Cover-Bild Shuggie Bain
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26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 496
  • Ersterscheinung: 23.08.2021
  • ISBN: 9783446271081
Douglas Stuart

Shuggie Bain

Booker Preis 2020
Sophie Zeitz (Übersetzer)

Für seinen Roman „Shuggie Bain“ wurde Douglas Stuart mit dem Booker Preis 2020 ausgezeichnet. „Das beste Debüt, das ich in den letzten Jahren gelesen habe.“ (Karl Ove Knausgård) „Dieses Buch werdet ihr nicht mehr vergessen.“ (Stefanie de Velasco)

Shuggie ist anders, zart, fantasievoll und feminin, und das ausgerechnet in der Tristesse und Armut einer Arbeiterfamilie im Glasgow der 80er-Jahre, mit einem Vater, der virile Potenz über alles stellt. Shuggies Herz gehört der Mutter, Agnes, die ihn versteht und der grauen Welt energisch ihre Schönheit entgegensetzt, Haltung mit makellosem Make-up, strahlend weißen Kunstzähnen und glamouröser Kleidung zeigt - und doch Trost immer mehr im Alkohol sucht. Sie zu retten ist Shuggies Mission, eine Aufgabe, die er mit absoluter Hingabe und unerschütterlicher Liebe Jahr um Jahr erfüllt, bis er schließlich daran scheitern muss. Ein großer Roman über das Elend der Armut und die Beharrlichkeit der Liebe, tieftraurig und zugleich von ergreifender Zärtlichkeit.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2021

Alkohol, Armut und Arbeitslosigkeit im Glasgow der 80er Jahre

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Die vielen begeisterten Rezensionen hatten mich neugierig gemacht, auf diesen Shuggie Bain und sein Leben im schottischen Glasgow der 80er Jahre. Shuggie tritt jedoch in der ersten Hälfte des Romans eher ...

Die vielen begeisterten Rezensionen hatten mich neugierig gemacht, auf diesen Shuggie Bain und sein Leben im schottischen Glasgow der 80er Jahre. Shuggie tritt jedoch in der ersten Hälfte des Romans eher in den Hintergrund, denn den Vordergrund nimmt seine Mutter Agnes ein; Typ Liz Taylor und ebenso dem Alkohol zugetan. Elegant, immer gut angezogen, geschminkt und mit erhobenem Kopf unterwegs. Zunächst wohnt die fünfköpfige Familie noch in einer Wohnung zusammen mit Agnes' Eltern, um später nach Pithead überzusiedeln. Doch die erhoffte Verbesserung der Lebensumstände tritt nicht ein. Dort beziehen sie eine Sozialwohnung und leben nun inmitten von Kohlenstaub, geschlossenen Minen und verwahrlosten und ebenfalls trinkenden Menschen. Agnes' Alkoholsucht überschattet das Leben der ganzen Familie und bestimmt den kompletten Alltag. Shuggie übernimmt daher immer mehr Verantwortung und versucht, seine Mutter vor sich selbst und dem Alkohol zu retten. Zusätzlich wird er immer öfter gehänselt und attackiert, da er sich einfach nicht wie ein "richtiger" Junge verhält, so geht oder spricht. Kleine Momente des Glücks und inniger Zweisamkeit lassen ihn die Sorgen nur kurzzeitig vergessen, denn Agnes denkt immer nur an den nächsten Drink.

Mich hat das Buch erschüttert. Die 80er Jahre waren auch meine Jugendzeit, aber was zeitgleich in Pithead und sicherlich nicht nur dort für Lebensumstände geherrscht haben, hätte ich mir nie vorstellen können. Der Roman schildert schonungslos, was Arbeitslosigkeit, Armut und Alkohol aus Menschen machen können. Gewalt in jeder Form gegen Frauen und Kinder und das zieht sich durch den gesamten Roman. Es gibt kaum Verschnaufpausen, immer kommt es noch schlimmer. Deshalb sehe ich hier eher eine Sozialstudie, in der detailliert das Elend geschildert wird, auch für mein Empfinden mit Distanz. Selbstverständlich habe ich mit Shuggie mitgelitten, wenn er sich z.B. einnässt, weil seine Mutter wider Erwarten sturzbetrunken nach Hause kommt oder wenn er vor Hunger nicht in den Schlaf kommt, weil seine Mutter vom Kindergeld Bier kauf, er die Schule schwänzt, weil er aufpassen müssen, dass die Nachbarinnen nicht mit Alkohol anrücken oder Männer mit eindeutigen Interessen. Dennoch kommt mir seine Innensicht zu kurz, es gibt nur kleine Szenen, in denen er seine Gedanken teilt. Der vorherrschende Schreibstil ist beschreibend und beobachtend. Wir begleiten Shuggie und Agnes über einen Zeitraum vom zehn Jahren und sehen wie aus dem 5-Jährigen ein Jugendlicher wird. Die Kapitel sind sehr szenisch. Es gibt oft ein zentrales Ereignis oder eine Entwicklung und dann sind im nächsten Kapitel schon Monate, manchmal Jahre vergangen und ein neues Ereignis steht im Fokus.

Eine große Herausforderung für die Übersetzerin war der Arbeiterslang, der eine wichtige Rolle spielt, weil Agnes und Shuggie sich durch ihre gehobenere Aussprache von den anderen abheben. Zunächst klang dieser Slang künstlich für mich, irgendwie zusammengewürfelt, das hat mich sehr gestört. Später hat sich das gelegt, da bin ich nur noch an einzelnen Wörtern hängengeblieben.

Ingesamt läßt mich das Buch zwiegespalten zurück. Es ist eine großartige Sozialstudie über eine düstere Zeit an einem düsteren Ort. Ich habe schrecklich mitgelitten, aber ich hätte das Buch nicht lesen müssen. Ich kann es auch nicht uneingeschränkt empfehlen, es zieht die Leser*innen wirklich runter. Wie auf dem Klappentext das Zitat stehen kann, "dass man abwechseln in Tränen ausbricht oder von Lachkrämpfen überwältigt wird", kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Zu lachen hatte in dem Buch niemand etwas. Ich vergebe vier Sterne für den Kampf eines kleinen Jungen gegen die Alkoholsucht seiner Mutter.

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Schattenseiten der Thatcher-Regierung

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Mit dem einjährigen Bergarbeiterstreik 1984/85 erreichte der Widerstand gegen die Politik der britischen Premierministerin Margaret Thatcher einen Höhepunkt. Bis heute werfen die Auswirkungen des Thatcherismus ...

Mit dem einjährigen Bergarbeiterstreik 1984/85 erreichte der Widerstand gegen die Politik der britischen Premierministerin Margaret Thatcher einen Höhepunkt. Bis heute werfen die Auswirkungen des Thatcherismus besonders in Schottland lange Schatten, denn die schlimmste Rezession seit den 1930er-Jahren zerstörte ein Fünftel der industriellen Basis und führte zu einem drastischen Anstieg von Arbeitslosigkeit, Alkoholismus, Drogensucht, psychischen Erkrankungen, Gewalt und Selbstmordrate. Im Glasgower Stadtteil East End sank die Lebenserwartung um elf Jahre.

Douglas Stuart wuchs während dieser Zeit in Glasgow auf. Sein Debütroman Shuggie Bain, für den er 2020 mit dem Booker Prize ausgezeichnet wurde, ist zwar nicht autobiografisch, wurde jedoch von eigenen Erfahrungen von der Erinnerung an seine alkoholabhängige Mutter inspiriert, die er nicht retten konnte.

Die Schattenseiten von Glasgow
Shuggie Bain stammt aus der zweiten Ehe seiner Mutter Agnes, die zum Entsetzen ihrer katholischen Eltern mit ihren beiden älteren Kindern aus der Ehe mit einem verlässlichen, aber langweiligen Katholiken ausbricht und mit dem Protestanten Shug wieder bei ihren Eltern in eine Hochhauswohnung im Glasgower Stadtteil Sighthill einzieht:

"Für die Siedlung hatte man die Familien aus den alten Glasgower Mietskasernen geholt, und alles sollte anders sein, modern, eine große Verbesserung. Aber in Wirklichkeit war die Siedlung zu brutal, zu spartanisch, zu schlecht gebaut, um besser zu sein." (S. 94)

Shug fährt nachts Taxi, geht fremd und ist gewalttätig. Agnes trinkt zwar schon lang, doch erst als Shug sie 1982 in die dystopische Bergarbeitersiedlung Pithead am Rande von Glasgow verschleppt und sie gleichzeitig verlässt, gerät ihr Konsum von Special Brew und Wodka aus Teetassen völlig außer Kontrolle.

Unaufhaltsame Abwärtsspirale
Nun müssen Agnes und die Kinder sich allein durchschlagen. Shuggies ältere Halbschwester Catherine sucht als erste das Weite, den künstlerisch begabten Halbbruder Leek wirft Agnes im Suff hinaus, und so ist Shuggie mit nur dreizehn Jahren alleine für sie verantwortlich: als Beichtvater, Pfleger, als Schutzschirm gegen trinkende und sexuell übergriffige Nachbarinnen und Nachbarn und beim Beiseiteschmuggeln von Geld für Essen. Dabei bräuchte er selbst Hilfe, denn so wie Agnes mit ihrem Streben nach Schönheit und Gepflegtheit Außenseiterin in diesem Milieu bleibt, gehört er als schwuler Junge nicht dazu.

Keinen Tritt auf der Leiter abwärts spart Douglas Stuart aus. Überwiegend wird die trostlose Geschichte in personaler Erzählform aus der Sicht des 1981 fünfjährigen, am Ende siebzehnjährigen Shuggie erzählen. Die Dialoge im Arbeiterslang klingen authentisch. Shuggies innige, zerstörerische Liebe zu seiner dysfunktionalen Mutter, seine Bewunderung für ihre Schönheit und Würde und seine Scham über die eigene Hilflosigkeit sind nachhaltig erschütternd.

Preiswürdig, aber trotzdem verbesserungsfähig
Obwohl mich die dramatischen gesellschaftlichen Umstände sehr interessierten, hätte mich der Autor bei den sich wiederholenden Alkoholabstürzen beinahe verloren, denn es setzte eine gewisse Ermüdung und bedauerlicherweise Abstumpfung ein. Zwar hat Douglas Stuart, wie er sagt, das ursprüngliche Manuskript von 900 engbedruckten Seiten extrem gekürzt, doch hätte eine weitere Straffung aus meiner Sicht den Roman noch eindringlicher gemacht. Verstehen kann ich die Ausführlichkeit trotzdem, hängen doch an vielen Episoden sicherlich Erinnerungen.

Wie Douglas Stuart es nach einer Kindheit in diesem Milieu und früh verwaist zu einem Studium am Londoner Royal College of Art und einer Karriere als Modedesigner in New York brachte, wäre sicher ein eigenes Buch wert. Vielleicht erfahren wir es irgendwann, denn inzwischen widmet er sich ganz dem Schreiben und will zeitweise nach Schottland zurückkehren.

Veröffentlicht am 05.09.2021

Shuggie Bain

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Dieses Buch unterscheidet sich so stark, von allen Büchern die ich bisher gelesen habe, dass ich gar nicht so richtig weiß, wie und wo ich überhaupt anfangen soll.
Das Buch ist eine Achterbahn der Gefühle ...

Dieses Buch unterscheidet sich so stark, von allen Büchern die ich bisher gelesen habe, dass ich gar nicht so richtig weiß, wie und wo ich überhaupt anfangen soll.
Das Buch ist eine Achterbahn der Gefühle und es stellt sich die Frage, ob man am Ende mit dem Buch fertig ist oder ob das Buch mit einem fertig ist.
Es ist schmerzvoll, tragisch, hoffnungsvoll und berührend, einfach alles ist mit dabei und keine Facette wird außenvorgelassen.

Das Buch ist ein Hin und Her zwischen Freundschaft und Ausgrenzung, zwischen Liebe und Vernachlässigung.
Es geht trubulent zu. Zum einen in der Familie, aber auch in den Freundschaften. Eine besonders einnehmende Rolle hat auch der Alkohol und Alkoholismus, es wird dem Leser sehr eindrucksvoll geschildert, wie dieser sich auswirkt und welchen Platz im Leben er einnehmen kann.

Ich mochte das Buch, doch weiß ich nicht, ob diese Geschichte für jeden etwas ist und deshalb von jedem gelesen werden sollte. Man muss gewappnet sein für dieses Buch, da es ansonsten zu tragisch und verstörend sein kann.

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Veröffentlicht am 26.08.2021

Schonungslos offen

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Mir hat das Buch, trotz des düsteren Milieus, in dem die Geschichte spielt, sehr gut gefallen. Der Autor verschönert nichts, er beschreibt die Lebensverhältnisse der Protagonisten detailliert und realitätsnah. ...

Mir hat das Buch, trotz des düsteren Milieus, in dem die Geschichte spielt, sehr gut gefallen. Der Autor verschönert nichts, er beschreibt die Lebensverhältnisse der Protagonisten detailliert und realitätsnah. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, mich auf die Geschichte einzulassen, mich an die ärmlichen Lebensverhältnisse der Familie Bain zu gewöhnen, die Fäkalsprache und die Hoffnungslosigkeit, die wie ein dunkler Schleier um die Protagonisten liegt. Doch mit der Zeit habe ich die Art und Weise, wie Stuart dieses Milieu beschreibt, zu schätzen gelernt. Douglas Stuart hat einen Roman verfasst, der die Realität schildert - ohne sie mit Euphemismen lesefreundlicher zu machen - ,der die Psyche des Menschen und seine Charakterentwicklung beleuchtet und zwischenmenschlichen Beziehungen nachspürt. Der Schreibstil ist leicht und flüssig, nach einer Weile flogen die Seiten nur so dahin und es fiel mir schwer, mich von der Geschichte loszureißen, so stark war der Zauber, den sie auf mich ausübte. Dieses Buch ist anders als andere: offener, direkter, tiefgründiger.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

anspruchsvoll

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Von diesem Buch hatte ich schon sehr viel gehört. So etwas hat seine Tücke, da man mit bestimmten Erwartungen rangeht. Ich bin jemand, der oft Schwierigkeiten mit Booker-price-Büchern hat. Keine Ahnung, ...

Von diesem Buch hatte ich schon sehr viel gehört. So etwas hat seine Tücke, da man mit bestimmten Erwartungen rangeht. Ich bin jemand, der oft Schwierigkeiten mit Booker-price-Büchern hat. Keine Ahnung, ob ich für diese Art von Büchern einfach nicht der richtige Leser bin. Aber ich gebe nicht auf.

Shuggie ist ein kleiner Junge, der in einem Glasgow der 80ger Jahre aufwächst. Die Stadt ist eine Arbeiterhochburg und die Zeiten sind schlecht. Armut klopft auch an die Türe von Shuggies Familie. Seine Mutter ist daran nicht unschuldig, denn sie leidet an der Alkoholsucht und kann mehr schlecht als recht für ihre Kinder suchen. Über die Jahre wird es immer schlimmer und der kleine Shuggie kämpft wie ein Löwe aber er kämpft gegen Windmühlen um seine Mutter, die immer mehr in einer Abwärtsspirale ist und droht ihren letzten Sohn, der noch bei ihr wohnt, mitzuziehen.

Das Buch liest sich nicht mal so einfach weg. Man hat schwer zu kauen an manchen Szenen. Die Sprache ist direkt und hart. Hier wird nichts beschönigt und man rechnet auch nicht mit einem Happy End.

Eine Geschichte darüber, dass das Schicksal es nicht immer gut meint mit Kindern und man sich seine Eltern nichtaussuchen kann. Ob man aus dem Dilemma so einer Jugend ausbrechen kann bleibt weitgehend offen.

Anspruchsvolle Lektüre.