Wenn Gebete, Fleiß und Hingabe nicht mehr reichen – einfühlsam, realistisch, mit Denkanstößen
In diesem historischen Roman werden einfühlsam und hautnah die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der Dürre in den Great Plains in den 1930ern in den USA aus der Sicht von zwei starken Frauen (Erwachsene ...
In diesem historischen Roman werden einfühlsam und hautnah die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der Dürre in den Great Plains in den 1930ern in den USA aus der Sicht von zwei starken Frauen (Erwachsene und Jugendliche) geschildert. Die Autorin ist Kristin Hannah, bekannt u. a. durch „Die Nachtigall“ und „Immer für dich da“.
Die Handlung ist actionarm und kommt fast ohne Effekthascherei aus. Sie hat mich emotional erreicht, ist traurig und erschütternd, aber nicht überbordend gefüllt mit Dramen. So unaufgeregt, ehrlich, bodenständig, realistisch, dass es sich damals hundertfach ähnlich abgespielt haben könnte. Momente der Hoffnung, Liebe, Freundschaft und des Zusammenhalts wirken inmitten eigentlich trostloser Zustände stimmungsaufhellend. Die Liebesgeschichte überfrachtet nicht den Kern der Handlung.
Elsa lernt man als Frau mit geknicktem Selbstwertgefühl und bescheidenen Zukunftsträumen kennen. Schnell habe ich sie ins Herz geschlossen und mitgefiebert. Sie ist ein guter Mensch, vielleicht etwas zu bieder; die rebellische Ader der zweiten Protagonistin bildet dazu einen erfrischenden Kontrast, sodass es Abwechslung gibt und sich die Wahrnehmungen und Gefühle gut ergänzen.
Ein Kritikpunkt ist, dass die Handlung vergleichsweise übersichtlich ausgefallen ist. Der Klappentext nimmt viel vorweg. Alles ist sehr detailliert, für Ungeduldige eventuell zu langatmig. Die Geschichte um die Deweys habe ich emotional mitverfolgt, gern hätte ich diese oder andere Nebenfiguren tiefergehend betrachtet und Grauschattierungen in der Gesellschaft mehr herausgearbeitet gesehen. Kernkonflikte werden am Ende gefühlt zu schnell abgehandelt.
Zur ländlich geprägten Umgebung erhielt ich dank bildhafter Beschreibungen lebhafte Eindrücke.
Ich habe einen Kenntniszuwachs zu mir bis dato wenig bekannten Begebenheiten mitgenommen. Zudem fühle ich mich demütig und sensibilisiert für ähnliche Probleme und Diskussionen in Gegenwart und Zukunft (schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen, Ausbeutung, Arbeitnehmerrechte, Lieferkettengesetz, Klimaflüchtlinge, …).
Da es aus Frauen-Sicht verfasst ist und ein paar sentimentale Anwandlungen rund um Mutterliebe usw. enthält, sehe ich dort die primäre Zielgruppe. Die leichte Lesbarkeit macht es für Jugendliche geeignet.
Gefühle, Spannung, Kopfkino, Logik, Informationsgehalt, Denkanstöße – alles da – klare Leseempfehlung.