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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2022

Klassiker?

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Man merkt "Der Mann, der vom Himmel fiel" von Walter Tevis an, dass es keine Neuerscheinung des 21. Jahrhunderts ist, sondern erstmals bereits in den 1960'ern erschienen ist. Die beschriebene Welt, die ...

Man merkt "Der Mann, der vom Himmel fiel" von Walter Tevis an, dass es keine Neuerscheinung des 21. Jahrhunderts ist, sondern erstmals bereits in den 1960'ern erschienen ist. Die beschriebene Welt, die aus Sicht der 1960'er Jahren wahrscheinlich innovativ und utopisch war, wirkt für die heutige Leserschaft eher gewöhnlich bis nostalgisch.
Die Auflösung, was es mit Newton auf sich hat, gibt es gleich am Anfang - auch sonst kommt im Buch weniger Spannung auf, als man vielleicht erwarten könnte. Stattdessen werden die Hintergründe und der Charakter Newtons beleuchtet und die Lebensrealität auf der Erde, die irgendwo zwischen Dystopie und Utopie liegt, beschrieben.
Das Buch liest sich für mich wie klassische Science Fiction. Für Leser*innen, die eine spannende Lektüre erwarten, nicht zu empfehlen, sondern wohl eher für Fans von (klassischer) Science Fiction, die sich für neue Welten und deren Hintergründe interessieren.
Ich hätte mir etwas mehr Spannung erhofft und fand das Buch zudem ziemlich dialoglastig - mich hat es deswegen leider nicht ganz überzeugt.

Veröffentlicht am 29.05.2022

Potential nicht ausgeschöpft

Die sieben Männer der Evelyn Hugo
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"Die sieben Männer der Evelyn Hugo" startet wie der Titel vermuten lässt, mit der Beschreibung einer Schauspielerin im oberflächlichen Hollywood, wo Ehen oft schnell und aus Kalkül geschlossen werden - ...

"Die sieben Männer der Evelyn Hugo" startet wie der Titel vermuten lässt, mit der Beschreibung einer Schauspielerin im oberflächlichen Hollywood, wo Ehen oft schnell und aus Kalkül geschlossen werden - was dann auch Evelyn mehrfach macht. Als diese Geschichte dann irgendwann erwartbar etwas eintönig wird, nimmt sie den ersten Dreh (es folgen weitere) - Evelyn verliebt sich in eine Frau. Unerhört in der Mitte des 20. Jahrhunderts - nicht nur in Hollywood. Diese gleichgeschlechtliche große Liebe darf also nicht öffentlich werden und führt zu einem Versteckspiel - und noch mehr Ehen für Evelyn. Das wirkte auf mich oft schon tragikomisch und surreal.
So richtig berührt hat mich die Geschichte leider nicht. Es blieb alles sehr oberflächlich. Weder mit Evelyn noch mit ihrer Biografin Monique habe ich wirklich mitgefiebert, mitgelitten. Dabei hat die Geschichte durchaus großes Potential dafür - schade.

Veröffentlicht am 06.10.2021

Nicht richtig rund

DAFUQ
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Ein bisschen wie ich mir den Alltag im Gefängnis (oder Arrest) vorstelle: lang und oft öde. Das Buch zog sich vor allem in der ersten Hälfte ziemlich. Die Hauptfigur Anja nimmt erst spät Kontur an, die ...

Ein bisschen wie ich mir den Alltag im Gefängnis (oder Arrest) vorstelle: lang und oft öde. Das Buch zog sich vor allem in der ersten Hälfte ziemlich. Die Hauptfigur Anja nimmt erst spät Kontur an, die Nebenfiguren blieben für mich blass und schwierig zu unterscheiden. Die Handlung ist (wie zu erwarten) sehr übersichtlich – das meiste passiert tatsächlich in den Rückblicken auf das bisherige Leben von Anja, wohingegen der Alltag im Gefängnis (vermutlich realistisch) ereignisarm ist. Dieser Alltag im Arrest wird harmloser dargestellt, als ich ihn mir so vorgestellt habe. Wobei es in Russland ja sehr unterschiedliche Arten der Haft gibt, wovon der Arrest die mildeste ist.
Die Kombination von Gefängnisgeschichte und Coming of Age fand ich nicht richtig gelungen bzw. gut gegeneinander gewichtet. Für mich war das nicht rund, nicht stimmig.
Gegen Ende nahm die Erzählung dann noch einen Dreh, der das ganze etwas heraus riss.

Sprachlich monoton, unterbrochen von seltsamen Formulierungen – der Versuch, ein Sprachgefühl des Originaltexts zu übernehmen oder einfach ungelenk?

Insgesamt konnte mich das Buch leider nicht richtig überzeugen.

Veröffentlicht am 10.09.2021

Für die Fans

Glitterschnitter
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Sven Regeners neuer Roman schließt zeitlich an seinen Vorgänger "Wiener Straße" an. Aber auch wenn man (so wie ich) diesen noch nicht gelesen hat, kann man "Glitterschnitter" gut folgen. Erzählt wird von ...

Sven Regeners neuer Roman schließt zeitlich an seinen Vorgänger "Wiener Straße" an. Aber auch wenn man (so wie ich) diesen noch nicht gelesen hat, kann man "Glitterschnitter" gut folgen. Erzählt wird von ein paar wenigen Tagen in der Vorweihnachtszeit 1980. Allzu weihnachtlich bzw. besinnlich wird es allerdings nicht, denn die West-Berliner Kneipen- und Kunstszene, um die es hier wie so oft in Sven Regeners Romanen geht, dreht sich vorwiegend um sich selbst. Aus verschiedenen Blickwinkeln (leider nicht aus Karl Schmidts – sehr schade) wird von verschiedenen Projekten berichtet: einer Kaffeehauseröffnung, einem Konzert, einer Kunstausstellung.
Die Handlung ist eher übersichtlich, aber das ganze dennoch recht unterhaltsam und witzig. Die Unterhaltungen und Unternehmungen der Protagonisten sind größtenteils wieder einmal so absurd wie nur möglich. Gegen Ende zog es sich für mich dann aber etwas in die Länge – vielleicht fehlt hier dann doch eine etwas konkretere Handlung. An "Magical Mystery" oder "Herr Lehmann" kommt "Glitterschnitter" also leider nicht ran. Dennoch für Fans natürlich ein Muss. Neulingen würde ich aber die beiden genannten Klassiker als Start in das Sven-Regener-Universum empfehlen.

Veröffentlicht am 29.08.2021

Wichtiges Thema – nicht ganz überzeugend umgesetzt

Die Nachricht
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Interessant in Doris Knechts neuem Roman ist schon der Ansatz, dass eine Best-Ager-Frau von Cyber-Mobbing/-Stalking betroffen ist und keine Jugendliche. Aber schließlich passiert das auch erwachsenen Menschen, ...

Interessant in Doris Knechts neuem Roman ist schon der Ansatz, dass eine Best-Ager-Frau von Cyber-Mobbing/-Stalking betroffen ist und keine Jugendliche. Aber schließlich passiert das auch erwachsenen Menschen, was aber auch nur sehr selten thematisiert wird – umso wichtiger sind solche Bücher.
Aufgeteilt ist das Buch in oft sehr kurze Kapitel, die es mir anfangs etwas schwer machten, richtig in den Lesefluss zu kommen. Recht bald war ich dann aber drin und das Buch las sich insgesamt flüssig und gut.
Die Ich-Erzählerin Ruth ist noch damit beschäftigt, ihr Leben nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes neu zu ordnen, als sie anonyme Nachrichten über das Internet erreichen. Der Absender weiß viel über sie, beschimpft sie, droht ihr und ihrer Familie.
Ruth scheint eine durchaus komplexe Person zu sein, über die man aber nur Bruchstücke erfährt. Ihre Familiensituation, ihr Job, ihr Leben als Witwe in einem abweisenden Dorf, ihre Freunde – das alles hat viel Potential, wird aber oft nur gestreift. Sie bleibt schwer greifbar. Wie Ruth beschrieben wird, lässt sie oft unsympathisch erscheinen. Letzteres wohl ein Kniff der Autorin, um nicht Gefahr zu lassen, dass Ruth nur als Opfer oder gar hilflos erscheint – das passiert jedenfalls nicht. Vielleicht hätte man das aber auch anders lösen können.
Auch der Umgang der Protagonistin mit der Situation bleibt manchmal etwas oberflächlich. Mögliche Lösungen wie der Gang zur Polizei, zur Rechtsberatung, zu Hackern, das Blockieren von fremden Nachrichten werden nie wirklich in Betracht gezogen. Ich hatte nicht das Gefühl wirklich zu wissen, was die anonymen Nachrichten mit ihr machen. Das ist einerseits vielleicht realistisch, da viele Betroffene, eine solche Situation eher mit sich selbst ausmachen, aber in dieser fiktiven Umsetzung auch etwas schade.
Ganz konnte mich das Buch mit seinen guten, neuen Ansätzen also leider nicht überzeugen, dennoch ist der Autorin zu gute zu halten, dass sie ein wichtiges, wenig thematisiertes heißes Eisen anpackt.