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Veröffentlicht am 07.02.2022

Viele Unstimmigkeiten, Widersprüche und teilweise sogar mit toxischen Anklängen...

Finde mich. Jetzt (Finde-mich-Reihe 1)
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Mit "Finde mich. Jetzt" von Kathinka Engel ist vor Weihnachten ein Trilogie-Auftakt bei mir eingezogen, dessen Folgebände ich schon gelesen habe. Fragt mich nicht, wieso, aber bei Kathinkas ersten zwei ...

Mit "Finde mich. Jetzt" von Kathinka Engel ist vor Weihnachten ein Trilogie-Auftakt bei mir eingezogen, dessen Folgebände ich schon gelesen habe. Fragt mich nicht, wieso, aber bei Kathinkas ersten zwei Reihen habe ich es einfach nie geschafft, mit Band 1 anzufangen und bin immer erst später und in komplett falscher Reihenfolge in die Reihe eingestiegen. Da mich in "Halte mich. Hier" Maliks und Zeldas Liebesgeschichte und in "Liebe mich. Für immer" die von Sam und Amy überzeugen konnte, stand es für mich nicht zur Debatte, dass ich auch herausfinden musste, wie Tamsin und Rhys zusammengekommen sind. Da Sofia von @Sofiasworldofbooks die Geschichte auch noch nicht gelesen hat, haben wir kurzerhand einen Buddyread draus gemacht. Leider waren wir uns ziemlich schnell einig: man merkt "Finde mich. Jetzt" leider an mehreren Stellen an, dass es der Debütroman der Autorin ist und die Geschichte entwickelt leider nicht den magisch-verträumten Sog, mit dem Kathinka Engels Romane mich normalerweise bezirzen...

Bevor ich versuche, meine Kritik wertschätzend auszudrücken und zu erklären, was mir in "Finde mich. Jetzt" nicht gefallen hat, will ich wie immer noch kurz einige Worte zur Gestaltung sagen. Die Cover der "Believe In Second Chances"-Trilogie sind aufeinander abgestimmt, sodass die drei Bände nebeneinander liegend zusammen ein Unendlichkeitszeichen ergeben. Dazu passend sind auch die Titel so gewählt, dass sie in Kombination zueinander passen und "Finde mich. Halte mich. Liebe mich. Jetzt. Hier. Für immer" ergeben. Wenn man jedoch nur ein Einzelband ohne die anderen Teile betrachtet, wirken Titel und Cover etwas seltsam - eben unvollständig. Ich finde die Idee grundsätzlich wirklich klasse - als Einzelwerk, wenn man sich nicht auf den Gesamteindruck konzentriert, sind mir die glitzernde Bögen und der bunte, Wasserfarbenverlauf im Hintergrund aber zu kitschig und nichtssagend. Sehr nett finde ich wiederum die kurzen Steckbriefe zu den zwei Hauptprotagonisten in den Leselaschen und die kleinen Unendlichkeitszeichen inklusive Name an den Kapitelanfängen, welche angeben, aus welcher Perspektive gerade erzählt wird. Auch wenn ich das Cover an sich also nicht unbedingt umwerfend finde, ist die Gestaltung des Piper Verlags als Ganzes wirklich sehr detailgetreu und liebevoll ausgearbeitet!


Erster Satz: "Heute ist ein Tag der Gegensätze"


Schon in den ersten Kapiteln habe ich feststellen müssen, dass mich die Geschichte von Tamsin und Rhys nur wenig abholen und mitreißen konnte. Natürlich muss ich dazu sagen, dass mir durch Band 2 und 3 die Grundzüge und der Endpunkt der Handlung des ersten Bandes schon bekannt waren. Gemeinsam mit der geringen Handlungsdichte und dem relativ langen durch die Erzählung abgedeckten Zeitraum sind das natürlich keine besonders guten Voraussetzungen für eine spannende Handlung. Es waren aber vielmehr die Atmosphäre und die Figuren als die Rahmenhandlung an sich, die für mich deutliche Schwächen aufwiesen und dafür gesorgt haben, dass ich "Finde mich. Jetzt" nicht so lieben konnte wie andere Bücher der Autorin. Trotz der ernsten Themen, die hier angesprochen werden und in den USA nochmals deutlich aktueller sind als hierzulande, handelt es sich um ein gemütliches Wohlfühlbuch, das nur wenig Tiefe erreicht. Wie aus ihren anderen Romanen gewohnt schreibt Kathinka Engel auch hier locker, leicht und auch wenn man bei ihrem Humor nicht schallend lacht, schafft sie es immer wieder, die ernste Stimmung aufzulockern. Rein stilistisch habe ich ihre Schreibweise aber leider kaum wiedererkannt. Zwar gibt es einige schöne Szenen, gerade zu Beginn sind die Sätze aber teilweise sehr kurz und beinahe abgehackt, sodass ich mich bald gefragt habe, ob "Finde mich. Jetzt" wirklich aus derselben Feder der Autorin stammt, die mich mit ihrer lebendig, ehrlich und emotionalen Schreibweise in der Shetland-Love-Reihe umgehauen hat.


Rhys: "Bei Tamsins Anblick habe ich das Gefühl, dass das Leben auch für mich selbst nicht vorbei sein muss. Und auch wenn Tamsin niemals Teil meines Lebens sein kann, ist sie doch in ihrer Unbefangenheit so etwas wie ein Fenster in eine farbenfrohe Welt."


Auch ihr Gespür für Figurenentwicklungen und die Einbindung feministischer Ideen habe ich hier komplett vermisst. Beide Hauptfiguren, die hier mal wieder abwechselnd aus der Ich-Perspektive erzählen, sind leider recht inkonsistent charakterisiert und weisen immer wieder Logiklücken auf. Ich hatte an unzähligen Stellen das Gefühl, eine Figur müsste als logische Konsequenz aus der vorangegangenen Handlung eine gewisse Reaktion zeigen und war dann überrascht, als sie das genaue Gegenteil gemacht hat. Beispiele dafür sind zum Beispiel, dass der verschlossene Rhys Tamsin gleich bei der ersten Gelegenheit von seiner Vergangenheit erzählt, oder dass Tamsin sofort mitlacht, als Sam sich über ihre erst kürzlich passierte, schmerzhafte Trennung lustig macht. Das waren beides Reaktionen, die ein Gefühl von Verwirrung und Irritation bei mir hinterlassen haben. Besonders dahingehend verwirrt hat mich Tamsin. Mit ihren ständigen Übersprunghandlungen, die nicht immer zu ihrer aktuellen Konstitution gepasst haben, machten sie es mir äußerst schwer, sie als Figur zufassen zu bekommen. Auch dass sie aus ihrer eigenen Perspektive zu Beginn wie eine ganz andere Person wirkte und sich für mich nur schwer mit Rhys Beschreibung von ihr in Einklang bringen ließ, hat mir der Zugang zu ihr, der durch ihre naive und weltfremde Art sowieso schon eingeschränkt war, noch zusätzlich erschwert.


Tamsin: "Oft fühle ich mich regelrecht heimatlos, wenn ich ein Buch zu Ende gelesen habe. Denn während ich lese, bin ich tatsächlich im Moskau des neunzehnten Jahrhunderts oder im Thronfield an der Seite von Jane Eyre zu Hause. Vielleicht bin ich also tatsächlich eine Kosmopolitin." Ich zuckte mit den Schultern. "Nur eben zwischen zwei Buchdeckeln."


Rhys hat mich da zu Beginn viel mehr angesprochen, da mich sehr interessiert hat, wie er sich nach sechs Jahren Haft mit seiner neuen Freiheit auseinandersetzt und sich selbst neu erfindet. Das Gefühl, dass die Welt ihm fremd ist und keinen Platz mehr für ihn hat, empfand ich als sehr beklemmend und gleichzeitig als interessanten Ausgangspunkt für die Handlung. Sehr schade ist bei ihm aber, dass sein Trauma sehr unglaubwürdig umgesetzt wird. Er hat aufgrund von Übergriffen im Gefängnis eine gestörte Wahrnehmung seines eigenen Körpers und reagiert sehr empfindlich auf Berührungen. Statt sich tatsächlich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen und diese kontinuierlich weiterzuentwickeln, wird der Konflikt aber nur dann auf den Tisch gebracht, wenn es der Handlung förderlich ist und ansonsten weitgehend ignoriert. So kann es sein, dass Tamsin ihn am Anfang überraschend umarmt, ohne dass etwas passiert, er dann später wegen einer Kleinigkeit durchdreht und sie im Anschluss dann ohne Probleme Sex haben, bevor er wieder einen Zusammenbruch erleidet. Auch abseits von seinen Problemen mit Körperlichkeit bleibt er leider sehr blass und wir bekommen kaum etwas von seiner langsamen Annäherung an die Welt tatsächlich mit. Wie schlecht die ganze Entwicklung leider umgesetzt ist, sieht man auch daran, dass Rhys am Ende reflektiert, was er im letzten halben Jahr alles gelernt hat und ich mich nicht an eine einzige Szene erinnern konnte, in der er tatsächlich persönlich weitergekommen ist.


Rhys: "Die Welt sollte mich, Rhys Bolton, willkommen heißen. Aber die Welt ist nicht mehr das, was sie war, als ich mich mit fünfzehn von ihr verabschiedet habe. Sie will mich nicht, und ich weiß nichts über sie. Wir sind einander völlig fremd."


Auch die Beziehung der beiden konnte mich leider gar nicht überzeugen, da ich deren Nähe weder emotional nachvollziehen noch die inhaltlichen Aspekte ihres Umgangs akzeptieren konnte. So wirkte ihre Beziehung an manchen Stellen beinahe toxisch, wenn Tamsin sich die Schuld an seinem Zusammenbruch gibt, weil sie nicht da war (als wäre es ihre Aufgabe, 24/7 für seine geistige Gesundheit zu sorgen), Rhys feststellt, dass er ohne sie das Leben nicht als Wert an sich empfinden kann (emotionale Abhängigkeit lässt grüßen) oder Tamsin auf Offenbarungen seinerseits unpassend bagatellisierend reagiert und ihn und seine Komplexe sexualisiert. Sofia und ich haben uns beim Lesen besonders über eine Stelle aufgeregt, als Rhys ihr erzählt, dass er sich für seinen Oberkörper schämt, da er jenen infolge seines Traumas nicht als (akzeptablen) Teil seiner Selbst wahrnehmen kann (Christian Grey, is that you?). Anstatt verständnisvoll darauf einzugehen, antworte sie darauf ungelogen, dass das Gefühl der körperlichen Unzulänglichkeit für Frauen reserviert sei, dass er sich nicht so anstellen soll und als Krönung wirft sie ihm dann auch noch vor, dass seine Muskeln Menschen mit normalem Körperfettanteil unter Druck setzen würden.


Tamsin: "Und warum ist Pu der Bär auf deiner Liste", flüstere ich, weil ich, obwohl wir uns so nah sind, die Sehnsucht nach ihm kaum aushalte. "Weil im Hundert-Morgen-Wald jeder sein kann, wie er will. Selbst I-Ah muss sich nicht verstellen. Sie mögen ihn einfach als das, was er ist", sagt Rhys leise und drückt meine Hand erneut.
"Ich mag dich auch als das, was du bist", flüstere ich, "mit verschobenen Grenzen und allem."
"Und ich mag dich. Mit all deinen Verrücktheiten".


Ich habe selten eine unsensiblere Art gesehen, auf mitgeteilte Ängste zu reagieren. Dieses Herunterspielen in die Richtung "jetzt hab dich Mal nicht so, andere haben ganz andere Probleme, du bist doch voll in Ordnung" hilft vielleicht bei gewöhnlichen leichten Komplexen. Da kann es manchmal hilfreich sein, klarzumachen, dass man seine Probleme im Kopf künstlich aufbauscht. Aber in dieser Situation? Fand ich es einfach nur toxisch. Stellt Euch nur mal vor, die Geschlechterrollen wären umgekehrt gewesen und der Typ hätte der Frau gesagt, sie solle sie doch nicht so anstellen, sie sehe ja heiß genug aus um von Männern gewollt zu werden. Sowas möchte ich in einem Roman von 2019 nicht mehr lesen. Leider tauchen auch andere Tropes wie zum Beispiel der "Du bist zu gut für mich Trope" und der "du bist anders als die anderen Mädchen"-Trope hier auf, von denen ich eigentlich dachte, dass wir schon 2016 beschlossen haben, dass wir diese nicht mehr in modernen New Adult Romanen lesen wollen, da sie die weibliche Integrität untergraben.

Auch diese Stelle kann man übrigens wunderbar heranziehen, um zu erläutern, was mein Problem mit der Entwicklung von Rhys´ Nähe-Problem ist. Statt sich wie von mir erwartet durch Tamsins unüberlegte Reaktion vor den Kopf gestoßen und verletzt zu fühlen, war es anscheinend genau das, was er hatte hören müssen. Daraufhin legt augenblicklich alle seine Probleme ab (Traumaheilung durch Gesprächstherapie geht normalerweise ein bisschen anders), sodass sie in den folgenden Kapitel wilden Sex haben können, von dem ich dachte, er würde am Ende den Endpunkt der Entwicklung darstellen. Damit überspringen die beiden gefühlt 100 Schritte der Entwicklung ihrer Beziehung und vor allem der Entwicklung von Rhys´ Näheproblem und ließen mich mit einer ganzen Menge Fragezeichen zurück.


Rhys: "Ich kann, ich darf, aber ich muss nicht. Zum ersten Mal wird mir bewusst, was Freiheit bedeutet."


Das Ende der Geschichte verläuft nach dem großen Drama dann recht leichtfüßig und alles in allem ganz nett. Um ein runder Abschluss zu sein, fehlte mir hier aber leider die Hälfte und sowohl auf Rhys´ als auch auf Tamsins Seite blieben einige Fäden lose und Fragen offen. Was macht Tamsin nun mit ihrer Familie? Der komplette Bruch ohne ihnen ihre Seite der Geschichte darzulegen ist ja nur der erste von vielen Schritten zu einem gesünderen Verhältnis... Und mit Sam hat sie sich auch nicht ausgesprochen, das ging ja einfach wieder in den Normalzustand über? Kann Rhys mit seiner Vergangenheit Frieden schließen? Wie empfindet er nun gegenüber seiner Mutter? Was passiert mit Don, bekommt er auch irgendwann noch seine Quittung? Und was ist mit dem Gefängnisschläger, der ja nun eine offensichtliche Bedrohung für Rhys darstellt, aber nie wieder vorkam? Im Endeffekt ist das Ende also ein perfektes Sinnbild für meine Beziehung zur gesamten Geschichte: auf den ersten Blick ist ein Unterhaltungswert der Geschichte nicht von der Hand zu weisen, die Struktur unter der netten Oberfläche passt aber vorne und hinten nicht zusammen.

Rückblickend bin ich also sehr froh, dass ich nicht ganz regulär mit dem ersten Teil der Reihe in die "Believe In Second Chances"-Trilogie eingestiegen bin und "Finde mich. Jetzt" als sechstes Buch von Kathinka Engel lese. Wäre das meine erste Begegnung mit der Autorin gewesen, wäre es wohl auch meine einzige geblieben...



Fazit:


Auch wenn ich "Finde mich. Jetzt" wirklich mögen wollte, sind mir zu viele Unstimmigkeiten, Widersprüche und teilweise sogar auch toxische Anklänge in der Geschichte ins Auge gesprungen, um sie weiterempfehlen zu können. Die zwei Sterne gibt es nur für die liebenswerten Nebenfiguren und die vereinzelten schönen Szenen, in denen das Talent von Kathinka Engel durchblitzt. Wer mehr von ihr lesen will, sollte sich aber eher an ihre "Love is", oder die "Shetland-Love"-Reihe halten!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.08.2021

Eine unterhaltsame, aber heillos übertriebene und furchtbar überzuckerte Office Romance!

When you look at me
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Nachdem mich Kelly Morans "Redwood Love"-Reihe ein bisschen gespalten zurückgelassen hat, wollte ich ihr mit ihrer neuen Office Romance eine weitere Chance geben, mich zu überzeugen. Nach einem sehr unterhaltsamen ...

Nachdem mich Kelly Morans "Redwood Love"-Reihe ein bisschen gespalten zurückgelassen hat, wollte ich ihr mit ihrer neuen Office Romance eine weitere Chance geben, mich zu überzeugen. Nach einem sehr unterhaltsamen und aufschlussreichen Buddyread mit Sofia von Sofias kleine Bücherwelt steht zumindest mal fest: "When you look at me" macht einem die Bewertung alles andere als leicht. Ganz als Müll abschreiben kann man die Geschichte um Xavier und Peyton definitiv nicht, da sie einige sehr süße Szenen und insgesamt einen hohen Unterhaltungswert hatte. Um wirklich zu überzeugen habe ich aber leider viel zu oft an ungewollten Stellen lachen müssen, da Handlung, Figuren und Schreibstil teilweise so absurd, übertrieben, unrealistisch und einfach cringe sind, dass ich mir sicher bin, dass man unter "Nobrainer" im Wörterbuch ein Bild dieser Geschichte finden kann.

Das Cover zeigt den Titel in großen Lettern auf einem hängenden Holzschild, das vor der verträumten, lila-rosa-farbenen Kulisse eines Lavendelfelds baumelt. Die unspektakuläre, aber hübsche Gestaltung passt treffsicher zur darin enthaltenen Geschichte und greift mit dem Lavendelmotiv einen wichtigen Ort der Handlung auf. Nicht ganz einverstanden bin ich hingegen mit dem Titel. Ich habe ja nur erst ungefähr 1000 Mal wiederholt, dass ich es nicht nachvollziehen kann, wieso deutsche Verlage englische Titel wählen, die NICHT die Originaltitel sind. Entweder wird halt der Titel übersetzt, oder man nimmt einen anderen deutschen, aber nicht einfach einen random englischen Titel (weil das irgendwie netter klingt, oder keine Ahnung, was sich die Titelgebenden hier als so denken?!?). Zwar ist "When you look at me" nicht komplett an der Geschichte vorbei, da Peyton Xaviers Anker ist, den er immer anschaut, wenn er sich verloren und nervös fühlt, der Originaltitel "Counterbalance" passt aber ungefähr eine Million Mal besser. Sehr schön sind die kleinen Golden Gate Bridges inklusive Skyline von San Francisco, die jeden der 24 Kapitelanfänge zieren.


Erster Satz: "Ihr letzter Termin ist hier, Mr. Gaines."


Wie bei jedem ihrer bisherigen Büchern erzählt Kelly Moran die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive des erfolgreichen Geschäftsmannes Xavier und der PR-Beraterin Peyton. Dabei nutzt sie einen personalen Er-Erzähler, was zwar nicht meine Lieblingsperspektive ist, hier aber aufgrund der dennoch sehr hohen Dichte an Gedanken und Gefühlen sehr gut funktioniert. Weniger gut gewählt ist in meinen Augen der seltsame Zeitsprung, mit dem wir gleich im dritten Kapitel direkt nach dem Wiedersehen von Xavier und Peyton, bei dem er sie als seine Beraterin einstellt, um ganze zwei Jahre in die Zukunft hüpfen. Ich kann mir vorstellen, dass die Autorin ein wenig das Tempo aus der Entwicklung ihrer Romanze nehmen wollte und dachte, nach zwei Jahren der Zusammenarbeit haben sich die beiden wieder genügend kennengelernt, um realistischerweise eine Beziehung zu starten. Diese Herangehensweise bringt jedoch zwei Probleme mit sich. Erstens verpasst man so, wie sich die beiden wieder annähern und hat die meiste Zeit das Gefühl, es wäre einem etwas entgangen. Zweitens stellt man sich im Verlauf der Geschichte zunehmend die Frage, was sich denn nun geändert hat. Xavier betont immer wieder, dass er sich "zwei Jahre lang beherrscht hat" und auch von Peytons Seite ist von Beginn an eine deutliche Anziehung und Zuneigung zu spüren. Dennoch ist in den zwei Jahren offensichtlich nichts zwischen den beiden passiert, da sie professionell bleiben wollten. Und nun will uns die Autorin erzählen, dass die beiden plötzlich doch der Meinung sind, eine Beziehung sei eine feine Sache? Najaaa... Ohne den Zeitsprung hätte ich die Dynamik wesentlich spannender und nachvollziehbarer gefunden.

Ansonsten fehlt es den beiden aber definitiv nicht an Chemie. Ich mag Office Romances ab und zu sehr gerne, da in dem Spielraum von Machtgefälle, Reichtum, Verantwortung, Professionalität, Privatsphäre, Arbeitsverhältnis und Freizeit spannende Konflikte entstehen können. Zwar ist auch hier von der ersten Seite an glasklar, auf was die Geschichte hinauslaufen wird, bis zum vorhersehbaren Happy End weiß die Geschichte aber dennoch gut zu unterhalten. Nimmt man den hohen Unterhaltungswert der Geschichte weg, bleibt aber leider nicht mehr besonders viel übrig, um die überzogene Handlung zu tragen. Vor allem gegen Ende verrennt sich "When you look at me" in einem ziemlich schwer nachvollziehbaren Prä-Happy-End-Drama. Anstatt eines soliden Konflikts haben sich einfach die Ängste und Komplexe der Figuren immer wieder wiederholt, bis ich dann plötzlich alle Probleme in Luft auflösen. Geärgert hat mich auch, dass Xavier und Peyton zwar ständig ihre tolle Kommunikation anpreisen, der gesamte Konflikt der Geschichte aber hätte verhindert werden können, wenn die beiden tatsächlich so offen miteinander geredet hätten, wie sie es immer vorgehalten haben. Hier sind die beiden definitiv nicht ganz ehrlich mit sich selbst und dem Leser.


"Es war als hätte sie seinem Herz - über seine Funktion als Warnsystem hinaus (Seit wann ist DAS die Funktion des Herzens - Anmerkung der Rezensentin)- eine neue Aufgabe gegeben"



Auch die Figuren an sich.... kommen mit dem ein oder anderen Problemchen. Vor allem Xavier hat mich das ein oder andere Mal zur Weißglut getrieben. Das beginnt schon damit, dass er nicht nur das aller atypischste Beispiel einer sozialen Phobie ist, von dem ich jemals gelesen habe, sondern dass er sie sich auch noch selbst diagnostiziert hat (Arrrrgggh, wenn schon Mental-Health-Themen miteinbinden, dann doch bitte richtig!!!). Als sehr nervig habe ich auch die vielen Technikvergleiche und Metaphern in seiner Erzählperspektive empfunden. Neben dem "festplattenzerstörenden Kuss, der jeden gesunden Menschenverstand in den Papierkorb verschob", "nicht kompatiblen Schaltplänen", "durchbrennende Elektroden" hat der Gute auch regelmäßig Formulierungen wie "zerstörte Motherboards" im Angebot, wenn er seine Gedanken oder Gefühle beschreibt. Das mag ja bei der einmaligen Erwähnung ganz nett sein, die vielen technischen Wortbilder sind hier aber so aufdringlich, dass ich schon nach wenigen Kapiteln dachte "jaaaa, ich habe jetzt verstanden, dass Xavier ein Techniknerd ist, das muss man mir nicht auf jeder Seite unter die Nase reiben!". Auch der Rest seiner Charakterisierung hat bei mir einige Fragen aufgeworfen. Seinem unbeholfenen Technik-Genie steht nämlich ein ziemlich übertriebenes Alpha-Mann-Getue gegenüber, sodass ich ihn schon bald nicht mehr ernstnehmen konnte. Wenn man jedes mal einen Shot trinken würde, wenn er selbst mit seinen Fähigkeiten im Schlafzimmer prahlt, oder Peyton wiederholt, was für ein dominanter Sexgott er ist, hätte man schon nach vier Kapiteln ordentlich einen im Tee. Dieses extreme sexuelle Selbstbewusstsein hat einfach so überhaupt nicht zu dem schüchternen, familienfreundlichen Nerd-Gutmenschen gepasst, als den Kelly Moran ihn ansonsten darstellt, dass Sofia und ich ihn nur noch scherzhaft Mr. Fingerfertigkeit genannt haben.

Peyton ist da schon ein bisschen greifbarer gezeichnet, auch wenn natürlich auch sie nicht wirklich das perfekte Abbild eines tiefgründigen Charakters ist. Sehr gelacht habe ich über ihren Aspirin-Konsum (I mean... 2 Aspirin sind schon viel, aber das auch noch vorbeugend und in Kombination mit Alkohol und auf gefühlt jeder zweiten Seite? Verstehe ich nicht, ist das so ein Ami-Ding?) und darüber, dass sie gerne mal Dinge wie "Rrrrr" oder "Gah" denkt. Ausdrücke wie "weinende Eierstöcke", "heiliges Wow" und "Atome wurden gespalten, und es war durchaus möglich, dass seine Knochen splittern" komplettieren dann das echt schräge Gesamtbild. Schon in "Redwood Love" bin ich mit Kelly Morans Schreibstil nicht ganz warmgeworden und habe angemerkt, dass viele Formulierungen für meinen Geschmack viel zu plump waren und die teilweise sehr wörtlichen Übersetzungen den Lesefluss stören. Hier nimmt die cringyness aber nochmal ein ganz anderes Level an und viele Formulierungen sind seltsam, heillos übertrieben und überzuckert. Auch hier sind mir wieder viele gleiche Redewendungen und Beschreibungen ins Auge gestochen, die man aus vorherigen Szenen oder einem ihrer anderen Bücher schon kannte, sodass manchmal ganze Dialoge oder auch Teile der Sexszenen sehr formelhaft wirken. Ich halte also fest, dass Kelly Moran sich mit "When you look at me" aus ihrem typischen Bereich der Cozy Romances herausgewagt hat, sie mich in diesem etwas anderen Untergenre aber auch nicht überzeugen konnte. Für mich war es das deshalb erstmal mit Büchern von ihr...


"Wir stehen noch ganz am Anfang, Süße. Bitte tritt nicht auf die Bremse, bevor wir richtig Fahrt aufgenommen haben."




Fazit:


"When You Look At Me" ist eine unterhaltsame aber heillos übertriebene und furchtbar überzuckerte Office Romance voller seltsamer Formulierungen. Lässt man einige süße Szenen und den sehr hohen Unterhaltungswert beiseite, können Figuren, Schreibstil und Handlung leider nicht überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.08.2021

Eine unterhaltsame, aber heillos übertriebene und furchtbar überzuckerte Office Romance!

When you look at me
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Nachdem mich Kelly Morans "Redwood Love"-Reihe ein bisschen gespalten zurückgelassen hat, wollte ich ihr mit ihrer neuen Office Romance eine weitere Chance geben, mich zu überzeugen. Nach einem sehr unterhaltsamen ...

Nachdem mich Kelly Morans "Redwood Love"-Reihe ein bisschen gespalten zurückgelassen hat, wollte ich ihr mit ihrer neuen Office Romance eine weitere Chance geben, mich zu überzeugen. Nach einem sehr unterhaltsamen und aufschlussreichen Buddyread mit Sofia von Sofias kleine Bücherwelt steht zumindest mal fest: "When you look at me" macht einem die Bewertung alles andere als leicht. Ganz als Müll abschreiben kann man die Geschichte um Xavier und Peyton definitiv nicht, da sie einige sehr süße Szenen und insgesamt einen hohen Unterhaltungswert hatte. Um wirklich zu überzeugen habe ich aber leider viel zu oft an ungewollten Stellen lachen müssen, da Handlung, Figuren und Schreibstil teilweise so absurd, übertrieben, unrealistisch und einfach cringe sind, dass ich mir sicher bin, dass man unter "Nobrainer" im Wörterbuch ein Bild dieser Geschichte finden kann.

Das Cover zeigt den Titel in großen Lettern auf einem hängenden Holzschild, das vor der verträumten, lila-rosa-farbenen Kulisse eines Lavendelfelds baumelt. Die unspektakuläre, aber hübsche Gestaltung passt treffsicher zur darin enthaltenen Geschichte und greift mit dem Lavendelmotiv einen wichtigen Ort der Handlung auf. Nicht ganz einverstanden bin ich hingegen mit dem Titel. Ich habe ja nur erst ungefähr 1000 Mal wiederholt, dass ich es nicht nachvollziehen kann, wieso deutsche Verlage englische Titel wählen, die NICHT die Originaltitel sind. Entweder wird halt der Titel übersetzt, oder man nimmt einen anderen deutschen, aber nicht einfach einen random englischen Titel (weil das irgendwie netter klingt, oder keine Ahnung, was sich die Titelgebenden hier als so denken?!?). Zwar ist "When you look at me" nicht komplett an der Geschichte vorbei, da Peyton Xaviers Anker ist, den er immer anschaut, wenn er sich verloren und nervös fühlt, der Originaltitel "Counterbalance" passt aber ungefähr eine Million Mal besser. Sehr schön sind die kleinen Golden Gate Bridges inklusive Skyline von San Francisco, die jeden der 24 Kapitelanfänge zieren.


Erster Satz: "Ihr letzter Termin ist hier, Mr. Gaines."


Wie bei jedem ihrer bisherigen Büchern erzählt Kelly Moran die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive des erfolgreichen Geschäftsmannes Xavier und der PR-Beraterin Peyton. Dabei nutzt sie einen personalen Er-Erzähler, was zwar nicht meine Lieblingsperspektive ist, hier aber aufgrund der dennoch sehr hohen Dichte an Gedanken und Gefühlen sehr gut funktioniert. Weniger gut gewählt ist in meinen Augen der seltsame Zeitsprung, mit dem wir gleich im dritten Kapitel direkt nach dem Wiedersehen von Xavier und Peyton, bei dem er sie als seine Beraterin einstellt, um ganze zwei Jahre in die Zukunft hüpfen. Ich kann mir vorstellen, dass die Autorin ein wenig das Tempo aus der Entwicklung ihrer Romanze nehmen wollte und dachte, nach zwei Jahren der Zusammenarbeit haben sich die beiden wieder genügend kennengelernt, um realistischerweise eine Beziehung zu starten. Diese Herangehensweise bringt jedoch zwei Probleme mit sich. Erstens verpasst man so, wie sich die beiden wieder annähern und hat die meiste Zeit das Gefühl, es wäre einem etwas entgangen. Zweitens stellt man sich im Verlauf der Geschichte zunehmend die Frage, was sich denn nun geändert hat. Xavier betont immer wieder, dass er sich "zwei Jahre lang beherrscht hat" und auch von Peytons Seite ist von Beginn an eine deutliche Anziehung und Zuneigung zu spüren. Dennoch ist in den zwei Jahren offensichtlich nichts zwischen den beiden passiert, da sie professionell bleiben wollten. Und nun will uns die Autorin erzählen, dass die beiden plötzlich doch der Meinung sind, eine Beziehung sei eine feine Sache? Najaaa... Ohne den Zeitsprung hätte ich die Dynamik wesentlich spannender und nachvollziehbarer gefunden.

Ansonsten fehlt es den beiden aber definitiv nicht an Chemie. Ich mag Office Romances ab und zu sehr gerne, da in dem Spielraum von Machtgefälle, Reichtum, Verantwortung, Professionalität, Privatsphäre, Arbeitsverhältnis und Freizeit spannende Konflikte entstehen können. Zwar ist auch hier von der ersten Seite an glasklar, auf was die Geschichte hinauslaufen wird, bis zum vorhersehbaren Happy End weiß die Geschichte aber dennoch gut zu unterhalten. Nimmt man den hohen Unterhaltungswert der Geschichte weg, bleibt aber leider nicht mehr besonders viel übrig, um die überzogene Handlung zu tragen. Vor allem gegen Ende verrennt sich "When you look at me" in einem ziemlich schwer nachvollziehbaren Prä-Happy-End-Drama. Anstatt eines soliden Konflikts haben sich einfach die Ängste und Komplexe der Figuren immer wieder wiederholt, bis ich dann plötzlich alle Probleme in Luft auflösen. Geärgert hat mich auch, dass Xavier und Peyton zwar ständig ihre tolle Kommunikation anpreisen, der gesamte Konflikt der Geschichte aber hätte verhindert werden können, wenn die beiden tatsächlich so offen miteinander geredet hätten, wie sie es immer vorgehalten haben. Hier sind die beiden definitiv nicht ganz ehrlich mit sich selbst und dem Leser.


"Es war als hätte sie seinem Herz - über seine Funktion als Warnsystem hinaus (Seit wann ist DAS die Funktion des Herzens - Anmerkung der Rezensentin)- eine neue Aufgabe gegeben"



Auch die Figuren an sich.... kommen mit dem ein oder anderen Problemchen. Vor allem Xavier hat mich das ein oder andere Mal zur Weißglut getrieben. Das beginnt schon damit, dass er nicht nur das aller atypischste Beispiel einer sozialen Phobie ist, von dem ich jemals gelesen habe, sondern dass er sie sich auch noch selbst diagnostiziert hat (Arrrrgggh, wenn schon Mental-Health-Themen miteinbinden, dann doch bitte richtig!!!). Als sehr nervig habe ich auch die vielen Technikvergleiche und Metaphern in seiner Erzählperspektive empfunden. Neben dem "festplattenzerstörenden Kuss, der jeden gesunden Menschenverstand in den Papierkorb verschob", "nicht kompatiblen Schaltplänen", "durchbrennende Elektroden" hat der Gute auch regelmäßig Formulierungen wie "zerstörte Motherboards" im Angebot, wenn er seine Gedanken oder Gefühle beschreibt. Das mag ja bei der einmaligen Erwähnung ganz nett sein, die vielen technischen Wortbilder sind hier aber so aufdringlich, dass ich schon nach wenigen Kapiteln dachte "jaaaa, ich habe jetzt verstanden, dass Xavier ein Techniknerd ist, das muss man mir nicht auf jeder Seite unter die Nase reiben!". Auch der Rest seiner Charakterisierung hat bei mir einige Fragen aufgeworfen. Seinem unbeholfenen Technik-Genie steht nämlich ein ziemlich übertriebenes Alpha-Mann-Getue gegenüber, sodass ich ihn schon bald nicht mehr ernstnehmen konnte. Wenn man jedes mal einen Shot trinken würde, wenn er selbst mit seinen Fähigkeiten im Schlafzimmer prahlt, oder Peyton wiederholt, was für ein dominanter Sexgott er ist, hätte man schon nach vier Kapiteln ordentlich einen im Tee. Dieses extreme sexuelle Selbstbewusstsein hat einfach so überhaupt nicht zu dem schüchternen, familienfreundlichen Nerd-Gutmenschen gepasst, als den Kelly Moran ihn ansonsten darstellt, dass Sofia und ich ihn nur noch scherzhaft Mr. Fingerfertigkeit genannt haben.

Peyton ist da schon ein bisschen greifbarer gezeichnet, auch wenn natürlich auch sie nicht wirklich das perfekte Abbild eines tiefgründigen Charakters ist. Sehr gelacht habe ich über ihren Aspirin-Konsum (I mean... 2 Aspirin sind schon viel, aber das auch noch vorbeugend und in Kombination mit Alkohol und auf gefühlt jeder zweiten Seite? Verstehe ich nicht, ist das so ein Ami-Ding?) und darüber, dass sie gerne mal Dinge wie "Rrrrr" oder "Gah" denkt. Ausdrücke wie "weinende Eierstöcke", "heiliges Wow" und "Atome wurden gespalten, und es war durchaus möglich, dass seine Knochen splittern" komplettieren dann das echt schräge Gesamtbild. Schon in "Redwood Love" bin ich mit Kelly Morans Schreibstil nicht ganz warmgeworden und habe angemerkt, dass viele Formulierungen für meinen Geschmack viel zu plump waren und die teilweise sehr wörtlichen Übersetzungen den Lesefluss stören. Hier nimmt die cringyness aber nochmal ein ganz anderes Level an und viele Formulierungen sind seltsam, heillos übertrieben und überzuckert. Auch hier sind mir wieder viele gleiche Redewendungen und Beschreibungen ins Auge gestochen, die man aus vorherigen Szenen oder einem ihrer anderen Bücher schon kannte, sodass manchmal ganze Dialoge oder auch Teile der Sexszenen sehr formelhaft wirken. Ich halte also fest, dass Kelly Moran sich mit "When you look at me" aus ihrem typischen Bereich der Cozy Romances herausgewagt hat, sie mich in diesem etwas anderen Untergenre aber auch nicht überzeugen konnte. Für mich war es das deshalb erstmal mit Büchern von ihr...


"Wir stehen noch ganz am Anfang, Süße. Bitte tritt nicht auf die Bremse, bevor wir richtig Fahrt aufgenommen haben."




Fazit:


"When You Look At Me" ist eine unterhaltsame, aber heillos übertriebene und furchtbar überzuckerte Office Romance voller seltsamer Formulierungen. Lässt man einige süße Szenen und den sehr hohen Unterhaltungswert beiseite, können Figuren, Schreibstil und Handlung leider nicht überzeugen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.08.2021

Eine unterhaltsame aber heillos übertriebene und furchtbar überzuckerte Office Romance!

When You Look at Me
0

Nachdem mich Kelly Morans "Redwood Love"-Reihe ein bisschen gespalten zurückgelassen hat, wollte ich ihr mit ihrer neuen Office Romance eine weitere Chance geben, mich zu überzeugen. Nach einem sehr unterhaltsamen ...

Nachdem mich Kelly Morans "Redwood Love"-Reihe ein bisschen gespalten zurückgelassen hat, wollte ich ihr mit ihrer neuen Office Romance eine weitere Chance geben, mich zu überzeugen. Nach einem sehr unterhaltsamen und aufschlussreichen Buddyread mit Sofia von Sofias kleine Bücherwelt steht zumindest mal fest: "When you look at me" macht einem die Bewertung alles andere als leicht. Ganz als Müll abschreiben kann man die Geschichte um Xavier und Peyton definitiv nicht, da sie einige sehr süße Szenen und insgesamt einen hohen Unterhaltungswert hatte. Um wirklich zu überzeugen habe ich aber leider viel zu oft an ungewollten Stellen lachen müssen, da Handlung, Figuren und Schreibstil teilweise so absurd, übertrieben, unrealistisch und einfach cringe sind, dass ich mir sicher bin, dass man unter "Nobrainer" im Wörterbuch ein Bild dieser Geschichte finden kann.

Das Cover zeigt den Titel in großen Lettern auf einem hängenden Holzschild, das vor der verträumten, lila-rosa-farbenen Kulisse eines Lavendelfelds baumelt. Die unspektakuläre, aber hübsche Gestaltung passt treffsicher zur darin enthaltenen Geschichte und greift mit dem Lavendelmotiv einen wichtigen Ort der Handlung auf. Nicht ganz einverstanden bin ich hingegen mit dem Titel. Ich habe ja nur erst ungefähr 1000 Mal wiederholt, dass ich es nicht nachvollziehen kann, wieso deutsche Verlage englische Titel wählen, die NICHT die Originaltitel sind. Entweder wird halt der Titel übersetzt, oder man nimmt einen anderen deutschen, aber nicht einfach einen random englischen Titel (weil das irgendwie netter klingt, oder keine Ahnung, was sich die Titelgebenden hier als so denken?!?). Zwar ist "When you look at me" nicht komplett an der Geschichte vorbei, da Peyton Xaviers Anker ist, den er immer anschaut, wenn er sich verloren und nervös fühlt, der Originaltitel "Counterbalance" passt aber ungefähr eine Million Mal besser. Sehr schön sind die kleinen Golden Gate Bridges inklusive Skyline von San Francisco, die jeden der 24 Kapitelanfänge zieren.


Erster Satz: "Ihr letzter Termin ist hier, Mr. Gaines."


Wie bei jedem ihrer bisherigen Büchern erzählt Kelly Moran die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive des erfolgreichen Geschäftsmannes Xavier und der PR-Beraterin Peyton. Dabei nutzt sie einen personalen Er-Erzähler, was zwar nicht meine Lieblingsperspektive ist, hier aber aufgrund der dennoch sehr hohen Dichte an Gedanken und Gefühlen sehr gut funktioniert. Weniger gut gewählt ist in meinen Augen der seltsame Zeitsprung, mit dem wir gleich im dritten Kapitel direkt nach dem Wiedersehen von Xavier und Peyton, bei dem er sie als seine Beraterin einstellt, um ganze zwei Jahre in die Zukunft hüpfen. Ich kann mir vorstellen, dass die Autorin ein wenig das Tempo aus der Entwicklung ihrer Romanze nehmen wollte und dachte, nach zwei Jahren der Zusammenarbeit haben sich die beiden wieder genügend kennengelernt, um realistischerweise eine Beziehung zu starten. Diese Herangehensweise bringt jedoch zwei Probleme mit sich. Erstens verpasst man so, wie sich die beiden wieder annähern und hat die meiste Zeit das Gefühl, es wäre einem etwas entgangen. Zweitens stellt man sich im Verlauf der Geschichte zunehmend die Frage, was sich denn nun geändert hat. Xavier betont immer wieder, dass er sich "zwei Jahre lang beherrscht hat" und auch von Peytons Seite ist von Beginn an eine deutliche Anziehung und Zuneigung zu spüren. Dennoch ist in den zwei Jahren offensichtlich nichts zwischen den beiden passiert, da sie professionell bleiben wollten. Und nun will uns die Autorin erzählen, dass die beiden plötzlich doch der Meinung sind, eine Beziehung sei eine feine Sache? Najaaa... Ohne den Zeitsprung hätte ich die Dynamik wesentlich spannender und nachvollziehbarer gefunden.

Ansonsten fehlt es den beiden aber definitiv nicht an Chemie. Ich mag Office Romances ab und zu sehr gerne, da in dem Spielraum von Machtgefälle, Reichtum, Verantwortung, Professionalität, Privatsphäre, Arbeitsverhältnis und Freizeit spannende Konflikte entstehen können. Zwar ist auch hier von der ersten Seite an glasklar, auf was die Geschichte hinauslaufen wird, bis zum vorhersehbaren Happy End weiß die Geschichte aber dennoch gut zu unterhalten. Nimmt man den hohen Unterhaltungswert der Geschichte weg, bleibt aber leider nicht mehr besonders viel übrig, um die überzogene Handlung zu tragen. Vor allem gegen Ende verrennt sich "When you look at me" in einem ziemlich schwer nachvollziehbaren Prä-Happy-End-Drama. Anstatt eines soliden Konflikts haben sich einfach die Ängste und Komplexe der Figuren immer wieder wiederholt, bis ich dann plötzlich alle Probleme in Luft auflösen. Geärgert hat mich auch, dass Xavier und Peyton zwar ständig ihre tolle Kommunikation anpreisen, der gesamte Konflikt der Geschichte aber hätte verhindert werden können, wenn die beiden tatsächlich so offen miteinander geredet hätten, wie sie es immer vorgehalten haben. Hier sind die beiden definitiv nicht ganz ehrlich mit sich selbst und dem Leser.


"Es war als hätte sie seinem Herz - über seine Funktion als Warnsystem hinaus (Seit wann ist DAS die Funktion des Herzens - Anmerkung der Rezensentin)- eine neue Aufgabe gegeben"



Auch die Figuren an sich.... kommen mit dem ein oder anderen Problemchen. Vor allem Xavier hat mich das ein oder andere Mal zur Weißglut getrieben. Das beginnt schon damit, dass er nicht nur das aller atypischste Beispiel einer sozialen Phobie ist, von dem ich jemals gelesen habe, sondern dass er sie sich auch noch selbst diagnostiziert hat (Arrrrgggh, wenn schon Mental-Health-Themen miteinbinden, dann doch bitte richtig!!!). Als sehr nervig habe ich auch die vielen Technikvergleiche und Metaphern in seiner Erzählperspektive empfunden. Neben dem "festplattenzerstörenden Kuss, der jeden gesunden Menschenverstand in den Papierkorb verschob", "nicht kompatiblen Schaltplänen", "durchbrennende Elektroden" hat der Gute auch regelmäßig Formulierungen wie "zerstörte Motherboards" im Angebot, wenn er seine Gedanken oder Gefühle beschreibt. Das mag ja bei der einmaligen Erwähnung ganz nett sein, die vielen technischen Wortbilder sind hier aber so aufdringlich, dass ich schon nach wenigen Kapiteln dachte "jaaaa, ich habe jetzt verstanden, dass Xavier ein Techniknerd ist, das muss man mir nicht auf jeder Seite unter die Nase reiben!". Auch der Rest seiner Charakterisierung hat bei mir einige Fragen aufgeworfen. Seinem unbeholfenen Technik-Genie steht nämlich ein ziemlich übertriebenes Alpha-Mann-Getue gegenüber, sodass ich ihn schon bald nicht mehr ernstnehmen konnte. Wenn man jedes mal einen Shot trinken würde, wenn er selbst mit seinen Fähigkeiten im Schlafzimmer prahlt, oder Peyton wiederholt, was für ein dominanter Sexgott er ist, hätte man schon nach vier Kapiteln ordentlich einen im Tee. Dieses extreme sexuelle Selbstbewusstsein hat einfach so überhaupt nicht zu dem schüchternen, familienfreundlichen Nerd-Gutmenschen gepasst, als den Kelly Moran ihn ansonsten darstellt, dass Sofia und ich ihn nur noch scherzhaft Mr. Fingerfertigkeit genannt haben.

Peyton ist da schon ein bisschen greifbarer gezeichnet, auch wenn natürlich auch sie nicht wirklich das perfekte Abbild eines tiefgründigen Charakters ist. Sehr gelacht habe ich über ihren Aspirin-Konsum (I mean... 2 Aspirin sind schon viel, aber das auch noch vorbeugend und in Kombination mit Alkohol und auf gefühlt jeder zweiten Seite? Verstehe ich nicht, ist das so ein Ami-Ding?) und darüber, dass sie gerne mal Dinge wie "Rrrrr" oder "Gah" denkt. Ausdrücke wie "weinende Eierstöcke", "heiliges Wow" und "Atome wurden gespalten, und es war durchaus möglich, dass seine Knochen splittern" komplettieren dann das echt schräge Gesamtbild. Schon in "Redwood Love" bin ich mit Kelly Morans Schreibstil nicht ganz warmgeworden und habe angemerkt, dass viele Formulierungen für meinen Geschmack viel zu plump waren und die teilweise sehr wörtlichen Übersetzungen den Lesefluss stören. Hier nimmt die cringyness aber nochmal ein ganz anderes Level an und viele Formulierungen sind seltsam, heillos übertrieben und überzuckert. Auch hier sind mir wieder viele gleiche Redewendungen und Beschreibungen ins Auge gestochen, die man aus vorherigen Szenen oder einem ihrer anderen Bücher schon kannte, sodass manchmal ganze Dialoge oder auch Teile der Sexszenen sehr formelhaft wirken. Ich halte also fest, dass Kelly Moran sich mit "When you look at me" aus ihrem typischen Bereich der Cozy Romances herausgewagt hat, sie mich in diesem etwas anderen Untergenre aber auch nicht überzeugen konnte. Für mich war es das deshalb erstmal mit Büchern von ihr...


"Wir stehen noch ganz am Anfang, Süße. Bitte tritt nicht auf die Bremse, bevor wir richtig Fahrt aufgenommen haben."




Fazit:


"When You Look At Me" ist eine unterhaltsame aber heillos übertriebene und furchtbar überzuckerte Office Romance voller seltsamer Formulierungen. Lässt man einige süße Szenen und den sehr hohen Unterhaltungswert beiseite, können Figuren, Schreibstil und Handlung leider nicht überzeugen.

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Veröffentlicht am 02.04.2021

Unterhaltsam, aber unter der Oberfläche voller Klischees, Probleme und ungeschickt konstruierter Konflikte.

The Story of a Love Song
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Nachdem mich "Hate Notes" und "Park Avenue Player" um einiges besser überzeugen konnte als "Rebel Soul" vom Autorenduo Ward-Keeland, habe ich beschlossen, den beiden Autorinnen noch eine vierte Chance ...

Nachdem mich "Hate Notes" und "Park Avenue Player" um einiges besser überzeugen konnte als "Rebel Soul" vom Autorenduo Ward-Keeland, habe ich beschlossen, den beiden Autorinnen noch eine vierte Chance zu geben, mich so richtig abzuholen. "The Story of a Love Song" hat dann aber bestätigt: Penelope Ward, Vi Keeland und ich werden keine Freunde mehr. Ich bin im Genre New Adult mittlerweile bis zu einem gewissen Grad bereit, über Ungereimtheiten hinwegzusehen, aber wenn sich die Augenroll-Momente dann häufen und man sieht, dass es anderen (in dem Fall Tomke von Throughsioux-Books, mit der ich die Geschichte im Buddyread gelesen habe) genauso geht, man also nicht komplett überreagiert und sich reinsteigert, dann war's das einfach.

Doch beginnen wir wie immer beim Cover. Jenes gefällt mir mit dem angeschnittenen Motiv eines Gitarristen im Scheinwerferlicht definitiv besser als das amerikanische Original, da zumindest keine Gesichter zu sehen sind, könnte aber zu jeder beliebigen Rockstar-Romance passen. Auch der Titel "The Story of a Love Song" klingt meiner Meinung nach eher wie die Bezeichnung eines ganzen Genres und hat in meinen Augen nicht besonders viel mit der Handlung zu tun. Der Originaltitel "Dirty Letters" trifft es da einfach besser - denn wenn die Geschichte eines zu bieten hat, dann eine Menge Briefe mit sexuellen Anspielungen...Hier kommen wir auch schon zu meinem ersten Kritikpunkt, denn auch wenn es sehr vielversprechend begann, ahnte ich schon nach etwa 70 Seiten, dass "The Story of a Love Song" und ich keine Freunde mehr werden...


Erster Satz: "Oh Mann, es geht wieder los."


Den Einstieg in die Geschichte wird einem mit vielen süßen wie verrückten Ideen wie das Hausschwein Hortencia, Angst-Scrabble oder einen exzentrischen Therapeuten sehr leicht gemacht. Luca und Griffin sind leicht ins Herz zu schließen und mit ihren Eigenheiten und besonderen Lebensumständen haben sie mir schon auf den ersten Seiten das ein oder andere Lachen entlockt. Auch ihre erste Kontaktaufnahme, als Luca beim Ausmisten nach Jahren einen ungeöffneten Brief von Griffin findet und ihm daraufhin schreibt, ist zuerst einfach hinreißend. "Zuerst" ist dabei absichtlich fett gedruckt, denn von ungefähr zwei Seiten "schön, mal wieder von dir zu hören, wie geht es so?" ist der Weg über "warum hast du mir damals nicht geschrieben?" bis hin zu "was sind deine intimsten Fantasien?" einfach viel zu kurz. Anstatt nach Jahren der Funkstille behutsam wieder Vertrauen und Nähe aufzubauen, nehmen die Autorinnen eine krasse Abkürzung und setzen uns von jetzt auf gleich Briefe voller Sextalk vor. Dass die beiden schnell den Mut finden, ehrlich über verschiedenen Themen zu reden, ist ja schön und gut, aber nach so vielen Jahren erschien mir eine solche Öffnung über Briefe mehr als unglaubwürdig.

Ich bin es von Vi Keeland und Penelope Ward gewohnt, dass die beiden für den Unterhaltungswert ihrer Geschichten gerne mal übers Ziel hinausschießen und weit im Unrealistischen, Übertriebenen landen. Hier fand ich jedoch nicht nur die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Unterhaltung gekippt, einige Szenen fand ich mehr als nur drüber (Stichwort Mee Mees für alle, die es gelesen haben). Sehr schade ist auch, dass durch den lockeren Ton und die Fixation auf Sex die emotionale Nähe der Figuren vollkommen auf der Strecke blieb. Klar, hier wurde an einigen Stellen wiederholt, dass die beiden sich besser kennen als alle anderen und schon als Kinder verliebt waren - beim Leser kommt von dieser Instant-Love-Nähe-Vertrautheit-Idee jedoch nicht besonders viel an. So erscheinen die plötzlich ausschweifenden Liebeserklärungen, die noch im ersten Drittel auftauchen, genauso haltlos aus der Luft gegriffen, wie der zuvorige Sextalk. Allgemein entwickelten sich die Figuren ausgehend vom ersten positiven Eindruck kaum weiter. Der Fokus liegt hier zu 100% auf der Beziehung von Griffin und Luca, sodass für Familie, Freunde, Bandkollegen oder weitere Informationen zu deren Alltag einfach kein Platz ist, weshalb mir zu viele Hintergrundinfos gefehlt haben, um die Figuren rund wirken zu lassen.


"Geld beeindruckt die faulen Mädchen. Kluge Mädchen sind reich, wenn sie etwas haben, das sie nicht kaufen können."


Tomke und ich hatten dann gehofft, dass sich das ändert, wenn Griffin und Luca sich zum ersten Mal begegnen, leider wurde das Problem, dass die beiden als Paar kaum ernst zu nehmen oder nachzuempfinden waren, dadurch aber nur noch sichtbarer. Viele Dialoge fühlten sich unnatürlich an, bei ihrer ersten Begegnung wimmelt es nur so von Stolpersteinen (Stichwort: Schweinebraten) und nach einem Tag beschließen sie einfach aus dem Nichts heraus, dass sie jetzt zusammen sind. Alle Emotionen wurden hier beschrieben, statt für den Leser erlebbar gemacht, sodass die beiden für mich auch nach 200 Seiten immer noch zwei wunderschöne Fremde (jaaa, natürlich sehen beide auch aus wie Supermodels) waren, die sich erst vor wenigen Tagen getroffen haben und plötzlich eine Beziehung führen. Weshalb das für mich als Leserin nicht so gut funktioniert hat, muss ich denke ich nicht mehr ausführlicher erklären...

Von da an fielen mir immer mehr Ungereimtheiten auf und ich wurde von Leseabschnitt zu Leseabschnitt genervter von der Geschichte. Wo ich zuvor noch amüsiert über gelegentlich eingestreute Witze und Anspielungen grinsen konnte, haben diese im weiteren Verlauf nur noch für ein müdes Stirnrunzeln gereicht. Rund um das Problem mit den fehlenden Emotionen habe ich mich an manchen Stellen auch über die Darstellung von Lucas Ängsten geärgert. Grundsätzlich finde ich Mental Health Themen in Büchern wahnsinnig wichtig, da ist aber meiner Meinung nach noch mehr Präzision gefragt als bei anderen Themen. Vielleicht ist es auch meinem besonderen Blickwinkel geschuldet, doch ich kann es einfach nicht vertragen, wenn wild Diagnosen vermischt werden oder (noch schlimmer) die Therapien nicht passend sind.


"Hab keine Angst vor mir. Vertrau auf das, was du in deinem Herzen spürst(...). Wenn du das tun kannst, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um dich nicht zu enttäuschen, das verspreche ich dir."
"Blindes Vertrauen."


In "The Story of a Love Song" bin ich an einigen Stellen über Äußerungen gestoßen, die ein Fragezeichen aufgeworfen haben und für mich überhaupt nicht zu den beschriebenen Beschwerden gepasst haben. Das was Luca beschreibt, würde ich als Psychologiestudentin eher als Posttraumatische Belastungsstörung einordnen, da es ja einen klaren Auslöser für ihre agoraphoben Ängste gibt und sie auch unter kognitiven Verzerrungen wie Schuldgefühlen leidet. Auch wie sich der Doc, also Lucas Therapeut an einigen Stellen verhalten hat, empfand ich als weit jenseits von unprofessionell. Ich mochte den schrägen Vogelliebhaber als Figur total, er füllt hier aber mehr die Rolle eines verschrobenen Großvaters, der ab und zu eine Lebensweisheit vom Stapel lässt und versucht, den Kuppler zu spielen und weniger die Rolle eines professionellen Therapeuten aus, der den Genesungsprozess seiner Patientin im Sinn hat. So gab es leider die ein oder andere Szenen, bei der ich nur den Kopf darüber schütteln konnte, wie man diese gelegentliche Lebensberatung Therapie nennen kann. Ich würde mir bei solchen Themen einfach mehr Präzision und Fingerspitzengefühl wünschen!

Wenn man das Mental-Health-Thema und den Sextalk beiseitelässt, bleiben noch eine Menge Themen, die einem ziemlich bekannt und in fast jeder Rockstar-Romance vorkommen. Von den typischen "mimimi, er hatte schon sooo viele Frauen und ich bin soo unerfahren"-Unsicherheiten über den "du bist zu gut für mich"-Konflikt, bis zur obligatorischen Trennung vor der Tournee und der noch obligatorischeren Versöhnung durch ein Liebeslied war alles dabei, was man auch sonst so kennt. Das war es jedoch leider noch lange nicht mit den holpernden Stellen. Unkommentiert kann ich auch fast nicht lassen, dass es für Luca überhaupt kein Problem zu sein scheint, dass Griffin einen Privatdetektiv engagiert hat, der sie wochenlang heimlich verfolgt, beobachtet und fotografiert hat. Er will ihr kein Bild schicken, da er nicht will, dass sie erfährt, dass er ein Rockstar ist, aber da er trotzdem neugierig ist, wie sie aussieht, lässt er sie heimlich beschatten? Wem kommt das noch ein bisschen übergriffig vor? Luca jedenfalls nicht - darüber reden die beiden nämlich einfach nicht. Allgemein wird ab der Hälfte nicht mehr so viel geredet. Luca und Griffin haben ungefähr die Hälfte der Zeit Sex oder reden zumindest davon, welchen zu haben und die andere Hälfte liest sich, als hätten sich die beiden AutorInnen überlegt "hm, was könnte wohl alles passieren, um Luca maximal zu verstören und alles möglichst kaputt zu machen?" und dann genau das umgesetzt.


"Sie gaben mir Hoffnung, dass Träume wirklich wahr werden können - selbst unsere wildesten Träume. Ich meine, wie kommt die behütete kleine Luca, die irgendwo in der Provinz von Vermont lebt, mit einem Superstar zusammen? Und dann stellt sich heraus, dass er ihr Brieffreund aus Kindertagen ist? Das ist der Stoff, aus dem Märchen sind, Luca. Aber das ist Ihr Leben. Ihr verflixtes Leben! Bitte werfen Sie das nicht weg, weil Sie Angst haben. Sie werden es niemals zurückbekommen. Und es ist... Magie. Reine Magie."


Dann fallen mir auch noch eine Menge weiterer Szenen ein, in denen mir die Dynamik zwischen den beiden nicht gefallen hat und was gar nicht angesprochen wurde. Dass Luca sich bald unter Druck gesetzt fühlt, ihre Ängste für Griffin in einem Tempo überwinden zu müssen, das absolut unrealistisch ist, trug natürlich auch nicht gerade dazu bei, dass man die beiden als tolles und funktionierendes Paar wahrnimmt. Als die beiden sich dann getrennt haben, erschien es mir nur logisch und zumindest von Lucas Seite aus nachvollziehbar. Wie die beiden Autorinnen das Grundproblem jedoch lösen wollen, ohne dass Griffin seine Karriere aufgibt und vor allem ohne die Spontanheilungs-Karte zu ziehen, war mir lange Zeit unklar.

Am Ende wird klar: das Problem wird einfach gar nicht gelöst. Die beiden klären weder ihrer Zukunft noch ihre Probleme so richtig, sind jetzt aber trotzdem glücklich zusammen. Da stellt sich die Frage, warum das Drama davor nötig war, und es fehlt einfach jegliche innere Entwicklung, bevor wir zum typischen und von Beginn an erwarteten Ende inklusive Hochzeit und Kinder übergehen.

Alles in allem habe ich wirklich versucht, die Geschichte zu mögen und eine ganze Weile (und auch zusammen im Buddyread) überlegt, wie ich "The Story of a Love Song" bewerten soll. Das erste Drittel fand ich ganz nett, das Ende in Ordnung aber nicht gerade einfallsreich und einige Ideen süß, aber insgesamt sind einfach viel zu viele problematischen Stellen vorhanden und die Geschichte hat mich viel zu wenig emotional erreicht, um mehr als 2 Sterne in Betracht zu ziehen.



Fazit:


Unterhaltsam, aber unter der Oberfläche voller Klischees, Probleme und ungeschickt konstruierter Konflikte. "The Story of a Love Song" hat zwar einige süße Ideen, konnte mich aber alles in allem emotional nicht abholen und schon gar nicht inhaltlich überzeugen. Schade!

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