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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.10.2021

Interessant und spannend zu lesen

Berlin Friedrichstraße: Novembersturm
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Louise und Robert sind schon seit ihrer Jugend eng befreundet. Johannes ist der Dritte im Bunde, aber ist nicht aus dem ersten Weltkrieg heimgekehrt. So entschließt sich Louise Robert zu heiraten und in ...

Louise und Robert sind schon seit ihrer Jugend eng befreundet. Johannes ist der Dritte im Bunde, aber ist nicht aus dem ersten Weltkrieg heimgekehrt. So entschließt sich Louise Robert zu heiraten und in die Zukunft zu schauen. Doch dann taucht Johannes am Tag der Hochzeit wieder in Berlin auf.

Was wie der Auftakt zu einem Beziehungsdrama klingt, täuscht ganz gewaltig. Die Leser begleiten Louise, Robert und Johannes, sowie dessen Schwester Ilse und Ella, die im Hinterhaus groß geworden ist, durch die zwanziger Jahre bis ins Jahr 1933. Die Handlung springt immer wieder in der Zeit zurück, in die Kindheit, die Kriegsjahre und einmal auch in die nähere Vergangenheit. Die Beziehung zwischen den fünf Protagonisten wandelt sich mit der Zeit und wir begleiten sie gemeinsam und getrennt. Gerade Ilse trifft einige prominente Gesichter wie Marlene Dietrich, Anita Berber und Erich Kästner, immer wieder, während die anderen sich in den unterschiedlichsten Milieus bewegen. Dadurch entsteht ein breit gefächertes Bild der Zeit.

An sich hat mir das Buch gut gefallen, das Lebensgefühl der zwanziger Jahre wird gut transportiert und viele Geschehnisse werden genauer beleuchtet. So sprechen die Protagonisten immer wieder über die Politik und auch gesellschaftliche Ereignisse, wie die Eröffnung der Avus, Kino und Theater, sowie auch die Musikszene sind immer wieder Thema. Doch hatte ich manchmal das Gefühl, dass es ein wenig zu viel war, was da alles reingepackt wurde. Dabei ging mir der Bezug zur eigentlichen Geschichte ein wenig verloren. Und manchmal hatte ich das Gefühl, nicht genau zu wissen, in welcher Zeit wir gerade sind.

Trotzdem lies sich das Buch gut lesen und hat einen Lesesog ausgelöst, so dass es nie langweilig wurde und man immer wissen wollte, wie es denn nun weitergeht. Daher kann ich das Buch durchaus empfehlen und freue mich auf die Fortsetzung, die nächstes Jahr erscheinen wird.

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Veröffentlicht am 05.10.2021

die erste Avon Beraterin

Ein Koffer voller Schönheit
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Anne Jensen könnte eigentlich zufrieden sein, sie ist verheiratet, hat Zwillinge, die recht wohlgeraten sind und ihr Mann ist als Schreiner selbstständig. Wenn da nur nicht seine Pläne mit dem Möbelhaus ...

Anne Jensen könnte eigentlich zufrieden sein, sie ist verheiratet, hat Zwillinge, die recht wohlgeraten sind und ihr Mann ist als Schreiner selbstständig. Wenn da nur nicht seine Pläne mit dem Möbelhaus wären, die ihm sein ehemaliger Kumpel Karl eingeredet hat. Seitdem Benno das Möbelhaus betreibt hängt der Haussegen schief. Um selbst ein wenig unabhängiger zu werden, bewirbt sich Anne bei Avon als Kosmetikvertreterin und nach ersten Schwierigkeiten läuft ihr Geschäft mit der Schönheitsberatung gut an. Für den Haussegen ist aber auch das nicht gerade förderlich.

Kristina Engel erzählt in diesem Buch die Geschichte der ersten Avon-Beraterin Deutschlands. Bzw. wie es gewesen sein könnte. Ihr gelingt es gut die damalige Zeit einzufangen, als Frauen noch ihre Männer um Erlaubnis fragen musste, wenn sie arbeiten wollten. Auch Benno ist zuerst nicht begeistert, als Anne mit dem Wunsch zu arbeiten bei ihm ankommt. Er lässt sich nur breitschlagen, weil er insgeheim hofft, dass es eh nicht klappt und Anne dann endlich wieder das brave Heimchen am Herd wird. Benno fand ich ziemlich anstrengend, wobei man vermutlich sagen muss, dass viele Männer in den 50ern wohl ähnlich dachten wie er. Seine Mutter dagegen unterstützt ihre Schwiegertochter, wo sie kann, und ermuntert sie, ruhig einmal mutig zu sein. Anne fühlt sich dabei etwas zerrissen, geht dann aber unbeirrt ihren Weg.

Mir hat das Buch gut gefallen, auch wenn ich am Anfang etwas Probleme hatte ins Buch zu kommen. Gegen Ende wurde es dann aber noch einmal sehr spannend, da zog das Lesetempo gewaltig an.

Ich kann dieses Buch daher durchaus empfehlen.

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Veröffentlicht am 05.10.2021

interessante Biographie

Der schöne Deutsche
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Gottfried von Cramm war eine Tennislegende, ein Sportler der weltweit für sein Spiel bewundert und vor allem für seinen Sportsgeist geachtet wurde. In einer Zeit, als sich die Deutschen in der Welt eher ...

Gottfried von Cramm war eine Tennislegende, ein Sportler der weltweit für sein Spiel bewundert und vor allem für seinen Sportsgeist geachtet wurde. In einer Zeit, als sich die Deutschen in der Welt eher unbeliebt machten, war er der vorbildliche Sportsmann, der auch Niederlagen mit Würde hinnehmen konnte.

Jens Nordalm erzählt nun das Leben Gottfrieds von Cramm auch jenseits des Tennisplatzes. Von Cramm entstammt einem deutschen Adelshaus und wächst mit Brüdern auf den familieneigenen Gütern auf. Schon früh zeigt sich nicht nur die Leidenschaft, sondern auch die Begabung für Tennis. Ende der zwanziger und in den dreißiger Jahren ist er erfolgreich in der Tenniselite der Welt unterwegs und vertritt Deutschland im Davis-Cup-Team. 1938 wird er wegen einer Beziehung zu einem Mann verhaftet und muss ins Gefängnis. Nach dem Krieg heiratet er Barbara Hutton und bleibt dem deutschen Tennis treu.

Mich hat das Buch vor allem interessiert, da ich wissen wollte, was aus Julius oder die Schönheit des Spiels denn nun der Wirklichkeit entsprach. Für mich war dieses Buch eine sehr passende Ergänzung zu dem Roman. Nordalm zeichnet rund um von Cramm eine Gesellschaft, die in den goldenen Zwanzigern bis zur Machtergreifung Hitlers das Leben genoss und es sich leisten konnte die schönen Seiten des Lebens zu genießen. Die High Society Berlins und teilweise auch Europas. Von Wirtschaftskrise oder finanzieller Not spürt man hier nichts. Ich fand es sehr interessant über diesen Teil der Gesellschaft mehr zu erfahren. Deren Leben war wirklich glamourös und international. Von Nationalismus keine Spur. Und vor allem konnte gerade in sexueller Hinsicht jeder sein, der er wollte. Diese offene Lebensart widerstrebte den Nationalsozialisten natürlich und so kommt es mit deren Machtergreifung schnell zu einem Ende dieser freien Zeit und von Cramm bekommt die Folgen noch Jahre später zu spüren.

Ich habe das Buch gerne gelesen, es war interessant und gut geschrieben, auch wenn die Menge an Personen doch recht hoch war. Da wäre ein Personenregister sicher hilfreich gewesen. Auf jeden Fall kann ich das Buch empfehlen, auch wenn man sich nicht so sehr für Tennis interessiert. Es lässt das Flair der vergangenen Zeit auf jeden Fall aufleben.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Briefwechsel

I get a bird
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Johann schickt Jana ihren Organizer zu, den sie vor geraumer Zeit verloren hat. Damit beginnt ein Briefwechsel zwischen zwei Menschen, die mit Teilen ihres Lebens hadern, die sich nicht kennen, sich aber ...

Johann schickt Jana ihren Organizer zu, den sie vor geraumer Zeit verloren hat. Damit beginnt ein Briefwechsel zwischen zwei Menschen, die mit Teilen ihres Lebens hadern, die sich nicht kennen, sich aber in den Briefen an den anderen offenbaren können. Und nach und nach stellt sich heraus, dass es nicht nur Parallelen zwischen ihren Leben gibt, sondern sogar einen Schnittpunkt.

Anne von Canal und Heikko Deutschmann haben dieses Projekt als Briefwechsel geplant, ohne sich dabei einen Rahmen zu geben. Zwei Jahre lang haben sie wechselseitig Briefe geschrieben, einig waren sie sich nur bei Ausgangspunkt, der eine hat etwas gefunden, was der andere verloren hat.

Ich habe mir am Beginn des Buches recht schwergetan. Richtig in den Lesefluß bin ich immer dann gekommen, wenn einer der beiden etwas aus seinem Leben erzählt hat. Die Passagen, in denen über das Leben und die eigene Darstellung darin philosophiert wird, fand ich eher ermüdend. Ich wollte eigentlich eher die Geschichte der beiden erfahren. Im Großen und Ganzen hat es dann auch gepasst und ich fand es schön zu sehen wie gerade Johann wieder zurück ins Leben findet. Über das Ende lässt sich streiten, bzw. mehr über den Zeitpunkt des Endes.

Alles in allem kann ich das Buch durchaus empfehlen, aber Briefromane werden wohl trotzdem nicht mein neues Lieblingsgenre.

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Veröffentlicht am 25.08.2021

Die Zukunft?

Broken World
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Vahvin ist so zusagen das Nachfolgeland der europäischen Union. Nach einer verheerenden Pandemie wurde der Sozialstaat abgeschafft, nur die gesunden und leistungsstarken Menschen können ein gutes Leben ...

Vahvin ist so zusagen das Nachfolgeland der europäischen Union. Nach einer verheerenden Pandemie wurde der Sozialstaat abgeschafft, nur die gesunden und leistungsstarken Menschen können ein gutes Leben führen, wer krank wird hat keine Möglichkeit sich behandeln zu lassen. Yma hat es geschafft, trotz ihrer Herkunft aus ärmlichen Verhältnissen mit harter Arbeit in der Schule an die Spitze der Klasse zu kommen und bekommt einen tollen Job inklusive einer tollen Wohnung angeboten. Doch als ihre beste Freundin bei einer Gesundheitsuntersuchung durchfällt und aussortiert wird, wachsen ihre Zweifel an der Mitleidlosigkeit der Gesellschaft. Als sie dann noch auf Len trifft, der ein Doppelleben zu führen scheint, wird ihr klar, dass sie sich entscheiden muss.

Mir hat das Buch an sich gut gefallen. Die Gesellschaft, die die Autorin zeichnet, ist durchaus denkbar. Das Ausgangsszenario, wie es dazu kommen konnte gleicht dem, was wir gerade erleben. In dieser Form der Gesellschaft ist nur der etwas wert, der Leistung abliefert, jedes Versagen wird mit Ausstoß aus der Gesellschaft geahndet. Auch Krankheit gilt als Versagen und da es keine Ärzte mehr gibt, kann man schon an den einfachsten Dingen sterben, die früher locker behandelbar waren.

Die Geschichte liest sich flüssig und Ymas Zweifel sind gut beschrieben, man kann sie gut nachvollziehen. Ich mochte das Buch auch nur ungern aus der Hand legen, durch die kurzen Kapitel entsteht ein ziemlicher Lesesog. Nur mit dem Ende war ich nicht zufrieden, das Buch ist derzeit nicht als Reihenauftakt gekennzeichnet und ohne eine Fortsetzung ist mir das Ende definitiv zu unvollständig. Daher hoffe ich mal sehr, dass es noch einen weiteren Band zu dieser Geschichte geben wird.

Trotz des Endes kann ich das Buch empfehlen. Es war spannend geschrieben und hatte eine wirklich gute Idee dahinter.

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