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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.04.2017

Die ehe - ein Geschäftsmodell?

Der zweite Bräutigam
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„...Liebe ist kein Punkt auf einer Checkliste!...“

Kate ist Eheberaterin. Gerade wurde ihr erstes Buch veröffentlicht, in dem sie ihren Lesern rät, wie man den richtigen Mann findet. Die Vorstellung des ...

„...Liebe ist kein Punkt auf einer Checkliste!...“

Kate ist Eheberaterin. Gerade wurde ihr erstes Buch veröffentlicht, in dem sie ihren Lesern rät, wie man den richtigen Mann findet. Die Vorstellung des Buches soll an ihrem Hochzeitstag passieren. Doch wenige Stunden vor der Zeremonie teilt ihr der Bräutigam Bryan telefonisch mit, dass er nicht erscheinen wird, weil er sich in eine andere Frau verliebt hat. Kate steht vor den Scherben ihres Lebens, denn die Hochzeit war wie ein Marketing geplant. Lucas, der Tischler, der den Hochzeitspavillon für Kate angefertigt hat, bekommt das Gespräch mit. Er schlägt Kate vor, als Bräutigam einzuspringen. Zuerst will sie ablehnen. Dann denkt sie an den Skandal, den die abgesagte Hochzeit hervorrufen würde. Wer würde den Ratschlägen einer sitzengelassenen Braut noch glauben? Die praktischen Fragen sind schnell geklärt, da nur wenige Beteiligte den Bräutigam kannten. Seine Identität war geheim gehalten worden. . Wer Bescheid wusste, verpflichtete sich zum Schweigen. Für immer?
Die Autorin hat einen amüsanten Liebesroman geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Kate ist eine selbstbewusste junge Frau. Sie weiß, was sie will und arbeitet zielstrebig darauf zu. Spontanität hat in ihrem Leben kaum einen Platz. Alles ist durchorganisiert und in Listen festgehalten.
Lucas dagegen mag spontane Entscheidungen. Er war schon einmal verheiratet und weiß, was der Verlust eines geliebten Menschen bedeutet. Seine Ordnungsliebe ist nur schwach ausgeprägt. Sein Hirtenhund Bo ist für Kate eine unerwartete Überraschung.
Der Schriftstil des Buches ist angenehm lesbar. Große Schrift und kurze Kapitel sorgen dafür. Gut gefallen hat mir, dass mich die Autorin an den Gedanken ihrer Protagonisten teilhaben lässt. Sie wurden in kursiver Schrift gedruckt und setzen sich somit von der üblichen Handlung ab.
Jedem Kapitel vorangestellt ist ein Zitat aus Kates Buch. Das zeigt, das auch die Ehe für sie ein Geschäftsmodell ist. Liebe spielt eher eine Nebenrolle.
Das Zusammensein mit Lucas hebt schnell die Unterschiede hervor. Lucas liebt Kate, verschweigt es ihr aber. Er hofft, dass sie das mit der Zeit selbst erkennt. Die Rückblicke in Kates Kindheit machen deutlich, warum sie ist, wie sie ist. Dass ein Kind die komplexen Beziehungen zwischen Erwachsenen nur teilweise begreift, wird ihr im Laufe der Handlung klar. Gut werden Lucas` Bemühungen wiedergegeben, sich einerseits nach Kates Wünschen zu richten und andererseits eine gewisse Spontanität in ihr Zusammenleben zu bringen. Es überrascht ihn wenig, dass Kate selbst die Flitterwochen minutiös verplant hat. Kates zunehmende innerer Zerrissenheit wird deutlich herausgearbeitet. Sie mag Lucas` Familie und fühlt sich zu Lucas hingezogen. Ihrer eigenen Theorie nach aber kann aus ihnen nie ein Paar werden, weil sie zu unterschiedlich sind. Eine andere Frau an Lucas` Seite aber ruft ungeahnte Emotionen hervor. Doch die Gefühle richtet sich nicht Theorien.
Das Buch ist in einem christlichen Verlag erschienen. Glaubensfragen spielen allerdings in der Handlung keinerlei Rolle. Die Aussage ist nicht als Kritik gemeint, nur als Hinweis für zukünftige Leser.
Das Cover mit dem Brautstrauß wirkt schlicht.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Der Autorin ist der Spagat zwischen Sachlichkeit und Romantik hervorragend gelungen.

Veröffentlicht am 18.04.2017

Eine junge Frau und die Reformation

Die Reformatorin von Köln
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„...Mein Leben liegt in Scherben seit Martins Tod. Ich suche nach einem Anker, der mich zurück in einen sicheren Hafen zieht...“

In Köln steht die Brauerstochter Jonata am Sarg ihres Bruders Lucas. Er ...

„...Mein Leben liegt in Scherben seit Martins Tod. Ich suche nach einem Anker, der mich zurück in einen sicheren Hafen zieht...“

In Köln steht die Brauerstochter Jonata am Sarg ihres Bruders Lucas. Er wurde tot im Rhein gefunden. Damit ist auch der Erbe für die Brauerei tot. Jonata und ihr Vater kaufen einen Ablassbrief für Lucas.
Der Drucker Martin ist verstorben. Im Testament vermacht er Simon Haus und Druckerei, betont aber gleichzeitig, dass Simon nicht sein leiblicher Sohn ist. Nickell, jüngerer Bruder von Simon und Martins Sohn, will gegen das Testament vorgehen.
Enderlein, ebenfalls ein Bruder von Jonata, lebt im Kloster. Er erhält den Auftrag, das Drucken der Schriften Luthers zu verhindern.
Das sind drei kurze Episoden, die die Autorin in einem spannenden historischen Roman zu einer komplexen Handlung zusammenfügt. Das Buch lässt sich zügig lesen.
Es ist die Zeit der Reformation. Als Jonata zu Geschäftsverhandlungen über den Kauf von Hopfen nach Sachsen geschickt wird, erzählt ihr der Buchführer Matthias auf der Reise von Luther. Sie verlängert die Reise um ein paar Tage und lernt Luther kennen. In Köln will sie seine Schriften drucken lassen und vertreiben. Damit aber begibt sie sich in Lebensgefahr.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Jonata ist eine selbstbewusste junge Frau. Sie kann lesen, kennt sich in der Brauerei aus und nutzt ihre freie Zeit und ihre Möglichkeiten, um den Agnes im Waisenhaus mit Nahrung und praktischer Hilfe unter die Arme zu greifen.Ihr Vater hatte ihr zugestanden, dass sie ihren zukünftigen Ehemann selbst aussuchen kann. Doch Lucas` Tod und die Einmischung von Enderlein ändern die Situation grundlegend.
Enderlein ist strenggläubig und hofft auf schnelle Aufstiegschancen im Kloster. Dafür ist ihm jedes Mittel recht.
Simons innerer Zustand wird durch obiges Zitat sehr gut beschrieben. Seine Mutter verweigert ihm Auskunft darüber, wer sein leiblicher Vater ist. Gleichzeitig kommt Nickell sehr widersprüchlich rüber. Einerseits legt er Wert auf die Druckerei, andererseits hat er die Arbeit nicht erfunden.
Nicht nur Köln, auch die Reisen der Protagonisten werden detailliert beschrieben. Geschickt nutzt die Autorin das Handeln von Jonata, um mir als Leser das Druckerhandwerk und das Brauen verständlich dazulegen. Beim Brauen muss Jonata helfen, beim Drucken will sie selbst mit Hand anlegen und braucht dazu eine Einweisung. Informativ fand ich, dass in Köln die Universität darüber wachte, was gedruckt werden durfte. Heute würde man sagen, es musste eine Lizenz für jede einzelne Schrift beantragt werden.
Zu den sprachlichen und inhaltlichen Höhepunkten gehört das Gespräch zwischen Jonata und Luther. Jonata macht sich Sorgen um ihren Bruder Lucas. Luther nimmt sich Zeit für ihre Fragen darüber, was den Bruder vorm Fegefeuer bewahren kann. Er verweist auf Gottes Gnade. Gut gefallen hat mir, dass es Zeit brauchte, bis sich Jonata an die neuen Gedanken gewöhnte. Sie nutzt jede Gelegenheit, nachzufragen, wenn sie etwas nicht versteht. Außerdem erwirbt sie die Schriften Luthers und studiert sie.
Das Cover mit dem Blick auf Köln und dem zweigeteilten Himmel in Licht und Dunkel passt zum Thema.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte wurde fesselnd erzählt und logisch zu Ende geführt.

Veröffentlicht am 17.04.2017

London anno 1788

Das Geheimnis der Madame Yin
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„...Sie brauchte das Opium wie die Luft zum Atmen. Der Rauch, der ihre Sinne vernebelte, verwandelte jedes Grau in leuchtende Farben, jeden Schmerz in sanfte Berührung und jeden noch so üblen Gestank in ...

„...Sie brauchte das Opium wie die Luft zum Atmen. Der Rauch, der ihre Sinne vernebelte, verwandelte jedes Grau in leuchtende Farben, jeden Schmerz in sanfte Berührung und jeden noch so üblen Gestank in einen betörenden Duft...“

Wir schreiben das Jahr 1877. Celeste Summersteens arbeitet als Detektivin für Pinkerton. Bisher durfte sie Akten sortieren und Briefe schreiben. Nun erscheint sie trotz Verbot bei Mrs. Roover. Die alte Dame besteht darauf, Celeste engagieren zu wollen. Anfangs ist Celestenicht mehr so begeistert, als sie hört, dass sie die 16jährige Nichte Dorothea von Mrs. Roover nach London begleiten soll. Dorothea stammt aus adligen Haus und wurde von ihren Eltern nach Amerika geschickt, weil sie Opium geraucht hatte. Celestes Aufgabe erweist sich schnell als wesentlich komplizierter als es am Anfang den Anschein hatte. Zum einen hat Dorothea Angst vor der Heimkehr, verschweigt aber den Grund, zum anderen wurde eine gute Freundin von Dorothea in London ermordet.
Der Autor hat eine abwechslungsreichen historischen Krimi geschrieben. Die Geschichte ist spannend und gibt das Flair der Zeit gut wieder. Nicht nur Dorotheas Freundin, auch Madame Yin, eine bekannte Opiumhändlerin, wurde ermordet. Das Vorgehen weist in beiden Fällen auf den gleichen Täter hin. Celeste erreicht, dass Inspector Robert Edwards verpflichtet wird, mit ihr zusammenzuarbeiten.
Der Schriftstil des Buches lässt sich gut lesen. Die Atmosphäre in London im viktorianischen Zeitalter wird gut beschrieben. Der Autor führt mich nicht nur durch dunkle, dreckige und stinkende Viertel der Stadt, sondern auch in ein Krankenhaus und eine Heilanstalt für psychisch Kranke.
Die Personen werden gut charakterisiert. Celeste versteht ihr Handwerk und geht zielstrebig vor. Dabei versucht sie, Dorotheas Familie aus ihren Ermittlungen herauszuhalten. Edwards ist ein typischer Mann seiner Zeit. Mit Frauen zusammen zu arbeiten liegt ihm gar nicht. Die Gespräche zwischen beiden reflektieren deutlich das innere Spannungsfeld. Doch nach und nach muss Edwards Celestes Qualitäten anerkennen. Er selbst ist abgelenkt, da er Differenzen mit einem alten Kollegen auszutragen hat. Außerdem neigt er zu heftigen spontanen Ausbrüchen.
Schnell stellt sich heraus, dass Madame Yin ziemlich viel Dreck am Stecken hatte. Dazu gehörte, dass sie junge Mädchen vom Opium abhängig machte. Obiges Zitat stammt vom Margareth, einer weiteren Freundin Dorotheas, die dem Opium verfallen ist und von ihren Eltern verstoßen wurde.
Lord Ellingsford, Dorotheas Vater, möchte seine Tochter so schnell wie möglich verheiraten. Dafür hat er einen, seiner Meinung nach, guten Grund. Dabei nimmt er keinerlei Rücksicht auf deren psychische Verfassung. Der Arzt stellt eine für die damalige Zeit typische Diagnose: Hysterie. Nur um Haaresbreite gelingt es Celeste, eine Katastrophe zu verhindern.
Das Cover mit dem Blick auf London wirkt düster.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist ein gelungenes Zeitdokument und gibt einen spannenden Einblick in die Londoner Unterwelt und ihre Grabenkämpfe. Im Bereich der Lordschaften zeigt das Buch, dass äußerer Schein wichtiger ist als persönliche Befindlichkeiten.

Veröffentlicht am 11.04.2017

Spannend und mystisch

Die Pergamon-Morde
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„...Wer in sich geht, muss nicht unbedingt zu sich kommen...“

Hartung Siegward Graf von Quermaten zu Oybinghausen, genannt Hasi, gehört zum verarmten Adel. Nachdem er sein Studium geschmissen hat, lebt ...

„...Wer in sich geht, muss nicht unbedingt zu sich kommen...“

Hartung Siegward Graf von Quermaten zu Oybinghausen, genannt Hasi, gehört zum verarmten Adel. Nachdem er sein Studium geschmissen hat, lebt er bei seiner Tante. Sie setzt in gern für alle und jede Arbeit ein. Deshalb sucht Hasi eine neue Unterkunft. Um sie bezahlen zu können, bewirbt er sich auf eine Stelle im Pergamonmuseum.
Im Pergamonmuseum darf Dr. Patricia Boulanger ihre erste Ausstellung organisieren. Als sie die angekommenen Kisten zählt, ist es genau eine zu viel. Darin befindet sich eine sumerische Götterfigur, die Gestalt der Baphomet. Was fehlt, ist der Lieferschein.
Ursula Abendroth ist die Personalchefin des Pergamonmuseums. Bei ihr spricht Hasi vor. Sie stellt ihn ein. Am nächsten Tag findet man ihre verunstaltete Leiche in der Spree. Es soll nicht die letzte Tote bleiben.
Das Autorenpaar hat einen fesselnden Krimi geschrieben, der einige ungewöhnliche Facetten aufweist. Kurze Kapitel sorgen für eine n guten Lesefluss.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Das trifft selbst auf Ursula Abendroth zu, obwohl sie nur einen kurzen Part hat. Ihr Fall gerät in die Hände von Kriminalhauptkommissar Torsten Nagel. Der ist frustriert, da man ihn nach dem Abschied seiner Chefin Lydia einen jungen Schnösel an die Seite gestellt hat. Zwar sollen sie gleichberechtigt an den Fällen arbeiten, doch Frank, der Neue, spielt sich gern als Chef auf. Bei einem Heiler für alternative Medizin findet Torsten Ruhe.
Hasi ist ein sympathischer junger Mann. Er ist es gewohnt, mit wenig auszukommen und lebt damit problemlos. Sein Auftreten allerdings zeugt von guter Erziehung. Seiner Tante ordnet er sich problemlos unter.
Der Schriftstil des Buches lässt ich angenehm lesen. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Täter ohne Wenn und Aber ihre Schuld zugeben und keinerlei Unrechtsbewusstsein haben. Gut gefallen hat mir die ausführliche Beschreibung des Pergamonmuseums und seiner Baugeschichte. Auch andere historische Themen werden gestreift. Das betrifft zum Beispiel das Entstehen der Orientgesellschaft. Außerdem wird mir exakt erklärt, wie die Altersbestimmung der Kunstwerke erfolgt. Die Vorgänge im Museum sorgen dafür, dass Hasi als persönlicher Assistent für Patricia fungiert. Dadurch wird er zunehmend in die Fälle involviert.
Den Krimi durchziehen einige mystische und esoterische Themen. So bleiben die eigentliche Motive für die Morde im Dunkeln der Esoterik. Eine besondere Rolle spielt Baphomet. Mit ihr hofft ein Unbekannter, die Weltherrschaft übernehmen zu können. Torstens alternative Heilmethode, der er sich aussetzt, wird ein wissenschaftliches Mäntelchen umgehängt. Hinnerk behauptet, durch die Kraft der Quantenphysik heilen zu können. Er beschreibt, wie das funktioniert – und trifft bei mir auf viel Skepsis.
Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, weil Torsten und Frank völlig verschiedene Ansätze verfolgen. Dann erscheint Lydia, die ehemalige Chefin, auf der Bildfläche. Sie langweilt sich und bringt sich deshalb in die Untersuchungen ein. Die Dialoge zwischen ihr und Torsten geben einen Einblick in die Probleme in Revier. Obiges Zitat stammt von ihr.
Das Cover mit dem Doppelkopf und den Bluttropfen passt zur Handlung.
Der Krimi hat mir sehr gut gefallen, auch wenn ich mir für die mystischen Aspekte eine logische Aufklärung gewünscht hätte..

Veröffentlicht am 26.03.2017

humorvoller Krimi

Voll von der Rolle
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„...Als das Schicksal Frank Zitronen schenkt, macht Loretta einfach Limonade daraus...“

Loretta streicht Franks Büdchen blau. Es handelt sich um einen Kiosk, mit dem sich Frank einen Traum erfüllt hat. ...

„...Als das Schicksal Frank Zitronen schenkt, macht Loretta einfach Limonade daraus...“

Loretta streicht Franks Büdchen blau. Es handelt sich um einen Kiosk, mit dem sich Frank einen Traum erfüllt hat. Doch am nächsten Tag ist der Kiosk durch eine Farbbombe verschandelt. Und ein paar Tage später stürzt Loretta über einen toten Skater, der vor dem Kiosk liegt.
Die Autorin hat einen humorvollen und spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen. Es war das erste Buch der Autorin für mich. Obwohl ich also die Vorgängerbände nicht kannte, war ich schnell im Geschehen drin.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Loretta ist hilfsbereit und aufgeschlossen gegenüber anderen Menschen. Natürlich kann sie nicht lassen, selbst Ermittlungen anzustellen. Das gefällt ihrem Freund Pascal gar nicht. Er wünscht sich, dass sie aus der Schusslinie bleibt. Unterstützung erhält Loretta von Erwin, einen pensionierten Polizist. Er kann logisch denken und verfügt immer noch über eine hohe Reaktionsschnelligkeit. Das bekommt Keanu, ein junger Skater, zu spüren, als er vom Tisch vor dem Büdchen eine Geldbörse klaut.
Der tote Skater gehört zu einer Gruppe von vier Jugendlichen, die sich darauf spezialisiert haben, in Kiosken und Läden umsonst einzukaufen. Sie stehlen nicht, sie erpressen und schüchtern durch raffinierte Drohungen ein. Auch Frank ist betroffen. Keanu, der Tote, war ihr Anführer und noch minderjährig. Sein Nachfolger allerdings ist volljährig. Loretta und Erwin fragen sich also nicht nur, ob Keanus Tod ein Unfall war oder jemand nachgeholfen hat. Sie wollen den Jugendlichen auch das Handwerk legen.
Der Schriftstil ist über weite Strecken voller Humor. Das liegt an Lorettas unnachahmlicher Art, zu sagen, was sie denkt. Hinzu kommen weitere Protagonisten, die mich ständig zum Schmunzeln brachten. Das sind drei Rentner, die ihre Tage auf einer Bank vor dem Büdchen verbringen und das Geschehen in Mundart kommentieren. Natürlich gibt es auch ernste Szenen. Dazu gehören Lorettas Gespräche mit dem Vater des toten Jungen. Er ist alleinerziehend und hat ohnmächtig zugesehen, wie sein Sohn ihm immer mehr entglitt. Die Dialoge zwischen Loretta und Kriminalkommissarin Küpper sind durch unterschwellige Spannungen gekennzeichnet. Ab und an gibt es gekonnte Anspielungen auf gesellschaftliche Probleme. Lorettas private Situation und ihr innerer Zwiespalt werden schön thematisiert.
Jedes Kapitel beginnt mit einer besonderen Inhaltsangabe: kurz, prägnant, hintergründig. Obiges Zitat ist ein Beispiel dafür.
In einem kurzen Nachwort informiert die Autorin über Kioske im Ruhrpott.
Das Cover ist sehr gelungen und passt zum Thema.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich möchte mit einem Zitat enden, das Loretta äußert, als sie die Jungen in einem Film bei ihren Sprüngen auf der Halfpipe sieht:

„...Was ich sah, waren einfach ein paar lachende Jungen, die sichtlich Spaß an ihrem Hobby hatten. Wirklich tragisch, dass ihnen das irgendwann nicht mehr gereicht hat...“