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Veröffentlicht am 16.10.2021

Zwischen Kunst, Krieg und Liebe

Die Maskenbildnerin von Paris
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Was wissen wir eigentlich noch vom ersten Weltkrieg, von den grausamen Verletzungen, die die neuen Waffen und das Giftgas hinterlassen haben, von den Spätfolgen und Entstellungen, mit denen die Soldaten ...

Was wissen wir eigentlich noch vom ersten Weltkrieg, von den grausamen Verletzungen, die die neuen Waffen und das Giftgas hinterlassen haben, von den Spätfolgen und Entstellungen, mit denen die Soldaten danach kämpfen mussten? Darüber erzählt Tabea Koenig in „Die Maskenbildnerin von Paris“ aus der Sicht einer jungen Frau und Künstlerin.

Valérie wird in eine Künstlerfamilie in Cherbourg hineingeboren, wächst behütet und privilegiert auf, erhält von ihren Eltern eine umfassende (Aus)Bildung. Sie will in Paris Malerei studieren und verlässt dafür sogar ihre Jungendliebe Gabriel, weil sie glaubt, sich zwischen Kunst und Liebe entscheiden zu müssen und auf keinen Fall das Leben einer Hausfrau und Mutter führen will.
Doch bald bricht der Krieg aus. Auch Gabriel muss an die Front und wird bald vermisst. Sie hofft lange auf seine Rückkehr, dass sie dann endlich ihre Beziehung wieder aufnehmen.

Als ihr Freund Apollinaire durch einen Granatsplitter an der Schläfe verletzt wird und mehrfach operiert werden muss, kommt sie zum ersten Mal näher mit den Kriegsversehrten in Berührung. Apollinaires Narbe wird später durch seine Haare verborgen werden, aber seine Mitpatienten sind z.T. extrem gezeichnet. Valérie will den Männern irgendwie helfen, am besten künstlerisch. Gertrude Stein stellt ihr Anna Coleman Ladd vor, die das amerikanische Rote Kreuz „Studio for Portrait-Masks“ in Paris aufbaut, um die Masken für die Versehrten herzustellen und ihnen eine Anlaufstelle zu bieten, in der der sie ganz normal behandelt, nicht entsetzt angestarrt oder bemitleidet werden. Valérie findet in der Arbeit mit ihnen ihre Erfüllung und verliebt sich in einen Patienten – den Soldaten Louis. Doch als es ernster zwischen ihnen wird, droht ihr größtes Geheimnis aufzufliegen …

Tabea Koenig schreibt sehr anschaulich und mitreißend, lässt historische Bezüge und Persönlichkeiten oder die Eigenschaften der Protagonisten fast spielerisch in die Handlung einfließen. Neben Cherbourg wird auch Paris sehr stimmungsvoll wiedergegeben, man sieht die Boulevards und Cafés förmlich vor sich, sitzt mit den Künstlern am Tisch und genießt das Leben oder diskutiert über die Arbeit. Valérie ist eine von ihnen und mit den Großen ihrer Zeit auf Du und Du. Ich fande es immer wieder spannend, wenn ich einen berühmten Namen entdeckt und die Bilder oder Skulpturen sofort vor Augen hatte.

Die Schilderungen, wie der Krieg den Alltag verändert, sind sehr interessant und die beschriebenen Giftgasverletzungen erschreckend, aber ich fand es spannend, wie das „Problem“ der Prothetik gelöst und den Versehrten neue Hoffnung gegeben wurde. Die Anweisungen von Anna Coleman Ladd, wie die „Maskenbildner“ mit den „Kunden“ umgehen sollten – einerseits sehr professionell, andererseits aber auch nicht gefühllos – fand ich sehr gut. Es war sicher nicht leicht, die Balance zu halten. Besonders beeindruckt hat mich dabei Louis‘ mutiger Weg zurück ins Leben.

An dieser Stelle komme ich zu einem Kritikpunkt, der allerdings zu Lasten des Verlages geht. Ausgehend vom Titel und Klappentext hatte ich erwartet, dass es um die Masken der Kriegsversehrten geht, allerdings dreht sich das Buch vor allen um Valéries Leben, ihre dramatische Liebesgeschichte und die Entwicklung der Kunst- und Künstlerszene in den 1910er Jahren.

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Veröffentlicht am 03.10.2021

Sehr unterhaltsam, aber kein richtiger Krimi

Rehragout-Rendezvous
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Franz versteht die Welt im Allgemeinen und seine Familie im Besonderen nicht mehr. Die Oma streikt „Ich mag nimmer. … Nicht mehr kochen … Oder Putzen. … Ich mag nur nämlich jetzt nur noch faulenzen …“ ...

Franz versteht die Welt im Allgemeinen und seine Familie im Besonderen nicht mehr. Die Oma streikt „Ich mag nimmer. … Nicht mehr kochen … Oder Putzen. … Ich mag nur nämlich jetzt nur noch faulenzen …“ (S. 20), Leopold ist durcheinander, weil Panida mit den Kindern wegen einem Virus im Thailand festhängt, Susi macht auf knallharte Karrierefrau und vertritt den Bürgermeister, der sich beim Skifahren die Hüfte gebrochen, und die Mooshammerin geht ihm mit dem angeblich verschwundenen Steckenbiller Lenz tierisch auf die Nerven. Dabei weiß doch das ganze Dorf, dass der gern mal Knall auf Fall nach Südafrika verschwindet, wenn es ihn packt. Darum hat Franz auch so gar keine Lust zum Ermitteln, aber das ist dem Birkenberger Rudi egal, er stellt auf eigene Faust Nachforschungen an, da muss der Franz schließlich mitziehen …

„Rehragout-Rendezvous“ ist bereits der 11. Fall mit Franz Eberhofer, aber eigentlich auch wieder nicht, denn so ein richtiger Krimi wird es diesmal einfach nicht. Der Franz hat Weltschmerz, fühlt sich im neuen Haus nicht wohl „… gelegentlich ertapp ich mich sogar dabei, wie ich mir dort fremd vorkomm. So, als gehöre ich gar nicht dahin, … wie ein Eindringling.“ (S. 33) und kommt mit Susis „Aufstieg“ nicht klar. „Du veränderst dich, Susi. Das ist nicht schön.“ „… ich bin jetzt keine dumme Tippse mehr, … Ich leite jetzt die Amtsgeschäfte hier.“ (S. 76) Also sinniert er stundenlang im Büro über seine Beziehung und den Umbruch in der Familie und überlässt dem Birkernberger unfreiwillig die Nachforschungen.

Trotzdem ist das das Buch wieder sehr unterhaltsam, lebt von den Wortgefechten und Eigenheiten der Protagonisten. Ich habe vor allem das Kompetenzgerangel im Stadtrat, wie Susi mit aller Macht versucht, Niederkaltenkirchen in die Moderne zu führen und all die Neuerungen durchzusetzen, die der Bürgermeister jahrelang verhindert hat, und den Kleinkrieg zwischen ihr und Franz sehr genossen. Auch Leopolds Versuche, wieder Ordnung und Struktur in den Haushalt und die Familie zu bringen, sind sehr vergnüglich zu lesen. Er tat mir manchmal richtig leid, wenn ihn wieder keiner ernst genommen hat. Dazu kommen amüsante Kleinigkeiten aus dem Alltag in Niederkaltenkirchen. So hängt z.B. Buengo im Tannenbaum fest, die Gisela Simmerl will den Eberhofers nichts mehr verkaufen, und dann ist da noch Wilhelm, der neue „beste Freund“ vom Birkenberger …

Mein Fazit: Wer den Kosmos Niederkaltenkirchen mag, kommt hier voll auf seine Kosten, aber wer auf einen reinen Krimi aus ist, wird wahrscheinlich etwas enttäuscht sein.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Jetzt wird´s persönlich

Stürmische Algarve
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„Portugal ist das drittfriedlichste Land der Welt, unsere Mordrate liegt bei unter einem Prozent und hier an der Algarve, insbesondere der Ostalgarve, sind die Zahlen sogar noch besser. Touristen kommen ...

„Portugal ist das drittfriedlichste Land der Welt, unsere Mordrate liegt bei unter einem Prozent und hier an der Algarve, insbesondere der Ostalgarve, sind die Zahlen sogar noch besser. Touristen kommen zu uns, weil sie sich zu Recht sicher fühlen können. Aber Sie kommen mir mit einem Ausländermord nach dem nächsten!“ (S. 94) wird Chefinspektor João Almeida vom zuständigen Staatsanwalt gerügt. Dabei ist es Anabelas Freund Mário, der nicht an einen Unfalltod der Österreicherin glauben kann und Anabela gebeten hat, João darauf anzusprechen …

„Stürmische Algarve“ ist bereits der 4. Band der Reihe um Übersetzerin Anabela Silva und Chefinspektor João Almeida aus der Feder von Carolina Conrad, aber da die Fälle in sich abgeschlossen sind, muss man die Vorgängerbände nicht zwingend kennen.

Der aktuelle Fall bereitet João Kopfschmerzen und Magengrummeln, denn sein Kaffeekonsum steigt drastisch. Er ist eifersüchtig auf Mário, weil der mal mit Anabela aus war, und mag den Bibliothekar auch sonst nicht besonders, obwohl (oder weil?) er ihnen schon bei anderen Fällen geholfen hat. Außerdem macht sich Mário verdächtig, denn er hält eindeutig Informationen zurück. Wie gut kannte er die Tote und warum ist er mit seiner Vermutung nicht selbst zur Polizei gegangen? Und wo ist der Ehemann der Toten, schließlich waren sie zusammen unterwegs?! War es eine Beziehungstat oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Immer mehr Ungereimtheiten tauchen auf.

Leider ist Anabela zu sehr abgelenkt, um wie sonst über ihre Befugnisse als Übersetzerin hinaus zu ermitteln und João zum entscheidenden Tipp zu verhelfen. Die Demenz ihres Vaters wird schlimmer, manchmal erkennt er sie und ihre Mutter nicht mal mehr. Dabei kümmern die sich rund um die Uhr um ihn. Eine Entscheidung muss her – können sie ihn weiter zu Hause pflegen oder wäre ein Heim die bessere Alternative?

Auch der aktuelle Fall lebt neben dem Setting, der malerischen Küste und dem rauen Hinterland der Algarve, vom Zusammenspiel von Anabela und João. Dass die beiden privat ein Paar sind, wissen im Kommissariat nur Joãos engste Mitarbeiter und so soll es auch erst einmal bleiben – obwohl er von einem gemeinsamen Alltag mit ihr träumt. Aber noch reibt sie sich zwischen der Pflege ihres Vaters und ihrem Beruf als Übersetzerin auf. Ein Privatleben ist nur an wenigen Wochenenden möglich.

Carolina Conrad lässt die Handlung ruhig angehen, das Tempo zieht sie erst zum Ende des Krimis an und überrascht dann mit gleich mehreren Verdächtigen und Motiven. Mich hat dieser Urlaubskrimi wieder gut unterhalten, ich bin schon auf das nächste Abenteuer von Anabela und João gespannt.

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Veröffentlicht am 30.08.2021

Das Ende von André und Aurélie?

Die Zeit der Kirschen
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Vor einem Jahr gab es für Aurélie und André ein Happy End. Um ihr Herz zu gewinnen, hatte er ein Buch über ihr Kennenlernen geschrieben, das ein Bestseller wurde. „So kann nur ein Franzose über die Liebe ...

Vor einem Jahr gab es für Aurélie und André ein Happy End. Um ihr Herz zu gewinnen, hatte er ein Buch über ihr Kennenlernen geschrieben, das ein Bestseller wurde. „So kann nur ein Franzose über die Liebe schreiben!“ (S. 49) Jetzt will er ihr seit Monaten einen Antrag machen, doch immer kommt etwas dazwischen. Am Valentinstag kniet er schon fast vor ihr, als sie erfährt, dass sie einen Michelin-Stern erhält. Doch am nächsten Tag ruft ein wütender Koch an – sein Restaurant trägt den gleichen Namen wie ihres und er hat sich den Stern erkocht, nicht sie! Es gab eine Verwechslung in der Redaktion des Guide Michelin. Als ein Artikel über diesen Irrtum geschrieben wird, lernt sie den Koch persönlich kennen – und schwärmt André von ihm vor. Der wird immer eifersüchtiger und auch Aurélie hat Grund zum Zweifeln. Seit einer Lesung bekommt André extrem viele Anrufe von einer Buchhändlerin …

„Die Zeit der Kirschen“ ist die Fortsetzung des Bestsellers „Das Lächeln der Frauen“, und obwohl ich diesen nicht kenne, habe ich sehr gut in die Geschichte hineingefunden. Ich hatte nicht das Gefühl, dass mir irgendein Zusammenhang fehlt.

Nicolas Barreau beschreibt, was nach dem Happy End passiert, wie aus einem Liebespaar ein echtes und vom Alltag eingeholt wird, wie man sich mit den Marotten und Angewohnheiten des Gegenübers arrangiert und (erst noch) darüber lächeln kann. Doch niemand ist vor Eifersucht gefeit und so befinden sich auch André und Aurélie bald in einer Spirale gegenseitiger Vorwürfe und Verdächtigungen (die mir manchmal etwas zu viel wurden). Vor allem André steigert sich immer mehr in seine Eifersucht und merkt gar nicht, wie er damit die Beziehung zerstört. Seine Freunde und Kollegen warnen ihn noch: „Zu einem Tango gehören immer zwei, also schubsen Sie Ihre Freundin nicht in seine Arme, indem Sie ihr ständig auf die Füße treten.“ (S. 342), doch er kann sich irgendwann nicht mehr bremsen.

Aurélie und André sind ein schönes Pärchen und ergänzen sich gut. Er ist oft etwas ungeschickt, vergräbt sich in seine Bücher und blendet alles um sich rum aus – auch das schmutzige Geschirr in der Spüle. Sie ist eher praktisch und bodenständig veranlagt, aber in der Küche sehr kreativ und selbstbewusst.
Übrigens habe festgestellt, dass das „Menu d’amour“, das hier eine wichtige Rolle spielt, aus dem gleichnamigen Buch des Autors von 2013 stammt, in dem es um Aurélies Eltern geht .

Der Roman ist amüsant, charmant, romantisch, leidenschaftlich und mit viel Savoir-vivre. Aurélies Gerichte haben mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen und jetzt ich möchte unbedingt mal Monets Gärten in Giverny besichtigen ...

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Veröffentlicht am 28.08.2021

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Eine Familie in Berlin - Paulas Liebe
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„Du bist immer so poetisch. Du solltest Schriftstellerin werden.“ (S. 8) sagt Paulas Familie schon früh zu ihr. Paula ist die Älteste der 4 überlebenden Kinder der Oppenheimers. Ihr Vater ist Rabbiner, ...

„Du bist immer so poetisch. Du solltest Schriftstellerin werden.“ (S. 8) sagt Paulas Familie schon früh zu ihr. Paula ist die Älteste der 4 überlebenden Kinder der Oppenheimers. Ihr Vater ist Rabbiner, sie wächst in einem zwar gläubigen, aber modernen Elternhaus auf. Die Kinder besuchen gute Schulen, haben freien Zugriff auf die umfassende Bibliothek der Eltern und bekommen Musikunterricht. Sie dürfen an den künstlerischen Zirkeln der Eltern teilnehmen und selber auftreten, müssen aber auch im Haushalt mit anpacken, da die Familie nicht gerade reich ist.
Paula ist das Sorgenkind, hat Lungenprobleme und ist viel krank. Vielleicht flüchtet sie sich deswegen in die Musik und Poesie. Mit ihrem Bruder Franz hat sie ein besonders inniges Verhältnis, sie denken und fühlen oft ähnlich, ein „Seelenband“ verbindet sie. Doch im Gegensatz zu ihm, der studieren darf, hat sie keine Vorstellungen von ihrer Zukunft. „Was will ich in meinem Leben erreichen? Was will ich werden? Und wie finde ich das heraus?“ (S. 34) Da trifft es sich gut, dass ihre Tanta Auguste eine Gesellschafterin sucht und die Familie unterstützen will. Sie nimmt Paula in ihren Haushalt auf, behandelt sie wie die Tochter, die sie nie hatte und vervollkommnet ihre Ausbildung und ihren gesellschaftlichen Schliff.
Anfang der 1880er Jahren stellt Franz ihr seinem besten Freund und Mitstudenten Richard Dehmel vor, der statt zu studieren lieber Gedichte interpretiert und eigene schreibt. Er versteht es, seine Zuhörer zu fesseln, die Frauen liegen ihm zu Füßen: „Diese Augen. Diese Stimme … er ist … grandios. … Er ist ein Zauberer, der alle in seinen Bann schlägt … Ein Merlin.“ (S. 256), doch Paula ist er zu unstet und planlos. „Er ist ein Hallodri, ein Träumer, ein Künstler.“ (S. 299) Trotzdem verliebt sie sich später in ihn und will ihn heiraten, aber ihre Familie ist gegen die Beziehung, da er ohne Beruf und Anstellung nicht für sie sorgen kann.

Ich habe Ulrike Renks Ostpreußen- und Seidenstadt-Saga verschlungen. Auch diese orientierten sich an historischen Vorbildern und beruhten auf wahren Begebenheiten, aber „Paulas Liebe“ ist anders. Während sich Erstere so fesselnd wie Abenteuerromane lesen, ist das vorliegende Buch sehr ruhig, philosophisch und poetisch – wie eben auch Paula war. Vor allem die Briefe lesen sich aus heutiger Sicht zum Teil etwas sperrig und pathetisch. Man taucht tief in Paulas Gedanken- und Gefühlswelt ein, ihr Ringen um Erkenntnis und die Frage, wie sie ihr Leben gestalten soll, ob sie sich je verlieben kann und ob ein Mann sie trotz ihrer angeschlagenen Gesundheit heiraten wird.
Paula erscheint für ihr Alter extrem erwachsen und sehr selbstreflektiert. Sie grübelt viel und hinterfragt alles. Auguste bringt ihr die Ideen der Gleichberechtigung näher und öffnet ihr die Augen für andere Lebensentwürfe und Gesellschaftsschichten.
Besonders fasziniert hat mich neben Paulas Leben Franz‘ Auseinandersetzung mit dem Judentum und Antisemitismus. Er will um jeden Preis als Deutscher wahrgenommen werden, nicht als Jude oder Preuße.

Ich finde den Klappentext etwas ungünstig formuliert. Er impliziert, dass es um die Liebesgeschichte zwischen Paula und Richard geht, dabei ist das ja nur ein Teil ihres Lebens (und leider kein besonders schöner, aber ich will hier nicht vorgreifen). Es geht vor allem um ihr Aufwachsen, ihre Ausbildung und Entwicklung. Sie hätte gern studiert, aber das war damals für Frauen in Deutschland unmöglich, außerdem war sie eine begabte Pianistin, konnte das wegen ihrer instabilen Gesundheit aber nicht zu ihrem Beruf machen. Und obwohl sie schon früh Rätselreime und ähnliches gedichtet hat, ist sie erst spät zum Schreiben gekommen.

Ulrike Renk schildert Paulas bewegtes und nicht gerade leichtes Leben sehr detailreich, passt sich sozusagen deren überbordender Ausdrucksweise an. Ich hätte mir manchmal etwas mehr Spannung und Tempo gewünscht, aber das letzte Drittel hat mich dann mit dem Buch versöhnt. Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Band.

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