die Geschichte des vietnamesischen Volkes außergewöhnlich und tiefbeeindruckend erzählt
Der Gesang der BergeNguyễn Phan Quế Mai, geboren 1973, erlebte Zerstörung und andere Auswirkungen des Vietnamkrieges. „Der Gesang der Berge“ ist inspiriert von den Erlebnissen ihrer eigenen Familie und derjenigen um sie herum. ...
Nguyễn Phan Quế Mai, geboren 1973, erlebte Zerstörung und andere Auswirkungen des Vietnamkrieges. „Der Gesang der Berge“ ist inspiriert von den Erlebnissen ihrer eigenen Familie und derjenigen um sie herum. Schon zu Beginn des Buches macht Nguyễn Phan Quế Mai darauf aufmerksam, dass es sich um einen Roman handelt, in dem zwar die geschilderten historischen Ereignisse der Wahrheit entsprechen, die entsprechenden Figuren, Namen und Handlungen aber frei erfunden sind. Eine Widmung läßt aber erahnen, wie dicht und realistisch diese an der Wahrheit liegen.
Nguyễn Phan Quế Mai beschreibt in verschiedenen, sich abwechselnden Zeitsträngen, von 1930 an beginnend bis 2017, mal aus der Sicht der Grossmutter, mal aus der von Hương, ihrer Enkelin, die bei ihr lebt, die Geschichte Vietnams und der eigenen Familie. Sehr anschaulich und trotz des Schmerzes, der Verluste und der Trauer beschreibt die Autorin über Besetzung, Unterdrückung und Krieg durch Franzosen, Japaner, Amerikaner und auch durch Vietnamesen in der Zeit des Großen Hungers, der Landreform und des Krieges.
Ich habe schon einige Bücher über Vietnams Geschichte gelesen, kaum eines war so ergreifend und einfühlsam geschrieben und vermittelt empathisch so tiefe Einblicke, wie der Krieg zumindest einen Teil der Seele nimmt, so dass man nie wieder ganz werden kann. Die weise Großmutter sagt es mit den Worten. „Kriege haben die Macht, liebenswerte und kultivierte Menschen in Ungeheuer zu verwandeln“ (S.110). Und genau das wird offensichtlich in diesem Roman; es wird keine Partei ergriffen; das Gesagte trifft auf alle zu, auch auf ehemalige Kriegsgegener aus anderen Ländern oder dem eigenen. Für mich war dieser Roman so fessenld, dass ich ihn kaum aus der Hand legen mochte. Die Vertreibung aus dem Norden, das Zurücklassen der Kinder bei fremden Leuten, die Kämpfe für ein besseres Leben, im Glauben, das Richtige zu tun, die Zerstreuung der Familien und Versuch, irgendwo Fuß zu fassen und seine Familienmitglieder wiederzufinden, Schuldgefühle abzugeben zu Dingen, die man nicht beeinflussen konnte, die Botschaft der Sinnlosigkeit von Krieg und Vertreibung sowie die Notwendigkeit von Vergebeung und Neuanfang wurden ausgesprochen ergreifend und mitempfindbar erzählt; für mich haben auch die eingestreuten, vietnamesichen Redewendungen das beeindruckende Leselerlebnis abgerundet.