Nahe an der Realität.....
Hanna lebt als freiarbeitende Journalistin in New York. Mit der Familie in Deutschland hat sie nicht mehr viel zu tun, bis ihre geliebte Großmutter Tilde im Sterben liegt. Noch am Sterbebett nimmt sie ...
Hanna lebt als freiarbeitende Journalistin in New York. Mit der Familie in Deutschland hat sie nicht mehr viel zu tun, bis ihre geliebte Großmutter Tilde im Sterben liegt. Noch am Sterbebett nimmt sie Tilde das Versprechen ab sich um die Familie zu kümmern. Doch ihr Schwager Felix ist die grosse Kanzlerhoffnung für Deutschland, seine nationalistischen Partei in allen Umfragen auf Platz Eins. Soll Hanna Felix zu Seite stehen oder bleibt sie ihren Werten treu?
"Dass man in der Sekunde, in der man eine traf, eben nie wusste, ob sie richtig oder falsch war. Klarheit gab es nur in der Rückschau. Und im Grunde gab es auch kein Richtig oder Falsch. Es gab vielleicht ein Klug oder Unbedacht. Ein Emotional oder Rational. Ein Unbedeutend oder Gravierend." (Seite 133)
Erschreckend nahe an der Realität, so kann man "Heimatsterben" von Sarah Höflich am Besten beschreiben.
Das Cover finde ich persönlich einfach brillant, es passt irgendwie und dann doch nicht. Dem so ganz stirbt die Heimat ja nicht...es sind Ansichten die sich neu formieren oder sterben.
Zu Beginn kam ich etwas ins Strudeln mit dem vielen Namen. Der Familienstammbaum zu Beginn des Buches ist intelligent gesetzt und zu Beginn eine große Hilfe.
Der Schreibstil packt, reisst mit und lässt einem echt hier und da den Atem stocken. Etwas Wissen und Interesse für Politik und ihr Feld sollte man mitbringen denn gerade dann eröffnet sich die erschreckende Nähe zur Realität. Und die sitzt.
Hanna ist selbst zerissen, unruhig und sucht so ihren Platz im Leben. Mir gefällt es wie die Autorin alle Familienmitglieder zusammen in diese grosse Geschichte einfügt. Von der Flucht vor der roten Armee der Grossmutter Tilde über Erziehung, Spaltung und neue, gemeinsame Wege. Auf dem Weg zur Wahl kommen alle nochmals hervor und kämpfen für ihre Ansichten. Ein Spiegelbild der Gesellschaft wird durch die Familie gezogen ohne überladend oder übertrieben zu wirken.
Bei Felix war ich immer im Zwiespalt denn er spricht viele Themen an die aktuell sind, sich als Brandherde entwickeln und schnell eine Eigendynamik entfachen. Doch ist es so einfach? Und kann man gewisse Forderungen mit einem rechten Flügel der Partei eingehen und an einem Strang ziehen?
Intrigen, Hass, Eifersucht und noch mehr politischen Einfluss werden immer bedeutender und grösser. Auf welcher Seite will man im "neuen Deutschland" und Europa stehen? Auch als Leser wird man in ein Wechselbad der Gefühle geworfen und ist immer am überlegen, zustimmen oder ablehnen.
Das Ende war an Spannungen und Wendungen fast nicht mehr auszuhalten und lässt mich mit einem geschockten Eindruck zurück.
Ein Buch welches so verdammt nah an der Realität ist und lesenswert ist. Für mich auf jeden Fall ein Highlight!