Lotus und Tiger ...
Die Clans von Tokito – Lotus und Tiger"Wer ist gefährlicher? Die Waffe oder der, der sie führt?"
"Die Clans von Tokito" ist ein dystopischer Fantasy-Roman mit asiatisch angehauchtem Setting von der deutschen Autorin Caroline Brinkmann. Laut ...
"Wer ist gefährlicher? Die Waffe oder der, der sie führt?"
"Die Clans von Tokito" ist ein dystopischer Fantasy-Roman mit asiatisch angehauchtem Setting von der deutschen Autorin Caroline Brinkmann. Laut Autorin handelt es sich dabei um einen Einzelband, es wäre aber sehr viel besser gewesen, wenn daraus eine mehrteilige Reihe gemacht worden wäre. So wurde die Handlung in zu wenigen Seiten hineingestopft und am Ende blieben mir viel zu viele Dinge offen. Verschwendetes Potential bei so einer einmaligen Idee und dem grandiosen Setting.
Inhalt: Die Stadt Tokito wird von Clans beherrscht - ohne Clan kein nennenswertes Leben. Als Erin ihren Job verliert, verliert sie auch ihren Clan und ist somit von einem Moment auf den Anderen vogelfrei. Als sie auf den Straßen von Toktio in die Hände von Organhändlern fällt, schließt sie einen Pakt mit einem Dämon um ihr Leben zu retten. Dabei ahnt sie aber nicht, dass die Dunkelheit des Dämons Stück für Stück ihren Körper und Geist einzunehmen versucht. Und der Dämon ist noch lange nicht das Gefährlichste auf Tokitos Straßen.
Cover und Design: Das Cover des E-Books finde ich sehr ansprechend und spiegelt den Flair des Buches mit seinem asiatisch dystopisch angehauchten Setting sehr gut wieder. Am Vordergrund steht die Protagonistin der Geschichte Erin mit den Tiersymbolen der vorkommenden Clans und der Stadt Tokito im Hintergrund.
Bei der Aufbereitung des Buches haben sich die Schöpfer wirklich sehr viel Mühe gegeben und man kann die Liebe zum Detail erkennen. Jedes Kapital wird mit einer kleinen Illustration begonnen, wobei jedem Charakter eine hübsche Zeichnung gewidmet wurde, und auch am Ende der Kapital wurden kleine Illustrationen von den Clans abgebildet. Sogar das E-Book wurde so hübsch designt, was bei digitalen Büchern wirklich eine Seltenheit ist.
Meine Meinung: "Die Clans von Tokito" hat mich sowohl beeindruckt als auch enttäuscht. Durch den angenehmen und flüssig zu lesenden Schreibstil der Autorin findet man sich trotz dem dystopischen Setting sehr schnell in der Geschichte zurecht. Das asiatisch angehauchte Setting mit der Stadt Tokito und seinen Clans war mal was völlig anderes und hat mir sehr gut gefallen. Tokito ist einerseits eine recht moderne Stadt mit Steampunk-Elementen, andererseits weist sie aber auch rückschrittliche Elemente auf. Die Stadt versinkt in Smog und Müll. Daraus haben sich aber Tiere entwickelt, die sich von solchen Abfällen ernähren. Die Stadt wird von Clans regiert. Ohne Clan, keine Arbeit und keine Sicherheit. Clanlose Bewohner von Tokito sind vogelfrei und somit leichte Beute für Organhändler und andere Verbrecher. Die asiatische, vor allem japanische, Mythologie und Kultur wurden zwar in den Weltenaufbau eingearbeitet, durch die Steampunk-Elemente hat sich daraus aber ein vollständig neues Setting entwickelt.
Es gibt 6 bzw. 7 verschieden Clans, jeder mit eigenem Spezialgebiet, Clanzeichen und Motto. Der Lotusclan mit "Der Geisha" als Anführerin ist für die Unterhaltung zuständig, der Federclan für Informationen und Wissen, der Clan der weißen Hand für Medizin und Heilung, die "Amphibien" für Gifte, Gegengifte und Färbereien, der Affenclan für Handwerk und die "Streuner" haben keinen speziellen Aufgabenbereich, sind aber ausgezeichnete Diebe und Schmuggler. Dann gab es noch den Clan der "Tiger", der aber vor einiger Zeit auf Grund ihrer Verbrechen ausgelöscht wurde. Die Idee der Clans mit seinen Aufgabenbereichen finde ich super und auch wenn diese Idee an bereits erfolgreiche Dystopien erinnert, ist es durch die Verteilung der Machtverhältnisse doch etwas völlig eigenständiges und Neues. Leider wurden mit den Spezialgebieten der Clans nicht alle Bereiche abgedeckt um die Versorgung einer Stadt zu gewährleisten. Nahrungsmittelversorgung, Technik und Verwaltung haben mir z.B. gefehlt.
Dann gibt es noch die Phari, deren Aufgabenbereich habe ich nicht ganz genau verstanden, außer dass sie als Priester, Magier und Seher fungieren. Ein Teil der Bevölkerung bewundert und betet die Phari an, der andere Teil fürchtet sie. Für was ihre mächtigen Kräfte aber genutzt werden und welchen Nutzen sie für die Stadt haben, blieb mir etwas unklar. Im Buch treten sie als Ermittler und Detektive von Gewaltverbrechen auf, was mir doch eine starke Verschwendung für ihre Kräfte erscheint.
Nicht nur das Settin, sondern auch die Charaktere sind sehr detailliert und aufwendig aufbereitet. Die Autorin hat sich sehr bemüht jedem Charakter eine eigene Persönlichkeit einzuhauchen. Das Buch wird aus der Sicht von drei Hauptcharakteren erzählt, deren Geschichten dann irgendwann verstrickt werden und zueinander führen.
Erin versucht zwar ein gewöhnliches Leben zu führen, passt aber überhaupt nicht ins "Normalbild" und kann sich in der Gesellschaft der Clans nicht wirklich einfügen. Sie hat den Charakter einer typischen Rebellin, die diesen Umstand aber ignorieren will. Sie versucht ihr Bestes, scheitert aber immer wieder. Sie hat im Laufe des Buches eine tolle Charakterentwicklung erfahren, auch wenn ich mir für ihren Charakter noch ein bisschen mehr erhofft habe. Ihr Herz gehört ihrer großen Liebe Mikko, ein nerdiger und liebevoller Junge, der anfangs als unwichtiger Nebencharakter erscheint, im Laufe des Buches dann aber doch einen wichtigen Part einnimmt. Mir hat es sehr gut gefallen, dass Erin standhaft zu ihrer großen Liebe blieb, oft ist es in solchen Büchern ja so, dass der liebe und treue Freund durch den männlichen Prota-Helden ausgetauscht wird. Erin führt einen ständigen Kampf mit dem Dämon, der sich in ihrem Geist befindet. Dieser Dämon hat wirklich Charakter und sein Humor hat mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Es hat mir sehr gut gefallen, dass der Dämon einerseits ein gefährliches und mächtiges Geschöpf der Dunkelheit ist, andererseits aber auch eine eigene Persönlichkeit und Humor besitzt. Wer sagt denn, dass mächtige Geschöpfe nicht auch Sarkasmus verstehen? 😄
Kieran ist ein Phari-Lehrling und hat eine traurige Vergangenheit hinter sich. Er hat mich optisch stark an den Hauptcharakter vom Anime "Avatar - Der Herr der Elemente" erinnert, denn er weist tätowierte Pfeile im Gesicht und an den Händen auf. Leider haben diese Pfeile anscheinend keinerlei weitere Bedeutung, außer dass sie Kieran optisch interessanter erscheinen lassen. Kieran kämpft als Lehrling noch mit seinen Phari-Kräften und sein Seelentier folgt einfach nicht seinen Anweisungen. Ich habe seine Kapitel sehr gerne verfolgt und mochte seinen aufmüpfigen aber dennoch ängstlichen Charakter. Wie die Kräfte der Phari aber genau funktionieren, habe ich nicht ganz verstanden. Sie können Licht produzieren, aber woher kommt ihre Kraft und aus welchen Elementen beziehen sie diese?
Ryanne ist ein völlig anderer Charakter. Sie hat keine magischen Kräfte, sondern ihre Magie ist ihre Schönheit. Ryanne ist in der Ausbildung der "Geisha" zum Schmetterling. Die Schmetterlinge sind die erlesensten Mädchen von Tokito, die nicht nur zur Unterhaltung dienen, sondern auch für allerlei geheime Dinge eingesetzt werden, Spionage ist davon noch das ungefährlichste. Ich habe Ryanne von allen Charakteren am sympathischsten gefunden, auch wenn sie im Großen und Ganzen nicht wirklich eine tragende Rolle im Buch gespielt hat. Ihr Charakter war interessant, aber hätte es sie nicht gegeben, wären die Umstände und Handlungsstränge vermutlich die Gleichen geblieben.
Bei all dem ideenreichen Worldbuilding ging die Handlung leider ein bisschen verloren. An und für sich fand ich die Handlung des Buches gut, wie sich die Handlung dann aber entwickelt hat, weniger. Das Buch ist wie ein Reihenstart aufgebaut. Es beginnt interessant aber recht langsam, zwischendurch fragte ich mich, wann die Story endlich vorangeht. In den letzten 50 Seiten überschlugen sich dann die Ereignisse und die Auflösung wurde viel zu schnell und wirr abgehandelt. 384 Seiten waren für diese Handlung als Einzelband einfach viel zu wenig und am Ende blieben viel zu viele Fragen offen. Da könnte locker noch ein zweiter und auch dritter Teil kommen - die Autorin hat sich da einiges offen gelassen. Da das Buch von der Autorin aber als Einzelband geplant war, muss ich es auch als solches bewerten und für einen Einzelband war die Auflösung der Story mangelhaft.
Zusammengefasst hat mich "Die Clans von Tokito" zuerst sehr positiv überrascht und vor allem der Weltenaufbau, das Setting und die Charaktere haben mir sehr gut gefallen, schlussendlich hat mich die Handlung aber leider enttäuscht und es blieben viel zu viele Fragen offen. Die Story verlief am Ende viel zu rasant und auf zu wenig Seiten wurde zu viel reingepackt. Auch mit der Zusammenführung der einzelnen Protagonisten war ich nicht wirklich zufrieden. Meiner Meinung nach wurde hier sehr viel Potential verschenkt - Aus diesem tollen und einzigartigen Setting hätte man sehr viel mehr machen können. Wirklich empfehlen kann ich das Buch zwar nicht aber LeserInnen, die mal Lust auf eine völlig neue Welt, mit asiatischen und Steampunk-Elementen, haben, werden damit bestimmt einige schöne Lesestunden verbringen.