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Veröffentlicht am 11.01.2022

Drei Jahrhunderte in drei unterschiedlichen Welten

Zum Paradies
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In „Zum Paradies“ nahm Hanya Yanagihara mich mit in die Jahre 1893, 1993 und 2093 - drei gänzlich unterschiedliche Jahrhunderte, die gleichzeitig auch drei ganz unterschiedlichen Welten angehören.

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In „Zum Paradies“ nahm Hanya Yanagihara mich mit in die Jahre 1893, 1993 und 2093 - drei gänzlich unterschiedliche Jahrhunderte, die gleichzeitig auch drei ganz unterschiedlichen Welten angehören.

Im Jahr 1893 gehört New York zu den Freistaaten, in denen man im Gegensatz zu den Kolonien heiraten kann, wen man will. David Bingham entstammt einer reichen, angesehenen Familie und hat seinen Großvater, mit dem er in einem Haus am Washington Square lebt, gebeten, eine Ehe für ihn zu arrangieren. Der deutlich ältere Charles Griffith ist der erste Kandidat, der Davids Sympathien gewinnen kann. Doch dann lernt David den mittellosen Edward Bishop kennen. Eine Ehe so weit unter Stand würde sein Großvater niemals gutheißen, sodass David in ein Dilemma gerät.

Auch im Jahr 1993 lernte ich einen David Bingham kennen. Dieser führt eine Beziehung mit Charles Griffith, der in einem Haus am Washington Square lebt. In der Gegenwart von Charles’ reichen Freunden fühlt er sich oft wie ein Fremdkörper. Wie viele seiner Freunde leidet Charles außerdem unter einer nicht benannten Krankheit, bei der es sich vermutlich um AIDS oder - da wir uns in einer Welt befinden, die nicht ganz die unsere ist - etwas ganz ähnliches handelt. Charles’ Ex-Freund Peter hingegen ist an Krebs erkrankt und verbringt einen letzten Abend in der Gesellschaft seiner Freunde, bevor er in der Schweiz aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen wird. Außerdem hat David einen Brief seines Vaters bekommen, in dem dieser ihm seine Lebensgeschichte erzählt.

In der Welt des Jahres 2093 lebt Charlie mit ihrem Ehemann in einer von acht Parteien im Haus am Washington Square, in dem sie als Kind allein mit ihrem Großvater lebte. Zahlreiche Krankheiten, Katastrophen und der Klimawandel haben in den letzten Jahrzehnten gewütet und das gesellschaftliche Leben in New York hat sich stark verändert. Alles ist stark reglementiert und es herrscht Ressourcenknappheit. In Briefen, die ein Charles Griffith von 2043 bis 2088 an einen Peter schreibt, erfuhr ich einiges darüber, wie es so weit kommen konnte.

Die offensichtlichste Gemeinsamkeit aller drei Teile sind die sich wiederholenden Namen, wobei sich die gleichnamigen Charaktere in Sachen Herkunft und Persönlichkeit sehr unterscheiden. Das Haus am Washington Square spielt immer wieder eine Rolle und es gibt viele Themen und Motive, die in den verschiedenen Geschichten immer wieder auftauchen. Diese verbindenden Elemente halten die drei ansonsten völlig unterschiedlichen Geschichten zusammen.

„Zum Paradies“ nimmt familiäre Strukturen und Spannungen unter die Lupe, erwiderte und unerwiderte Liebe und Fragen der Abstammung, des Standes des eigenen Vermächtnisses. Die gesellschaftlichen Strukturen der drei unterschiedlichen Welten erschließen sich beim Lesen schrittweise und vieles wird nur angedeutet. Die Charaktere lassen häufig ihre Gedanken schweifen, reflektieren ihr Leben und ihre Lebensgeschichte.

Für mich zog sich das Buch an vielen Stellen in die Länge und es passierte nicht genug, um meine Neugier über so viele Seiten zu erhalten. Gleichzeitig fiel es mir schwer, zu den Charakteren im Zentrum der jeweiligen Geschichten eine Verbindung aufzubauen. Erst der dritte Teil, der etwa auf der Hälte des Buches beginnt, konnte mein Interesse wieder wecken. Das hier beschriebene, dystopische Szenario stimmt vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie nachdenklich im Hinblick auf die Frage, wie viele Parallelen es wohl zu unserer Welt im Jahr 2093 geben wird. Die Ideen der Autorin hinsichtlich des Aufbaus des Buches und der von ihr aufgegriffenen Themen und Motive haben mir gefallen, die Umsetzung konnte mich jedoch nur mäßig überzeugen.

Veröffentlicht am 09.10.2021

11. Band der illustrierten Lieblingsbücher, aber eigentlich die Fortsetzung der Gereon Rath Reihe

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Die Reihe „Illustrierte Lieblingsbücher“ von Kat Menschik erscheint seit fünf Jahren im Galiani Verlag und kann mich immer wieder mit gelungenen Illustrationen und einer ganz besodneren Aufmachung begeistern. ...

Die Reihe „Illustrierte Lieblingsbücher“ von Kat Menschik erscheint seit fünf Jahren im Galiani Verlag und kann mich immer wieder mit gelungenen Illustrationen und einer ganz besodneren Aufmachung begeistern. Inhaltlich sind die Bücher der Reihe sehr unterschiedlich und ich habe hier schon einige Texte gelesen, die ohne meine Begeisterung für die Reihe an sich wohl nie in meinen Händen gelandet wären.

Volker Kutscher ist in der Lieblingsbücher-Reihe ein alter Bekannter, denn auch der vierte Band „Moabit“ wurde von ihm geschrieben. Damals handelte es sich um die Vorgeschichte zur Reihe rund um Gereon Rath, nach der ich interessiert auch den ersten Band der Reihe las. Weiter bin ich bislang jedoch nie gekommen, und genau hier liegt das Problem.

Ich bin davon ausgegangen, dass sich dieser 11. Band der Reihe wieder ohne Vorkenntnisse lesen lässt, doch das gestaltet sich schwierig. Nach kurzer Recherche fand ich heraus, dass das Buch kurz nach dem 8. Band der Gereon Rath Reihe spielt. Wer diese Bände alle gelesen hat, der ist vermutlich mehr als gespannt, wie es Friedrich ergeht, der hier in Form von Briefen zu Wort kommt, die er an Charly und Hannah schickt.

Für mich ergab sich beim Lesen ein ungefähres Bild der bisherigen Ereignisse, mir fehlte jedoch der Bezug zu den Charakteren. Erst auf der Hälfte kommt es zu einem dramatischen Vorfall, der für Spannung sorgte und dafür, dass ich die 120 Seiten zu Ende lesen wollte. Dieses fühlte sich jedoch nicht richtig abgeschlossen an, sondern soll wohl eher neugierig auf den 9. Band von Volker Kutscher machen.

Die Illustrationen von Kat Menschik haben mir wieder sehr gefallen. Diesmal sind sie in orange, gelb und lila gehalten und zeigen Briefe, Skizzen des Senders und der Empfängerinnen sowie Orte und Dinge, die in den Briefen erwähnt werden. Von der Aufmachung her passt es mit seinem Leineneinband und dem orangen Buchschnitt zu „Moabit“, dass dieselben Eigenschaften aufweist. Da sich die beiden weiteren Farben unterscheiden (hellblau/dunkelblau vs. gelb/lila) sehen sich die Bücher trotzdem nicht zu ähnlich und fügen sich gut in die bunte Reihe ein.

Optisch ist das Buch also wieder ein Highlight, dennoch bin ich diesmal enttäuscht, dass man die Geschichte nur in vollen Zügen genießen kann, wenn man die gesamte Reihe rund um Gereon Rath kennt. Vielleicht hätte man das Buch besser außerhalb der Reihe veröffentlicht, sowie der Verlag es schon mit einigen anderen von Kat Menschik illustrierten Texten getan hat. Ich hoffe, dass man das nächste illustrierte Lieblingsbuch wieder ohne Vorkenntnisse lesen kann.

Veröffentlicht am 11.09.2021

Begleitbuch für Grishaverse-Fans mit vielen sehr kurzen Geschichten

Die Leben der Heiligen
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Im Grishaverse von Leigh Bardugo gibt es zahlreiche Heilige, die immer wieder erwähnt werden. Sankta Lizabeta, Sankt Grigori und Sankt Juris spielen in „King of Scars“ sogar eine größere Rolle. In „Die ...

Im Grishaverse von Leigh Bardugo gibt es zahlreiche Heilige, die immer wieder erwähnt werden. Sankta Lizabeta, Sankt Grigori und Sankt Juris spielen in „King of Scars“ sogar eine größere Rolle. In „Die Leben der Heiligen“ sind die Geschichten von insgesamt 27 Männern und Frauen versammelt, welche die Bevölkerung des Grishaverse sich über ihre Heiligen erzählt.

Die Aufmachung des Buches mit seinen Rot- und Goldtönen gefällt mir richtig gut und es passt von den Maßen zum anderen Kurzgeschichtenband „Die Sprache der Dornen“. Jeder Geschiche vorangestellt ist eine ganzseitige Illustration von Daniel J. Zollinger, welche den fiktiven Heiligen in einer Situation der Geschichte zeigt. Der Stil hat mir gut gefallen und für mich sind die Illustrationen das Highlight dieses Buches.

Die Geschichten selbst sind 2 bis 6 Seiten lang und erzählen meist, was der jeweilige Heilige Wundersames getan hat und wie er danach auf grausame Art zu Tode kam. Oft wurde die Hinrichtung durch die Personen angeordnet, denen zuvor geholfen worden war, weil ihnen das Geschehene nicht geheuer war. Aufgrund der Kürze passiert oft auch nicht viel mehr, was ich schade fand. Ich hätte lieber weniger, dafür aber längere, stärker auserzählte Geschichten gelesen.

Einige Geschichten erzählen nicht vom Leben und Sterben des Heiligen selbst, sondern wie der Glaube an diese einer anderen Person geholfen hat. Diese Art des Erzählens wird unter anderem bei Juris und Alina angewandt, sodass man hier keine neuen Informationen zum Charakter selbst erhält. Auch vom letzten Kapitel des Buches, das wie man vorn im Inhaltsverzeichnis sieht vom Dunklen handelt, sollte man nicht zu viel erwarten.

Die Autorin hat sich für ihre fiktiven Heiligengeschichten an denen großer Religionen orientiert, sowohl was Sprache und Stil als auch was die Grausamkeit angeht, mit der die Heiligen zu Tode kommen. Sie lässt viele Charaktere als Märtyrer sterben und zeigt bei der Auswahl der Todesarten Einfallsreichtum. Ob man das in so komprimierter Form lesen möchte, ist definitiv Geschmackssache.

„Die Leben der Heiligen“ ist als Begleitbuch für alle Fans interessant, die noch mehr Einblicke ins Grishaverse und dessen Kulturgut erhalten wollen. Wer das Grishaverse noch nicht kennt oder sich neue Erkenntnisse zu den bekannten Charakteren erhofft, der wird vermutlich enttäuscht. Für mich ist das Buch vor allem ein optisches Highlight und ein Must Have, das meine Grishaverse-Bücher (vorerst?) komplettiert. Aufgrund der Kürze der Geschichten und dem Fokus auf besonders makabere Todesarten fand ich es allerdings schwächer als den ersten Kurzgeschichtenband.

Veröffentlicht am 08.09.2021

Auftakt einer Familiensaga im historischen Berlin

Eine Familie in Berlin - Paulas Liebe
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Im Jahr 1978 wächst die fünfzehnjährige Paula in Berlin als Tochter eines Rabbiners der neuen jüdischen Gemeinde und ältestes von vier Kindern auf. Das Geld in der Familie ist stets knapp, weshalb Paulas ...

Im Jahr 1978 wächst die fünfzehnjährige Paula in Berlin als Tochter eines Rabbiners der neuen jüdischen Gemeinde und ältestes von vier Kindern auf. Das Geld in der Familie ist stets knapp, weshalb Paulas kinderlose, wohlhabende Tante August anbietet, sie als Gesellschafterin zu sich zu holen. Paula ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, bei ihrer Familie zu bleiben und dem, ihre Bildung weiter auszubauen. Sie entscheidet sich für letztes, wodurch sie Klavierstunden erhält, Auguste in die Oper und an die See begleitet und so allmählich aufblüht. Einige Jahre später lernt sie Richard Dehmel kennen, den besten Freund ihres Bruders Franz. Mit seinen Gedichten kann Richard sein Publikum fesseln wie kaum ein anderer. Ob er der Richtige für Paula ist?

Das Buch ist der Auftakt einer neuen Familiensaga von Ulrike Renk, bei der in jedem Buch eine andere Frau im Mittelpunkt stehen wird. In diesem ist es Paula Dehmel, die wie der Klappentext verrät die Ehefrau des Dichters Richard Dehmel und selbst auch Schriftstellerin war. Ich war gespannt, mehr über sie zu erfahren.

Die Geschichte beginnt lange vor Paulas Kennenlernen mit Richard Dehmel mit der Phase, in der Paula überlegt, ob sie das Angebot ihrer Tante August annehmen und zu ihr ziehen soll. Ich lernte die Protagonistin im Umgang mit ihrer Familie kennen, die ihr sehr am Herzen liegt. Vor allem zu ihrem Bruder Franz hat sie ein enges Verhältnis, die beiden schlafen mit ihrer Schwester Elise im selben Zimmer und tuscheln an vielen Abenden noch lang miteinander. Die Eltern würden ihr lieber ein eigenes Zimmer zur Verfügung stellen, doch aufgrund der begrenzen finanziellen Möglichkeiten müssen sie Untermieter aufnehmen und haben Platz. Dies ist nur eins von vielen Argumenten, die schließlich zu Paulas Umzug zu Auguste führen.

In ruhigem Tempo erzählt die Autorin von Paulas Leben, die allmählich zu einer jungen Frau heranwächst. In den einzelnen Kapiteln fokussiert die Geschichte auf prägende Erlebnisse, die mal mehr und mal weniger auf den bekannten Fakten beruhen. Besonders viel Zeit wird Paulas Erlebnissen im Sommerhaus ihrer Tante in Ahrenshoop eingeräumt, wo sie Kraft tanken und ihre Gedanken sortieren kann. Hier entwickelt sich auch eine tiefe Freundschaft zu Phine, die zur selben Gemeinde gehört und einige Zeit bei ihnen verbringt.

Als Leserin erhielt ich zahlreiche Einblicke in Paulas Überlegungen, wie sie ihre Zukunft gestalten möchte. Sie ist eine feinfühlige und sensible Persönlichkeit, die sich sorgt, dass sie der großen Liebe nie begegnen wird. Die Sprache ist insgesamt sehr poetisch, was ich jedoch nicht immer authentisch fand. Ein Beispiel: Würde ein sechsjähriger Junge beim Anblick des Meeres wirklich sagen: „Das ist eine Urgewalt [...] Stärker, als ich es bin.“?

Zwischen den Kapiteln gibt es immer wieder größere Zeitsprünge nach vorn. Auf der Hälfte des Buches taucht schließlich Richard Dehmel auf und es geht lange darum, ob die beiden trotz der Vorbehalte von Paulas Familie werden heiraten dürfen. Auch hier muss man die poetische Sprache mögen, um seine Freunde an dem teils auf realer Korrespondenz basierenden Briefwechsel der beiden zu haben. Mir persönlich war die Ausdrucksweise zu schwülstig und ich konnte Paulas Begeisterung für den unsteten Dichter nicht teilen. Die nachfolgenden Jahre werden in stetig steigendem Tempo erzählt bis hin zu einer wegweisenden Entscheidung Paulas, deren Konsequenzen vermutlich im Folgeband erzählt werden, auch wenn sie dann nicht mehr die Protagonistin ist.

Der Roman gibt umfassende Einblicke in das Leben von Paula und ihrer Familie im Berlin am Ende des 19. Jahrhunderts. Dass er auf einer wahren Biographie beruht hat mich neugierig gemacht, doch in der Umsetzung habe ich die Spannung vermisst und bin mit der Sprache nicht warm geworden.

Veröffentlicht am 19.08.2021

Wie geht es nach dem Happy End weiter?

Die Zeit der Kirschen
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Für den Autor und Lektor André ist ein Traum in Erfüllung gegangen: Seit einem Jahr sind er und die Köchin Aurélie ein Paar. Nun möchte er den nächsten Schritt gehen und ihr einen Heiratsantrag machen. ...

Für den Autor und Lektor André ist ein Traum in Erfüllung gegangen: Seit einem Jahr sind er und die Köchin Aurélie ein Paar. Nun möchte er den nächsten Schritt gehen und ihr einen Heiratsantrag machen. Seinen Plan hat er wiederholt verschoben, doch am Valentinstag soll es endlich so weit sein. Nach der Buchpremiere seines zweiten Romans, bei der er erstmalig als Autor in Erscheinung tritt, möchte er Aurélie fragen. In ihrem Restaurant überschlagen sich die Ereignisse dann jedoch aus einem ganz anderen Grund: Es ist völlig überraschend mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet worden! Auf die Euphorie folgt schon am nächsten Tag die Ernüchterung, denn es liegt eine Verwechslung vor. Während André nach einer neuen Gelegenheit sucht, wittert er plötzlich einen Nebenbuhler...

Schon vor einigen Jahren habe ich die wunderschöne Liebesgeschichte „Das Lächeln der Frauen“ von Nicolas Barreau gelesen. Doch wie ist es für André und Aurélie nach dem Happy End weitergegangen? Dieser Frage widmet sich der Autor in diesem Roman. Zu Beginn ergreift ein am Boden zerstörter André das Wort, der am Vortag von Aurélie vor die Tür gesetzt wurde. Er fasst kurz die Ereignisse des ersten Romans zusammen. Danach wird von beiden Protagonisten abwechselnd erzählt, wie es zur Eingangsszene gekommen ist.

Die Handlung springt einige Wochen in die Vergangenheit zum Valentinstag, an dem André die Buchpremiere seines zweiten Romans feiert: „Das Lächeln der Frauen“, also genau den Roman, den ich selbst vor einigen Jahren las und in dem er die Kennenlerngeschichte von sich und Aurélie festgehalten hat. Erstmals tritt er nun selbst als Autor in Erscheinung, was für ihn eine aufregende Erfahrung ist. Das gerät jedoch schnell in den Hintergrund, als Aurélie vom Michelin-Stern für ihr Restaurant „Les Temps de Cerises“ erfährt.

Schnell war ich mittendrin in der Geschichte und war genauso neugierig wie Aurélie, mehr über die versehentliche Verleihung des Sterns zu erfahren. Der Koch Jean-Marie Marronnier führt ein exklusives Restaurant in Vétheuil, das den gleichen Namen trägt wie Aurélies. Für einen Presseartikel lernen die beiden sich kennen, und die frostige Stimmung weicht bald der geteilten Begeisterung fürs Kochen. André ist derweil beruflich stark eingebunden und wird eifersüchtig, als er bemerkt, wie gut sich Aurélie und der Sternekoch verstehen.

Die Kapitel aus Aurélies Sicht haben mir gefallen. Nachdem die erste Enttäuschung über die Verwechslung verflogen ist, freut sie sich, in Marronnier einen Gleichgesinnten gefunden zu haben, mit dem sie sich über Gerichte austauschen und von dem sie noch etwas lernen kann. Andrés Kapitel fand ich jedoch zunehmend anstrengend. Seine Eifersucht auf den Koch wird zum dominierenden Thema. Ich hätte mir noch mehr schöne Momente mit ihm und Aurélie gewünscht, aber in den gemeinsamen Szenen streiten die beiden meist. Statt verschiedene Probleme des Alltags zu thematisieren wird der Roman zum Eifersuchtsdrama. André führt sich völlig inakzeptabel auf. Und als Aurélie entdeckt, wie gutaussehend die Buchhändlerin ist, in deren Laden André seine Buchpremiere gefeiert hat, häufen sich auch bei ihr die negativen Gefühle.

Der Roman kann mit seinen stimmungsvollen Beschreibungen von Paris und der Leidenschaft fürs Kochen sowie einer sympathischen Protagonistin punkten. Andrés Verhalten, das vermutlich amüsant und charmant sein sollte, wirkte auf mich jedoch vor allem nervig und unmöglich, was meiner Lektüre leider einen Dämpfer versetzte.