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Veröffentlicht am 20.04.2017

Schwächer als der Vorgänger, aber immer noch klasse

Rache und Rosenblüte
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Nachdem ich den ersten Band letzte Woche verschlungen und geliebt habe musste bei dem doch recht offenen Ende sofort der zweite Band her (ärgerlicherweise kamen mri die Feiertage ind ie quere) Und auch ...

Nachdem ich den ersten Band letzte Woche verschlungen und geliebt habe musste bei dem doch recht offenen Ende sofort der zweite Band her (ärgerlicherweise kamen mri die Feiertage ind ie quere) Und auch wenn das hier meckern auf hohem Niveau ist, muss ich doch gestehen, dass mich der 2. Band nicht ganz so umgehauen hat,wie sein Vorgänger.

Aber von vorne: Nach 397 Seiten Zorn, Hass Sehnsucht und Liebe haben sich Chalid und Shahrzad endlich gefunden. Doch leider währt das Glück der beiden nicht lange, den der Fluch holt sie ein. Schweren Herzens beschließt Shahrzad Ray und damit Chalid zu verlassen. Doch Shahrzad wäre nicht Shahrzad wenn sie einfach kampflos aufgeben würde! Es muss eine Möglichkeit geben den Fluch zu brechen , doch was das Paar noch nicht weiß: An den Grenzen zu Chorasan braut sich eine weitere Bedrohung zusammen...

Hach, schon mit ihren ersten Sätzen hat mich die Autorin weder in die gnadenlose Hitze der Wüste und in eine berauschende orientalische Welt voller Farben und Gerüchen versetzt. Es brauchte nur ein paar Worte und ich stand wieder an der Seite von Shahrzad und Chalid, als wäre ich nie weg gewesen (gut in meinem Fall, war es ja wirklich keine lange Trennung)
Wie auch schon im ersten Band zeigt Renèe Ahdieh auch hier ihr Talent den Leser mit einer für Jugendbücher überraschend ausgefeilten Sprache sofort abzuholen und zu entführen. Weg vom Alltagsstress und rein in eine zauberhafte Welt.

Im Gegensatz zum Vorgänger bekommen wir in Rache und Rosenblüte mehr von Chorasan zu sehen (Das Land gabes früher übrigens wirklich mal und lag zwischen dem heutigen Iran und Afganistan) Allgemein fokussiert sich die Handlung nicht mehr ganz so stark auf Shahrzad und Chalid und bezieht stattdessen mehr Nebencharaktere und weitere Handlungsstränge ein.
Das hatte natürlich den Vorteil, dass man Charakter wie Irsa, Rahim oder Jahandar, die im Vorgänger noch eher nebensächlich waren besser kennen lernt und mehr über ihre jeweiligen Persönlichkeiten erfährt. Auch dass man nun die ein oder andere Perspektive mehr zu lesen hatte und die magischen Elemente verstärkt wurden, sowie die ein oder andereüberraschende Wendung bereicherten die Handlung.

Allerdings fehlte mir etwas die Raffinesse vom Vorgänger. In diesem Teil wird halt mehr getan, als geredet. Das dämpfte allerdings für mich den Faktor, den Zorn und Morgenröte so großartig gemacht hat. Shahrzad ist zwar noch so schlagfertig wie eh und je, hat aber kaum Gelegenheit die zu zeigen, da ihr Gesprächspartner entweder nicht darauf eingehen (Irsa) oder sie nur sinnlos bedroht (Salim) Ihr fehlen leider die verbal ebenbürtigen Gegner. Auch hätte ich mir ein paar mehr Szenen mit Shahrzad und Chalid allein gewünscht. Immerhin, an den Stellen, an denen sie mal zu zweit sind ist der Zauber ebenso da wie beim Vorgänger.

Fazit:

Der zweite und letzte Band dieser magischen Geschichte aus 1001 Nacht kann zwar seinem Vorgänger nicht ganz das Wasser reichen, schließt die Geschichte rund um Shahrzad und Chalid aber zufriedenstellend und immer noch auf hohem Niveau ab.

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Ein zauberhaftes Märchen aus 1001 Nacht

Zorn und Morgenröte
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Ich schäme mich. Ich schäme mich, dass ich dieses wundervolle Buch ein ganzes Jahr auf meinem SUB hab liegen lassen, ohne es zu lesen. Auf der anderen Seite kann ich jetzt gleich den zweiten Band hinterher ...

Ich schäme mich. Ich schäme mich, dass ich dieses wundervolle Buch ein ganzes Jahr auf meinem SUB hab liegen lassen, ohne es zu lesen. Auf der anderen Seite kann ich jetzt gleich den zweiten Band hinterher lesen und musste nicht sehnsüchtig warten. ^^

Meine Meinung
Zorn und Morgenröte entführt uns die die mystische Welt von 1001 Nacht. Genau wie bei der klassischen orientalischen Märchensammlung wird das Kalifat von einem grausamen Herrscher regiert, der jede Nacht eine junge Frau heiratet, nur um sie bei Sonnenaufgang zu ermorden. Dieses Schicksal ereilt auch Shahrzads beste Freundin Shiva. Von Trauer und Hass getrieben beschließt Shahrzad den König mit allen Mittel zu bekämpfen, auch wenn sie dabei selbst ihr Leben riskieren muss. Doch bald muss sie feststellen, dass mehr hinter der grausamen Fassade steckt …

Hach mir fehlen einfahc die Worte, wie sehr ich dieses Buch liebe. Von der ersten Seite an konnte mich Renèe Agdieh's Schreibstil packen. Sie schaffte es einen wahrlich in die Orientalische Welt zu entführen. Die Welt ist voller Farben, Gewürzen und Gerüche. Ich sah den prächtigen Palast, fühlte des Damast auf meiner Haut und schmeckte die exotischen Gewürze.
Doch dies allein war nicht der Grund warum mich der Schreibstil so begeistern konnte. Was dieses Buch wirklich zum einem Lesegenuss macht sind die herrlichen Dialoge zwischen den Charakteren.

Shahrzad ist eine starke Persönlichkeit. Sie ist willensstark, intelligent, temperamentvoll und schlagfertig. Sie hat eine scharfe Zunge, doch verpackt sie es stets auf gekonnte Art und Weise. Hier liegt für mich die ganz große Stärke des Schreibstils. Die Autorin schafft es auf herrliche Art und Weise viel Ironie, Sarkasmus und versteckte Spitzen zwischen den Zeilen einzubauen. Es hat mich vom Stil her ein bisschen an Stolz und Vorurteil erinnert. Da steckt auch viel Ironie und Kritik zwischen den Zeilen.

Natürlich war es nicht nur der Schreibstil allein,d er mich begeistern konnte. Die ganze Geschichte rund um Shahrzad ließ mich von Anfang an nicht mehr los. Wer 1001 Nacht kennt, dem wird das ein oder andere bekannt vorkommen, aber die Märchensammlung kann her als Inspiration angesehen werden, da die Geschichte doch recht schnell ihren eigenen Weg einschlägt.
Shahrzad war für mich eine bemerkenswerte Protagonistin. Sie ist nicht ohne Fehler und ihr Gegenpart Chalid schon gar nicht, aber wer ist das auch schon, und wer würde es dann auch noch lesen wollen? Die Beziehung zwischen den beiden fand in einem angenehmen Tempo statt und was mir sehr gefallen hat: Sie hat ihre Höhen und Tiefen. Sie haben Widrigkeiten und Missverständnisse zu überwinden und es ist nicht gleich alles Happy lovely-dovey nur weil man festgestellt hat, dass man etwas empfindet.

Das Ende war dann etwas gemein, weil es mich sofort nach den zweiten Band schreien ließ. Glücklicherweise war die nächste Buchhandlung nicht weit ^^


Fazit
Zorn und Morgenröte konnte mich mit seinem orientalischen Zauber, einer schlagfertigen Protagonistin und eine ehrliche Liebesbeziehung restlos überzeugen. Von nun an gehört es zu den all time favourite ♥

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Veröffentlicht am 14.10.2024

In der Tiefe wartet das Grauen

From Below - Die Toten warten
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Dieses Buch hatte es recht spontan auf meine Must-have Liste im April geschafft, denn ich hatte es eher kurzfristig zum Et überhaupt entdeckt. Genauso spontan war dann der Kauf (sonst verbringen Bücher ...

Dieses Buch hatte es recht spontan auf meine Must-have Liste im April geschafft, denn ich hatte es eher kurzfristig zum Et überhaupt entdeckt. Genauso spontan war dann der Kauf (sonst verbringen Bücher bei mir meist erst einige zeit auf der Wuli), was zum einen vielleicht auch am super Ebookpreis lag, aber auch weil ich einfach so richtig Lust auf einen unterhaltsamen Horrorroman hatte und das Thema “Geisterschiff” immer ganz besonders spannend finde. Doch hat sich dieser Impulsivkauf gelohnt?

Titanic goes Horror
Das Motiv des Geisterschiffs ist so alt, wie das Horrorgenre selbst, eigentlich sogar älter, wenn man den zahlreichen, schon seit Jahrhunderten auf See kursierenden Seemannsgarn von allerhand gespendeter und Geister auf den sieben Weltmeeren berücksichtigt. In der Vergangenheit mögen es die langen, oftmals rauen tage auf See gewesen sein, die die Fantasie der Seeleute beflügelt hat, doch auch heute ist die Faszination von verfluchten Schiffen und mysteriösen unbemannt dahintreibenden Booten ungebrochen. Und dann ebenso unsere heutige Faszination für die Luxusliner aus dem Anfang des 20. Jh. mit ihrer krassen Ambivalenz zwischen strenger Klassenhierarchie und Dekadenz. Und immer natürlich das Unglück der Titanic im kollektiven Gedächtnis

So oder so, diese Kombination war von Anfang an also sehr vielversprechend. Da braucht es dann tatsächlich auch gar nicht so viel Innovation im grundlegenden Handlungsverlauf. Eine Gruppe von Abenteuern/Schatzsucher/Forscher, was auch immer entdeckt ein seit Jahren verschollenes Schiff und geht auf Erkundungstour. Darcy Coates weicht hier von diesem aus diversen Horrorfilmen/Literatur bekannten Schema wenig ab, aber das muss sie auch gar nicht. Gerade weil man hier als Leser/in eine Ahnung hat, wie die Handlung verlaufen wird, steigt man schon beim allerersten Tauchgang mit der Crew schon mit erhöhtem Nervenkitzel ein, zumindest war es bei mir so. Sind unsere Protagonisten noch zunächst arglos und voller Forscherdrang, ist man selbst beim Lesen schon recht angespannt und hinterfragt jeden geschilderten Schatten, jede falsche Bewegung im Wasser argwöhnisch.
Das machte für mich das Buch von Beginn an spannend, auch wenn auf den ersten Tauchgängen gar nicht so viel passiert.

Da bleibt einem die Luft weg…
Dass auch die erste Hälfte des Buches ohne allzu viele Jumpscares unterhaltsam und spannend ist, liegt für mich auch an der hervorragenden Umsetzung des tachsettings. Man merkt zum einen, dass die Autorin entweder selbst dem Tauchsport nachgeht oder aber sehr gut recherchiert hat, jedenfalls bot das Buch bei allem Grusel auch interessante Einblicke in Techniken, Ausrüstung und Verhaltensweisen beim Tauchen, ich kann sagen, dass ich einiges gelernt habe.
Zum anderen ist besagtes Setting eben auch einfach mega beklemmend und damit nervenaufreibend. 100 Meter Wasser über sich, eine tiefe, in der man (wie gelernt) ein spezielles Gasgemisch im Tank haben muss, weil a) der Sauerstoff durch den Wasserdruck eine toxische Wirkung entfaltet und b) der in normaler Luft enthaltener Stickstoff zum sogenannten Tiefenrausch, einem betrunken ähnelnden Zustand führen kann. Von der allgemein bekannteren Taucherkrankheit mal ganz zu schweigen.
Schon ohne die übernatürlichen Vorgänge auf der Arcadia wäre also eine Erkundung des Wracks gefährlich und “intensiv” gewesen doch mit dem Schrecken, der dort unten Lauert, entfaltet sich beim Lesen eine bedrückende, doch einnehmende Atmosphäre, die einen sprichwörtlichen Sog ausübt und mich völlig in ihren Bann gezogen hat.

Der unbekannte Schrecken in der Tiefe
Bis kurz vor Schluss hätte ich dem Buch die volle Punktzahl gegeben und es wäre ein klarer Anwärter auf ein Jahreshighlight geworden. Doch leider, leider, ließ mich mal wieder das Ende eines Horrorromans in der Luft hängen. Ich liebe übernatürlichen Horror, aber eine Sache ist mir immer sehr wichtig: Ich will”s genau wissen. Ich brauche Hintergründe und Erklärungen, will immer ganz genau wissen, warum es spukt, woher der Fluch oder das Monster kommt und warum was auch immer in dem jeweiligen Roman grade Thema ist, gerade in Erscheinung tritt. Diese verborgene Geschichten und Vergangenheiten eines Ortes, von Figuren oder Objekten etc. zu erfahren, ist für mich ein großer Reiz des Genres und unabdingbar, damit mir ein Horrorroman wirklich gefällt.

Und zunächst schien From Below hier auf einem guten Weg, denn die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen die Gegenwart in der das Dokuteam das Wrack erkundet und zum anderen die Vergangenheit auf der letzten Fahrt der Arcadia. Die Autorin hat es geschickt gemacht und setzt den Beginn des Vergangenheit-Handlungsstrangs einige Tage vor Untergang des Schiffes an, sodass auch diese Rückblenden zunächst dem/der Leser/in nicht zu viel verraten und Geheimnisse erst nach und nach aufgedeckt werden. Das funktioniert lange Zeit sehr gut, doch zum Ende hin, als die Ereignisse dramatischer werden, scheinen die Ursachen in den Hintergrund zu rücken und irgendwann hören die Erklärungen ganz auf, obwohl bei weitem nicht alle Fragen geklärt sind. So schilder uns Darcy Coates zwar prinzipiell, wer oder was für den Untergang der Arcadia verantwortlich ist, lässt aber wichtige Details aus, wie etwa was genau XXX ist, wie es überhaupt dahinkam und was seine Beweggründe sind. Einfach nur “es ist böse” fand ich schon immer schwach.
Diese offenen Fragen, die mich nach Beenden des Buches nicht ganz zufrieden zurückließen, sind der Grund, dass das Buch die volle Punktzahl knapp verfehlt hat. Eine Leseempfehlung verdient es aber allemal, denn der Unterhaltungsfaktor war für mich bis zum Ende trotzdem sehr hoch.

Fazit:


Knapp am Jahreshighlight vorbeigerauscht. Dank eines spannenden (und gut recherchierten) Settings und eine wunderbar beklemmenden Atmosphäre hat das Buch mich fast komplett fesseln können und ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen. Lediglich die lückenhaften Hintergründe zum Schrecken in der Tiefe konnten mich mit meinem Wissensdurst nicht ganz überzeugen. Aber lesenswert ist das Buch dennoch allemal.

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Veröffentlicht am 25.02.2024

Mein erster Moers wird nicht mein letzter sein

Der Schrecksenmeister
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Walter Moers ist eine Größe der deutschen phantastischen Literatur. Jeder, der sich hier bei uns irgendwie mit diesem Genre beschäftigt, wird unweigerlich irgendwann auf diesen Namen stoßen. Seine Bücher ...

Walter Moers ist eine Größe der deutschen phantastischen Literatur. Jeder, der sich hier bei uns irgendwie mit diesem Genre beschäftigt, wird unweigerlich irgendwann auf diesen Namen stoßen. Seine Bücher führen Bestsellerlisten an und haben einige Preise eingeheimst und nun komme ich und gestehe: Ich hatte bisher noch nie etwas von ihm gelesen 🙈 Das sollte sich dieses Jahr ändern, meintet auch ihr und habt prompt, das einzige Buch von ihm, das ich besitze auf die Friend’s Choice Liste gesetzt. Euer Wunsch, ist mein Befehl, doch wie hat mir meine erster Moers gefallen?

Von einem Krätzchen, das auszog sein Fett zu retten
Bevor ich mit dem Lesen ebgann hatte ich ein bisschen zu dem Roman recherchiert. Ursprünglich, um herauszufinden, ob ich ihn ohne Vorkenntnisse anderer Zamonien Bände lesen könnte, stieß ich schon bald auf die Information, dass der Roman von Gottfried Kellers Spiegel, das Kätzchen inspiriert ist, ja man könnte es bereits als Adaption bezeichnen. Da wurde ich nun hellhörig und beschloss mir zuerst das Original zu Gemüte zu führen, was ich in Form eines Hörbuchs auch tat.
Vollgepackt mit diesem neuen literarischen Wissen (die Novelle ist übrigens sehr empfehlenswert) begann ich dann mit dem Schrecksenmeister und kam natürlich nicht umhin, Parallelen zu Kellers Werk zu suchen.

Die Grundhandlung ist definitiv dieselbe, sodass man die zamonische Variante durchaus als Adaption verstehen kann: Ein vom Glück verlassenes Kätzchen oder in unserem Fall Krätzchen trifft hungernd auf den bösen Zauberer Eißpin. Um dem nahenden Hungertod zu entgehen, geht das Krätzchen einen unheilvollen Pakt mit ihm ein: Der Zauberer wird das Krätzchen mästen, ihm Unterschlupf bieten und pflegen, doch im Gegenzug bekommt er, wenn die Zeit reif und das Krätzchen gemästet ist, dessen Fett (was dieses natürlich leider nicht unbeschadet abgeben kann). Soweit, so ähnlich. Mit dem Vorwissen von Kellers Vorlage macht das Erkunden der zamonischen Variante viel Spaß, wobei Moers natürlich, wie ich es bei seinem Ruf erwartet hatte, so viel mehr aus der Novelle macht, als sie einfach nach Zamonien zu verlegen.

Für mich war es ja der allererste Ausflug nach Zamonien, doch ich hatte überhaupt keine Probleme mich in der Welt zurechtzufinden. Vorteil ist hier, dass der Schrecksenmeister einen eher beschränkten Handlungsraum hat. Die ganze Geschichte spielt in der Stadt Sledwaya und der Großteil der Handlung im Schloss von Eißpin. Das Buch ist in meinen Augen daher ideal, um Moers Stil kennenzulernen, ohne gleich von ganz Zamonien erschlagen zu werden. Und dieses kennenlernen lohnt sich!
Da ist zu einem Moers Sprache, die mich in ihrer Gewitztheit und der Vorliebe für Sprachwitze sehr an Michael Endes Wunschpunsch erinnert hat, ein Buch, das ich liebe und auch bei Moers beeindruckt mich die Kunst, mit der er alle Kapriolen der deutschen Sprache ausnutzt und mit ihnen spielt. Herrlich. Insbesondere, weil er dies mit viel Humor tut. Ich hörte ja schon vorher, dass Moers Bücher großartigen Humor besitzen und kann dies nun selber bestätigen. Sei es, wenn es um Fjodor F. Fjodor, den einäugigen Schuhu geht, der ganz stolz Fremdwörter völlig falsch nutzt, die Schreckse Izanuela mit strenger Käsediät und stolze Besitzerin eines Käsemuseums, die zweitausendvierhundertachtundreißig Ledermäuse (die sich Echo alle einzeln vorstellen) und und und. Man kommt aus dem schmunzeln gar nicht mehr raus udn das Lesen macht wirklich vergnügen. Überhaupt gibt es nur ganz wenige Autoren auf dieser Welt, die solch einen Ideenreichtum und Liebe zum Detail besitzen. Hinter jeder Ecke warten neue fantasievolle Geschöpfe, neue Wunder und so wie Echo vom Schrecksenmeister die abenteuerlichsten Gerichte serviert bekommt, entdeckt man als LeserIn auf jeder Seite neues und phantastisches.

Ich weiß, die Rezension droht viel zu lang zu werden, aber neben dem Stil von Walter Moers, möchte ich ach noch ein paar Worte zur Handlung verlieren. Wie bereits erwähnt, orientiert sich die grobe Handlung an Kellers Novelle, doch wo im Original das Kätzchen zügig aus eigener Kraft den Zauberer überlistet, braucht Echo deutlich mehr Hilfe, trifft dafür aber eben die tollsten Gestalten. Einziger Wermutstropen dabei war für mich, dass manche dieser Begegnungen doch eins, zwei Seiten kürzer hätten ausfallen können. Ich hatte gerade im letzten Drittel das Gefühl, dass sich Echo viel im Kreis dreht und hätte mir doch gewünscht, dass er ein bisschen eigenständiger und zügiger handelt.
Das wirklich faszinierende an dem Buch, war daher für mich auch nicht Echo, sondern der Schrecksenmeister Eißpin und wie Moers es schafft, dass man abwechselnd ekel und Sympathie für diesen komischen Kauz entwickelt. So, mit den Gefühlen der LeserInnen für einen Antagonisten zu spielen ist große Klasse und trug für mich auch viel zur Spannung bei, da ich dadurch nicht wusste, wie das Buch enden würde. Wird Eißpin besiegt, oder durchlebt er eine Wandlung und lässt Echo von sich aus frei? Alles erschien bis kurz vor Schluss möglich und was es nun geworden ist, verrate ich euch natürlich nicht, da müsst ihr das Buch schon selber lesen, es lohnt sich 😉

Fazit:


Meine erster Ausflug nach Zamonien wird definitiv nicht mein letzter sein. Walter Moers hat all seine Lobpreisungen redlich verdient, indem er mit einer Sprachgewandheit, viel Witz und Ideenreichtum ein außergewöhnliches literarisch-kulinarisches Abenteuer erschaffen hat, dessen Genuss in vielerlei Hinsicht pures vegnügnen ist, da verzeihe ich ihm auch die ein oder andere lang gezogene Szene.

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Veröffentlicht am 19.04.2022

Ich hasse es, ich liebe es!

Ich bin Harrow
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Ich bin Gideon war ein Buch, mit dem ich zwar einen holprigen Start hatte, dessen Sogwirkung ich mich schlussendlich aber nicht entziehen konnte und das mich dann doch noch ziemlich begeistern konnte. ...

Ich bin Gideon war ein Buch, mit dem ich zwar einen holprigen Start hatte, dessen Sogwirkung ich mich schlussendlich aber nicht entziehen konnte und das mich dann doch noch ziemlich begeistern konnte. Umso neugieriger war ich daher auf den zweiten Band der Reihe und dachte dieses Mal sollte ich, da ich ja nun schon ein Band, gelesen hatte, mich besser in der Welt zurechtfinden. Doch bei allen guten Geistern, nichts und niemand hätte mich auf diesen zweiten Band vorbereiten können.

Es lebe das Chaos, es lebe das Genie
Wenn man sich bisherige Rezensionen zu Ich bin Harrow anschaut, findet man doch mehrere sehr enttäuschte Stimmen, die das Buch zu verwirrend, zu chaotisch, zu ansprechend fanden. Ich könnte jetzt an dieser Stelle versuchen diese Argumente zu zerstreuen und sagen, dass alles nur übertrieben und es in Wirklichkeit nur halb so schlimm wäre, aber das kann ich nicht. Denn ich bin ehrlich zu euch und so muss auch ich sagen, dass mir dieses Buch so einiges abverlangt hat. Es hat mich mehrere Anläufe gekostet und letztendlich brauchte ich ganze 17 Tage, um es durchzulesen (die vorherigen Versuche nicht mitgerechnet). Ich bin Harrow liest sich nicht leicht, ja manchmal hat man sogar das Gefühl, die Autorin will es bewusst uns Leser/innen schwer machen, doch was genau macht dieses Buch zu einer Herausforderung?

Nun, es sind vor allen zwei Faktoren, die maximale Verwirrung stiften: Zum einen wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen erzählt, das ist jetzt noch nicht allzu schwierig, die gegenwärtige Zeitlinie wird jedoch über weite Strecken des Buches in der 2. Perspektive, also der Du-Perspektive erzählt. Das ist tatsächlich erstmal etwas gewöhnungsbedürftig, macht aber im Verlauf der Handlung immer mehr Sinn und zumindest ich kam nach einer Eingewöhnungsphase relativ gut damit klar. Für viel mehr Fragezeichen hat da die Tatsache gesorgt, dass das, was wir aus Band eins zu kennen glauben, nicht das ist, woran Harrow sich erinnert. An dieser Stelle empfehle ich allen Leser/innen einfach zu akzeptieren, dass Harrow sich an eine andere Version erinnert. Die Antworten kommen dann irgendwann schon von ganz allein.

Man muss also als Leser/in an den Punkt gelangen, an dem man akzeptiert: Scio me nihil scire (Ich weiß, dass ich nichts weiß). Ist man gedanklich dort angelangt, wird alles leichter, versprochen und es entfaltet sich eine immer noch sehr komplexe, aber auch wahnsinnig kreative und innovative Story. Es fällt mir an dieser Stelle nicht schwer, das Wort Genialität in den Mund zu nehmen.

Harrow the Ninth
Was ebenfalls anders, als beim Vorgänger ist, ist die Protagonistin. Statt Gideon begleiten wir nun Harrow und ich gestehe, dass ich mir vor dem Lesen Sorgen machte, ob das für mich funktionieren würde, da ich Gideon absolut großartig fand, Harrow in Band eins jedoch nicht ganz so leiden konnte. Glücklicherweise schafft es Muir uns Harrow in diesen Nachfolger verständlicher zu machen. Der Roman nimmt sich sehr viel Zeit für Harrows Gefühls- und Gedankenwelt, bei der oft auch Illusion und Wahn eine Rolle spielen, sodass das Buch auf langen Strecken wie ein Psychothriller daherkommt. Das mag für manche langatmig sein, für mich war es aber genau das, was ich gebraucht habe, um Harrow nun ebenfalls ins Herz zu schließen.

Das Gefühl einen Psychothriller vor sich zu haben wird auch dadurch verstärkt, dass die Figurenkonstellation in diesem Nachfolger im Vergleich zu Ich bin Gideon deutlich reduziert ist. Der Schauplatz ist ähnlich isoliert wie Haus Caanan, doch mit weitaus weniger Geheimnissen und Mystik, sodass die Handlung dieses Mal vor allem von den Interaktionen des kleinen Figurenkreises getragen wird. Man muss sowas schon mögen, aber in meinen Augen gestaltet Tamsyn Muir ihre Charaktere alle so einzigartig und auch exzentrisch, dass es gut funktioniert und mir war tatsächlich auf 704 Seiten nicht langweilig. Im letzten Drittel belohnt die Autorin unser Durchhaltevermögen dann mit ein paar Antworten. Einiges hatte ich im Verlauf der Handlung schon erraten, anderes waren wirklich gelungene Twists und das Ende wirft einen dann wieder in eine völlig andere Situation, sodass ich schon jetzt den dritten Band kaum erwarten kann.

Fazit:


Während des Lesens habe ich dieses Buch in Gedanken gerne mit einem garstigen Biest verglichen. Es schnappt und wert sich gelesen zu werden und man muss regelrecht mit ihm einen Kampf ausfechten. Aber Himmel, Arsch und Zwirn (diesen Ausdruck würde Gideon lieben), es lohnt sich diesen Kampf aufzunehmen, denn wer das Biest bezwingt, wird mit einem fantastischen Serienuniversum belohnt, das vor kreativen Ideen nur so strotzt, bekommt eine absolut unvorhersehbare Handlung mit genialen Twists und Charaktere, die sich nie in die Karten schauen lassen. Ich bin Harrow ist keine leichte Kost, doch einmal in seinen Sog geraten, lässt es einen nicht mehr los.

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