Berührende Geschichte
Frühlingsfunkeln am Liliensee„...Marlies ging langsam weiter und betrat den Unterstand. Sie hatte sich über den Zusammenhang zwischen ihrer wundgeriebenen Seele und ihrem rebellischen Verhalten selten tiefere Gedanken gemacht. Noch ...
„...Marlies ging langsam weiter und betrat den Unterstand. Sie hatte sich über den Zusammenhang zwischen ihrer wundgeriebenen Seele und ihrem rebellischen Verhalten selten tiefere Gedanken gemacht. Noch nie hatte sie beides in einem so direkten Zusammenhang gesehen wie an diesem Morgen...“
Wir schreiben das Jahr 1966. Die 25jährige Marlies nimmt eine Auszeit am Liliensee. Die junge Frau kann nicht anders. Kein Risiko ist ihr groß genug. Bevor sie allerdings zu obiger Erkenntnis kommt, ist eine Menge geschehen.
Die Autorin hat erneut einen spannende Wohlfühlroman geschrieben. Es ist die zweite Geschichte, die am Liliensee spielt. Sie lässt sich problemlos ohne Kenntnis des ersten Teils lesen.
Auf dem Försterhof heiratet Robert seine Lisa. Roberts Mutter hat dazu spontan Marlies eingeladen. Alle glauben, dass sie als Touristin im Ort ist. Sie hatte Georg, Roberts jüngerer Bruder, mit dem Fahrrad angefahren. Das sollte nicht der letzte Zusammenstoß der beiden bleiben.
Die Personen werden sehr gut charakterisiert. Georg hat Zimmermann gelernt, sich aber seinen Traum erfüllt. Er leitet einen Campingplatz und bietet Wandertouren an. Die Hütten hat er selbst entworfen und gebaut. Georg mag das freie Leben.
„...Das Spinnen seiner Gedankennetze ging stets mit dem Versuch einher, diese auch sofort in die Tat umzusetzen, was Georg immerzu beschäftigt hielt – und einer der Gründe dafür war, dass der Junge immer noch allein durchs Leben ging...“
Marlies ist eine selbstbewusste junge Frau. Doch irgendetwas liegt wie ein Schatten über ihrem Leben. Vorschriften mag sie gar nicht. Das hätte ihr auf einer Wanderung fast das Leben gekostet.
„...Diese Marlies war wirklich...außergewöhnlich. Durchgeknallt, unvernünftig, leichtsinnig, kratzbürstig, halsstarrig, dickköpfig...“
Seitdem streicht sie Georg konsequent von seiner Wanderliste. Die Touren seien nur für Touristen gedacht, und Marlies arbeitet als Aushilfe in einem kleinen Laden im Ort. Doch bei einer dreitägigen Erlebniswanderung hat sie ihn ausgetrickst. Zwar hat er sie auf einer Liste gestrichen, sie hatte sic aber auf mehreren eingetragen. Wird das gut gehen?
Jedes Gespräche zwischen Marlies und Georg ist jeweils ein Schlagabtausch vom Feinsten. Sie schenken sich nichts. Und trotzdem habe ich als Leser immer den Eindruck, dass Georg um so ruhiger wird, je mehr Marlies in Fahrt gerät. Er hat seine Platz im Leben gefunden, sie nicht. Sie kämpft gegen alle und jeden. Später wird sie erkennen, dass sie in erster Linie gegen sich selbst kämpft.
Eines durchzieht das Buch wie ein roter Faden. Es sind die mit feinen Metaphern gespickten Beschreibungen der vielfältigen Schönheiten der Landschaft im Schwarzwald. Man möchte von den Wanderungen nicht nur lesen, man möchte daran teilnehmen, zumindest an denen, die nicht an die körperlichen Grenzen führen.
„...In Ufernähe tanzten Lichtpunkte wie leuchtende Diamanten über die Wasseroberfläche, umschmeichelt von Froschbiss, einer Wasserpflanzenart mit unzähligen kleinen Blättern, die denen der Seerose glichen...“
Zwischen Marlies und Georg beginnt es zu knistern. Bisher hat Marlies jede Bindung abgelehnt. Sie will nicht nur das Anhängsel eines Mannes sein. Eines aber muss sie erkennen: Georg ist anders. Er nimmt sie, wie sie ist, auch wenn er ihr ab und an gehörig die Meinung sagt.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich möchte es mit einem Zitat beenden, mit dem Georg Marlies seien Wertschätzung zeigt:
„...Du bist wunderbar, wie du bist, Marlies. Gott sieht dich an und freut sich über dich, da bin ich mir ganz sicher. Weil ihm mit dir ein echtes Meisterwerk gelungen ist...“