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Veröffentlicht am 14.09.2021

Genialer Auftakt!

Das Reich der Asche - Realm Breaker 1
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Rezensionsexemplar

INHALT

Im Reich Allwacht macht sich eine unerklärliche Dunkelheit breit. Corayne an-Amarat kann es spüren, denn sie ist eine der letzten Überlebenden einer uralten Blutlinie. Sie scheint ...

Rezensionsexemplar

INHALT

Im Reich Allwacht macht sich eine unerklärliche Dunkelheit breit. Corayne an-Amarat kann es spüren, denn sie ist eine der letzten Überlebenden einer uralten Blutlinie. Sie scheint die einzige Hoffnung zu sein, die das Reich noch hat, bevor die Welt vollends zerstört wird. Gemeinsam mit sechs Gefährten, die genau wie sie, keine Helden sind, macht sich Corayne auf, um eine Armee aus Aschekriegern zu bekämpfen ohne zu wissen, wie ihr das gelingen soll…

Es ist schon eine ganze Weile her, als ich mir „Das Reich der Asche“ vorgemerkt habe. Der Klappentext hatte mich sofort von sich überzeugt und das Cover tat sein Übriges dazu. Die Geschichte klang nach genau dem High Fantasy Abenteuer, das ich gesucht habe und letztlich, habe ich irgendwie auch das bekommen, was ich mir wünschte. Herzlichen Dank an das Bloggerportal und den Penhaligon Verlag für das Rezensionsexemplar!

Dieses Buch braucht Zeit. Es ist mit knapp 600 Seiten zwar nicht dünn aber als erster Teil einer High Fantasy Trilogie habe ich nicht erwartet, dass Victoria Aveyard direkt mit der Tür ins Haus fällt. Ganz ruhig und langsam wurden die Charaktere nach und nach vorgestellt. Ihre Leben, vor ihrer gemeinsamen Reise, wurden kurz angeschnitten, man bekommt einen kleinen Einblick in ihre Gedanken und nach und nach gelingt es ein Gefühl für sie als Personen zu erhalten. Ich fand gerade diesen ruhigen Einstieg, gespickt mit kleinen Erklärungen, wohin die Reise gehen könnte, sehr spannend. Denn genau das macht die Geschichte für mich vor allem aus: die Dynamik der Charaktere.

Corayne ist die Hoffnung von ganz Allwacht. Sie ist die letzte bekannte Erbin einer Blutlinie, von der sie bis vor kurzem gar nichts wusste. Ihre Mutter ist eine erfolgreiche und gefährliche Piratin, die ihre Tochter jedoch nie mit auf See nahm. Und genau das ist es, was sich Corayne sehnlichst wünschte. Sie fühlt eine Unruhe, die immer stärker wurde. Wie eine Getriebene, sehnt sie sich danach, endlich Allwacht zu erkunden. All die wunderschönen und geheimnisvollen Orte kennenzulernen, die ihre Mutter seit jeher bereiste. Und Corayne wusste, dass sie ihre Arbeit an Land sehr gut machte. Sie half ihrer Mutter wo sie konnte, die Schmuggelware ungesehen an Land und unter die Leute zu bringen. Aber ihre Fähigkeiten auf See wären sicherlich noch wertvoller. Und doch: die Piratin enttäuschte Corayne jedes Mal aufs Neue, denn sie ließ ihre Tochter immer wieder zurück.
Corayne ist wohl so etwas die die typische Protagonistin einer solchen High Fantasy Reihe. Sie ist jung, unerfahren aber die Auserwählte. Sie weiß nichts über ihren Vater, nichts von seiner Blutlinie und wird dementsprechend überrascht, als sie von zwei Gefährten gefunden wird. Dennoch erkennt sie eine Chance, wenn sie sich ihr bietet: sie begleitet die beiden. Corayne zweifelt nicht daran, dass sie ihr die Wahrheit gesagt haben, sie scheint zu spüren, dass alles von ihr abhängt. Ich mag ihre entschlossene Art. Wie sie Dinge anpackt, wie sie vertraut und dennoch vorsichtig ist. Auch wenn Corayne etwas naiv und unbeholfen ist, so ist sie keinesfalls dumm. Ich bin sicher, dass sie, egal wie die Handlung auch ausgehen wird, vielleicht doch noch zu einer wahren Heldin werden könnte.

Domacridhan ist ein Ältester. Sein wahres zu Hause ist Glorian, eine Welt, die ganz anders als Allwacht funktioniert. In Allwacht selbst ist er ein Unsterblicher, denn die Waffen der Menschen können ihm nicht wirklich etwas anhaben. Er hat die Gefahr, die auf Allwacht zurollt, aus nächster Nähe gesehen. Er hat erkannt, was zu tun ist. Entgegen seiner Tante, der Königin seiner Enklave, die ihn angehalten hat, nichts zu tun, versucht er die Wacht zu schützen und macht sich auf die Suche nach der Erbin des Blutes.
Dom ist für mich eine Art Riesenbaby. Er ist Jahrhunderte alt, hat Kriege kommen und gehen sehen, hat menschliche Herrscher kommen und gehen sehen und weiß doch kaum etwas über die Welt, in der er lebt. In seiner Enklave hat er immer eher zurückgezogen gelebt, sich nicht darum gekümmert, was die Menschen tun. Das rächt sich nun, da er in dieser allzu menschlichen Welt irgendwie zurecht kommen muss. Seine große, muskulöse aber unfassbar auffällige Statur helfen ihm hierbei nicht, obwohl der Großteil der Menschen die Geschichten über Älteste als Märchen abtun. So lange wurden sie nicht gesehen, so lange haben sie sich nicht eingemischt. Ihn habe ich fast sofort in mein Herz geschlossen. Er ist nicht dumm aber manchmal naiv wie ein kleines Kind. Er findet sich nicht wirklich zurecht in der durchaus grausamen Welt der Menschen und jeden Konflikt mit Körperkraft zu lösen ist eben nicht Sinn der Sache. Ich hatte Spaß an ihm und rechne fast schon damit, dass mein Herz am Ende der Trilogie in tausend Teile zerspringen wird.

Sorasa ist eine Attentäterin der Gilde der Amhara. Sie wurde dazu ausgebildet effizient, schnell, rücksichtlos aber lautlos zu töten. Und die Amhara haben das Talent alles und jeden finden zu können. So treffen sich auch die Wege von Sorasa und Domacridhan, denn er braucht ihre Hilfe, um Corayne zu finden.
Sorasa und Dom sind wie Feuer und Wasser und ich habe jede Sekunde daran geliebt. Die beiden lassen kein gutes Haar aneinander, keifen sich ständig an und versuchen den jeweils anderen irgendwie schlecht zu machen. Einzig ein Ziel hält die beiden zusammen: Corayne um jeden Preis zu beschützen. Denn eines wurde sehr schnell deutlich: auch wenn Dom Sorasa eine unsäglich hohe Summe bezahlte, so glaubte sie dem Unsterblichen, dass Allwacht in Gefahr war. Sie vertraute darauf, dass er die Wahrheit sagte und traute somit auch ihren Instinkten.
Sorasa ist gewissenlos, kämpferisch, einfallsreich und hat eine sehr spitze Zunge. Sie ist mein liebster Charakter in dieser Geschichte gewesen, denn es gibt noch so unglaublich viel von ihr zu entdecken. Über die Gilde, in der sie gelebt hat, die Dinge, die ihr dort angetan aber auch gezeigt wurden. All die Geheimnisse die die Frau umgeben gibt es noch zu entschlüsseln und darauf freue ich mich sehr. Sorasas Art hat mich an eine düstere Inej aus „Six of Crows“ erinnert und das hat mir unglaublich gefallen. Sie ist dunkel, skrupellos aber kämpft irgendwie dann doch für die richtige Seite.

Andry Trelland ist ein junger Knappe vom Hof der Löwenkönigin Erida, der, genau wie Dom, dabei war, als sich die Dunkelheit über Allwacht entfesselte. Auch er hat das Grauen gesehen und auch ihm ist klar, dass die gesamte Welt in Gefahr ist. Dennoch gilt seine größte Sorge seiner kranken Mutter, die er unbedingt in Sicherheit wissen möchte. Nach der Schicksalhaften Schlacht kehrt er an den Hof von Königin Erida zurück, um seine Mutter reisebereit zu machen. Er will mit ihr in ihre Heimat, fernab des Konfliktes, reisen, um danach wieder zurückzukehren und zu versuchen, Allwacht zu retten. Verzweifelt hat er sich an seine Königin gewandt, die nur wenig älter als er selbst ist und ihn schon von Kindesbeinen an kannte. Doch Erida will nichts von dem wissen, was er zu berichten hat.
Als Dom, Sorasa und Corayne jedoch bei Hofe erscheinen, kann seine Königin nicht anders, als ihm und dem ungleichen Trio zu glauben.
Andry ist wohl der unschuldigste Charakter im gesamten Buch. Sein Ziel ist es, einmal Ritter zu werden, wie sein Vater es war. Er möchte ehrenvoll sein, irgendwie Ruhm erlangen, aber nicht um jeden Preis. Seine Sorge gilt vorrangig seiner Mutter, um die er sich liebevoll kümmert. Gleichzeitig will er aber auch das Reich verteidigen, indem er sein ganzes Leben verbracht hat. Er kennt seine Pflicht als Knappe. Gleichzeitig kann er nur schlecht mit dem umgehen, was er gesehen hat. Er weiß nicht, wie er das verarbeiten, wie er damit umgehen soll. Sein Weltbild ist plötzlich ein ganz anderes und seine Loyalität wird auf die Probe gestellt. Andry ist für mich ein herzensguter Mensch, der mutig und stark ist und für seine Überzeugungen einsteht. Ihm ist, vielleicht mehr als allen anderen, daran gelegen, seine Welt zu retten und somit Corayne um jeden Preis zu schützen. Hin und wieder streut Aveyard kleine, zarte, Funken zwischen den beiden ein, die, wie ich hoffe, vielleicht noch etwas vertieft werden, aber mit Sicherheit keine tragende Rolle bekommen. Ich hoffe sehr, dass Andry weiterhin ein wichtiger Charakter in der Reihe bleibt, denn er hat sich längst in mein Herz geschlichen.

Diese „Helden“ (und noch drei weitere aus deren Perspektive ich aber bisher nicht lesen durfte) machen sich nun auf, um das rückgängig zu machen, was Allwacht nach und nach zerstören wird. Und genau hier wird das Buch etwas kompliziert und undurchsichtig, denn Aveyard erklärt nicht wirklich wie das alles funktioniert. Sie wirft mit Begrifflichkeiten um sich, die ich als Leserin weder kenne, noch verstehe. Allen voran die Spindeln, die wohl früher überall zu finden waren und irgendwann, im Laufe der Zeit, verloren gingen. Diese Spindeln können aufgerissen werden und bieten dann Zugang zu einer anderen Welt. Das jedoch, habe ich mir irgendwie selbst zusammengereimt und fand es sehr schade, dass ich derart im Dunkeln gelassen wurde. Denn gerade dieses Wissen über die Spindeln wäre enorm hilfreich gewesen, um nachzuvollziehen wie die Gefahr, die die gesamte Welt bedroht, überhaupt zu einer solchen Bedrohung werden kann. Nach und nach bekommt man zwar Hinweise darauf, doch so richtig erklärt wurde das alles nicht. Das ist wohl der größte Kritikpunkt, den ich an die Geschichte habe. Es hat auf der einen Seite Spaß gemacht die Charaktere zu begleiten, doch auf der anderen Seite wollte ich eben mehr wissen. Mehr über die Welt, über die Spindeln und letztlich auch über die Magie in dieser Welt, die es wohl gibt, die aber nicht weiter thematisiert wird.

Die Handlung an sich wird zwar nicht von atemberaubender Spannung getragen, dennoch hatte ich großen Spaß daran, die Charaktere zu begleiten. Die Geschichte wird eben vor allem durch sie getragen, denn es kann noch längst nicht alles über die Welt und deren Mysterien offengelegt werden. Schließlich soll es eine gesamte Trilogie werden. Manchmal hätte ich mir etwas mehr Action gewünscht, doch die Szenen, die mir diese Action gaben, fand ich immer sehr spannend und unterhaltsam. Gleichzeitig hat mir die Idee von Aveyard einfach so gut gefallen. Der zusammengewürfelte Haufen an handelnden Personen ist zwar nichts komplett Neues, doch wie sie miteinander verbunden sind, wie ihre Geschichten irgendwie zusammenhängen, das alles habe ich als sehr innovativ und neu empfunden. Die Geschichte als Ganzes befindet sich erst im Aufbau und das merkt man diesem Buch auch an, dennoch war es zum Teil wirklich schwer, das Buch mal zur Seite zu legen.

Nicht außer acht lassen darf ich allerdings noch die geniale böse Seite, in die wir ebenfalls Einblick erhalten. Ich möchte nichts dazu sagen, um wen es sich handelt, da dies erst im Laufe des Buches deutlich wird. Doch ganz ehrlich? Ich konnte mich teilweise nicht entscheiden, ob ich nun unsere ungleichen „Helden“ unterstützen möchte oder doch lieber auf der bösen Seite stehen will. Sie sind derart gut geschrieben und beschrieben, deren Dynamik ist unfassbar gut ausgearbeitet und ich konnte mich ihrem Sog kaum entziehen. Es hat unheimlich viel Spaß gemacht diese Anziehungskraft zu verspüren und ich konnte mir viele der beschriebenen Situationen fast bildlich vorstellen. Hier sind sowohl die Gute als auch die Böse Seite unglaublich spannend und interessant. Allwacht strahlt in allen Facetten. Es gibt eben nicht nur schwarz und weiß, sondern jede einzelne Graustufe und gerade das macht die dunklere Seite aus, aber auch unsere „Helden“, die eben keine strahlenden Ritter auf weißen Pferden sind.

FAZIT

Victoria Aveyard konnte mich mit ihrem Auftakt „Das Reich der Asche“ sehr in ihren Bann ziehen. Vor allem die verschiedenen Charaktere habe ich in mein Herz geschlossen, denn es gibt noch so viel an ihnen zu entdecken. Und sie alle, egal ob gut oder böse, haben mich einfach fasziniert und von sich eingenommen. Die Handlung war zwar nicht immer atemberaubend schnell, doch alles hat sich irgendwie gefügt und immer mal wieder wurden spannende Szenen eingebaut, die mir unheimlich viel Spaß gemacht haben. Es wird deutlich, dass dies erst der Anfang einer großen High Fantasy Geschichte ist und das hat mich nicht im geringsten gestört. Das einzige, was ich mir gewünscht hätte, wären mehr Erklärungen zu der Welt an sich gewesen. Einiges, das mir sehr wichtig erschien, musste ich mir selbst zusammenreimen, was ich einfach schade fand.
Dennoch: „Das Reich der Asche“ ist für mich ein toller Einstieg in ein neues High Fantasy Abenteuer, das ich definitiv empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Das Buch hat eine wunderbare Message! Empfehlung!

Fadeaway
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Rezensionsexemplar

INHALT

Kyra möchte ihre Vergangenheit hinter sich lassen, während sie mit ihrem Psychologiestudium in Berlin beginnt. Ihr ist klar, dass sie nicht vergessen kann, was ihr widerfahren ...

Rezensionsexemplar

INHALT

Kyra möchte ihre Vergangenheit hinter sich lassen, während sie mit ihrem Psychologiestudium in Berlin beginnt. Ihr ist klar, dass sie nicht vergessen kann, was ihr widerfahren ist, doch sie möchte sich dafür einsetzen, dass andere nicht dasselbe Schicksal erleiden müssen. Deshalb startet sie einen feministischen Podcast, bei dem sie auf Missstände an ihrer Uni aufmerksam macht. Niemand weiß, dass sie die Podcasterin ist, bis auf Milan, der plötzlich in ihrem Aufnahmestudio steht. Und Milan ist auch der Mann, der ihr gefährlich nahe kommt und das, obwohl sie sich von ihm ganz besonders fernhalten sollte.

Es war von mir eine spontane Entscheidung bei NetGalley „Fadeaway“ anzufragen, da ich tatsächlich nicht damit gerechnet habe, dass ich das kurze Zeit später auf meinem Kindle lesen würde. Bereits zum Erscheinungsdatum habe ich „Breakaway“ gelesen, war aber nicht so ganz davon begeistert. Aber ein etwas holprigeren Start hindert meine Neugier natürlich nicht, schließlich wollte ich Kyra unbedingt näher kennenlernen. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich das Buch zugeschickt bekommen habe und nun eine Rezension für euch schreibe.

Die Geschichte beginnt mit dem Start von Kyras Leben als Psychologiestudentin. Bereits an ihrem ersten Tag fallen ihr einige Missstände auf, die der jungen Frau keine Ruhe lassen und die Idee ihres Podcasts wird geboren. Kyra möchte das nicht unkommentiert so stehen lassen und prangert beispielsweise das sehr Männerlastige Curriculum in ihrem Studiengang an. Dabei geht sie fundiert vor, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und möchte ihre Hörer*innen aufklären. Es gelingt Anabelle wirklich unfassbar gut die feministischen Themen von Kyras Podcasts in ihre Geschichte einzufügen und das hat mich persönlich wirklich sehr gepackt. Ich finde es toll, dass sie diese Thematik in ihren New Adult Roman aufgenommen hat, um auch auf die Wichtigkeit hinzuweisen und vielleicht noch einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Jedenfalls erhoffe ich mir das. Es ist ein so wichtiges Thema, das wir alle nicht aus den Augen verlieren dürfen. Wie Anabelle damit umgegangen ist hat mir einfach gut gefallen, denn, wie in der Danksagung erwähnt wird, hat sie Own Voices Briefe verwendet und somit auch Menschen zu Wort kommen lassen, die zu Wort kommen sollten, um uns weißen cis-Menschen zu zeigen, in welcher Realität wir leben und dass es an uns ist, etwas zu verändern.

Kyra als Charakter ist unglaublich stark und durchsetzungsfähig. Ich mochte ihre unverblümte Art unglaublich gerne, denn sie nimmt kein Blatt vor den Mund und lässt sich nicht klein kriegen. Auch wenn ihr etwas schreckliches passiert ist, hat sie nicht den Mut verloren, sondern möchte kämpfen. Ihr Kampf ist zunächst auf den Untergrund beschränkt, doch sehr schnell merkt Kyra, dass sie so nicht weitermachen kann. Dass ihre Geschichte nach außen drängt und es ihr vielleicht und vor allem auch anderen jungen Frauen helfen könnte, wenn sie ihr Schweigen bricht. Auf diesem Weg begleiten wir Kyra und das fand ich großartig. Sie ist eine starke, selbstbewusste Frau, die sich dennoch weiterentwickelt. Sie bleibt nicht stehen, sondern findet noch mehr innere Stärke, noch mehr Kraft und noch mehr Mut. Das hat mir unglaublich gut gefallen. Kyra ist eine sympathische junge Frau, die ihren Weg geht und es hat mir Freude bereitet sie dabei zu begleiten.

Milan ist Kyra, was den Charakter betrifft, etwas ähnlich. Er ist genauso schlagfertig, witzig und durchsetzungsfähig. Er brennt für seine Leidenschaft das Handball und sein größter Traum ist es, professioneller Handballspieler zu werden. Seine Mannschaft steht kurz vor dem Aufstieg in die zweite Bundesliga und dafür trainiert er unermüdlich. Gleichzeitig jobbt er noch in einem Fitnessstudio und hat ein Sportstudium begonnen. Eigentlich ist sein Arbeitspensum mehr als genug, doch als er Kyra kennenlernt fasziniert sie ihn derart, dass er nicht anders kann, als dem Verlangen nachzugeben sie näher kennenzulernen. Und das habe ich sehr geliebt. Die Art, wie er mit Kyra umgegangen ist, fand ich so wundervoll. Ich hatte so viel Spaß bei ihren Aufeinandertreffen, mochte den respektvollen Umgang zwischen den beiden und habe die aufkeimenden Gefühle zwischen ihnen von Anfang an gefühlt. Es ist eine zarte Liebesgeschichte, die sich langsam entwickelt und es hat mich begeistert.

Was mir aber dennoch etwas zu kurz gekommen ist, ist grundsätzlich die Handlung neben dem Podcast und dem schrecklichen Erlebnis von Kyra. Natürlich steht dies im Fokus, hat mich in dem Sinne auch nicht weiter gestört, doch fernab davon ist im Prinzip nichts passiert. Fast alle Unterhaltungen haben sich um den Podcast oder einer Thematik rund um den Podcast gedreht. Es gab immer etwas, das Kyra zurückhielt, was natürlich auch an Milan lag, der sie eben auf besondere Weise berührt aber auch ein rotes Tuch für sie ist. Manchmal hätte ich mir etwas mehr Normalität gewünscht, manchmal ein klein wenig Ruhe zwischen den Kapiteln. Mich konnte das Buch nicht zu hundert Prozent von sich überzeugen, weil manchmal die Gefühle nicht komplett übergeschwappt sind.

FAZIT

Kyras und Milans Geschichte ist ein gelungener New Adult Roman, der vor allem mit einer wichtigen Thematik besticht. Ich liebe die Interludes des Podcasts von Kyra, die Art wie sie sich für ein wichtiges Thema einsetzt und vor allem, wie Anabelle dies umgesetzt hat. Das Buch hat mir unglaublich viel Freude bereitet, weil die Charaktere durchweg sympathisch sind und die Handlung an sich interessant und spannend gestaltet war. Es gab ab und an kleinere Durststrecken, was die Gefühle anging, dennoch kann ich euch dieses Buch wirklich nur ans Herz legen. Die Message dahinter ist genau das, was wir brauchen.

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Sehr komplex aber unterhaltsam

Die Erwählten - Tödliche Bestimmung
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Rezensionsexemplar

INHALT

Vor zehn Jahren wurden Sloane, Matt, Esther, Ines und Albie auserwählt, die Welt vor einer übernatürlichen Macht zu retten. Den fünf Erwählten gelingt es, den Kampf für die ...

Rezensionsexemplar

INHALT

Vor zehn Jahren wurden Sloane, Matt, Esther, Ines und Albie auserwählt, die Welt vor einer übernatürlichen Macht zu retten. Den fünf Erwählten gelingt es, den Kampf für die Erde zu entscheiden. Doch der Kampf verlangte ihnen alles ab und obwohl sie als Helden gefeiert werden, haben sie selbst mit den Nachwirkungen all dessen zu kämpfen.
Zum 10. Jahrestag ihres Sieges kommen die alten Gefühle und Erinnerungen wieder hoch. Ihre Leben haben sich verändert und vor allem Sloane und Albie kämpfen noch immer gegen die Nachwirkungen ihrer Schlacht gegen den „Dunklen“. Schließlich verliert einer von ihnen diesen Kampf und stürzt damit die gesamte Gruppe in Trauer. Und als wäre dies nicht genug, werden die Erwählten plötzlich in eine alternative Welt katapultiert und stehen erneut vor einer schrecklichen Aufgabe: denn sie haben ihren „Dunklen“ auf der Erde besiegt, doch in der alternativen Welt ist ein neuer „Dunkler“ und dieser scheint mächtiger und gerissener zu sein, als die verzweifelten Erwählten es sich jemals hätten vorstellen können.

Als ich den Klappentext von „Die Erwählten“ gelesen habe, war ich direkt interessiert. Ich kenne Veronica Roth, wie vermutlich sehr viele, durch die „Divergent“-Trilogie. Dort habe ich aber vor allem den ersten Teil geliebt und die beiden Fortsetzungen eher schwach gefunden. Ich weiß nicht wie es heute wäre, denke aber, dass dies noch immer der Fall ist. Sehr schade aber dennoch fand ich den Ideenreichtum und Schreibstil von Roth wirklich gut und deshalb habe ich mir gedacht, dass ihr Erwachsenendebüt vielleicht mittlerweile, da ich ebenfalls älter geworden bin, etwas besser für mich sein könnte. Herzlichen Dank an penhaligon für das Rezensionsexemplar.

„Sie war am Fluss, die kalte Luft brannte in ihrer Lunge, und sie starrte über die Brücke hinweg den Dunklen an, nur einen Augenblick vor der alles entscheidenden Schlacht. Ein Teil von ihr würde immer dort sein.“
S.65

Die Geschichte beginnt mit Zeitungsartikeln und Berichten über die Erwählten, die über die Jahre noch immer als Helden und Berühmtheiten gefeiert werden. Vor allem Sloane Andrews scheint im Fokus zu stehen und das nicht nur, weil sie die Erzählstimme dieses Buches ist. Die junge Frau ist attraktiv, unnahbar, unterkühlt und gerade deshalb besonders interessant. Doch das alles ist nur die Fassade einer Frau, die für ihr Alter viel zu viel Schreckliches gesehen und dies nicht verarbeitet hat. Sie ist voller Angst, Albträume, Panikattacken und eigentlich eine gebrochene Person. Sie weiß nichts mit sich anzufangen, hat keine Ahnung wohin sie in Zukunft gehen möchte und flüchtet sich in eine Beziehung mit Matt, dem Anführer ihrer Clique, weil es für sie bequem und einfach ist. Ob sie ihn liebt oder nicht spielt für Sloane keine richtige Rolle, denn sie braucht Matt, um den Boden unter den Füßen nicht zu verlieren. Ich konnte sie schon verstehen, gleichzeitig war sie auch eine recht anstrengende Protagonistin. Natürlich ist es unglaublich schwer so etwas zu verarbeiten. All dieser Schrecken und den Tod, den sie gesehen und erlebt hat, in so jungen Jahren, brennt sich einem auf die Netzhaut. Dies abzuschütteln ist vermutlich unmöglich. Allerdings, fand ich, hat sich Sloane auch nicht so wirklich darum bemüht ihre Erlebnisse irgendwie aufzuarbeiten. Sie ist schwer traumatisiert, hat jedoch jegliche Form der Therapie abgebrochen und stützt ihr Leben lieber mit Tabletten und auf Matt. Ihr fehlt die Motivation das, was sie durchgemacht hat, auch wirklich zu verarbeiten. Sie scheint irgendwie zwischen den Stühlen zu hängen. Der Welt, vor all ihren Erlebnissen und der Welt, nach dem Kampf. Sie weiß nicht wer sie ist, wenn sie nicht gegen den „Dunklen“ kämpft und vermittelt mir das Gefühl, dass sie auch gar nicht herausfinden möchte, wer sie tatsächlich ist und werden könnte.
Ihr merkt, ich hatte so meine Probleme mit Sloane. Sie hat eine so selbstzerstörerische Art und Weise, mit der ich nicht immer zurecht gekommen bin. Dennoch fand ich sie als Protagonistin wirklich spannend und interessant. Eben weil sie die Schattenseiten so klar und deutlich zeigt. Sie ist kein Charakter, den man einfach auf eine Seite schieben kann. Sie ist zwischen gut und böse, versucht sich selbst irgendwie zu orientieren und das fand ich wirklich großartig gemacht. Sloane ist ambivalent und sehr herausfordernd, das hat mir wirklich gefallen. Und ich glaube gerade das hat die Geschichte für mich am Ende besser gemacht.

Die Handlung wird unter anderem durch verschiedene Geheimakten mitgetragen. Wir sehen nicht nur wie es Sloane und den anderen Erwählten mit ihrem Sieg geht, sondern wir erfahren auch, wie sie in diese Situation gekommen sind. Wie wurden sie „erwählt“, wie wurden sie trainiert und was und wem mussten sie gegenüber treten, um die entscheidende Schlacht zu schlagen. So fügt sich langsam auch die Vergangenheit der Charaktere zu einem Gesamtbild ohne dass es zu langweilig wird. Dennoch hat mir in der Mitte eindeutig die Spannung gefehlt. Es wird sehr viel erklärt und eingeführt, viel Innenleben von Sloane durcherzählt und ja, es war auf der einen Seite interessant zu sehen, wie sehr sie kämpfen muss, gleichzeitig jedoch wurde die neue Geschichte kaum vorangetrieben.
Als die Erwählten in die alternative Welt gebracht werden stehen sie vor einer neuen Aufgabe. Diese alternative Welt ist komplett anders aufgebaut, wie die Erde und darin müssen sie sich erst zurechtfinden. Sie werden von zwei Personen angeleitet, doch vor allem Sloane hat sehr große Vertrauensprobleme. Damit beginnen dann auch schon die Komplikationen. Die Erwählten der Erde werden sozusagen gezwungen in dieser alternativen Welt den neuen „Dunklen“ zu besiegen, denn nur dann dürfen sie zurück in ihre Heimat. Diese Aufgabe weckt nicht nur grauenvolle Erinnerungen bei den Charakteren, sondern auch die Angst, dieses Mal zu scheitern, denn die Welt, in der sie nun feststecken, ist komplett anders als das, was sie kennen. Der Kampf erscheint unfair und vor allem Sloane scheint klar zu sein, dass sehr viel mehr dahintersteckt, als ihnen gesagt wird.

Bis die Handlung so richtig an Spannung aufnimmt sind ca. 400 Seiten vergangen. Es hat mich dann doch etwas angestrengt so lange durchzuhalten, bevor endlich mal etwas vorangeht und mich richtig an die Geschichte fesselte. Und dann war ich doch irgendwie enttäuscht: die Entwicklung war zwar unerwartet und irgendwie nervig. Es wurden Entscheidungen getroffen, die ich überhaupt nicht habe nachvollziehen können, die sich aber im Nachhinein als sehr relevant herausgestellt haben. Allerdings fand ich, jetzt im Nachhinein, dass es doch irgendwie zu einfach war. Es wurde ein weiterer Twist aufgedeckt, der die Karten noch einmal völlig neu mischte, aber wenn man wirklich genau hinsah und darauf achtete, dann hätte diese Entwicklung wirklich klar sein müssen und nicht weiter überraschen. Ich habe mir die Frage gestellt, ob dieses Buch wirklich Erwachsene anspricht und das bezweifle ich eigentlich dann doch. Der Weltenaufbau ist sehr komplex, alles zu durchdringen teilweise schwierig, aber wieso sollte ein Teenager das nicht verstehen können? Wieso ist die Zielgruppe älter? Weil die Charaktere Ende 20 sind? Das stellt, in meinen Augen, überhaupt kein Problem dar, da Sloane sich teilweise wie eine 16-jährige verhält.
Dennoch muss ich sagen, hat mich „Die Erwählten“ wirklich sehr gut unterhalten. Die Ausgangslage ist einfach so grundverschieden von den Geschichten, die ich eigentlich kenne und aus diesem Grund ist das Buch einfach erfrischend anders.

FAZIT

„Die Erwählten“ von Veronica Roth ist ein Fantasy-Buch, das sehr komplex aufgebaut ist, über Charaktere verfügt die in verschiedenen Graustufen aufgebaut sind und nicht eindeutig einer guten oder bösen Seite zuzuordnen sind. Ich mochte Sloane als Protagonistin vielleicht nicht so richtig, fand jedoch die Art und Weise wie Veronica Roth sie geschrieben hat, wirklich beeindruckend. Der alles entscheidende Twist fand ich dann doch wieder sehr spannend, auch wenn der Weg dahin teilweise etwas anstrengend war. Durch die Andersartigkeit der Erzählung kann ich jedoch sagen, dass dieses Buch eine Empfehlung wert ist. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich nicht unbedingt einen zweiten Teil bräuchte. Mal schauen, ob ich den dann lese, wenn er erscheint.

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Sehr schön aufgearbeitet

Anne Boleyn (Die Tudor-Königinnen 2)
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Rezensionsexemplar

INHALT

Als junges Mädchen wird Anne Boleyn an den Hof von Margarete von Österreich geschickt, um ihre Ausbildung zu vollenden. Anschließend dient sie der französischen Königin Claudia ...

Rezensionsexemplar

INHALT

Als junges Mädchen wird Anne Boleyn an den Hof von Margarete von Österreich geschickt, um ihre Ausbildung zu vollenden. Anschließend dient sie der französischen Königin Claudia und zuletzt der Schwester des französischen Königs. Als ein Krieg zwischen Frankreich und England droht wird Anne zurück nach England gerufen, um dort Königin Katharina als Hofdame zu dienen. König Heinrich ist sofort von ihr hingerissen. Sie wird regelrecht zu seiner Obsession, denn Anne willigt nicht ein seine Mätresse zu werden. Heinrich setzt alles in Bewegung um Anne für sich zu gewinnen und nimmt jegliche Skandale in Kauf. Schließlich sieht er keinen anderen Weg, als sich von seiner ersten Ehefrau Katharina scheiden zu lassen, damit er Anne rechtmäßig heiraten und zu seiner Königin machen kann. Dabei verändert er England für immer, denn Heinrich bricht mit der katholischen Kirche. Und Anne selbst gelangt in die Höhle der Löwen und merkt sehr bald, dass sie als Ehefrau und Königin von Heinrich einem Druck ausgesetzt ist, von dem sie nicht sicher ist, ob sie ihn aushalten kann.

Wenn ein historischer Roman über die Tudorzeit bzw. die Königinnen in der Tudorzeit erscheint, dann bin ich definitiv nicht weit. Auf die Übersetzung der Reihe von Alison Weir habe ich sehr lange gewartet und bin deshalb dem Ullstein Verlag und auch Netgalley sehr dankbar für das Rezensionsexemplar.

Anne Boleyn ist für mich die interessanteste und faszinierendste Königin der Tudorzeit. Sie war unwahrscheinlich gebildet und, was den frühen Feminismus angeht, ihrer Zeit deutlich voraus. Oftmals wird Anne Boleyn als machthungrige Hure dargestellt, die nichts anderes im Sinn hatte als Sex und die Krone. Doch in Wirklichkeit lässt sich sehr vieles, was zur damaligen Zeit behauptet wurde, klar widerlegen. Aus diesem Grund finde ich es umso spannender Bücher über sie zu lesen, denn ihr Charakter scheint so viel vielschichtiger zu sein, als man annimmt.

Alison Weir beginnt die Geschichte rund um Anne Boleyn schon sehr viel früher, als die meisten Romane über sie. Anne wird als junges Mädchen nach Mechelen an den Hof von Margarete von Österreich geschickt. Dort bekommt sie eine umfassende Ausbildung. Sie lernt nicht nur zu musizieren, unterschiedliche Sprachen, und das Tanzen, sondern auch, wie man sich bei Hofe benimmt. Anne ist sehr ehrgeizig, wissbegierig und gleichzeitig sehr misstrauisch, was Männer im Allgemeinen betrifft. Schon früh ist sie sich unsicher, ob sie sich als Frau wirklich alles gefallen lassen muss, was ein Mann ihr antut. Durch den Einfluss von Margarete von Österreich bekommt sie viele Einblicke in Gedanken, die am englischen Hof längst nicht angekommen sind. Anne weiß sich zu bewegen, ihre Klugheit gekonnt einzusetzen und langsam lernt sie auch, wie man Macht über Männer ausüben kann. Doch sie hält ihre Verehre immer auf Distanz, denn eines ist der jungen Frau bewusst: ihre Ehre darf niemals in Zweifel gezogen werden, denn nur so, kann sie einen Ehemann von Stand heiraten. Doch dies ist in jungen Jahren eigentlich gar nicht ihr Ziel. Anne möchte jemanden heiraten den sie wirklich liebt und den sie sich selbst aussucht. Allerdings ist ihr klar, dass diese Möglichkeit einer Frau nur selten geboten wird. Ihre Familie wird sie zu ihrem Vorteil verheiraten.

Nach einiger Zeit wird Anne an den französischen Hof gebracht, um dort der Königin und anschließend der Schwester des Königs als Hofdame zu dienen. Dort macht sie die unterschiedlichsten positiven wie negativen Erfahrungen und wird darin bestärkt, dass sie eigentlich nicht das Bedürfnis hat zu heiraten. Und das, obwohl sie eigentlich längst im heiratsfähigen Alter wäre. Ich mochte diese Seite von Anne sehr gerne. Sie beobachtet und reflektiert das, was um sie herum geschieht und zieht daraus ihre Schlüsse: eine Frau ist zu ihrer Zeit nur dann wirklich frei, wenn sie nicht verheiratet ist. Doch gleichzeitig bietet dies auch Angriffsfläche, denn je länger sie mit einer Heirat wartet, desto weniger einflussreiche Interessenten gibt es. Und die Frage für Anne lautet: möchte sie unter dem Radar bleiben oder lieber nicht?

Als ein Krieg mit Frankreich droht wird Anne nach England zurückgeholt, wo sie, gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Mary, der Königin als Hofdame dient. Mary wurde bereits verheiratet, Anne jedoch noch nicht. Kurz nach der Hochzeit ihrer Schwester holt der König Mary in sein Bett und Anne ist völlig schockiert. Gerade diese Tatsache wird im Buch wunderbar dargestellt. Der Autorin gelingt es, Annes Empörung glaubhaft zu machen, gleichzeitig wird aber auch klar, dass Anne sich das alles wohl etwas einfacher macht, als es eben ist. Keine Frau kann sich dagegen wehren, wenn der König sie begehrt. Diese Tatsache scheint Anne völlig außer Acht zu lassen. Ich mochte diese Art der Darstellung sehr, denn es zeigt eben auch, dass Anne einen starken Willen hat, der sie teilweise sehr leichtsinnig macht.
Als König Henry schließlich sein Augenmerk auf sie richtet, wehrt sie sich zunächst. Sie will nichts von ihm wissen, schließlich ist er verheiratet. Doch nach und nach wird es immer schwieriger, denn er wird aufdringlich und plötzlich erkennt Anne, wonach sie greifen könnte, wenn sie seinem Werben wenigstens teilweise nachgeben würde.

Gerade diese Entwicklung fand ich sehr gelungen. Alison Weir stellt Anne, in meinen Augen, sehr klar und authentisch dar. Ja, sie ist berechnend. Ja, sie hat ihren Vorteil im Sinn. Aber, sie versucht auch das beste aus ihrer Situation herauszuholen. Ihr war klar, dass sie so Enden würde wie ihre Schwester, als abgelegte Mätresse ohne finanzielle Unterstützung, wenn sie sich Henry wirklich hingegeben hätte. So nutzt sie seine Verliebtheit aus, spielt mit ihm und bringt ihn dazu, alles in Bewegung zu setzen, um sie heiraten zu können. Was sie dann jedoch bekommt, ist eben nicht das vor Glück strahlende Leben, das sie sich immer vorgestellt hat. Voller Entbehrungen, Tränen, Streitereien und Angst ist ihr Leben als Königin und Ehefrau von Henry eben nicht das Schillernde, welches sie von Katharina gesehen hat. Und gerade das liebe ich auch sehr an dem Buch. Anne ist eine Frau mit vielen Ambitionen, die mutig und gebildet vorging und so die Aufmerksamkeit vieler Männer auf sich zog. Sie hatte kaum eine Wahl, als das Beste aus ihrer Situation zu machen und wurde letzten Endes dafür bestraft. Bestraft für etwas, wofür sie nichts konnte. Und wofür auch ihre Vorgängerin, Katharina von Aragon, nichts konnte.

FAZIT

Alison Weir hat es wunderbar geschafft die Geschichte von Anne Boleyn glaubhaft und authentisch darzustellen. Ich hatte unglaubliche Freude daran, das Buch zu lesen und noch einmal in die Tudorzeit einzutauchen. Es war wie immer genial, die Tücken des englischen Hofes zu erkunden und eine neue Sicht der Dinge zu sehen. Ich werde wohl nie müde werden diese Romane zu lesen und hoffe darauf, dass auch die weiteren Teile der Reihe von Alison Weir übersetzt werden. Für Fans der Tudors kann ich dieses Buch nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Ein tolles Buch!

Um Reich und Krone
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Rezensionsexemplar

INHALT

Jane Grey wird Königin von England. Für neun Tage, denn dann wird das junge Mädchen von der Halbschwester des toten Königs in den Tower gesperrt und bezahlt für den Ehrgeiz ...

Rezensionsexemplar

INHALT

Jane Grey wird Königin von England. Für neun Tage, denn dann wird das junge Mädchen von der Halbschwester des toten Königs in den Tower gesperrt und bezahlt für den Ehrgeiz einer anderen mit ihrem Leben.
Katherine Grey, die lebensfreudige Schwester von Jane, wird schnell bewusst, dass weder die unfruchtbare Mary, noch ihre Schwester Elizabeth, ihr die Möglichkeit geben würden zu heiraten, um einen Tudor Sohn zur Welt zu bringen. Trotzdem verliebt Katherine sich und setzt für diese Liebe alles auf Spiel.
Mary Grey, die jüngste der Schwestern, ist kleinwüchsig und versucht unsichtbar zu bleiben. Ihr wird jedoch noch viel deutlicher bewusst als ihren Schwestern, in welch ständiger Gefahr sie schweben und durch das, was in der Vergangenheit geschehen ist weiß sie, dass sie vorsichtig sein muss. Doch kann sie Königin Elizabeth die Stirn bieten?


Ich wusste schon vor über einem halben Jahr, dass ich dieses Buch unbedingt lesen möchte. Als ich erfahren habe, dass es im September erscheint, konnte ich es kaum erwarten den neuesten Roman von Philippa Gregory in den Händen zu halten und als mir das Buch vom Rowohlt Verlag zur Rezension angeboten wurde habe ich dankbar ja gesagt. Herzlichen Dank für die Zusendung des Buches!

Philippa Gregory ist für mich eine der besten Autorinnen überhaupt. Ich liebe ihre historischen Romane unglaublich, denn sie beschreibt die Geschichte so lebendig und überzeugend, dass ich mich immer inmitten der Tudors fühle. Sie schafft es mich auf so eindrückliche Weise in diese Zeit zu holen, dass ich gar nicht mehr daraus auftauchen möchte. Genauso ist es mir auch mit „Um Reich und Krone“ gegangen. Die Geschichte um die Grey Schwestern ist mir bereits durch „Im Schatten der Königin“ von Elizabeth Fremantle bekannt gewesen. Dennoch habe ich es genossen zurück zu diesen Charakteren zu kehren und eine etwas andere Sichtweise der Dinge erzählt zu bekommen.

Das Buch ist in drei Abschnitte unterteilt: Jane, Katherine und Mary. Jede der drei Schwestern kommt zu Wort und erzählt ihren Teil der Geschichte um ihre Familie. Was ihnen widerfahren ist, was sie durchleben mussten und wie die Geschichte der letzten Tudors ausgeht. Die Mädchen sind Enkelinnen von Mary Tudor, der Schwester von Henry VIII. und damit stehen sie nur einen Schritt hinter Mary I. und Elizabeth I. Ihr königliches Blut lässt sich nicht verleugnen und genau das macht die drei so gefährlich für die Töchter von Henry VIII.
Ich möchte meine Rezension ebenfalls in drei Teile teilen, um jeden Abschnitt für sich und schließlich alles im Zusammenhang betrachten zu können.

Jane

Als Edward VI. frühzeitig stirbt schließt er seine Schwestern von der Erbfolge aus und bestimmt Jane Grey als Königin. Das Mädchen weiß kaum was ihr geschieht und ehe sie auch nur die Krone auf dem Kopf hatte, wurde sie inhaftiert. Die Neun-Tage Königin wird sie überall in England genannt und ihr Schicksal ist vielleicht auch eines der tragischsten, das am Königshof jemals passiert ist. Sie ist 16, unglaublich fromm und gläubig und sie fügt sich in das ein, was ihr aufgetragen wird. Sie heiratet den Mann, der ihr vorgesetzt wird, sie nimmt die Krone an, die ihr Vater ihr gibt und sie versucht dann, eine Königin von England zu sein. Auch wenn ihr niemals die Chance dazu gelassen wird.
Philippa Gregory beschreibt Jane als gefasstes, ernstes Mädchen, das versucht den richtigen Weg zu gehen. Es ist ganz und gar nicht der Weg, den sie für sich selbst ausgesucht hätte, doch sie ist nicht in der Position um eine richtige Meinung zu haben. Politische Entscheidungen interessieren sie nur bedingt, denn ihre Interessen sind in der Gelehrsamkeit und dem Glauben. Sie lernt Sprachen, übersetzt Texte und übt ihren protestantischen Glauben mit einer solchen Inbrunst aus, dass sie schon fast wie eine Nonne wirkt. Doch all ihre Frömmigkeit schützt sie nicht vor einem machtgierigen Vater und einem noch gierigerem Schwiegervater. Sie wollen Ruhm, Ehre und die Vormachtstellung in England und das können sie nur dann bekommen, wenn Jane tatsächlich Königin wird. Ohne Rücksicht auf sie. Ohne Rücksicht auf Verluste. Es ist traurig, wie schnell ihr Leben ohne Bedeutung wird und wie schnell sich alle, die Jane zunächst verehrt haben, sich von ihr Abwenden, als Mary I. auf den Plan tritt und die Protestanten vertreibt. Es spielt keine Rolle was Jane wollte und dass sie nur Spielball ihrer Familie war. Sie muss für das büßen, was andere wollten. Und in den 130 Seiten, die Philippa Gregory Jane widmet kommt nur allzu eindrücklich heraus, wie tragisch ihr Schicksal ist und gleichzeitig wie gefasst das junge Mädchen schließlich das annimmt, was mit ihr geschehen wird. Ihr Glaube schützt und trägt sie und das finde ich außerordentlich bemerkenswert.

„(…) und was immer als Nächstes geschieht, ich weiß, es ist nicht der Tod, denn ich werde niemals sterben.“ (S.134)

Katherine

Für Katherine Grey hat sich Philippa Gregory mehr Zeit und mehr Seiten gelassen, denn auch ihre Geschichte ist nicht weniger tragisch, als die von Jane. 280 Seiten lang wird erzählt, wie Katherine sich am Hof zurecht findet, nachdem ihre Familie in Ungnade gefallen ist. Sie muss sich erst Mary I. unterordnen und dann ihrer „Cousine“ Elizabeth I. dienen. Und dabei ist Katherine ein wahrer Stern am Hof. Eine unglaublich schöne Tudor Prinzessin, die genau zu wissen scheint, wo ihr Platz ist. Ihre Hand ist am Hof sehr wertvoll und die junge Frau wird von vielen hochrangigen Männern umworben. Doch sehr schnell ist klar, dass sie einem Mann ihr Herz geschenkt hat: Edward Seymour. Er stammt aus einer der einflussreichsten Familien Englands und beiden ist bewusst, dass eine solche Verbindung für Königin Elizabeth I. ein Dorn im Auge wäre. Dennoch können die beiden nicht voneinander lassen, obwohl ihnen bewusst ist, dass sie den Zorn der Königin auf sich laden würden, sollte ihre Liebschaft bekannt werden.
Katherine ist lebenslustig, froh, wunderschön, teilweise sehr naiv, Ich-Bezogen und folgt vor allem ihrem Herzen. Sie schlägt sämtliche Ratschläge in den Wind, denn sie will nicht unglücklich ihr Leben irgendwo fristen, nur weil Königin Elizabeth ihr das Glück nicht gönnt, das ihr beschieden ist.
Auch wenn Katherine sehr Ich-Bezogen und teilweise unfassbar naiv ist, habe ich sie in mein Herz geschlossen. Sie hört auf das, was ihr Herz ihr sagt, egal was andere ihr raten. Sie widersetzt sich letztlich auch der Königin und genau damit schießt sie über das Ziel hinaus. Ihr Schicksal ist besiegelt und vielleicht weit grausamer als das, was ihrer Schwester geschehen ist. Viel mehr kann ich nicht darauf eingehen ohne einen mehr als deutlichen Spoiler zu verraten.

„Und ich schwöre, wir beide denken: Wenn ich jemals Königin bin, wirst du es zu spüren bekommen!“ (S.160)

Mary

Die letzten 180 Seiten sind dann vollends der kleinwüchsigen und stillen Mary gewidmet. Sie lebt im Schatten ihrer Schwestern und im Schatten ihrer Cousinen, die nacheinander den Thron besteigen. Sie wird nicht wirklich als Konkurrenz wahrgenommen, eher als Püppchen, das man herumschieben kann, wie man möchte. Dass Mary ganz und gar nicht dumm ist, entgeht den meisten. Sie denkt sich ihren Teil, hat jedoch eine unfassbare stärke, weiß sich zu behaupten und hat keine Sekunde Selbstmitleid. Sie wünscht sich nicht normal zu sein und wird für ihre Art teilweise sehr bewundert. Ich habe sie manchmal etwas zu selbstbewusst wahrgenommen und kann mir vorstellen, dass genau das das Ziel der Autorin war. Mary wurde zu Stolz erzogen, um ihre Größe zu kompensieren. Sie ist sehr würdevoll, hält sich immer aufrecht und beschwert sich nie, auch wenn ihr beispielsweise langes Reiten oftmals Probleme bereitet. Sie möchte sich nicht mit anderen kleinwüchsigen Personen am Hof gleichsetzen und zieht immer eine strenge Linie. Gleichzeitig versucht Mary irgendwie ihre Schwester Katherine zu unterstützen und zu beschützen, doch diese vertraut ihrer kleinen Schwester kaum etwas von all ihren Geheimnissen an.
Bei all den Intrigen wird völlig vergessen, dass Mary eben doch auch eine Frau ist. Eine Frau, die ebenfalls Liebe finden möchte und dies letztlich auch tut. Doch entgegen all ihren rationalen Entscheidungen und ihrer Ruhe, die sie ausstrahlt, macht sie einen Fehler, der bei mir immer und immer wieder ein Kopfschütteln auslöst: wieso? Wieso hat sie das getan? Sie kannte die Schicksale ihrer Schwestern und riskiert dennoch alles. Genau wie sie. Es ist mir völlig schleierhaft wieso sie das getan hat und doch zeugt es von ihrem starken Willen. Sie möchte sich nicht unterordnen, sie möchte nicht zu einem tristen Leben gezwungen werden und so schlägt sie alles in den Wind und tut etwas unerwartetes. Philippa Gregory hat mir Mary ebenfalls ans Herz gelegt und ich habe sie sehr gerne begleitet.

„Rot ist die Farbe der Unbeugsamkeit, die Farbe des Lebens, die Farbe der Liebe, und deshalb ist es meine Farbe.“ (S.600)

FAZIT

Die Geschichte der drei Grey Schwestern ist tragisch, voller Schicksalsschläge, Intrigen, Ungerechtigkeiten und doch eine Geschichte, die auch ein wenig Mut und Hoffnung macht. Jane hat bis zu ihrem Tod an ihrem Glauben an Gott festgehalten und darin Frieden gefunden. Katherine hat auf ihr Herz gehört und, egal wie tragisch ihre Geschichte war, Glück gefunden. Mary ist unfassbar willensstark und hat dies ganz England bewiesen. Diese Frauen haben alle Regeln gebrochen, haben dafür gelitten und gebüßt und genau dafür ist es wert, dieses Buch zu lesen.

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