Es ist heiß in Frankfurt in dem Sommer, in dem die Geschichte spielt, unerträglich heiß, noch dazu, wenn der heißbegehrte und dazu noch überteuerte Wohnraum, den man sich nach schweißtreibender und geradezu aussichtslos erscheinender Suche ergattert hat, winzig klein und schon bald übervölkert ist! Unverhofft schneit da nämlich Sandys Schwester herein, vorläufig, wie sie sagt, nur bis sie, die sich von Hannover in die Bankenstadt am Main hat versetzen lassen, eine geeignete Wohnung gefunden hat. Obwohl zwischen den beiden Schwestern eine jahrelange Funkstille herrschte, fühlt sich die schnoddrige Ex-Punkerin und sich nun als Privatdetektivin versuchende Sandy verpflichtet, der ungeliebten, im Gegensatz zu ihr biederen, aber wohlorganisierten Silvia Obdach zu gewähren. Blut ist halt trotz allem dicker als Wasser, nicht wahr?
Aber es bleibt nicht bei der einen Einquartierung, denn da klopft auch noch Wombel an, Sandys Kumpel aus der Punkerszene, der gedenkt, sein Leben zu ordnen und in Frankfurt ein Praktikum bei einem Photographen zu absolvieren. Mehr schlecht als recht zunächst, aber sich ins Unvermeidliche fügend, arrangieren sich die drei, trotzen der Hitze mit viel Bier und einem gelegentlichen Joint, als das Unheil über sie hereinbricht! Silvias neuer Chef auf der Bank wird erschlagen aufgefunden – und der Verdacht fällt ausgerechnet auf die recht unbedarft erscheinende, adrette Neu-Frankfurterin Silvia höchstselbst. Ehrensache, dass Sandy die Schwester aus der Bredouille heraushauen muss – wozu ist man schließlich Detektivin?
Leicht gestalten sich Sandys Ermittlungen jedoch nicht, denn der tote Banker scheint ein unbeschriebenes Blatt ohne erkennbares Privatleben gewesen zu sein. Aber dann macht Sandy mit der Hilfe der beiden lästigen Mitbewohner, die gelegentlich auch kontraproduktiv ist, denn sowohl Wombel als auch Silvia haben ein besonderes Talent, sich in Schwierigkeiten zu bringen, einige aufschlussreiche Entdeckungen, die sie kreuz und quer durch Frankfurt, von der Banker- über die Drogenszene bis hin ins Transvestitenmilieu führt und die ein ganz neues Licht nicht nur auf den toten Banker wirft, sondern die auch darauf hindeuten, dass dieser seine Hände bei dem anrüchigen Verkauf von viel zu teuren Immobilien – Schrottimmobilien nennt sie Schwester Silvia – an Kunden, die ihr zusammengespartes Geld gewinnbringend anlegen wollten, im Spiel hatte. Nun, und das gibt beileibe kein gutes Bild ab von den Banken im allgemeinen und von dem Ermordeten selbst im besonderen....
Sandy, eigentlich Sandra Hardenberg, ist sicher – und lobenswerterweise! - keine der üblichen Privatdetektive, die einem in Büchern und Filmen begegnen, und man braucht ein wenig Zeit, um sich an sie zu gewöhnen. Wirkt sie zunächst faul, träge, lustlos (was aber, wie man bald vermuten darf, der extremen Hitze geschuldet ist), allzu flapsig und wenig motiviert, so lernt man sie rasch als patente, gutmütige und hilfsbereite Person kennen, die das Herz, wie man so schön sagt, auf dem rechten Fleck hat. Impulsiv ist sie, gewiss, aufbrausend und unbedacht, wenn sie sich geärgert hat, aber sie hat Mut und einen wachen Verstand, den sie, so hat man den Eindruck, durch proletenhaftes Auftreten kaschieren möchte – um bloß nicht in den Verdacht zu kommen, als bürgerlich und spießig angesehen zu werden. Nein, so eine wie sie verleugnet ihre Vergangenheit nicht, möchte nicht zum Establishment gehören. Das macht sie authentisch, so authentisch wie die Stadt in diesem Krimi dargestellt wird, in dem sie ihrem ungeregelten Tagwerk nachgeht und in der sie sich auskennt wie in ihrer Westentasche. Diejenigen Leser, die Frankfurt kennen, fühlen sich auf vertrautem Terrain, wenn sie Sandy auf ihren Ermittlungen begleiten; andere Leser wiederum, die von der Stadt am Main nicht viel mehr wissen, als dass Frankfurt die deutsche Bankenmetropole ist und gleichzeitig die Hauptstadt des Verbrechens, haben nach der Lektüre einen durchaus tieferen Einblick in ihren Facettenreichtum, fühlen sich fasziniert und abgestoßen zugleich. Selten habe ich einen Krimi gelesen, der so perfekt zu dem Ort passt, an dem er spielt und der so, wie er ersonnen ist, nirgendwo anders spielen kann.
Die Handlung selbst bewegt sich eher gemächlich voran, gibt zwar einige Rätsel auf, ist aber durchschaubar. Die Spannung hält sich überdies, bis auf den flotten Schluss, bei dem es richtig brenzlig wird für unsre sympathischen Chaoten, in Grenzen, was aber wettgemacht wird durch die, mit wenigen Abstrichen, liebenswerten Charaktere und vor allem durch die Protagonistin Sandy, die gleichzeitig die Ich-Erzählerin ist. Und die Art, in der die Autorin Sandy die Geschehnisse aus ihrer Warte betrachten, berichten und kommentieren lässt, sorgt von Anfang bis Ende für Amüsement und Lesevergnügen! Ein ganz und gar unblutiger Krimi, der vor allem unterhaltsam ist, der anstatt düster und brutal, hell und komisch-vergnüglich ist, der fröhlich stimmt, erheitert, den Leser stellenweise herzhaft lachen lässt, der aber auch Verwunderung hervorrufen mag, in die sich Empörung mischt über das Treiben eines gewissen Berufsstandes, wobei hier nicht weiter ins Detail gegangen werden soll, um die Spannung und das Vergnügen derjenigen nicht zu schmälern, die neugierig geworden sind auf Katja Kleibers dritten Sandy-Krimi, dem, wie man am Ende des Buches erfahren kann, alsbald ein vierter folgen wird! Ich freue mich darauf!