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Veröffentlicht am 18.08.2021

Der schöne Schein trügt

Eine perfekte Ehe
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Ein R-Gespräch für Lizzie Kitsakis aus Rikers Island, der berüchtigten Gefängnisinsel inmitten des East River in New York: Zach, ein früherer Studienkollege wird ein tätlicher Angriff auf einen Polizisten ...

Ein R-Gespräch für Lizzie Kitsakis aus Rikers Island, der berüchtigten Gefängnisinsel inmitten des East River in New York: Zach, ein früherer Studienkollege wird ein tätlicher Angriff auf einen Polizisten zur Last gelegt. Es stellt sich heraus, dass Amanda, Zachs Ehefrau, tot am Fuße der Treppe gefunden wurde. Überall Blut – er steht unter Mordverdacht, wird deswegen angeklagt werden. Lizzie kann lediglich ein paar Monate Erfahrung in Wirtschaftsdelikten vorweisen, sie will Zach nicht vertreten, er jedoch besteht darauf. Er will nur sie.

Sechs Tage vor Amandas gewaltsamem Tod lässt diese ganz tief blicken, lässt ihr Leben Revue passieren, dabei kommt ihr Vater nicht gut weg. Daddy tut Dinge, die die blutjunge Amanda nicht will, sich derer jedoch nicht erwehren kann. Und auch heute noch ist da ein Anrufer, der nichts sagt, schwer atmet. Er stalkt sie nach wie vor, lässt sie niemals in Ruhe. Gleichzeitig erfahren wir, wie Zach und sie zusammenkommen, sie haben einen Sohn, der gerade im Ferienlager ist. Geschäftlich sehr erfolgreich kann das Paar sich alles leisten, ihre Freunde haben ein ähnliches Umfeld. Die alljährliche sehr freizügige Party steht an, Zach ist bald wieder weg, auch Amanda bleibt nicht lange. In Rückblicken ab Tag sechs bis zum Todesfall erfahren wir viel von Amandas Seelenleben, ihren Freunden, Ihrer Ehe.

Derweil trägt Lizzie Fakten zusammen, unermüdlich. Sie gräbt immer tiefer, entdeckt ein Lügengebilde nach dem anderen. Es mag jedoch kein zusammenhängendes Bild entstehen, es sind dies alles Bruchstücke, aber sie ergeben kein Ganzes. Auch privat steht bei ihr nicht alles zum Besten, sie kämpft regelrecht an allen Fronten.

Von Anfang an spannend und geheimnisvoll bekommt der Leser immer mehr Details, dringt vor in das Leben der Reichen und Schönen, erlebt so manch mustergültige Ehe, das allzu perfekte Leben derer, die alles haben, denen das Glück hold ist. Ist alles ein schöner Schein? Was Wirklichkeit, was der Phantasie entsprungen? Wer sagt die Wahrheit? Keiner ist so recht durchschaubar.

Die Autorin versteht es, ihre Leser gekonnt in die Irre zu führen. Keinem ist zu trauen, aber auch keinem traut man einen Mord zu. Und doch muss es einer gewesen sein, der Schuld auf sich geladen hat. Ein packender Thriller, der lange nichts preisgibt. Ich mag es sehr, wenn ich im Dunkeln tappe, es viele Täter geben könnte, aber der eine doch nicht zu fassen ist. Spannend bis zum Schluss, der jedoch viel zu überstürzt rüberkam.

Das ganze Buch über war eine subtile Spannung da, die teilweise surreale Züge hatte. Da wollte für mich das wie schnell abgefertigte Ende nicht recht dazu passen. Schade, aber trotzdem: „Eine perfekte Ehe“ hat mich gut unterhalten, es war und ist ein rasanter Thriller, den ich gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 16.08.2021

Eine außergewöhnliche Freundschaft in gefährlichen Zeiten

Flucht nach Patagonien
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Eugenia Errázuriz und Jean-Michel Frank sind die Hauptdarsteller bei dieser „Flucht nach Patagonien“. Eugenia, eine einflussreiche Kunstmäzenin, die bekannte Persönlichkeiten von Coco Chanel bis Pablo ...

Eugenia Errázuriz und Jean-Michel Frank sind die Hauptdarsteller bei dieser „Flucht nach Patagonien“. Eugenia, eine einflussreiche Kunstmäzenin, die bekannte Persönlichkeiten von Coco Chanel bis Pablo Picasso förderte, floh vor den immer stärker werdenden Nationalsozialisten aus Paris nach Chile auf ihren Familienbesitz in Patagonien. Ihr Reisebegleiter war der junge Jean-Michel Frank, dessen Lieblingsnichte Anne Frank war. Er war ein bedeutender Innenarchitekt und Möbeldesigner, dessen Auftraggeber bekannte Modeschöpfer wie etwa Elsa Schiaparelli waren, sie ließen ihre Studios von Frank gestalten. Alberto und Diego Giacometti entwarfen für ihn dekorative Objekte, Frank bevorzugte klare Linien, kombiniert mit luxuriösen und neuartigen Materialien. Sowohl seine Homosexualität als auch seine jüdische Abstammung machten ein Leben im damaligen Paris für ihn unmöglich.

Auf dem Schiff beginnt die Reise zweier interessanter Persönlichkeiten, die rückblickend das unkonventionelle Künstlermilieu in Paris beschreibt. Zwischendurch erhaschen wir einen Blick in die Prinsengracht nach Amsterdam zu Anne Franks Familie, verfolgen Jean-Michels Fluchthilfe für all seine jüdischen Mitbürger.

Im Epilog werden nochmals bekannte Fakten durchleuchtet. Alle Protagonisten und Schauplätze sind authentisch, die zu lesenden Ereignisse und Gespräche natürlich fiktiv, aber wer weiß… Daraus hat Jana Revedin ein rundes Ganzes geschaffen, sehr informativ und ausdrucksstark. Im Rahmen dieser Flucht von Paris über Buenos Aires nach Patagonien begegnen wir so einigen historischen Persönlichkeiten wie etwa dem jungen Walt Disney oder Amelia Earhard, die mit ihrer Lockheed Electra auf Weltumrundung war und seitdem als verschollen galt, auch Eleanor Roosevelt hat ihren Auftritt.

Ein Wort zum gelungenen Cover: Auf dem Schiff treffen wir auf unsere Protagonisten, hier beginnt ihre Reise, ihre Flucht. Die Frau auf der Reling – perfekt in Szene gesetzt.

Dieser biographische Roman hat mich in eine Welt eintauchen lassen, die zum einen faszinierend und zugleich schrecklich war. Zwei Persönlichkeiten, mit denen ich ein unrühmliches Stück Zeitgeschichte hautnah erleben konnte. Eine außergewöhnliche Freundschaft, von Jana Revedin gut lesbar dargeboten.

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Herzerwärmend

Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García
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Lanzarote, die Insel der hundert Vulkane, ist die Heimat von Pedro, dem Postboten, der immer weniger zu tun hat seit der Erfindung des Internets. Keiner schreibt mehr Briefe, lediglich Werbung fährt er ...

Lanzarote, die Insel der hundert Vulkane, ist die Heimat von Pedro, dem Postboten, der immer weniger zu tun hat seit der Erfindung des Internets. Keiner schreibt mehr Briefe, lediglich Werbung fährt er noch aus. Mit seiner Dienst-Honda muss er so tun, als ob er seine Dienstroute Tag für Tag abfährt, er gönnt sich dreimal wöchentlich einen Cafe con leche bei Alberto in der Hafenbar in Orzola im Norden der Insel.

Seinem Sohn Miguel ist er ein liebevoller Vater, während Carlotta, seine Partnerin, immer weniger zuhause ist. Nach einem Sturz mit der Honda landet Miguel im Krankenhaus. Daraufhin verlässt Carlotta Pedro, was sie eigentlich sowieso schon lange wollte, also zieht mit Miguel nach Barcelona, verweigert Pedro jeglichen Kontakt. Für ihn bricht seine heile Welt in Stücke aber Pedro will nur eines – seinen Sohn glücklich sehen. Alle Briefe, alle Pakete an ihn kommen ungeöffnet zurück.

Moritz Rinke hat mit Pedro einen liebenswerten Akteur geschaffen, den man gleich ins Herz schließt. Einen durchgeknallten Freund hat er auch – Tenaro mit seinen großartigen Ideen, immer dem großen Geld hinterher, immer kurz vor dem Durchbruch. Der dritte im Bunde ist Amado, ein Flüchtling, der sich ihm als Präsident eines Landes auf einem Berg vorstellt.

Ein leises Buch, charmant mit etwas chaotisch verpeilten Charakteren. Pedro kommt mir manchmal vor, als ob er zu gut für die Welt wäre, zu gutgläubig und menschenfreundlich, immer gefällig und für andere da. Wenn er sein Herz verschenkt, will er es nicht mehr zurück haben. Anrührend und herzerwärmend beschreibt der Autor seine Figuren. Sympathisch, ein wenig konfus aber nie böse oder nachtragend sind sie, sie alle wollen immer nur das Beste.

Liebe, Verlust und Hoffnung, Familie und Freundschaft sind gut eingebettet in Pedros Geschichte wie auch die fortscheitende Digitalisierung und ihre Folgen, das immerwährende Flüchtlingsproblem und – natürlich – Fußball mit Miguels absolutem Idol Lionel Messi.

Gerne bin ich diesem „…längsten Tag im Leben des Pedro Fernandez Garcia“ gefolgt, bin der Cafe-con-leche-Route oder der Nobelpreisroute gefolgt, aber auch der Small-Talk-, der Europaroute wie der Nudistenroute. Ja, so haben alle Strecken auf dem Weg des Postboten ihren namengebenden Sinn. Verrückte Dinge tun, Freundschaft spüren und das große Glück, einen Sohn wie Miguel zu haben – Pedros unendliche Liebe zu seinem Sohn ist in jedem Satz spürbar, es trifft einen mitten ins Herz, mit jeder Zeile, jedem Wort.

Moritz Rinke ist eine hinreißende Geschichte gelungen mit viel Liebe zum Detail, witzig, traurig und doch hoffnungsvoll. Gut erzählt, sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Die Narben im Herzen bleiben

Narbenherz
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Mit „Narbenherz“ legt Anne Mette Hancock den zweiten Fall um das ungleiche Duo aus Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und Erik Schäfer, ermittelnder Kommissar in diesem spannungsgeladenen Thriller, ...

Mit „Narbenherz“ legt Anne Mette Hancock den zweiten Fall um das ungleiche Duo aus Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und Erik Schäfer, ermittelnder Kommissar in diesem spannungsgeladenen Thriller, vor.

Eine schwerwiegende persönliche Entscheidung steht an - Heloise stellt ihr Privatleben gerne hinten an, diesmal jedoch drängt die Zeit, es ist unaufschiebbar. Von ihrer besten Freundin Gerda, einer Militärpsychologin, erfährt sie, dass der zehnjährige Lukas Bjerre aus dem Schulhort verschwunden ist. Heloise wird hellhörig, zumal Schäfer die Ermittlung leiten wird. Dabei verdrängt sie ihr persönliches Problem, die Journalistin in ihr will es wissen.

Bald schon tauchen so einige Figuren auf, denen nicht zu trauen ist. Sei es Finn, ein nicht ganz heller Kopf, der den Kindern Obst schenkt. Der Apfelmann wird er genannt. Da ist ein Erzieher, der sich mehr für Jungs zu interessieren scheint, außerdem ziemlich auffällig gestylt ist. Toke, ein Mitschüler, vor den sich alle fürchten, spielt wohl auch eine Rolle. Lukas Eltern verhalten sich auffällig, scheinen etwas zu verbergen und wer ist Kiki? Lukas auffällige Jacke, sein Schulranzen und noch so einiges mehr werden gefunden aber von dem Jungen – keine Spur.

Erst ganz zum Schluss ist alles geklärt, bis dahin legt die Autorin geschickt falsche Fährten, über die einzelnen Charaktere ist schnell mal ein Urteil gefällt. Von Lukas tröpfelt immer wieder eine Information herein, aus der man nicht so recht schlau wird, ihn jedoch plötzlich ganz anders wahrnimmt. Ein Verwirrspiel, in dem noch so einige Personen auf der Bildfläche erscheinen – deren Leben, ihr Hintergrund sind mysteriös, ein jeder könnte Lukas entführt, ihn vielleicht sogar ermordet haben. Und die Frage, ob Lukas denn rechtzeitig gefunden wird, steht immer im Raum.

Das Verschwinden eines Jungen, undurchsichtig, mit nicht vorhersehbaren Wendungen und ein Kommissar, dessen gute Bekannte Heloise nicht anders kann, als mitzuermitteln, stehen im Mittelpunkt. Einzig das private Prozedere um Heloise und Martin, ihrem Freund, war ein Zuviel des Guten. Ansonsten ein fesselnder Thriller, der seinem Vorgängerband „Leichenblume“ in nichts nachsteht. „Grabesstern“, den dritten Band dieser Reihe, lasse ich mir natürlich nicht entgehen.

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Der Leuchtturm im Meer

Die Leuchtturmwärter
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Emma Stonex nimmt ihre Leser mit auf einen Leuchtturm an die Küste Cornwalls. "Ein Fischer hat einmal gesagt, das Meer habe zwei Gesichter. Man müsse sie annehmen... das gute wie das böse, und darf keinem ...

Emma Stonex nimmt ihre Leser mit auf einen Leuchtturm an die Küste Cornwalls. "Ein Fischer hat einmal gesagt, das Meer habe zwei Gesichter. Man müsse sie annehmen... das gute wie das böse, und darf keinem von beiden den Rücken zuwenden."

Jory kennt das Meer wie seine Westentasche – heute ist es spiegelglatt. Heute werden sie hinausfahren, hinaus auf den Maiden Rock, dem Turm im Meer. Das Anlanden dauert, endlich erreichen sie die Tür, die jedoch von innen abgeschlossen ist. Die Stahlplatte muss aufgebrochen werden, drinnen sehen sie, dass der Tisch für zwei gedeckt ist, sie aber waren drei Mann. Warum? Eine der vielen Fragen, die nicht beantwortet werden kann. Das Ölzeug der Männer hängt am Haken, die beiden Wanduhren sind stehengeblieben: Viertel vor neun zeigen sie an – ein Zufall? Ein Mysterium, das auch zwanzig Jahre später nicht geklärt ist. Ein Schriftsteller nimmt sich der Geschichte an, will von den Frauen mehr wissen. Sie jedoch haben zwar ihre Vermutungen, aber sie wissen nichts.

Emma Stonex entführt ihre Leser in eine Zeit, in der die Leuchttürme noch nicht automatisiert waren. Ihre fiktive Geschichte lehnt sich an das spurlose Verschwinden dreier Männer von einem Leuchtturm, deren Verbleib nie aufgeklärt wurde, an. Sie erzählt ihre Geschichte einmal aus Sicht der Wärter. 1972 war ihr letztes Jahr auf dem Leuchtturm, sie mussten klarkommen mit dem mitunter sehr stürmischen Meer, waren auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen, mussten sich über viele Wochen ergänzen, sich aufeinander verlassen können. Es war kein leichtes Leben, auch wenn sie viel Zeit hatten, ein Tag war lang. Trotzdem musste rund um die Uhr einer da sein, das Meer und die Schiffe beobachten und diese leiten. Zwanzig Jahre später sind die Frauen an der Reihe, jede hat ihre eigene Betrachtungsweise auf damals, hat ihre eigenen Erklärungen. Der Leser lernt Helen, Jenny und Michelle immer besser kennen und im Laufe des Buches hat sich meine Einstellung ihnen gegenüber grundlegend geändert. Von den Wärtern Arthur, Bill und Vincent erfährt der Leser viel, ihre Gemütsverfassung, ihre Lieben, ihre Abneigungen sind bald vertraut, man schätzt den einen mehr, verurteilt das Tun des anderen. Ihre Vergangenheit wird nach und nach sichtbarer, keiner kommt ungeschoren davon. Ihre Ängste und Sehnsüchte, ihre Beziehungen, die erlittenen Verluste – all das kommt zur Sprache.

Eine zuweilen mystische Atmosphäre herrscht im Turm, der man sich als Leser nicht entziehen kann. So etliche Szenen sind geheimnisvoll, unerklärbar angelegt, dass man Schein und Sein nur erahnen kann, wenn überhaupt. War das wirklich so oder bildet man sich das nur ein? Diese illusorischen Momente mochte ich sehr, die Perspektiven wechseln vom Gestern zum Heute. Mit viel Gespür führt die Autorin durch ihre Geschichte, lässt viel Spielraum für Vermutungen.

Das Ende kam zu abrupt, einer Auflösung hätte es nicht bedurft. Hier, und nur hier, war ich etwas enttäuscht. Mir hätte es sehr viel besser gefallen, wenn all diese Mystik in der Schwebe geblieben wäre. So wäre der nicht ganz greifbare, ja surreale Charakter erhalten geblieben.

Diese Erzählung ist wie eine gewaltige Woge, unbezwingbar wie das Meer, das so manches mit sich reißt - und mich hat dieser außergewöhnliche Roman mitgerissen. Ein Leseerlebnis, das nachhallt.

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