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Veröffentlicht am 30.09.2021

Die rote Betty

Die Tote mit der roten Strähne
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Bettys Einstand als Serienheldin ist stürmisch: Gerade mal nach fünf Monaten bei der Polizei in Brooklyn wird sie mit ihrem Kollegen zu einem Schusswechsel gerufen, sie entdecken vier Leichen und einen ...

Bettys Einstand als Serienheldin ist stürmisch: Gerade mal nach fünf Monaten bei der Polizei in Brooklyn wird sie mit ihrem Kollegen zu einem Schusswechsel gerufen, sie entdecken vier Leichen und einen durchgeknallten Amokläufer. Elf Jahre später beginnt sie ihre Arbeit in Dallas, Texas und ist weitere zwei Jahre später, September 2013, die leitende Ermittlerin bei der Überwachung eines großen Kokaindeals. Doch der Einsatz geht schief, es gibt mehrere Tote und die Schützen können fliehen. Auf der Jagd nach den Tätern und dem Verantwortlichen für den Kokainhandel gibt es weitere Opfer und es sieht so aus, als ob Betty dabei direkt ‚angesprochen‘ wird.

Die rothaarige schlagfertige Betty, die niemandem etwas schuldig bleibt, ist eine Bereicherung in der Flut der Krimineuerscheinungen. Mit ihrer Frau ins offenbar ultrakonservative Texas gezogen, fällt sie nicht nur mit ihrer Erscheinung (1,80m, wilde rote Locken) auf, sondern auch durch ihren unkonventionellen Umgangston. Mit Empathie für die Benachteiligten und fähig, Vorurteile zu revidieren, ist sie knallhart in der Sache.

Der Fall selbst scheint zu Beginn ein üblicher Drogendeal zu sein, der ‚etwas‘ aus dem Ruder läuft. Doch nach und nach zeichnet sich ab, dass hier offenbar noch andere Interessen bestehen als nur ein größerer Kokainverkauf. Erst nach mehr als zwei Dritteln des Buches wird offensichtlich, was wirklich dahintersteckt und das ist so abgedreht, dass ich doch hin und wieder den Kopf schütteln musste. Dennoch, spannend ist es auf jeden Fall (und teilweise auch eklig-blutig) und die Auflösung hinterlässt noch eine kleine Spur von Unsicherheit: Hat der Anfang vielleicht doch etwas mit dem Ende zu tun?

Bemerkenswert sind manche der Bilder, die die Autorin erzeugt:

"… die Hitze hockt jetzt schon auf meinem Kopf wie ein fettes, mit Spiegelschuppen bedecktes Monster, das mir mit feuchtheißer Zunge in die Ohren und den Nacken hinunterfährt." Seite 17

"… ein riesiges Ohrenstäbchen auf Steroiden, …" Seite 19

Alles in allem ein guter Auftakt einer neuen Serie – den zweiten Band gibt es ja bereits in Englisch und vermutlich auch demnächst auf Deutsch. Ich werde ihn mir vormerken.

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Veröffentlicht am 30.08.2021

Dave Robicheaux in Montana

Keine Ruhe in Montana
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Nachdem der Hurrikan Katrina den Süden Louisianas verwüstet hat, gönnt sich Dave Robicheaux mit seiner Frau Molly und seinem besten Freund Clete eine Auszeit in Montana. Aber schon nach kurzer Zeit werden ...

Nachdem der Hurrikan Katrina den Süden Louisianas verwüstet hat, gönnt sich Dave Robicheaux mit seiner Frau Molly und seinem besten Freund Clete eine Auszeit in Montana. Aber schon nach kurzer Zeit werden in der Nähe ihres Aufenthaltsortes zwei ermordete Studenten aufgefunden und Dave und Clete werden um Mithilfe bei der Suche nach dem Mörder gebeten. Doch bei ihren Nachforschungen kommen sie manch Mächtigen zu nahe, vor allem Clete, der Schwierigkeiten geradezu zu suchen scheint.

Einige Bände mit Dave Robicheaux habe ich bereits gelesen und dachte immer, übler als in Louisiana kann es kaum irgendwo zugehen – aber weit gefehlt. Daves Aufenthalt in Montana toppt Alles, was ich bisher gelesen habe: so viele Verrückte und Psychopathen (andere gibt es kaum in diesem Krimi) habe ich bisher selten in einem Buch erlebt. Wobei man Montana zugute halten muss: Es handelt sich bei Allen um ‚Zugereiste‘ 😉 Ob das Klima dort eine Rolle spielt?

Wie auch immer, der Fall ist verzwickt, wie man es von James Lee Burkes Romanen gewohnt ist und natürlich werden auch gesellschaftliche Missstände angesprochen: die Behandlung von Gefangenen, der alltägliche Rassismus, unbehandelte Kriegstraumata.
Doch was diesen Band von anderen unterscheidet, ist die unglaubliche Menge an Gewaltausbrüchen in übelster Form, die nicht immer wirklich nachzuvollziehen sind und selbst mir (die ich nicht gerade empfindlich bin) fast schon etwas zu viel waren. Auch Clete, Daves bester Freund, erschien mir mit zunehmender Seitenzahl immer seltsamer. Obwohl nicht allzu gut aussehend und schon etwas älter, hat er einen Schlag bei Frauen als wäre er Mr. Universum. Und sein Handeln scheint eher das eines pubertierenden Teenagers zu sein als das eines gestandenen Veteranen.

Dennoch – auch ein nicht ganz so guter Dave Robicheaux-Krimi ist immer noch ein guter Krimi, verglichen mit vielem, was sich so in den Bestsellerlisten tummelt.

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Kentucky - wo Rache nicht nur ein Wort ist

Unbarmherziges Land
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Nach acht Monaten kehrt Mick Hardin, Ermittler bei der US-Army, aus Europa zurück zu seiner Frau Peggy nach Kentucky. Seine Schwester Linda hat ihn informiert, dass Peggy schwanger ist – von Peggy selbst ...

Nach acht Monaten kehrt Mick Hardin, Ermittler bei der US-Army, aus Europa zurück zu seiner Frau Peggy nach Kentucky. Seine Schwester Linda hat ihn informiert, dass Peggy schwanger ist – von Peggy selbst hat er seit sechs Wochen nichts gehört. Und es erwartet ihn nicht nur eine veritable Ehekrise, auch Linda bittet ihn um Hilfe. Sie ist seit kurzem der erste weibliche Sheriff des County und hat bereits einen Mordfall zu lösen. Die Herren der Politik scheinen ihr dies jedoch nicht zuzutrauen und wollen den Fall lieber in Männerhänden sehen; doch Linda lässt sich nicht so leicht kaltstellen.
Was uns Chris Offutt hier präsentiert, ist ein Krimi, in dem die Hauptrolle der Bundesstaat Kentucky spielt Chris Offutt, der selbst aus dieser Gegend kommt, beschreibt Land und Leute so ausdrucksvoll, dass man bald ein Gefühl für die Atmosphäre dort bekommt. Die Menschen dort in den dünn besiedelten Wäldern und Bergen haben keine Erwartungen an den Staat; über die Jahre hinweg geht es ihnen schlechter als besser.

"Überall sonst leben die Menschen jedes Jahr ein bisschen länger. Nur bei uns wird das Leben im Schnitt kürzer. Das gibt es sonst nirgendwo in Amerika. Vor zwanzig Jahren haben die Leute hier noch länger gelebt." Seite 58

Was zählt, ist die Familie. Die steht über Allem.

"Tanner war ruhig und schüchtern, die Leute mochten seine Art, aber trotzdem bekam er nie einen Fuß auf die Erde. Eine Kultur, in der Blutsverwandtschaft über allem stand, konnte Tanner nicht vertrauen. Im ganzen County wurde er nur „der Adoptierte“ genannt." Seite 80

Im Zweifel gilt: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Der Staat in Form des Gesetzes bzw. des Sheriffs hat hier nur wenig bis nichts zu melden.
Angesichts der Schilderungen von Micks und Lindas Leben wie auch das diverser Einheimischer gerät der Kriminalfall fast ein wenig in den Hintergrund, was für eingefleischte Krimifans vermutlich etwas enttäuschend sein könnte. Insbesondere Micks Eheleben fand ich etwas zu ausführlich dargestellt; dennoch bleibt die Geschichte spannend und die Auflösung bzw. das Ende hat es wirklich in sich.
Sollte es eine Fortsetzung geben – ich wäre wieder dabei

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Die Frau des Wollbarons

Ein Raum aus Blättern
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In diesem Buch lässt Kate Grenville Elizabeth Macarthur von ihrem Leben erzählen, unter anderem wie sie mit Anfang 20 mit ihrem Mann John 1790 nach Australien reist, das zu jener Zeit eine Sträflingskolonie ...

In diesem Buch lässt Kate Grenville Elizabeth Macarthur von ihrem Leben erzählen, unter anderem wie sie mit Anfang 20 mit ihrem Mann John 1790 nach Australien reist, das zu jener Zeit eine Sträflingskolonie war. Es war keine Liebesheirat, die die Beiden zusammenbrachte, aber man arrangiert sich. Für Elizabeth ist es schwer, denn ihr Mann hat nur ein Ziel: gesellschaftlichen Aufstieg um jeden Preis - für Gefühle ist da kein Platz. Doch sie lässt sich nicht so leicht unterkriegen und erkämpft sich in diesem fremden Land nach und nach ihren Freiraum und eine gewisse Selbständigkeit.
John Macarthur war der Erste, der die Schafzucht in Australien zum Geschäft machte und damit ein Vermögen verdiente. Doch wie so häufig in solchen Fällen hatte daran auch die Ehefrau ihren Anteil, was die Geschichte jedoch meist verschweigt. Elizabeth war die erste akademisch ausgebildete Frau in Australien und als John aus politischen und geschäftlichen Gründen mehrfach für mehrere Jahre in Großbritannien blieb, war sie somit allein für die Farm verantwortlich. Doch ihr Wirken und ihr Erfolg blieben stets im Hintergrund.
Die australische Schriftstellerin Kate Grenville will ihr nun späte Gerechtigkeit widerfahren lassen und lässt uns in diesem Roman an ihren Memoiren teilhaben, wobei sich Grenville von Briefen inspirieren lässt, die Elizabeth an ihre beste Freundin, ihre Mutter und ihren Mann nach Großbritannien geschrieben hat. Nur wenig von den Geschehnissen in diesem Buch sind tatsächlich belegt, zu wenig aussagekräftig ist die Korrespondenz. Doch die Autorin lässt Elizabeth recht glaubwürdig von ihrem Leben erzählen, das geprägt war von der Liebe zur Natur, einer überwiegend glücklichen Kindheit, ihrem hartnäckigen Wunsch nach Selbstbestimmung und einem nicht enden wollenden Wissensdurst. Und wie sie letztendlich zu der Frau wurde, die in der Lage war, erfolgreich eine Farm nach ihren Vorstellungen zu leiten und zu führen - ganz ohne Mann
Eine gelungene, fiktive Biographie mit viel Gefühl (für mich etwas zu viel), die aber genau so hätte geschehen sein können.

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Ein Blick in die Vergangenheit

Vor Gericht
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Kriminaldirektor a. D. Manz genießt seit mehreren Jahren seinen Ruhestand und widmet sich mit Hingabe seinen Enkelkindern und seinem neuen Hobby Rudern. Da erreicht ihn ein Brief der Staatsanwaltschaft ...

Kriminaldirektor a. D. Manz genießt seit mehreren Jahren seinen Ruhestand und widmet sich mit Hingabe seinen Enkelkindern und seinem neuen Hobby Rudern. Da erreicht ihn ein Brief der Staatsanwaltschaft Berlin, in dem er aufgefordert wird vor Gericht auszusagen in einem 30 Jahre zurückliegenden, noch immer ungeklärten Mordfall. Es war sein letzter Fall, bevor er nach Dresden versetzt wurde und Manz beginnt, die Akten von damals einer genauen Prüfung zu unterziehen – und ganz nebenbei auch sein Leben.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert: Im Ersten lernen wir Manz und seinen Alltag kennen, seine Familie und seine Freunde aus dem Ruderclub. Parallel dazu lesen wir mit ihm die Akten zu dem Mordfall und nehmen teil an seinen Gedanken und Erinnerungen, die nicht nur den Fall betreffen sondern auch sein Privatleben, das zu jener Zeit in, nun ja, eher etwas unruhigen Bahnen verlief. Im zweiten Teil steht Manz vor Gericht um seine Aussage zu machen – aber im übertragenen Sinn auch vor sich selbst, um sein Handeln in jener Zeit vor sich selbst zu rechtfertigen und zu erklären.

Matthias Wittekindt beschreibt hier überaus authentisch einen Menschen, der sich, wie er es aus seinem Beruf gewohnt war, nicht nur mit einem alten Fall, sondern auch mit seinem Leben, damals und heute, gewissenhaft auseinandersetzt. Es ist eine ruhige, fast schon beschauliche Geschichte, die trotz ihrer fast völligen Unaufgeregtheit spannend bleibt, wobei das frühere und jetzige Leben des pensionierten Manz mindestens ebenso viel, wenn nicht sogar mehr Interesse weckt als der immer noch viele Fragen aufwerfende Mordfall.

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