.
Der Autor hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte schließt zeitnah an den ersten Band an. Ohne Kenntnis von Band 1 macht es deshalb wenig Sinn, das Buch zu lesen.
Theo hat eine Muskelerkrankung und lebt in einer WG für Menschen mit Behinderung.
Seine Mitbewohner werden in Band 1 ausführlich vorgestellt.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Theo und seine Freunde nehmen den Fall selbst in die Hand. Sie wollen wissen, warum Mike sterben musste, was der Unbekannte gesucht hat und wer hinter der Geschichte steckt. Gegenüber seiner Mutter erklärt Theo:

„...Meine Mitbewohner und ich haben Lina ein wenig bei den Ermittlungen unterstützt und aus irgendwelchen Gründen ist sie der Ansicht, dass man diese Arbeit besser der Polizei überlassen sollte...“

Gleichzeitig begegne ich den Obdachlosen aus dem ersten Teil wieder. Der nutzt die Chance, die ihm die neurologische Abteilung des Krankenhauses bietet, um seine Erinnerungen wieder zu bekommen. Seine Erinnerungen lesen sich wie ein Puzzlebild, bei dem nach und nach ein neues Teil eingefügt wird. Dabei können die Puzzle an völlig verschiedene Stellen gehören, will heißen, dass Orte und Zeiten in den Erinnerungen wechseln und das Ganze kein systematischer Aufbau ist. Trotzdem wird das Bild immer klarer.

„...Er betrachtete die Gesichter der Menschen, die geschäftig an ihm vorbei hasteten. Jeder schien genau zu wissen, wohin er wollte und was als Nächstes zu tun war. Vor allem wussten all diese Leute zweifellos, wer sie waren...“

Die Geschichte zeichnet sich durch einen hohen Spannungsbogen aus. Den Tätern scheint die Zeit davonzulaufen, um das zu bekommen, was sie verzweifelt suchen. Natürlich wird ab und an auch das ganz alltägliche Leben beschrieben.
Helene und Paula aus der WG sorgen für humorvolle Szenen im Geschehen.

„...Er seufzte. „Freunde, wollt ihr mir jetzt allen Ernstes sagen, dass ihr mir gerade einen Paketboten beschrieben habt?“ „Wattn, erst fragste uns, wie der Typ aussah, und dann beschwerste dir, wenn wa dir dit erklärn?“...“

Zu den beeindruckendsten Stellen des Buches gehört die Rede von Theo zu Mikes Beerdigung. Jedes Zitat, was sich hier nur in als kurzer Ausschnitt wiedergeben ließe, würde der Gesamtaussage nicht gerecht.
Die Geschichte mit ihren so unterschiedlichen Facetten und den liebenswerten Akteuren lässt am Ende keine Fragen offen. Selbst für Lina ergibt sich die erhoffte Perspektive.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, wozu Menschen im positiven Sinne fähig sind, wenn man sie lässt und sie so nimmt, wie sie sind.

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Veröffentlicht am 13.08.2021

Spannende Fortsetzung

Der Speersohn
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„...“Sklaven sind wie Ratten“, behauptete Quintus. „Je mehr davon sterben, desto besser.“...“

Mina hat sich in ihrem Leben mit Quintus arrangiert. Er darf nur nicht wissen, dass sie gewisse Summen vom ...

„...“Sklaven sind wie Ratten“, behauptete Quintus. „Je mehr davon sterben, desto besser.“...“

Mina hat sich in ihrem Leben mit Quintus arrangiert. Er darf nur nicht wissen, dass sie gewisse Summen vom Haushaltsgeld abzweigt, um Sklaven zu kaufen und ihnen die Freiheit zu schenken.
Als Mina die Nachricht bekommt, dass Garlef tot ist, verliert sie ihr letztes bisschen Lebensfreude.
Die Autorin hat erneut einen spannenden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte schließt zeitnah an Band 1 an.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Er passt sich den Gegebenheiten an. So wird zum Beispiel Minas Verzweiflung sehr gut herausgearbeitet.
Quintus will unbedingt einen Sohn. Die Ärzte raten Mina zu Luftveränderung. So kommt sie zusammen mit Quintus nach Cäsarea, wo Quintus zur rechten Hand von Pontius Pilatus wird. Auch beim Saufen nehmen sich die beiden Männer nichts. Allerdings verfügt Pilatus über eine geschickte Fragetechnik und ein Gespür für die Empfindsamkeit der Menschen. Das zeigt sich bei der Befragung der Sklaven in Minas Gegenwart und bei seinen Äußerungen über Mina.

„...Alles, was ich weiß, ist, dass man Frauen zwar heiraten, aber nicht beherrschen kann. Das gilt vor allem dann, wenn sie intelligent sind...“

Mit Tikwa findet Mina eine jüdische Freundin. Dadurch wird sie erstmalig mit dem jüdischen Glauben konfrontiert.
Auch in Cäsarea geht Mina auf den Sklavenmarkt. Und dort findet sie den schwerkranken Garlef. Sie bringt ihn in ihr Haus und hat sich gegenüber Quintus eine gute Begründung überlegt. Die Ärzte aber geben ihm keine Chance. Doch Mina hat von einem besonderen Heiler gehört, der durch das Land zieht und predigt. Zusammen mit Tikwa macht sie sich auf den Weg, um diesen Mann zu suchen. Dabei erfahre ich vieles über Land und Leute.

„...“Jericho hat sehr viel Durchgangsverkehr“, erwidert Tikwa. Erstens liegt die Stadt an einer uralten Handelsstraße, die durch die Wüste nach Babylon führt. Zweitens reisen die meisten Galiläer, die nach Jerusalem wollen, über Scythoplos, Peräa und Jericho.“...“

Die Begegnung mit Joschua, wie Jesus im Buch heißt, verändert Mina innerlich. Garlef wird leben. Und auch er wird Jesus kurz begegnen. Der gibt ihm einen einen Namen und erklärt ihm:

„...Viele Schwache hast du beschützt! Darum haben viele Schwache dich beschützt! Siehst du das nicht?...“

Garlef hat Probleme mit Jesu Himmelfahrt. Er fühlt sich von ihm verlassen. Das liegt an seinem tief in ihm verankerten Verlustängsten. So viele Menschen musste er schon loslassen.
Für Mina und Garlef geht es noch durch manche Höhen und Tiefen, bis beide die Reise nach Germanien antreten können. Dabei erfahre ich auch, wie und warum Quintus so geworden ist, wie er ist.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Ostergeschichte wurde geschickt in die Handlung integriert und sorgte mit für den hohen Spannungsbogen.

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Spannend

Süßgift
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„...Als Gunther mit Ricarda auch noch eine neue junge Kollegin zur Seite gestellt bekam, verstand er die Welt endgültig nicht mehr...“

Das Zitat von der ersten Seite des Romans deutet die Probleme auf ...

„...Als Gunther mit Ricarda auch noch eine neue junge Kollegin zur Seite gestellt bekam, verstand er die Welt endgültig nicht mehr...“

Das Zitat von der ersten Seite des Romans deutet die Probleme auf dem Kommissariat des kleinen Marillenstädtchen schon an. Ricarda liebt die Technik, Gunther hasst sie. Ricarda arbeitet ehrgeizig in ihrem Beruf, Gunther wartet auf den Ruhestand. Und da in dem Ort nicht viel los ist, kann er das mit aller Gemütlichkeit tun. Das ändert sich aber, als eine Familie Störtebecker behauptet, ihr Sohn wäre im Ort ermordet wurden. Und dann wird noch eine junge Frau tot in der Dusche des Fitnesscenters gefunden.
Der Autor hat einen spannenden und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen.
Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Er vermittelt einen guten Eindruck von dem Ort.

„...Die Mischung aus gut erhaltener historischer Bausubstanz in der liebevoll restaurierten Altstadt, blühenden Marillenbaumgärten in der sanft hügeligen Umgebung und modern aufbereiteten Naherholungsgebieten am azurblauen Fluss erregte über die Landesgrenzen hinweg großes Aufsehen...“

Natürlich sind nicht alle von den Touristenströmen begeistert, denn die haben auch ihre Schattenseite.
Die Ermittlungen erweisen sich als schwierig. Ricarda wird angewiesen, Rücksicht auf die örtlichen Befindlichkeiten zu nehmen. Man dürfe die Touristen nicht verschrecken. Dabei funktioniert das Netzwerk aus Polizeiapparat und Kommunalverwaltung ausgezeichnet. Möglichst jeder Schritt muss abgeglichen werden. Mit diesem kleinstädtischen Mief aber kann Ricarda nichts anfangen. Sie geht ungewöhnliche Wege, um den zu umschiffen.
Die meiste Zeit arbeiten Gunther und sie nebeneinander statt miteinander. Manchmal habe ich mich als Leser gefragt, was Gunther eigentlich tut, wenn er vormittags außer Haus ist.
Ricarda ist hartnäckig. Akribisch geht sie jedem Hinweis nach. Manchmal wirkt die Geschichte etwas überspitzt. So wird bei einer Verhaftung, so sie schon mal ansteht, alles aufgefahren, was das Städtchen an Polizeibeamten zu bieten hat. Auch Gunther stellt sich dabei in Positur.
Am Ende bleibt keine Frage offen. Dann ist nicht nur der Fall geklärt, auch das Netzwerk musste heftig Federn lassen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte erwiest sich aus weit aus komplizierter, als ich nach den ersten Seiten vermutet hatte.

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