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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.05.2017

Ein etwas anderer Krimi

Endstation Meißen
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„...Ich hatte nicht die geringste Lust, dort hinzufahren. Wie schon gesagt, lag mir meine Heimatstadt seit dem rasanten Zuwachs von rechtspopulistischen Gedankenguts nicht mehr sonderlich am Herzen...““

Steffen ...

„...Ich hatte nicht die geringste Lust, dort hinzufahren. Wie schon gesagt, lag mir meine Heimatstadt seit dem rasanten Zuwachs von rechtspopulistischen Gedankenguts nicht mehr sonderlich am Herzen...““

Steffen Schröder ist Privatdetektiv. Wellenbrinck, seinen momentanen Mandaten, begleitet er auf das Weinfest in Meißen. Am nächsten Morgen wird Wellenbrinck erschossen in seinem Wohnwagen gefunden. Die Waffe hat er noch in der Hand. Selbstmord oder Mord ist wie häufig die Frage.
Begonnen hatte die Zusammenarbeit von Schröder und Wellenbrinck ein Vierteljahr zuvor. Der Auftrag klang eigenartig. Schröder sollte herausfinden, ob Wellenbrincks Freunde noch unbekannte Geheimnisse haben.
Der Autor hat einen abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Steffen ist in Meißen aufgewachsen und hat nach der Wende ein bewegtes Leben geführt und verschiedene Berufe ausgeübt. Das erklärt seinen außergewöhnlichen Bekanntenkreis. Jetzt lebt er mit Annemarie zusammen. Sie ist nicht nur reiche Erbin, sondern auch eine gut verdienende IT-Spezialistin. Eigentlich möchte sie, dass Steffen den Auftrag ablehnt. Doch ab und an braucht er eine Aufgabe zur Selbstbestätigung.
Wellenbrinck steht kurz vor seinem 70. Geburtstag, den er in Meißen feiern will. Er ist Schriftsteller. Mehr weiß man am Anfang von ihm nicht. Doch das soll sich schnell ändern.
Drei Adressen hat ihm Wellenbrinck gegeben. Als er die Personen besucht, erfährt er zwar deren Geheimnisse, aber vor allem einiges über seinen Auftraggeber.
Die Ermittlungen liegen in der Hand von Horst Gläser. Er und Steffen kennen sich aus Steffens Zeit bei der Frankfurter Polizei. Nun arbeitet Horst in Dresden.
Der Schriftstil ist sehr unterschiedlich. Sehr gut gefallen hat mir die Beschreibung der Handlungsorte, sei es Meißen, Lychen oder Slubice. Dabei zeigt sich, dass Steffen über eine gehörige Portion Sarkasmus und Ironie verfügt. Da ich Meißen kenne, viel mir das dort besonders auf. Das gibt dem Roman eine gewisse Leichtigkeit.
Andere Stellen fallen durch kurze Sätze und nur wenige Zeilen lange Absätze auf. Das sorgt für eine gewisse Geschwindigkeit im Handlungsverlauf.
Als besonderes Stilmittel wurden kursiv Ausschnitte aus Wellenbrincks Büchern eingefügt. Was der Autor damit konkret bezweckt hat, möge der zukünftige Leser selbst herausfinden.
Obiges Zitat stammt von Steffen. Natürlich legt er damit auch den Finger auf eine Wunde unserer Zeit. Es gibt weitere Stellen, wo auf eher unauffällige Weise gekonnt Kritik an gewissen politischen und wirtschaftlichen Erscheinungen geübt wird.
Auch der Aufbau der Geschichte ist ungewöhnlich. Nur wenige Kapitel spielen nach Wellenbrincks Tod. In den anderen erzählt Steffen Horst von seinen Recherchen für Wellenbrinck.
Das Cover mit den Grabsteinen wirkt düster.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. In einer spannenden Handlung werden mehrere ungewöhnliche Lebensgeschichten erzählt und miteinander verknüpft.

Veröffentlicht am 28.04.2017

Viel schwarzer Humor

Tod unter Gurken
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„...Lisbeth..., dat is hier so wat wie die Schrebergartenmatratze. Auf der hat jeder schomma gelegen. Also wer wollte...“

Der Autor hat 19 Kurzkrimis im Buch versammelt. Die Geschichten zeichnen sich ...

„...Lisbeth..., dat is hier so wat wie die Schrebergartenmatratze. Auf der hat jeder schomma gelegen. Also wer wollte...“

Der Autor hat 19 Kurzkrimis im Buch versammelt. Die Geschichten zeichnen sich durch ihren feinen, manchmal auch tiefschwarzen Humor aus.
Im Mittelpunkt steht Alfons Friedrichsberg. Er ist Rentner und Hobbydetektiv. Mit bestechender Logik löst er seine Fälle. Außerdem ist er ein Genussmensch. Im Kreis seiner beiden Freunde fließt häufig der Alkohol, der ein reichhaltiges Essen krönt. Selbst nach mehreren Gläschen ist seine Kombinations- und Beobachtungsgabe noch beachtlich. Außerdem behält er sich das Recht vor, selbst zu entscheiden, ob er die Polizei einbezieht oder die Geschichte im Sande verlaufen lässt.
Der Schriftstil des Buches lässt sich gut lesen. Die Krimis sind abwechslungsreich, häufig skurril und meist mit überraschenden Ende. Einige der Geschichten ergeben sich aus kleinen Notizen, die einer der Freunde in der Zeitung gefunden hat. Bei anderen wiederum wird Alfons von mehr oder weniger guten Bekannten um Hilfe gebeten.
Wie obiges Zitat zeigt, darf der eine oder andere Protagonist so reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Sie gehört zu meinen Lieblingsgeschichten. Ein unbeliebter Nachbar ist verschwunden. Bei der Diskussion über das Wie, Warum und Wohin kommt es zu amüsanten Männergesprächen.
In einer anderen Geschichten werden gekonnt chinesische Sprichwörter eingearbeitet. Dort beweist Alfons seine Geschäftstüchtigkeit.
Als sich die alten Herren darüber austauschen, wie man am besten eine Leiche verschwinden ließ,
blitzte trotz der makabren Thematik eine Spur Humor durch.
Stilistisch besonders gelungen fand ich die vorletzte Geschichte. Während Alfons und ein Bekannter 24 Adventspäckchen mit ekelerregenden Inhalt öffnen, erklingen im Haus Weihnachtslieder auf der Blockflöte. Das Zusammenspiel dieser beiden Geschehen erzeugt ein ganz besonderes und eigenartiges Flair.
Wie wehrt man sich als Kind gegen einen rabiaten kinderfeindlichen Nachbar? Eine tote Weihnachtsgans kommt da gerade recht. Hier sei mir noch ein Zitat erlaubt:

„...Böller im Arsch einer Gans...Auf so was Feines kommen doch nur Blagen. Die haben wenigstens noch Phantasie...“

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Der Autor liefert abwechslungsreiche und kurzweilige Unterhaltung, sodass sich jeder seine Lieblingsgeschichten findet.
Das Cover ist lädt ebenfalls zum Schmunzeln ein. Die bedeutung der einzelnen Bestandteile erschließt sich beim Lesen des Buches.

Veröffentlicht am 24.04.2017

Wo ist Lenas Mutter?

Paradise Valley 1
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„...Er hat keine Eile. Er lässt die Kräfte des Planeten für sich fließen. So trägt ihn die Erde fast von selbst zu seinem Ziel...“

Es ist Lenas 16. Geburtstag. Sie sitzt gerade mit ihrem Vater und ihrer ...

„...Er hat keine Eile. Er lässt die Kräfte des Planeten für sich fließen. So trägt ihn die Erde fast von selbst zu seinem Ziel...“

Es ist Lenas 16. Geburtstag. Sie sitzt gerade mit ihrem Vater und ihrer jüngeren Schwester Toyah am Frühstückstisch, als es klingelt. Ein Bote bringt einen Brief von einem Anwalt. Lenas vor 12 Jahren verschwundene Mutter hat dort eine Geschenk für ihre Tochter hinterlegt. Der Anwalt übergibt Lena eine Videokassette und ein Amulett.
Der Autor hat einen ungewöhnlichen, aber spannenden Jugendroman geschrieben. Die Geschichte lässt sich schnell lesen.
Ungewöhnlich ist die Handlung, die zwar im Hier und Jetzt spielt, aber eine Spur Mystik enthält. Zum einen ist ein Indianer aus dem Stamme der Yawani hinter Lenas Amulett her, zum anderen liegt über dem Verschwinden von Lenas Mutter eine geheimnisvolle Aura. Lena kennt weder Grund noch Ursache. Ihr Vater schweigt. Und dann lernt Lena Tom und seine Freunde kennen. Tom hilft ihr aus einer schwierigen Situation. Seine Selbstlosigkeit sorgte beim mir als Leser ab und an für Überraschungen.
Ungewöhnlich ist auch der Schriftstil des Buches. Stellenweise liest es sich wie ein Drehbuch. Kurze Sätze und minimale Wortgruppen kennzeichnen diese Szenen. Das wirkt so, als solle dabei das Gesagte verstärkt und unterstrichen werden oder, anders ausgedrückt, eindringlicher dargestellt werden.
Wenn von dem Yawani die Rede ist, klingt der Schriftstil mythisch oder philosophisch. Obiges Zitat ist ein Beispiel dafür.

Andere Teile haben eine normale , fast rationale Erzählstruktur. Dazu passt folgendes Zitat:

„...Durch die dünnen Wände dudelt ein Radio. Irgendwo im Haus weint ein Baby. Irgendwo stirbt ein Mensch. Irgendwo wird einer gemacht...“

Einerseits wird dadurch das tägliche Geschehen in einem Mehrfamilienhaus wiedergegeben, andererseits versteht es der Autor, mit wenigen Worten die Vielfalt des Lebens zu beschreiben.
Lenas Leben erfährt zu ihrem 16. Geburtstag eine weitere Wendung. Die neue Freundin des Vaters zieht mit ihren beiden Kindern ein. Ist der Termin schon keine glückliche Entscheidung, so sind es die familiären Auseinandersetzungen und die Anspruchshaltung der neuen Familienmitglieder noch weniger.
Sehr gut dargestellt werden die Emotionen der Protagonisten. Während die Angst des Vaters um die Tochter nur durch sein Handeln sichtbar wird, werden bei Lena die Moment der Angst durch Blick in ihre Psyche knapp und präzise ausgedrückt.
Als zusätzliches Stilmittel lässt der Autor Lena das Tagebuch des Vaters findet. So erhält sie einen ersten Eindruck davon, was zum Verschwinden der Mutter geführt hat. Gleichzeitig wird für mich als Leser die Angst des Vaters nachvollziehbar.
Zu Beginn jedes Kapitels wird der Tag und die Uhrzeit angegeben. Damit lässt sich das Geschehen gut zeitlich einordnen.
Es handelt sich um den ersten Band einer Trilogie. Deshalb lässt mich das Buch logischerweise auch mit etlichen offenen Fragen zurück. Ich wage sogar die Vermutung, dass manches nicht so ist, wie es im ersten Band scheint.
Das Cover mit dem auffallenden Bild des Amuletts vor der eher grauen Stadt wirkt geheimnisvoll.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Der Autor kreiert sehr unterschiedliche Protagonisten. Nicht alle habe ich in meinen Ausführungen erwähnt. Die Spannung ergibt sich aus dem Zusammenspiel und dem Gegeneinander der handelnden Personen und aus den offenen Fragen der Vergangenheit.

Veröffentlicht am 20.04.2017

Die ehe - ein Geschäftsmodell?

Der zweite Bräutigam
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„...Liebe ist kein Punkt auf einer Checkliste!...“

Kate ist Eheberaterin. Gerade wurde ihr erstes Buch veröffentlicht, in dem sie ihren Lesern rät, wie man den richtigen Mann findet. Die Vorstellung des ...

„...Liebe ist kein Punkt auf einer Checkliste!...“

Kate ist Eheberaterin. Gerade wurde ihr erstes Buch veröffentlicht, in dem sie ihren Lesern rät, wie man den richtigen Mann findet. Die Vorstellung des Buches soll an ihrem Hochzeitstag passieren. Doch wenige Stunden vor der Zeremonie teilt ihr der Bräutigam Bryan telefonisch mit, dass er nicht erscheinen wird, weil er sich in eine andere Frau verliebt hat. Kate steht vor den Scherben ihres Lebens, denn die Hochzeit war wie ein Marketing geplant. Lucas, der Tischler, der den Hochzeitspavillon für Kate angefertigt hat, bekommt das Gespräch mit. Er schlägt Kate vor, als Bräutigam einzuspringen. Zuerst will sie ablehnen. Dann denkt sie an den Skandal, den die abgesagte Hochzeit hervorrufen würde. Wer würde den Ratschlägen einer sitzengelassenen Braut noch glauben? Die praktischen Fragen sind schnell geklärt, da nur wenige Beteiligte den Bräutigam kannten. Seine Identität war geheim gehalten worden. . Wer Bescheid wusste, verpflichtete sich zum Schweigen. Für immer?
Die Autorin hat einen amüsanten Liebesroman geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Kate ist eine selbstbewusste junge Frau. Sie weiß, was sie will und arbeitet zielstrebig darauf zu. Spontanität hat in ihrem Leben kaum einen Platz. Alles ist durchorganisiert und in Listen festgehalten.
Lucas dagegen mag spontane Entscheidungen. Er war schon einmal verheiratet und weiß, was der Verlust eines geliebten Menschen bedeutet. Seine Ordnungsliebe ist nur schwach ausgeprägt. Sein Hirtenhund Bo ist für Kate eine unerwartete Überraschung.
Der Schriftstil des Buches ist angenehm lesbar. Große Schrift und kurze Kapitel sorgen dafür. Gut gefallen hat mir, dass mich die Autorin an den Gedanken ihrer Protagonisten teilhaben lässt. Sie wurden in kursiver Schrift gedruckt und setzen sich somit von der üblichen Handlung ab.
Jedem Kapitel vorangestellt ist ein Zitat aus Kates Buch. Das zeigt, das auch die Ehe für sie ein Geschäftsmodell ist. Liebe spielt eher eine Nebenrolle.
Das Zusammensein mit Lucas hebt schnell die Unterschiede hervor. Lucas liebt Kate, verschweigt es ihr aber. Er hofft, dass sie das mit der Zeit selbst erkennt. Die Rückblicke in Kates Kindheit machen deutlich, warum sie ist, wie sie ist. Dass ein Kind die komplexen Beziehungen zwischen Erwachsenen nur teilweise begreift, wird ihr im Laufe der Handlung klar. Gut werden Lucas` Bemühungen wiedergegeben, sich einerseits nach Kates Wünschen zu richten und andererseits eine gewisse Spontanität in ihr Zusammenleben zu bringen. Es überrascht ihn wenig, dass Kate selbst die Flitterwochen minutiös verplant hat. Kates zunehmende innerer Zerrissenheit wird deutlich herausgearbeitet. Sie mag Lucas` Familie und fühlt sich zu Lucas hingezogen. Ihrer eigenen Theorie nach aber kann aus ihnen nie ein Paar werden, weil sie zu unterschiedlich sind. Eine andere Frau an Lucas` Seite aber ruft ungeahnte Emotionen hervor. Doch die Gefühle richtet sich nicht Theorien.
Das Buch ist in einem christlichen Verlag erschienen. Glaubensfragen spielen allerdings in der Handlung keinerlei Rolle. Die Aussage ist nicht als Kritik gemeint, nur als Hinweis für zukünftige Leser.
Das Cover mit dem Brautstrauß wirkt schlicht.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Der Autorin ist der Spagat zwischen Sachlichkeit und Romantik hervorragend gelungen.

Veröffentlicht am 18.04.2017

Eine junge Frau und die Reformation

Die Reformatorin von Köln
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„...Mein Leben liegt in Scherben seit Martins Tod. Ich suche nach einem Anker, der mich zurück in einen sicheren Hafen zieht...“

In Köln steht die Brauerstochter Jonata am Sarg ihres Bruders Lucas. Er ...

„...Mein Leben liegt in Scherben seit Martins Tod. Ich suche nach einem Anker, der mich zurück in einen sicheren Hafen zieht...“

In Köln steht die Brauerstochter Jonata am Sarg ihres Bruders Lucas. Er wurde tot im Rhein gefunden. Damit ist auch der Erbe für die Brauerei tot. Jonata und ihr Vater kaufen einen Ablassbrief für Lucas.
Der Drucker Martin ist verstorben. Im Testament vermacht er Simon Haus und Druckerei, betont aber gleichzeitig, dass Simon nicht sein leiblicher Sohn ist. Nickell, jüngerer Bruder von Simon und Martins Sohn, will gegen das Testament vorgehen.
Enderlein, ebenfalls ein Bruder von Jonata, lebt im Kloster. Er erhält den Auftrag, das Drucken der Schriften Luthers zu verhindern.
Das sind drei kurze Episoden, die die Autorin in einem spannenden historischen Roman zu einer komplexen Handlung zusammenfügt. Das Buch lässt sich zügig lesen.
Es ist die Zeit der Reformation. Als Jonata zu Geschäftsverhandlungen über den Kauf von Hopfen nach Sachsen geschickt wird, erzählt ihr der Buchführer Matthias auf der Reise von Luther. Sie verlängert die Reise um ein paar Tage und lernt Luther kennen. In Köln will sie seine Schriften drucken lassen und vertreiben. Damit aber begibt sie sich in Lebensgefahr.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Jonata ist eine selbstbewusste junge Frau. Sie kann lesen, kennt sich in der Brauerei aus und nutzt ihre freie Zeit und ihre Möglichkeiten, um den Agnes im Waisenhaus mit Nahrung und praktischer Hilfe unter die Arme zu greifen.Ihr Vater hatte ihr zugestanden, dass sie ihren zukünftigen Ehemann selbst aussuchen kann. Doch Lucas` Tod und die Einmischung von Enderlein ändern die Situation grundlegend.
Enderlein ist strenggläubig und hofft auf schnelle Aufstiegschancen im Kloster. Dafür ist ihm jedes Mittel recht.
Simons innerer Zustand wird durch obiges Zitat sehr gut beschrieben. Seine Mutter verweigert ihm Auskunft darüber, wer sein leiblicher Vater ist. Gleichzeitig kommt Nickell sehr widersprüchlich rüber. Einerseits legt er Wert auf die Druckerei, andererseits hat er die Arbeit nicht erfunden.
Nicht nur Köln, auch die Reisen der Protagonisten werden detailliert beschrieben. Geschickt nutzt die Autorin das Handeln von Jonata, um mir als Leser das Druckerhandwerk und das Brauen verständlich dazulegen. Beim Brauen muss Jonata helfen, beim Drucken will sie selbst mit Hand anlegen und braucht dazu eine Einweisung. Informativ fand ich, dass in Köln die Universität darüber wachte, was gedruckt werden durfte. Heute würde man sagen, es musste eine Lizenz für jede einzelne Schrift beantragt werden.
Zu den sprachlichen und inhaltlichen Höhepunkten gehört das Gespräch zwischen Jonata und Luther. Jonata macht sich Sorgen um ihren Bruder Lucas. Luther nimmt sich Zeit für ihre Fragen darüber, was den Bruder vorm Fegefeuer bewahren kann. Er verweist auf Gottes Gnade. Gut gefallen hat mir, dass es Zeit brauchte, bis sich Jonata an die neuen Gedanken gewöhnte. Sie nutzt jede Gelegenheit, nachzufragen, wenn sie etwas nicht versteht. Außerdem erwirbt sie die Schriften Luthers und studiert sie.
Das Cover mit dem Blick auf Köln und dem zweigeteilten Himmel in Licht und Dunkel passt zum Thema.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Geschichte wurde fesselnd erzählt und logisch zu Ende geführt.