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Veröffentlicht am 26.10.2021

Die Ermittlerin hat leider nicht das Format von Miss Marple

Mord im Lesesaal
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„Mord im Lesesaal“ von Susanne Mathies hat leider meine Erwartungen nicht erfüllt.
Der Klappentext assoziiert eine Protagonistin wie Agatha Christie’s Miss Marple und automatisch hat man dabei die legendäre ...

„Mord im Lesesaal“ von Susanne Mathies hat leider meine Erwartungen nicht erfüllt.
Der Klappentext assoziiert eine Protagonistin wie Agatha Christie’s Miss Marple und automatisch hat man dabei die legendäre Margaret Rutherford und ihre von Beobachtungsgabe geprägte Art vor Augen sowie ihre klugen, so en passant im Plauderton gestellten Fragen. Aber abgesehen vom Äußerlichen kommt die wesentlich jüngere Cressida Kandel mit ihren pfauenblauen Haaren auch ermittlungstechnisch bei weitem nicht an die pfiffig-schlaue Art von Miss Marple heran. Auch Schreibstil und Handlungsaufbau sollte man nicht mit Agatha Christie vergleichen.

Worum geht es?
Im Lesesaal der Zürcher Museumsgesellschaft wird ein alter Mann erstochen aufgefunden. Nur wenige Personen, darunter die Krimiautorin Cressida Kandel, befinden sich zu diesem Zeitpunkt im Haus, wodurch sich der Kreis der Verdächtigen eingrenzt. Die Kriminalbeamten sind kurzfristig nicht verfügbar, daher beginnt nicht nur Cressida sondern die gesamte Gruppe auf eigene Faust zu ermitteln.

Die Handlungsidee – nur wenige Personen befinden sich am Tatort und eine davon muss praktisch der Mörder sein – ist nicht neu und bildet stets eine gute Basis, vor allem, wenn aus zwingenden Gründen keine Polizei zugezogen werden kann. Leider hakt es hier bei der Umsetzung der Idee. Das beginnt schon mit der unrealistischen Begründung, warum die Kriminalpolizei unabkömmlich ist. Weiters irritierte mich, dass die involvierten Personen nicht vor Ort bleiben, sondern paar- bzw. gruppenweise außer Haus Nachforschungen anstellen. Dadurch kristallisiert sich auch keine Person als zentrale Ermittlerfigur heraus. Kapitelweise tritt die sog. Zürcher Miss Marple gar nicht in Erscheinung. Cressida agiert aktiv, sucht Beweismittel, aber sie versucht nicht à la Miss Marple im scheinbar harmlosen Gespräch die Menschen auszuhorchen. Im Gegensatz zu Miss Marple, die stets als neutrale Person in die Mordfälle involviert ist, muss Cressida neben den Ermittlungen auch noch private Probleme aufarbeiten.
Die oftmaligen Szenen- bzw. Perspektivenwechsel forcieren zwar die Spannung, ich verirrte mich aber immer wieder in den zusammenhanglosen Geschichten, in einem für mich schwer durchschaubaren Durcheinander, empfand vieles unrealistisch bis absurd.
Obwohl die Protagonisten in einige gefährliche Situationen geraten, mehrmals Kapitel geschickt mit einem Cliffhanger endeten, ergab sich für mich die Spannung des Buches primär aus dem Wunsch zu erfahren, wer nun den alten Mann ermordet hat und warum. Es ist ziemlich rasch klar, dass alle Personen irgendetwas zu verbergen haben und dass der Tote ein Erpresser war. Doch da anfangs nur spärlich Informationen über den verdächtigen Personenkreis preisgegeben werden, erhält man wenig Chancen, selbst Vermutungen anzustellen, wodurch mir ein wenig der Lesespaß genommen wurde.
Die Charaktere blieben für mich, obwohl so nach und nach alle Vorgeschichten ans Tageslicht kamen, eher zweidimensional, nicht wirklich lebendig und letztlich konnte ich mich mit keiner Person wirklich anfreunden, echte Sympathie empfinden.
Den Schreibstil fand ich satz- und sprachtechnisch gut und flüssig zu lesen, die Kapitellänge war angenehm kurz, der Sinn der jedem Kapitel vorgesetzten Sprüche eröffnete sich mir nicht immer, ich fand sie entbehrlich. Dass der Krimi in Zürich spielt, ist nicht wirklich präsent, wenn man von einigen Ortsangaben absieht. Mir fehlte eine sprachliche Komponente – es hätte doch die eine oder andere Person Schwiizerdütsch sprechen können, z.B. der Hausmeister, einer der Heimbewohner.
Laut Klappentext ermittelt Cressida Kandel mit Charme und Witz. Mag sein, dass der Schweizer Humor nicht meiner ist.
Nichtsdestotrotz: Spannung war vorhanden und sogar etwas Action – und Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.

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Veröffentlicht am 07.09.2021

Menschliche Tiere als Detektive

Nordfriesentote
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„Nordfriesentote“ ist der Debütroman von Hannah Mauritz, der - bedingt durch die tierisch-menschlichen Protogonisten - etwas märchenhaft anmutet. Es ist ein Cosy-Krimi, trotz ziemlich schlimm zugerichteter ...

„Nordfriesentote“ ist der Debütroman von Hannah Mauritz, der - bedingt durch die tierisch-menschlichen Protogonisten - etwas märchenhaft anmutet. Es ist ein Cosy-Krimi, trotz ziemlich schlimm zugerichteter Leichen, in dem man so nebenbei auch noch einiges über Meeresbiologie, Muscheln u.a. Meeresgetier erfährt.
Worum geht es?
Der Polizist Bennet wird bei einem Spaziergang niedergeschlagen und erwacht im Körper seines Hundes Rooster wieder auf, sein Körper ist verschwunden. Er sucht Hilfe bei seiner Freundin Anne, die sich mit seinem Kollegen Hendrik auf die Suche nach Bennet macht, wobei sie durch Zufall auf eine Leiche stoßen. In der Folge findet Bennet heraus, dass es noch weitere in Tiere verwandelte Menschen gibt. Sie bilden ein Team, verfolgen auf eigene Faust diverse Spuren und führen die ziemlich lahm dargestellte Polizei dann zu den jeweiligen Funden.
Sie sind ein effektives Team: Bennet, der Polizeihund, der bei den Besprechungen im Polizeirevier vor Ort ist und somit über die Ermittlungsfortschritte am Laufenden ist und Zugriff auf den Polizeicomputer hat, Maria, die Katze, die sich an Land überall flink und unauffällig bewegen kann, während Bennet ja meist angeleint und in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, Joline, die Möwe, die aus der Luft beobachtet, und Lana, der Seehund, die die Geschehnisse am Strand und im Meer ausspioniert.
Die Aktionen des tierischen Quartetts sind zwar teils praktisch nicht nachvollziehbar, wie z.B. das Verfassen von handgeschriebenen Nachrichten oder die Bedienung eines Computers mit Pfoten oder Krallen, aber es ist amüsant zu lesen. Köstlich, was sich die vier so alles einfallen lassen, um die Menschen auf etwas aufmerksam zu machen oder abzulenken.
Ich fand die Grundidee, dass ein Mensch im Körper eines Tieres steckt und das Leben aus dessen Perspektive meistern und mit körperlichen Stärken und Schwächen eines Tieres zurechtkommen muss, wie besseres Gehör oder Geruchsinn, jedoch schlechtere Sehkraft, originell und unterhaltsam. Vor allem Bennets Hundegedanken regten zum Schmunzeln an.
Sowohl die menschlichen, als auch die tierischen Protagonisten sind sympathisch gezeichnet, doch ich bin mit keinem Wesen, ob Tier, ob Mensch, richtig warm geworden, keine Gestalt wurde zu einem meiner Favoriten, keine habe ich richtig ins Herz geschlossen.
Der Schreibstil ist leicht und flüssig, die Kapitel haben eine angenehme Länge, die Spannung steigerte sich schließlich doch noch gegen Ende mit gefahrvollen Situationen und einem Wettlauf gegen die Zeit. Auf der letzten Seite, angelangt, blieb ich persönlich unbefriedigt zurück – der Fall war nur zum Teil gelöst, der Mörder war zwar gefasst, doch die Art und Weise, wie es zu dieser Verwandlung kommen konnte, blieb offen. Das Buch endet mit einem Cliffhanger. Meine offenen Fragen werden wohl erst in der Fortsetzung beantwortet.
Nichtsdestotrotz hat mir das Buch einige entspannte Lesestunden beschert. Natürlich möchte ich auch die Fortsetzung lesen.

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Veröffentlicht am 22.06.2021

Auch Täter werden ermordet

Tod in der Waschmaschine
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Der Krimi beginnt vielversprechend gleich mit zwei Leichen und sogar recht humorvoll, die Spannung lässt zwar etwas nach, bedingt durch die weniger spektakuläre Ermittlungsarbeit, steigert sich jedoch ...

Der Krimi beginnt vielversprechend gleich mit zwei Leichen und sogar recht humorvoll, die Spannung lässt zwar etwas nach, bedingt durch die weniger spektakuläre Ermittlungsarbeit, steigert sich jedoch bei der finalen Täterjagd wieder. Tempo kommt in die Handlung durch den laufenden Wechsel zwischen Ermittler- zur Täterseite, wodurch man schrittweise die Vorgeschichte der Morde erfährt. Der Reiz für den Leser liegt somit weniger im Miträtseln als im Miterleben, wie man den Verbrechern auf die Schliche kommt. Das Thema Kindermissbrauch drückt leider etwas aufs Gemüt.
Der Schreibstil ist einfach und flach, eher objektiv erzählend, vermittelt so gut wie keine Emotionen oder Stimmungen, auch nicht das Flair der Insel. Dadurch ist es auch schwierig, mit den Charakteren richtig warm zu werden, sie sind sympathisch, werden aber nicht richtig lebendig, selbst die Sexszenen wirken zu kühl, zu wenig leidenschaftlich. Kennt man Band 1 nicht, vermisst man Informationen über die Vorgeschichte der Protagonisten, z.B. wie sich Harry und Kommissar Carlos kennenlernten, wieso Harry Frührentner ist, was er früher gearbeitet hat und wieso es möglich ist, dass er als Zivilist so intensiv in die polizeiliche Ermittlungsarbeit eingebunden werden kann.
Mir persönlich gefällt das Layout nicht. Dadurch, dass die Dialoge in den Absatzblöcken ineinander übergehen, weiß man manchmal nicht mehr, wer was gesagt hat. Das irritiert und hemmt den Lesefluss.

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Veröffentlicht am 24.05.2021

Das Vermächtnis der Moorleiche

Schwarzwälder Morde
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Der Krimi spielt in Bad Wildbad, wo die Kommissare Scholz und Schmälzle mit zwei Fällen zugleich konfrontiert werden: mit dem Fund einer Moorleiche aus dem 19. Jh und mit Attacken auf einen Investor einer ...

Der Krimi spielt in Bad Wildbad, wo die Kommissare Scholz und Schmälzle mit zwei Fällen zugleich konfrontiert werden: mit dem Fund einer Moorleiche aus dem 19. Jh und mit Attacken auf einen Investor einer Ferienanlage, die neben dem Anwesen eines ortsansässigen Schnapsbrenners erfolgen.
Das Reizvolle dieses Regionalkrimis sind die schwäbischen Dialoge, so manch urige Typen und einige amüsante Szenen mit Situationskomik.
Die Handlung vollzieht sich in einem Wechsel von der Vergangenheit, als 1869 eine Bäuerin mit Schmuggelware durchs Moor wandelt, und der Gegenwart, wo die beiden Kommissare mehr oder weniger ambitioniert den Vorkommnissen bei der Schnapsbrennerei auf den Grund gehen.
Der Schreibstil ist an und für sich flüssig, das Buch ist in kurze Kapitel gegliedert, die jeweils datiert sind, wodurch man einen guten zeitlichen Überblick behält. Die beiden Zeitebenen unterscheiden sich auch sprachlich, so erlebt man die nächtliche Wanderung der Bäuerin in der Ich-Form, der übrige Roman wurde in Erzählform verfasst.
Als Leser, der Bad Wildbad und Umgebung nicht kennt, erfährt man so einiges über Kirschlikör, Bollenhüte und andere Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten. Die eingeflochtenen schwäbischen Ausdrücke geben dem Text eine humoristische Note, sind entweder erklärt oder leicht verständlich. Wer dort ansässig ist, wird sicher auch seine Freude daran haben, sich anhand der angeführten Straßennamen ganz genau zurecht zu finden.
Die beiden Kommissare, der alteingesessene Schwabe Scholz und der erst vor kurzem nach Wildbad versetzte Badener Schmälzle, mit haitianischen Wurzeln, sind total gegensätzliche Persönlichkeiten und harmonisieren in ihrer Arbeitsweise bei weitem noch nicht, was sich dem Leser in streckenweise ermüdend langen Dialogen offenbart. Glücklicherweise gibt es in diesem Team eine sehr effiziente Mitarbeiterin und eine eigenständig agierende, wirklich sehr originelle Putzfrau, die beide letztlich die Ermittlungen so richtig in Schwung bringen.
Obwohl mir sehr wohl bewusst war, dass es sich um einen Regionalkrimi handelt, wo es weder bluttriefende Untaten gibt noch um einen packenden Wettlauf um Leben und Tod geht, so hatte ich mir doch etwas mehr an überraschenden Wendungen, nicht vorhersehbaren Erkenntnissen erwartet, ein paar Spuren, die mich als Leser in die Irre führen. Zudem fand ich leider keinen richtigen Zugang zu den Protagonisten. Trotz der geschilderten Eigenheiten und Äußerlichkeiten blieben sie für mich eindimensional und leblos. Da es für mich persönlich stets wichtig ist, mit den Protagonisten zu sympathisieren, konnte mich das Buch leider nicht in seinen Bann ziehen.

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Veröffentlicht am 20.04.2021

Grausame Morde und langatmige Ermittlungen

Das Letzte, was du siehst
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Kurz zum Inhalt. Marie Wagenfeld ist externe IT-Beraterin für Immobilienfonds. Als einer der Projektmanager brutal ermordet wird, benötigt der ermittelnde Kommissar Kellermann ihr Fachwissen und ihren ...

Kurz zum Inhalt. Marie Wagenfeld ist externe IT-Beraterin für Immobilienfonds. Als einer der Projektmanager brutal ermordet wird, benötigt der ermittelnde Kommissar Kellermann ihr Fachwissen und ihren Einblick in die Geschäftsgebarung des Unternehmens. Je tiefer sie graben, auf desto mehr Verwicklungen, unlautere Machenschaften, weitere Morde und Motive stoßen sie.
So wie das Buch beginnt, nämlich schockierend, so endet es auch, nämlich extrem packend.
Doch leider sucht man dazwischen vergebens nach einem steten Spannungsspiegel. Da es sich im Laufe der Ermittlungen herausstellt, dass es sich offensichtlich um seit einigen Jahren verübte Serienmorde handelt, ist man immer wieder mit verstörend perversen und bestialisch zugerichteten Mordopfern konfrontiert, doch der Hauptteil der Ermittlungen beruht auf dem Durchforsten von Datenbanken. Die Protagonistin Marie, sehr intelligent und – wie die auf diesen Gebieten tätige Autorin - in den Fachbereichen Investmentbanking, Immobilien als auch im IT-Bereich sehr versiert, zudem auch noch in punkto Kunst sehr bewandert, unterstützt den zuständigen Kommissar durch ihr Wissen und mit sehr detaillierten Erklärungen. Möglicherweise sehr informativ und lehrreich für jemanden, den diese Materie sehr interessiert, damit nicht vertraute LeserInnen wie ich fühlen sich eher gelangweilt oder überfordert.
Der Schreibstil ist an und für sich flüssig und liest sich flott, solange man sich nicht durch für den Normalverbraucher schwierig erfassbares Fachwissen kämpfen muss. Marie und der Kommissar fand ich sympathisch, alle anderen erwähnten Personen empfand ich eher nur als Randfiguren, konnte sie teilweise nur schwer auseinanderhalten.
Ich denke, dass eine Straffung mancher Textpassagen dem Buch gut getan hätte. Anlagen für einen wirklich guten Thriller sind vorhanden, das Zuviel an Fachchinesisch killt leider die Spannung weitgehend.
Es handelt sich hiebei um den ersten Band einer Trilogie. Es ist zu hoffen, dass die Fortsetzungen spannungsgeladener und thematisch ansprechender verfasst werden. An und für sich würde ich gerne die weitere Zusammenarbeit von Marie Wagenfeld mit Kommissar Kellermann verfolgen.

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