Ein einfach nur geniales Buch
"Die fernen Stunden" war der erste Roman, den ich aus der Feder der australischen Autorin Kate Morton gelesen habe. Es war sozusagen ein Auftragslesen; meine beste Freundin hatte mir ihr Buch quasi unter ...
"Die fernen Stunden" war der erste Roman, den ich aus der Feder der australischen Autorin Kate Morton gelesen habe. Es war sozusagen ein Auftragslesen; meine beste Freundin hatte mir ihr Buch quasi unter Androhung körperlicher Gewalt zum Lesen gegeben. Zunächst war ich daher erst mal skeptisch, denn oft ist meine persönliche Meinung einfach eine andere wie ihre - doch das muss ich meiner Rezension gleich vorweg nehmen: Sie hatte in allen Punkten recht und auch ich habe mich in das Buch verliebt.
Das Buch ist in zwei Rahmengeschichten erzählt. Die Protagonistin, Edie, lebt im England der 1990er Jahre und steckt in einer kleineren Lebenskrise, bis sie auf Umwegen auf die Schwestern Blythe stößt, die im Schloß Milderhurst leben. Ihr Vater war der berühmte Autor Raymond Blythe, der vor allem durch den schaurigen Roman "Der Modermann" der Nachwelt bekannt ist. Die zweite Rahmengeschichte spielt am gleichen Ort, jedoch zur Zeit des zweiten Weltkrieges.
Die Charaktere haben mich am meisten bewegt - sie sind vielschichtig, mit vielen Facetten, Ecken und Kanten dargestellt. Der plot ist durchgängig flüssig erzählt und ich hatte zu absolut keiner Sekunde den Wunsch, dass nur eine der Rahmengeschichten weitererzählt wird. Beide haben mich gleichermaßen erreicht und gefesselt. Aber was wirklich selten ist und mich dann völlig in den Bann gezogen hat, war die konsequente Art und Weise, wie die sagenumwobene Geschichte um Raymond Blythes Buch immer wieder einen Platz gefunden hat. Oft fangen Bücher an mit einer Schlüsselszene, die man als solches aber erst auf den lezten zwei Seiten versteht. In diesem Buch ist der Überraschungsmoment ebenfalls vorhanden und hat mich absolut von den Socken gehauen, denn das eigentliche Ende wurde hier von jedem Protagonisten anders empfunden und verstanden. Aber was "Die fernen Stunden" fast schon genial macht ist, das die Autorin das Thema um den Modermann immer weider aufnimmt und es dennoch schafft, den Leser am Ende komplett zu überrumpeln. Wie tragisch doch alles ist und dennoch konnte das Ende nur so richtig sein. Und da haben wir dann noch einen Pluspunkt: das Ende. Wie viele 750-Seitenschmöker habe ich schon gelesen, die ich gut fand und die dann am Ende einfach geschwächelt haben? Etliche! Doch hier habe ich das Ende einfach genossen und geliebt. Warum ist es nur schon zu Ende...