Ein zäher Sommer
ZikadensommerNachdem ihre Eltern verstorben sind, reist die 40-Jährige Mia in ihre Geburtsstadt Athen. Dort bringt sie Ordnung in die Wohnung ihrer Eltern, die sie nun geerbt hat und trifft sich mit Freunden und Bekannten. ...
Nachdem ihre Eltern verstorben sind, reist die 40-Jährige Mia in ihre Geburtsstadt Athen. Dort bringt sie Ordnung in die Wohnung ihrer Eltern, die sie nun geerbt hat und trifft sich mit Freunden und Bekannten. Mit dem neuen Nachbarn, genannt „der Kapitän“, trifft sie sich allabendlich auf dem Balkon, wobei sie beide durch eine Trennwand bedingt nur die Stimme des anderen hören. Über einen langen Sommer hinweg hat Mia viele Begegnungen, die sie nachdenklich stimmen.
„Zikadensommer“ von Natalie Bakopoulos ist ein Roman mit einem außergewöhnlichen, für mich sehr gewöhnungsbedürftigen Stil. Er wird abwechselnd aus der Sichtweise der Protagonisten Mira und dem „Kapitän“ erzählt und spielt im Sommer. Dabei lässt er jedoch leider jegliche Leichtigkeit eines Sommertages vermissen. Inhaltlich werden insbesondere die Themen Migration, Identität, Zugehörigkeitsgefühl und Rassismus neben einem Beziehungsdrama behandelt. Diese Themen werden jedoch konfus durcheinandergewirbelt und teilweise in Dialogen lose in den Raum gestellt, ohne dass ich einen Zusammenhang erkennen konnte. Darüber hinaus werden die Themen nur oberflächlich behandelt. Hierdurch hatte ich das Gefühl, dem Roman fehlt, obwohl er Melancholie und Schwere vermittelt, eine tiefere Sinnebene. Die Szenen rund um Identität und den Umgang der Griechen mit der Flüchtlingskrise empfand ich eigentlich als sehr spannend, aber die Geschichte wirkte auf mich trotzdem so zerfahren, dass ich bis zuletzt keinen roten Faden entdecken konnte. Beim Lesen kam bei mir eine Trägheit auf und für jede Seite brauchte ich gefühlt ewig. Die abgebrochenen Dialoge ohne Zusammenhang und wiederkehrende Situationen aus dem Nichts heraus haben bei mir darüber hinaus viel Verwirrung hervorgerufen. Den Schreibstil empfand ich als sehr sachlich und sperrig. Es wirkte auf mich oft wie ein Arztbericht/Verlaufsbericht eines Psychiaters. Abgesehen von Rami konnte ich mich mit den Romanfiguren leider nicht identifizieren und auch keine Sympathie entwickeln. Schade, denn die Grundidee des Romans ist sehr interessant und die Themen politisch sehr relevant. Das Potential des Romans bleibt meiner Meinung nach jedoch unausgeschöpft.
Zusammenfassend fühlte ich mich wie an einem extrem heißen, klebrigen Sommertag, den man einfach hinter sich bringen möchte. Gepaart mit Verwirrung und Melancholie konnte der Roman mich leider nicht überzeugen.