Über die Liebe zur Heimat, die Neu-Entdeckung und über die Verwandlung der eigenen Persönlichkeit
Vielen Dank an die Autorin Natalie Bakopoulus und den Insel- Verlag, dass ich das Buch ''Zikadensommer'' (engl. Scorpionfish) in den Händen halten und Lesen darf.
Optisch ist das Buch für mich ein Hingucker, ...
Vielen Dank an die Autorin Natalie Bakopoulus und den Insel- Verlag, dass ich das Buch ''Zikadensommer'' (engl. Scorpionfish) in den Händen halten und Lesen darf.
Optisch ist das Buch für mich ein Hingucker, denn die Gestaltung ist modern und traditionell zugleich: Es wirkt freundlich und warm, mit einem künstlerischen Ausdruck. So wie die Griechen sind, gastfreundlich und kulturliebend. Es ist eine Malerei, die individuell wirkt und mir sehr gefällt... eine Büste, einer antiken Skulptur (Dame), wie es oft in Griechenland zu finden ist. Die spricht das Vergangene an - auf eine neue Weise.
Abschnitt 1: Der Einstieg ins Buch fällt dabei etwas schwerer, man muss sich erst orientieren und braucht eine Zeit, bis alle Zusammenhänge verstanden werden. Es passiert einfach ganz viel am Anfang.
Abschnitt 2: Ich empfand es erst als erdrückend, denn es ging vermehrt um Themen wie Fremdgehen, Schuldgefühle, Provokation. Die Autorin selbst erzählt viel von ihrem Studium und ihrem Leben in Amerika. Vom Künstlerdasein. Spannend(er) fand ich, die Themen Immigration - was es anhand von den Beispielen - mit den Menschen macht, ein Teil der Kultur aufzugeben und eine neue anzunehmen. Auch spannend(er) fand ich die Beschreibungen und Orte an denen sie ist, das Essen und sie benutzt viele griechische Worte und Ausdrücke.
Abschnitt 3: Das Thema Immigration wird hier mehrmals angesprochen (in einer Stadt wie Athen), die Autorin spricht auch von den ''Sans-Papiers'', denen ohne Aufenthaltsgenehmigung. Das Ende dieses Kapitels gefällt mir nun besser: Es beschreibt kurz eine Stimmung am Meer in einem Restaurant, wo sie Oliven essen. Bildlich kann ich mir es gut vorstellen, den Zikandensommer: ''Wie immer staunte ich über das sich verändernde Licht: erst orange, dann golden, dann lavendel, schließlich die Dämmerung. Kurz vor dem Sonnenuntergang...'' Aber der Anfang hat mich vorerst noch schockiert,denn Mira gerät in eine Schlägerei und ihre Verletzung muss anschließend genähnt werden.
Notiz: Spoilergefahr, nur weiterlesen, wenn man mehr erfahren mag :)
Abschnitt 4: Auch hier wird immer wieder das Leben und das Aufwachsen als Griechin in Amerika beleuchtet. Im Buch wird von dem Gefühl geschrieben, sich als Außenseiter zu fühlen, da man sich weder griechisch, noch amerikanisch fühlt. Es geht sicherlich um die Frage der Identität, wie im Klappentext auch zu lesen ist.
Auch wird das Thema im Gegenzug angesprochen: wie sich Menschen fühlen, die nicht in Griechenland aufgewachsen sind und dazu gewandert sind. Mit dem Satz ''Wir sind Griechen'' möchte die Autorin zeigen, dass man nicht im Land geboren sein muss, um sich auch dazu gehörig zu fühlen.
Wir erfahren auch mehr über die Hintergründe der Eltern, die wegen der Militärdiktatur in die Usa auswanderten.
Manchmal steckt in den Zeilen viel Dramatik: ''Wir haben unsere Wunden und unsere Wünsche und sie schlingen sich um uns wie eine zerfasernde Metallskulptur, wie Stacheldraht.''
Auf der anderen Seite ist der persönliche Konflikt da, es kommt zu weiteren Liebhaber Szenen mit dem Kapitän und gleich dann auch mit dem Mann, dem die Hauptprotagonistin eigentlich verheiratet ist, aber sich scheiden lässt. Natürlich kann dies auch eine Auseinandersetzung für den Leser sein, aber meiner Meinung nach vermischt sich das Thema Immigration und Beziehungdrama hier nicht so perfekt.
Abschnitt 5: Fast romantisch ist der letzte Abschnitt durch die vielen Eindrücke, die über Griechenland erzählt werden, es gibt eine lange Passage am Meer und in den Bergen. Das Ende ist für mich doch wieder rund: es lässt die freundschaftlich Beziehung (oder mehr) zwischen dem Kapitän und Mira offen.
Mira merkt, dass sie mehr mit Griechenland verbindet, als sie vorher dachte. Sie ist eine Veränderung durchgegangen, denn sie merkte, jedes Mal, wenn sie dort zu Besuch war, war sie anders als in ihrer Heimat Amerika.
Sie zieht auch den Vergleich mit ihrem Ex-Mann und der neuen Frau Eva: Mira empfand ihre Vergangenheit immer als schwer, auch die Beziehung zu ihrer Mutter. Mira hat sich eigentlich immer heimatlos gefühlt, denn die Auswanderung ihrer Eltern war aufgrund der politischen Situation teils erzwungen. Die Mutter konnte sich nie wirklich einleben.
Somit, Mira zieht den Vergleich hier, konnte sie ihrem Mann niemals ein Gefühl von Stabilität, geschweige Tradition, geben - im Gegensatz zu seiner neuen Frau Eva.
Eigentlich durchläuft Mira eine gute Entwicklung, denn sie stellt nun fest, dass Liebe und Unabhängigkeit sich nicht ausschließen. In Amerika kannte sie immer nur das eine 'Ich'.
Im letzten Kapitel erfahren wir über die Todesursache von Miras Eltern und geht es auch um einen Selbstmord, tragisch - vielleicht auch etwas zu kurz angeschnitten. Aber trotzdem gelungen.
Der Roman hat teilweise auch etwas Mystisches, als eine Art Totem (im Original hat das Buch den Titel: Skorpionfisch). Der Skorpion wird hier öfters erwähnt, als einerseits pures Gift (dass sich auch durch Beziehungen und Lebenswege schleichen kann), andererseits als Heilung, dass eine lähmende Krankeit (hier Nefeli) dienen kann.
Fazit: Alles in Allem habe ich es genossen, den Roman von Natalie Bakopoulus zu lesen. Es erinnert mich an den Sommer. Das Cover ist hervorragend.
Empfehlung.