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Veröffentlicht am 04.09.2021

Gute und schlechte Menschen

Billy Summers
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Billy Summers ist Kriegsveteran und arbeitet als Auftragskiller, und zwar einer mit Ehrenkodex; einen Auftrag nimmt er nur an, wenn es sich um einen schlechten Menschen handelt. Der neue Job soll nun sein ...

Billy Summers ist Kriegsveteran und arbeitet als Auftragskiller, und zwar einer mit Ehrenkodex; einen Auftrag nimmt er nur an, wenn es sich um einen schlechten Menschen handelt. Der neue Job soll nun sein letzter werden, der letzte Coup, bevor Billy sich zur Ruhe setzt. Das Honorar ist höher als sonst, lediglich die Wartezeit bis zur Ausführung des Jobs nervt etwas. Billy spielt solange einen Autor, der an seinem ersten Buch schreibt. Um die Zeit zu überbrücken, fängt er tatsächlich an, sein Leben niederzuschreiben. Zwischendurch kommen ihm immer mehr Zweifel an dem Auftrag. Warum besteht sein Mittelsmann plötzlich darauf, die Flucht für ihn zu planen? Und warum ist ein außenstehender Zivilist mit der Beschaffung der Waffe beauftragt? Diese und einige andere Ungereimtheiten wecken sein Misstrauen. Billy überlegt, ob er selbst nicht ebenfalls im Fadenkreuz steht.

„Natürlich verdient er seinen Lebensunterhalt damit, für schlechte Menschen zu arbeiten, aber das sieht Billy nicht als moralisches Dilemma an. Er hat kein Problem mit schlechten Menschen, die dafür bezahlen, andere schlechte Menschen umbringen zu lassen. Im Grunde sieht er sich als Müllmann mit Waffe.“ (Seite 15)

Die Geschichte hat mir unglaublich gut gefallen, stundenlang bin ich mit Billy in seine Welt ein- und nur ungerne wieder aufgetaucht. Unglaublich ist es, wie Stephen King es mal wieder geschafft hat, durchgehend eine feine Spannung zu erzeugen, die es mir fast unmöglich gemacht hat, eine Pause beim lesen einzulegen. Obwohl es immer wieder, wie bei King üblich, Wiederholungen gibt, manche Sätze vielleicht unwichtig erscheinen, passt im Gesamtbild alles so gut zusammen, dass kein Wort zu viel ist. Billy ist ein außergewöhnlich sympathischer Auftragskiller, der sich nach außen hin dümmer stellt, als er wirklich ist. Das führte zu einigen witzigen Szenen, die aber nicht übertrieben oder überzogen wirkten. Die Absätze mit der Lebensgeschichte von Billy fand ich total spannend und hätte gerne mehr davon gelesen. Diese Sequenzen passten wunderbar zur Story. Auch die anderen Charaktere, insbesondere Alice, die er im Laufe der Geschichte rettet, sind mir ans Herz gewachsen. Ab der Hälfte zieht das Tempo etwas an, aber insgesamt bleibt es ein eher ruhiges Buch, das sich mehr auf die Personen konzentriert.

Ein Buch über gute und schlechte Menschen, über Rache und Gerechtigkeit, aber auch darüber, dass jede Handlung zu einer Konsequenz führt, über die man sich vorher im Klaren sein sollte. Von mir gibt es 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 31.08.2021

Gib deine Träume nicht auf

Sankt Nimmerlein und die verschwundenen Träume
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„Es gibt einen Ort, verborgen hinter den Sternen, wo die verschwundenen Träume leben.“ So beginnt dieses zauberhaft illustrierte Kinderbuch, das ab vier Jahren geeignet ist. Ein Buch über Sankt Nimmerlein, ...

„Es gibt einen Ort, verborgen hinter den Sternen, wo die verschwundenen Träume leben.“ So beginnt dieses zauberhaft illustrierte Kinderbuch, das ab vier Jahren geeignet ist. Ein Buch über Sankt Nimmerlein, der dafür zuständig ist, die zerplatzen Träume der Menschen aufzusammeln und zu archivieren. Ein Buch über Träume und warum man diese nicht aufgeben sollte. Mit kindgerechten Worten und wunderschönen Illustrationen versehen, hat mir das Büchlein sehr viel Spaß gemacht. Ich habe mich selbst dabei ertappt, plötzlich wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen, was von außen betrachtet sicherlich amüsant gewesen wäre, hätte mich jemand dabei beobachtet. Die Botschaft ist klar: glaub an dich und deine Träume, alles ist möglich, wenn man nur fest daran glaubt. Wunderbar! Von mir gibt es 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 31.08.2021

Am Schluss stehen wir alle vor uns selbst

Ritchie Girl
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Die US Army unterhielt in Maryland, USA, nordwestlich von Washington, ein Ausbildungslager, das offiziell Military Intelligence Training Center hieß, aber Camp Ritchie genannt wurde. Der Name geht auf ...

Die US Army unterhielt in Maryland, USA, nordwestlich von Washington, ein Ausbildungslager, das offiziell Military Intelligence Training Center hieß, aber Camp Ritchie genannt wurde. Der Name geht auf einen Gouverneur von Maryland, Albert C. Ritchie, zurück. Zwischen 1942 und 1945 sollen dort etwa 19.000 Soldaten, von denen über 80% keine US-amerikanischen Staatsbürger waren, ausgebildet worden sein. In diesem Lager wurde unter anderem die geheime Einheit der Ritchie Boys ausgebildet; deutsche Emigranten, die die US-Armee im Kampf gegen die NS-Diktatur unterstützen wollten. 1943 wurde dort ein Trupp des Women‘s Army Corps, der Frauenabteilung der US-Armee (gegründet 1942, aufgelöst und in die männlichen Einheiten integriert 1978), stationiert. Dies hat den Autor zu der Geschichte von „Ritchie Girl“ inspiriert.

Der Einstieg ins Buch fiel mir schwer, ich war versucht, es abzubrechen, wollte mich nicht durchquälen. Dies lag nicht an der Geschichte selbst, sondern daran, dass meine Erwartungen falsch waren. Ich bin sehr froh, durchgehalten zu haben, sonst wäre mir dieses Meisterwerk der Schreibkunst entgangen. Wieder einmal hat Andreas Pflüger es geschafft, dass ich mich in einem Buch verloren habe, für Stunden war alles andere vergessen; ich bin förmlich in die damalige Zeit eingetaucht, habe gelacht, geweint, mitgelitten.

Manchmal musste ich das Buch zuschlagen und beiseite legen; Ekel überkam mich, fast eine große Übelkeit, wenn ich zum Beispiel den Verhören folgte. Eine menschenverachtende Ideologie in Sätze gepackt, die auf den Punkt genau trafen und mich schlucken, mich ungläubig mit dem Kopf schütteln ließen. Rhetorisch einwandfrei geäußerte Grausamkeiten erschütterten mich, fesselten mich aber trotzdem ans Buch und führten mir einmal mehr vor Augen, welch begnadeter Erzähler der Autor ist.

Dieser Roman handelt von Krieg und davon, dass es nicht nur weiß und schwarz, sondern viele Graustufen gibt. Er handelt von Freundschaft und Familie, Schuld und Sühne, von Härte, Leid, Scham, Freude und Vergebung, aber auch der Hass und die Liebe kommen nicht zu kurz. Die geschickte Verflechtung von Wahrheit und Fiktion, die hier und da in künstlerischer Freiheit ausgeschmückt wurde, um in die Story zu passen, ist genial und hat mich immer wieder aufs Neue begeistert. Nicht alle historischen Figuren habe ich erkannt; einige musste ich suchen, andere wiederum haben nie existiert. Ich empfehle nicht nur das Nachwort, sondern auch die ausführlichen Erklärungen des Autors sowie von Bodo Hechelhammer, dem Chefhistoriker des Bundesnachrichtendienstes, auf der Seite des Suhrkamp Verlages, ergänzt durch interessantes Bildmaterial. Von mir gibt es 5 Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung. Unbedingt lesen, es lohnt sich!

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Veröffentlicht am 24.08.2021

Blut ist dicker als Wasser

Pirlo - Gegen alle Regeln
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Dr. Anton Pirlo ist arrogant, von sich eingenommen, frech, charmant und ein Frauentyp. Dazu aber auch ein verdammt guter Anwalt. Der unberechtigte Rauswurf durch seinen Chef aus einer renommierten Anwaltskanzlei, ...

Dr. Anton Pirlo ist arrogant, von sich eingenommen, frech, charmant und ein Frauentyp. Dazu aber auch ein verdammt guter Anwalt. Der unberechtigte Rauswurf durch seinen Chef aus einer renommierten Anwaltskanzlei, in der er eigentlich Partner werden wollte, führt nicht etwa dazu, dass er kämpferisch versucht, seinen guten Ruf herzustellen. Nein, er verkriecht sich zu Hause, lässt sich volllaufen und besorgt sich einen One-Night-Stand, als er auf der Suche nach weiteren Alkoholika sowie etwas Essbarem seine Wohnung verlässt. In dieser Phase seines Lebens tritt eine neue Mandantin in sein Leben, die möchte, dass er ihre Tochter vertritt; es geht um Mord in den feinsten Kreisen. Gar nicht so einfach, wenn man nicht einmal Kanzleiräume vorweisen kann. Und in Wahrheit übrigens auch nicht Anton Pirlo, sondern Ramzes Khatib heißt und zu einer Clan-Familie gehört, die parallel zum Beginn des Strafverfahrens gerade einige Probleme zu bewältigen hat. Ganz schön viel auf einmal.

Der Schreibstil, der feine Humor und die freche Art von Pirlo haben mich sofort für ihn eingenommen. Die schnodderige Art und seine lockere Lebensweise gefielen mir und ich konnte mir vorstellen, dass es nicht langweilig wird mit ihm. Dazu noch der Ort der Handlung, nämlich Düsseldorf, also bei mir quasi um die Ecke. Der Aufbau der Story hat mir ebenfalls sehr gefallen. Durch Zeitsprünge, die aber gekennzeichnet sind, bekommt man Informationen über Pirlo und über den Fall selbst. Obwohl letzterer meistens im Vordergrund steht, erfährt man einiges über Pirlos Familie, die er nach außen hin verheimlicht. Verständlich, wenn man einem kriminellen Clan entstammt und die Brüder weiterhin den illegalen Geschäften nachgehen. Gefallen hat mir auch der Einblick in ein Strafverfahren, denn obwohl ich jahrelang in anwaltlichem Bereich tätig war, hatte ich mit diesem Zweig der Juristerei sehr selten etwas zu tun. Alles in allem war es ein Justizkrimi nach meinem Geschmack und der einzige Kritikpunkt ist, dass der nächste Teil erst in einem Jahr kommt. Von mir gibt es 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 17.08.2021

Das Protokoll einer virtuellen Bedrohung

Die Nachricht
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Als die erste anonyme Nachricht kommt, nimmt Ruth diese nicht ganz so ernst. Durch ihre Arbeit hat sie oft mit Trollen im Internet zu tun. Diesmal scheint es aber anders zu sein, denn die Nachrichten werden ...

Als die erste anonyme Nachricht kommt, nimmt Ruth diese nicht ganz so ernst. Durch ihre Arbeit hat sie oft mit Trollen im Internet zu tun. Diesmal scheint es aber anders zu sein, denn die Nachrichten werden mehr, sie werden persönlicher, beleidigender und auch an Freunde, Bekannten sowie Kollegen verschickt. Ruth, die seit dem Tod ihres Mannes versucht, Normalität ins Leben zu bekommen, wird gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen, denn der Schreiber oder die Schreiberin scheint Dinge über sie zu wissen, die eigentlich niemand wissen kann.

Es kommt selten vor, dass ein Buch, in dem kaum etwas passiert, mich so fesseln kann. Bereits von Anfang an schafft die Autorin eine so bedrohliche Atmosphäre, dass ich atemlos verfolge, wie Ruth agiert und reagiert. Die Stimmung und die Gefühle von Ruth sind so greifbar, dass sogar ich ihre ohnmächtige Wut verspüre, mit ihr durchlebe, was sie fühlt. Ruth erzählt die Geschichte, hält aber einiges zurück, baut eine Spannung auf, die fast unerträglich ist. Sie erzählt von ihrem Leben, beschreibt Menschen und Orte, führt durch den Plot. Wie sie ihren Mann beschreibt, ist grandios, ich habe ihn sofort vor den Augen, bin fasziniert davon, was für ein Mensch er war. Auch Ruth selbst ist ein vielschichtiger Charakter, sicherlich nicht einfach als Person und Frau. Die Autorin hat Figuren erschaffen, die so realistisch wirken, dass ich das Gefühl habe, ich kenne sie selbst. Ob es die beste Freundin ist, oder der wichtigste Freund, alle sind wunderbar gezeichnet und haben im Buch ihren Platz.

Die Geschichte selbst kann jedem von uns passieren und es erschreckt mich sehr, wenn ich über die Reaktionen lese, die so alltäglich sind. Wer lügt, wer sagt die Wahrheit? Ich verdächtige nacheinander fast jeden, die Spuren, die die Autorin legt, sind fein und führen nicht immer zum Ziel. Doris Knecht ist eine begnadete Erzählerin, ihre Sätze treffen ins Schwarze, schonungslos führt sie uns vor, wie die Gesellschaft immer noch funktioniert. Eine Gesellschaft, die oft eher den Täter schützt als das Opfer, in der es einfacher ist, andere anonym anzugreifen, als solche Täter oder Täterinnen zu fassen. Hier gibt es noch viel zu ändern, es besteht großer Handlungsbedarf. Packen wir es an. Von mir gibt es 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung.

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