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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.08.2021

Eintauchen in das Wien von 1912

Wiener Hochzeitsmord
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Wien im Jahr 1912. Die Tochter des Kriminaloberinspektors Otto W. Fried hat in der Stanislaus-Kostka-Kapelle geheiratet. Während man sich zur Hochzeitstafel im nahe liegenden Gasthaus einfindet, fällt ...

Wien im Jahr 1912. Die Tochter des Kriminaloberinspektors Otto W. Fried hat in der Stanislaus-Kostka-Kapelle geheiratet. Während man sich zur Hochzeitstafel im nahe liegenden Gasthaus einfindet, fällt der Priester, der das Brautpaar getraut hat, einem Mord zum Opfer. Es sieht alles nach Raubmord aus, denn eine kostbare Statue fehlt.

Brautvater Otto W. Fried nimmt dieses Verbrechen in seiner nächsten Umgebung sehr persönlich. Gemeinsam mit seinem Assistenten geht er jeder noch so kleinen Spur nach. Wie kommt es, dass der Priester augenscheinlich ein unbeschriebenes Blatt. Fried stochert in der Vergangenheit des Geistlichen herum, bis er auf die dunkle Seite des Mordopfers stößt, die ihn jeglicher Sympathie beraubt.


Meine Meinung:

Dieser Krimi aus dem Wien vor dem Ersten Weltkrieg zeigt die Skrupellosigkeit mancher Menschen auf. Da wird spekuliert und gezockt, ganze Familien in den Ruin getrieben, nur um die eigene Eitelkeit zu befriedigen.

Sehr spannend sind die kriminalistischen Ermittlungen ohne DNA, Datenbanken und die sonstigen elektronischen Helferlein, derer sich heutige Kriminalisten bedienen können, beschrieben. Da wird in staubigen Akten gewühlt. Zahlreiche Depeschen abgeschickt und die eigene Intuition sowie die Gabe, Zusammenhänge zu erkennen gebraucht.

Die allgegenwärtige Ausländerfeindlichkeit trifft Juden und Roma beinahe gleichermaßen. Da schon gleich ein Unschuldiger festgesetzt, um einen schnellen Ermittlungserfolg vorweisen zu können. Gut, dass Otto W. Fried sowohl seine Menschenkenntnis als auch seine Erfahrung in die Waagschale wirft. Seine Wahrnehmung vom Anflug einer Geldgier, die er im Gesicht des Priesters aufblitzen hat sehen, als er die Modalitäten für die Hochzeit ausgehandelt hat, weisen ihm den richtigen Weg.

Michael Reiter gelingt es sehr gut, die damalige Zeit auferstehen zu lassen. Die Charaktere sind fein gezeichnet und das Wien kurz vor dem Großen Krieg ist gut beschrieben. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall für Otto W. Fried.

Fazit:

Wer sich gerne in das Wien der sterbenden Donaumonarchie begeben möchte, ist hier gut aufgehoben. Gerne gebe ich diesem Reihenauftakt 4 Sterne.

Veröffentlicht am 28.08.2021

Vermittelt Urlaubsflair

Rum oder Ehre
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Dieser zweite Krimi aus der Reihe „Kulinarische Kriminalromane“ von Carsten Sebastian Henn hat mir besser gefallen als der erste „Der Gin des Lebens“. Trotzdem ist es nicht ganz meine Art Krimis.

Worum ...

Dieser zweite Krimi aus der Reihe „Kulinarische Kriminalromane“ von Carsten Sebastian Henn hat mir besser gefallen als der erste „Der Gin des Lebens“. Trotzdem ist es nicht ganz meine Art Krimis.

Worum geht`s?

Christian Störtebäcker ist vor zwanzig Jahren von Flensburg nach Jamaika ausgewandert, um dort in der Karibik den „besten Rum ever“ zu machen. Nach anfänglichen Ansichtskarten reißt die Verbindung zu seinem Bruder Martin plötzlich ab. Nun, nach dem Tod seines besten Freundes Lasse, erfüllt Martin dessen Auftrag, auf Jamaika Christian zu suchen.

Auf der tropisch heißen Insel erwartet Martin, den Eigenbrötler, das pralle Leben. Es beginnt schon am Flughafen, wo er von Babe, einer jungen Taxifahrerin „gekapert“ wird. Das passt perfekt zu Martin, denn in Flensburg bestreitet er seinen Lebensunterhalt als Animateur bei Kinder-Piraten-Geburtstagen.
Die Bekanntschaft mit Babe wird noch einige Überraschungen bringen.

Auf den Spuren seines Bruders Christian wandelnd, wirbelt Martin jede Menge Staub auf ...

Meine Meinung:

Geschickt verquickt der Autor Wissenswertes über die Geschichte und die Herstellung von Rum mit der Kriminalhandlung. Die Geschichte selbst ist schon ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Nebenbei gibt es für meinen Geschmack viel zu viele Zufälle.

Der Krimi lässt sich leicht und flüssig lesen. An manchen Stellen hat er sogar Ansätze von ein bisschen Ernsthaftigkeit zu bieten. Neben den Einblicken in die vom Tourismus überlaufenen Gegenden, finden sich auch die weniger schönen Seiten von Jamaika - Korruption, Kriminalität, Armut und Drogen.
Lachen musste ich, als der Mann im Plattenladen, die Musik von Heintje & Co. Gut fand.

Die Aufzählung zahlreicher Cocktailrezepte und Anekdoten erzeugen richtige Urlaubsfeeling.

Fazit:

Ein leicht lesbarer Krimi, der Urlaubsfeeling vermittelt. Dafür gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 28.08.2021

Drei Länder - Ein See

111 Orte am Bodensee, die man gesehen haben muss
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Der Bodensee, in den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz gelegen, bietet jede Menge Sehenswürdigkeiten. 111 davon zeigt uns Autorin Dietlind Castor, die selbst im Raum Lindau wohnt. Daher ist ...

Der Bodensee, in den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz gelegen, bietet jede Menge Sehenswürdigkeiten. 111 davon zeigt uns Autorin Dietlind Castor, die selbst im Raum Lindau wohnt. Daher ist es nicht ganz verwunderlich, dass von den 111 beschriebenen Orten gleich 79 in Deutschland liegen und nur 17 in Österreich sowie 15 in der Schweiz.

Nachdem der Bodensee schon Jahrhunderte touristisch erschlossen ist, kann man echte Geheimtipps nicht erwarten. Vielmehr lebt dieses Buch vom Ausruf „Hey, schau mal, da waren wir auch schon!“ Zumindest mir geht es so.

Meine Highlights sind der Flughafen Altenrhein, bei dem der Flieger direkt über dem See zum Landeanflug ansetzt und leichtes Bauchgrummen erzeugt. Natürlich das Zeppelin-Museum, Meersburg, Konstanz und die Blumeninsel Mainau.
Als Österreicherin bin ich natürlich auch Patriotin und werde, wenn ich im Oktober wieder nach Bregenz auf Dienstreise bin da schmalste Haus (11) in Bregenz besuchen. Das „Wälderbähnle“ kenne ich noch von einem Arbeitsaufenthalt im Bregenzer Wald und ist für nostalgische Eisenbahnfans ein MUSS!

Einen argen Schnitzer hat das Lektorat übersehen: Das Geburtsjahr des Autors des „Lieben Augustins“ (S.128) ist mit 1843 angegeben, sein Sterbejahr mit 1983. Dar arme Mann ist wohl kaum 140 Jahre alt geworden. Als zahlenaffine Technikerin schmerzen mich solche Fehler sehr. Das richtige Geburtsjahr ist 1893.

Fazit:

Wie fast alle Bücher aus der 111-Reihe ist auch dieses ein tolles Geschenk, wenn man abseits der üblichen Touristenpfade wandeln möchte. Wegen der Deutschlandlastigkeit bei der Auswahl der Orte gibt es diesmal nur 4 Sterne.

Veröffentlicht am 15.08.2021

Eine sehr detailreiche Biografie

Helmholtz
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nlässlich des 200. Geburtstags von Hermann von Helmholtz bringt der Verlag WBG-Theiss diese knapp 1.000 Seite dicke, sehr ausführliche Biografie heraus.

Geboren 1821 als Sohn eines preußischen Gymnasialprofessors ...

nlässlich des 200. Geburtstags von Hermann von Helmholtz bringt der Verlag WBG-Theiss diese knapp 1.000 Seite dicke, sehr ausführliche Biografie heraus.

Geboren 1821 als Sohn eines preußischen Gymnasialprofessors und erklärtem Franzosenhassers in der Garnisonsstadt Potsdam, stellt sich schon früh sein Interesse an den Naturwissenschaften heraus.

In drei Teilen beleuchtet der Autor das Leben Hermann von Helmholtz‘:

Teil 1 - Die Geburt eines Wissenschaftlers
Teil 2 - Der Weg zu wissenschaftlichem Renommee
Teil 3 - Ein großer Wissenschaftler

Die Stationen seines (Privat)Lebens und seiner wissenschaftlichen Karriere werden sehr ausführlich und akribisch dargestellt. Der Leser erfährt, dass Hermann von Helmholtz vielseitig interessiert war. So hält er zum Beispiel Vorträge zu Johann Wolfgang von Goethes „Farbenlehre“.

Wir lesen von seiner Liebe zu Musik, zur Malerei sowie zu Theater und Literatur. Er pflegte intensive Freundschaften zu zahlreichen Kapazitäten wie Werner von Siemens (seine Tochter Ellen wird Arnold von Siemens heiraten), Johann Georg Halske oder dem Staatswissenschaftler Robert von Mohl, dem Vater seiner zweiten Ehefrau, seiner Zeit.

Hermann von Helmholtz ist so etwas wie ein Universalgelehrter, der anders als andere, auch über den Tellerrand seiner eigenen wissenschaftlichen Disziplin hinausschaut.

Was ist von ihm geblieben? Am bekanntesten ist wohl die Erfindung des Ophtalmometers zur Bestimmung des Krümmungsradius der Augenhornhaut. Auch in der Physik („Helmholtz-Spule“, „Helmholtz-Resonator“) und Mathematik („Helmholtz-Differentialgleichung“).

In zahlreichen erkenntnistheoretischen Diskussionen setzt sich Helmholtz mit den Problemen des „Zählens und Messens“ auseinander. Auch das „Vier-Phasen-Modell des kreativen Prozesses“ geht auf Beobachtungen von Helmholtz (1884) zurück.

Meine Meinung:

Der Autor ist ein echter Spezialist für Hermann von Helmholtz. Das ist zugleich Segen und Fluch. Der Leser erfährt unzählig viele Details aus Helmholtz‘ Leben, was manche bestimmt überfordert. Nicht alles, was ein Autor selbst weiß, muss dem Leser nahegebracht werden.

Der Schreibstil ist einem Sachbuch angemessen. Dazu gibt es zahlreiche Abbildungen, die das Buch auflockern. Der Epilog und der Anhang umfassen gleich noch einmal 200 Seiten.

Leider hat das Lektorat gleich auf Seite 30 einen groben Schnitzer übersehen: Napoleons Truppen haben Potsdam 1796-1798 besetzt gehalten und nicht wie angegeben 1896-1898. Da war Napoleon schon lange bei Waterloo (1815) endgültig geschlagen, auf Sankt Helena verbannt und 1821 verstorben. Solche Fehler dürfen einem wissenschaftlichen Verlag einfach nicht passieren. Das kostet jedenfalls einen Stern.

Fazit:

Wer sich für die Naturwissenschaft im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Fachgebieten wie Medizin, Physik und Chemie interessiert, und sich von den 992 Seiten nicht abschrecken lässt, wird hier viele Informationen erhalten. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 14.08.2021

Ein gelungener biografischer Roman

Die Hebamme
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Der norwegische Autor Edvard Hoem erzählt in diesem Buch die Lebensgeschichte seiner Ururgroßmutter Marta Kristine Andersdatter, die 1821 aus ihrem Heimatdorf an der Westküste Norwegens aufbricht, um in ...

Der norwegische Autor Edvard Hoem erzählt in diesem Buch die Lebensgeschichte seiner Ururgroßmutter Marta Kristine Andersdatter, die 1821 aus ihrem Heimatdorf an der Westküste Norwegens aufbricht, um in Christiana eine Ausbildung als Hebamme zu machen.

Wir lernen Marta Kristine und ihren harten Alltag kennen. Die Menschen leben ein einfaches Leben, die kargen Böden können sie kaum ernähren. Der Fischfang bietet sowohl Nahrung als auch Einkommen. Mit einprägsamen Worten schildert Hoem die Mühen, über die Runden zu kommen.

Ich habe viele interessante Details zu Norwegens Geschichte gelernt. Die Auswirkungen der Napoleonischen Krieg sind mir bekannt, aber dass zur Senkung der Säuglings- und Müttersterblichkeit ein Gesetz erlassen wurde, dass bei einer Geburt eine ausgebildete Hebamme verpflichtend vorgeschrieben wurde, war mir neu. Viele Frauen verstoßen gegen dieses Gesetz, weil sie sich schlichtweg die Gebühren nicht aufbringen konnten (oder wollten). Interessant, dass Marta Kristine sogar vor Gericht gehen muss, um ihre Forderungen einzutreiben. Das verhilft ihr zwar zu den ihr zustehenden Einnahmen, verbessert aber ihren Standpunkt nicht wirklich.

Feinfühlig erzählt Edvard Hoem Marta Kristines Beziehung zu ihrem Mann Hans und den Alltag mit ihren elf Kindern.

Fazit:

Ein einfühlsamer biografischer Roman, der nicht nur die Person Marta Kristin, sondern auch das Leben in Norwegen vor 250 Jahren beschreibt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.