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Veröffentlicht am 16.01.2022

Tiefgründiger Wälzer

Unser kostbares Leben
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Schon der Klappentext von „Unser kostbares Leben“ ist perfekt, denn während bei manchen Büchern fast schon zu viel verraten wird, stellte ich hier von Kapitel zu Kapitel fest, dass der Roman wie eine Wundertüte ...

Schon der Klappentext von „Unser kostbares Leben“ ist perfekt, denn während bei manchen Büchern fast schon zu viel verraten wird, stellte ich hier von Kapitel zu Kapitel fest, dass der Roman wie eine Wundertüte ist und mir Themen präsentiert, auf die ich in dieser intensiven Form nicht vorbereitet war.
Die Handlung beginnt 1972. Ich selbst bin 1980 geboren, trotzdem fühlte ich mich an vielen Stellen an meine eigene Kindheit erinnert. Die Erwähnungen von Mundorgel, Gummitwist und Langspielplatten machten direkt ein wenig wehmütig.
Die Beschreibungen von Personen und Umgebungen sind wahnsinnig bildhaft und realistisch. Es ist gerade Winter und doch konnte ich beim Lesen die heißen Sommertage fast schon selber spüren.
Für sein Geld bekommt man hier ordentlich Lesematerial. Über 600 Seiten, bedruckt in kleiner, enger Schrift und eine Handlung, die gleichermaßen tiefgründig als auch vielschichtig ist.
Katharina Fuchs führt eine große Zahl von Charakteren ein, aus deren Sicht abwechselnd berichtet wird.
Trotz schnell wechselnder Perspektiven und einem Zeitraum von einem Jahrzehnt fiel es mir leicht, den Überblick zu behalten. Dennoch muss ich zugeben, dass ich nicht alle Personen gleich interessant fand. Die Kapitel über die Eltern, vor allem die Intrigen der Herrenrunde zogen sich teilweise ziemlich in die Länge.
Ganz anders erging es mir, wenn aus Sicht von Caro, Minka oder Claire erzählt wurde. Dann war ich mitten im Geschehen. Wir begleiten die drei ab dem Alter von 10 Jahren, über die Schulzeit hinweg bis zum Einstieg ins Erwachsenenleben.
Meine Lieblingsperson in diesem Buch war Claire, ein vietnamesisches Flüchtlingskind mit extrem hohen IQ. Ihr Werdegang hat mich auf ganzer Linie beeindruckt und gefesselt.
„Unser kostbares Leben“ ist ein schwermütiges Buch. Trotz glücklicher Momente liegt der Fokus auf Dingen, die auf unserer Welt schieflaufen, insbesondere der Ausbeutung von Umwelt, Mensch und Tier für Geld. Es ist frustrierend, dass obwohl es in einigen Teilbereichen auf jeden Fall Fortschritte gibt, wir in anderen in den letzten 40 Jahren kaum vorwärtsgekommen sind.
Wie ein roter Faden ziehen sich die Bundestagswahlen durch den Roman. Mit Blick auf derzeitige Wahlergebnisse ist es fast schon kurios zu lesen, mit welchen Prozentsätzen die Parteien damals abgeschnitten haben.
„Unser kostbares Leben“ war für mich ein Leseerlebnis. An manchen Stellen für meinen Geschmack zwar ein wenig langatmig und überfrachtet mit Charakteren und Themen, gleichzeitig ist Katharina Fuchs in meinen Augen eine großartige Schriftstellerin, die unglaublich gut mit Worten umgehen kann. Diese Buch geht über reine Unterhaltungsliteratur hinaus, regt den Leser zum Nachdenken an und gibt Informationen mit auf den Weg, an die man sich noch lange nach der letzten Zeile erinnert.

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Veröffentlicht am 18.09.2021

Erinnerungen, die unter die Haut gehen

Ein Garten im Winter
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In der Familie Whitson lebt im Grunde jeder sein eigens Leben. Der Vater scheint das einzige Bindeglied zu sein, der alle zusammen hält. Als er plötzlich stirbt, sind sowohl die Mutter als auch die Schwestern ...

In der Familie Whitson lebt im Grunde jeder sein eigens Leben. Der Vater scheint das einzige Bindeglied zu sein, der alle zusammen hält. Als er plötzlich stirbt, sind sowohl die Mutter als auch die Schwestern Meredith und Nina mit der Situation überfordert. Insbesondere Nina hegt den Wunsch, endlich ein besseres Verhältnis zu ihrer Mutter aufzubauen.
Die Charaktere von „Ein Garten im Winter“ sind teilweise eine echte Herausforderung. Ich hatte schnell die Vermutung, dass Mutter Anja in ihrer Jugend traumatisiert wurde. Trotzdem fand ich ihr Verhalten gegenüber ihren Kindern extrem. Ihren Ehemann konnte sie abgöttisch lieben doch ihre Töchter ignoriert sie von Anfang an und tritt deren Gefühle mit Füßen. Ich habe mich immer wieder gefragt, warum diese Frau überhaupt Mutter geworden ist. Es ist nur verständlich, dass sich Kinder bei so einer emotionalen Vernachlässigung nicht richtig entwickeln können und auch als Erwachsene Probleme haben zu lieben.
Trotzdem hätte ich Meredith manchmal am liebsten geohrfeigt. Sie hat so einen liebevollen Ehemann aber behandelt ihn wie einen Fußabtreter. Es tat beim Lesen teilweise direkt weh, zu beobachten, wie sie mit ihm umspringt.
Eher nachvollziehen konnte ich den Hass auf ihre Mutter, auch wenn es mich genervt hat, dass sie lange nicht verstanden hat, dass die Märchen, die Anja erzählt, eine Parabel für deren Leben sind. Als Leser war mir das quasi von Anfang an klar und auch bei Nina ist der Groschen schneller gefallen. Nina mochte ich übrigens im Großen und Ganzen gerne. Sie hat ebenfalls Bindungsängste aber auf eine sympathischere Art.
Das Highlight des Romans ist das Märchen, das Anja mit Pausen erzählt. Wunderbar atmospährisch spinnt sie eine Geschichte vom verschneiten Russland und den Schrecken während des Krieges, die so furchtbar sind, dass es mich zutiefst erschütterte.
Dieser Teil von „Ein Garten im Winter“ hat mich so gefesselt, dass ich hierfür 5 Sterne geben möchte. Insgesamt bewerte ich das Buch allerdings „nur“ mit vier Sternen, weil ich die Charaktere in der Gegenwart einfach schwierig finde. Letztendlich gibt es zwar für alles eine verständliche Erklärung aber obwohl mich der Schluss sehr berührt hat, war es insgesamt doch ein wenig zu viel Friede-Freude-Eierkuchen und die Protagonisten ändern ihr Verhalten so plötzlich, dass es unrealistisch ist.
Trotz kleiner Schwächen habe ich auch diesen Roman von Kristin Hannah wieder sehr gerne gelesen. Ein Lob auch an die Covergestaltung, die sehr gut zur Handlung passt.

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Veröffentlicht am 07.09.2021

Sehr spannendes Debüt

Nur ein Schritt
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Wow! Was für ein Debüt. „Nur ein Schritt“ ist ein Buch, welches die Beschreibung Thriller wirklich verdient hat. Samatha M. Bailey wirft den Leser mitten ins Geschehen und hält die Spannung von der ersten ...

Wow! Was für ein Debüt. „Nur ein Schritt“ ist ein Buch, welches die Beschreibung Thriller wirklich verdient hat. Samatha M. Bailey wirft den Leser mitten ins Geschehen und hält die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite aufrecht.
Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Nicole und von Morgan. Nicole ist eine erfolgreiche Geschäftsfrau, die ein traumatisches Ereignis aus ihrer Jugend nie verwunden hat. Als sie Mutter wird, kommen alte Erinnerungen in ihr hoch. Außerdem scheint ihr jemand böse Streiche zu spielen – oder verliert sie etwa den Verstand?
Morgans Ehemann hat unschuldige Anleger um ihr Geld betrogen. Nach seinem Selbstmord möchte sie nun ihr Leben neu ordnen, fern von Presse und Polizei. Doch als ihr die völlig fremde Nicole ihr Baby in den Arm drückt und sich ebenfalls das Leben nimmt, ist Morgan ein weiteres Mal im Fokus von polizeilichen Ermittlungen.
Wie auch schon Nicole fühlt sich Morgan plötzlich verfolgt. Seltsame Dinge geschehen in ihrem Leben.
Samantha M. Bailey konnte mich komplett abholen. Die Kapitel sind kurz und enden meistens mit einem Cliffhanger. Oft hatte ich das Gefühl, der Lösung ganz nah zu sein und nur noch ein entscheidendes Puzzlestück zu vermissen. Jeder Charakter erschien mir verdächtig und wie Morgan konnte ich mir nicht vorstellen, was sie mit Nicole zu tun hat.
Die Autorin lädt den Leser dazu ein, mitzurätseln und mir sind die wildesten Theorien in den Sinn gekommen. „Nur ein Schritt“ bleibt bis zum Schluss undurchsichtig. Tatsächlich löst sich alles erst auf den letzten 20 Seiten auf und ich hatte das Ende so nicht kommen sehen. Lange Zeit war ich mir sicher, dass ich dieses Buch mit 5 Sternen bewerten werde. Nach all der rasanten Spannung empfand ich den Schluss als unerwartet lahm und unspektakulär. Ich hätte mit etwas mehr Schockierendem gerechnet.
Während die Geschichte recht realistisch begann, wird sie im letzten Drittel zunehmend abstrus und auch die Dialoge kamen mir teilweise etwas seltsam vor. Völlig unrealistisch ist auch, das Verhalten der Ermittlerin Martinez. Die Polizei spielt allerdings keine übergeordnete Rolle in diesem Thriller. Der Fokus liegt komplett auf Morgan und ihren Nachforschungen.
Trotz leichter Mängel hat mir „Nur ein Schritt“ wirklich gut gefallen, insbesondere, da es sich um ein Debüt handelt. Ich bin auf jeden Fall auf weitere Bücher von Samantha M. Bailey gespannt.

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Runder Abschluss

Die Wunderfrauen
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Aufschlagen, loslesen und eintauchen. So habe ich die Wunderfrauen Trilogie von Stephanie Schuster empfunden. Auch beim finalen dritten Band ist das Konzept wieder aufgegangen. Ich habe mich sehr gefreut, ...

Aufschlagen, loslesen und eintauchen. So habe ich die Wunderfrauen Trilogie von Stephanie Schuster empfunden. Auch beim finalen dritten Band ist das Konzept wieder aufgegangen. Ich habe mich sehr gefreut, Marie, Helga, Annabel und Luise erneut zu treffen, insbesondere nach dem dramatischen Unfall am Ende von Band 2. Die Autorin lässt hier den Leser ordentlich schmoren und verunsicherte mich immer wieder mit Andeutungen, bevor wir Antworten zum Unglück erhalten, wodurch sich direkt Spannung aufbaute.
Der Zeitsprung war mir dieses Mal deutlicher bewusst, als von Band 1 auf Band 2. Vor allem am Anfang habe ich ein paar Mal gestutzt, wie erwachsen die Kinder der Protagonistinnen plötzlich sind. Gerade hatten sie noch gespielt und nun starten sie ihr eigenes Leben – teilweise mit sehr beeindruckenden Ergebnissen.
Allgemein fand ich es sehr schön zu sehen, wie sich die Frauen von den 50er Jahren bis in die 70er entwickelt haben. Vor allem Annabel hat eine große Wandlung hingelegt.
Das Cover des Buches verbreitet eine sehr fröhliche Stimmung, doch tatsächlich ist jede der Freundinnen gerade an einem dunklen Punkt in ihrem Leben. Alle vier werden von den Geistern der Vergangenheit heimgesucht und verstehen, dass sie mit ihren Altlasten abschließen müssen, bevor sie in die Zukunft blicken können. „Freiheit im Angebot“ spielt in den 70er Jahren und noch immer legt sich der zweite Weltkrieg wie ein Schatten über das Leben der Menschen und ungeahnte Familiengeheimnisse kommen ans Tageslicht.
Für mich war die Wunderfrauen Trilogie ein kurzweiliges Leseerlebnis, welches mich zu jeder Zeit gut unterhalten hat.
Mein einziger Kritikpunkt ist, dass es gegen Ende noch ein Ereignis gibt, welches zwar noch einmal ordentlich für Spannung sorgt aber mir persönlich erschien es zu unrealistisch, dass so etwas in der Praxis funktioniert hätte (Stichwort DDR).
Insgesamt rundet das Finale die Reihe sehr schön ab. Offene Themen aus den vorherigen Büchern werden wieder aufgegriffen und bekommen einen guten Abschluss. Insbesondere die letzten Seiten fand ich wunderbar stimmig und analog zum Beginn der Serie. Ich war direkt ein wenig ergriffen und habe mich etwas traurig von den Freundinnen verabschiedet.

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Veröffentlicht am 19.06.2021

Werdegang einer starken Frau

Glück und Glas
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„Glück und Glas“ war mein drittes Buch von Lilli Beck. Im Gegensatz zu den beiden anderen Romanen, die ich von ihr gelesen hatte, stand hier keine große, romantische Liebesgeschichte im Mittelpunkt, sondern ...

„Glück und Glas“ war mein drittes Buch von Lilli Beck. Im Gegensatz zu den beiden anderen Romanen, die ich von ihr gelesen hatte, stand hier keine große, romantische Liebesgeschichte im Mittelpunkt, sondern die Freundschaft zweier Frauen, die über 70 Jahre lang sämtliche Höhen und Tiefen durchleben.
Marion und Lore werden am letzten Tag des zweiten Weltkrieges geboren. Die besonderen Umstände der Geburt soll die beiden für immer verbinden.
Die Handlung legt den Fokus hauptsächlich auf Marion. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend und mit ihren feuerroten Haaren ist sie vielen Hänseleien ausgesetzt. Doch Marion hat den Kopf voller Träume. Durch ihre Zielstrebigkeit ist sie tatsächlich für Größeres bestimmt. Sie wird Model und der Leser begleitet ihre aufregende Karriere. Lilli Beck hat früher selbst als Model gearbeitet und wie ich dem Klappentext entnommen habe, wohl ihre eigenen Erfahrungen in diesen Roman einfließen lassen. Marion ist eine Protagonistin, die durch viel Willensstärke und Mut überzeugt. Immer wieder erlebt sie herbe Rückschläge und wird insbesondere von Männern verletzt und hintergangen. Trotzdem steckt sie nie den Kopf in den Sand sondern versucht jede Situation zum Besten zu wenden.
Was mir an diesem Roman besonders gefallen hat war, dass er eine Zeitspanne von 70 Jahren umfasst. Wichtige politische Ereignisse werden in die Geschichte eingeflochten und für mich kam der Zeitgeist der jeweiligen Epoche sehr realistisch rüber. An die 90er und 2000er Jahre kann ich mich auch noch sehr gut erinnern und es machte Spass, an verschieden Dinge wie zum Beispiel erste Handys etc. erinnert zu werden.
Auch die Jahrzehnte, die ich nicht miterlebt habe, wirkten auf mich sehr mitreißend. Besonders Marions Modeljahre, ihre Zeit in der Hippie Kommune und ihr besonderer Lebensstil machten „Glück und Glas“ zu einer Lektüre, die man einfach gerne liest.
Marion und Lore sind keine typischen Best-friends, die ihr ganzes Leben aneinander kleben. Ihre Freundschaft wird immer wieder von Eifersucht, Neid und falschen Entscheidungen überschattet. Und doch zeigen diese beiden Frauen, dass man trotz vieler Differenzen immer wieder zueinander finden kann.
Dies war für mich ein sehr lesenswerter und unterhaltsamer Roman.

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