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Veröffentlicht am 21.04.2017

Lebenslicht

Das Verstummen der Krähe
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Es ist aus, Bens Lebenslicht ist aus. Obwohl Kristina Mahlo als analytische Nachlassverwalterin sich normalerweise nicht von so etwas leiten lässt, ist sie doch sehr erschrocken. Die Kerze gab ihren Eltern ...

Es ist aus, Bens Lebenslicht ist aus. Obwohl Kristina Mahlo als analytische Nachlassverwalterin sich normalerweise nicht von so etwas leiten lässt, ist sie doch sehr erschrocken. Die Kerze gab ihren Eltern Hoffnung, dass der damals 24jährige Ben, der seit sechs Jahren verschwunden ist, noch am Leben sein könnte. Verstohlen zündet sie die Kerze wieder an. Das kann kein Omen sein. Kurz darauf wird sie mit einem sehr eigenwilligen Testament zur Verwalterin eines nicht unbeträchtlichen Nachlasses eingesetzt. Die Erben sollen ihr Erbe nur dann antreten können, wenn Kristina nachweist, dass sie nicht der Mörder eines vor sechs Jahren umgebrachten Journalisten sind.

Welch eine ungewöhnliche letztwillige Verfügung. Kristina zögert, den Auftrag überhaupt anzunehmen. Doch dann taucht ein Hinweis auf ihren Bruder auf. Sollte die Chance bestehen, sein Schicksal endlich zu klären. Diese Möglichkeit kann Kristina einfach nicht außer acht lassen und sie beginnt, sich mit dem Nachlass zu beschäftigen. Die Erben sind dabei nicht eben hilfreich, ihnen geht es nur darum, möglichst schnell an die nicht unbeträchtliche Erbmasse zu gelangen. Doch Kristina ist eine, die ihre Aufträge erfüllt und die Sache erst freigibt, wenn alle Zweifel ausgeräumt sind. Und in diesem Fall hat sie ihr besonderes ureigenstes Interesse.

Diese erste Nachlass-Sache Kristina Mahlos, von der die Autorin Sabine Kornbichler berichtet, ist gleich eine sehr persönliche. Das ungeklärte Verschwinden ihres jüngeren Bruders hat die ganze Familie außerordentlich verändert. Die Eltern haben sich getrennt, Kristina hat ihr Jura-Studium geschmissen und ist zu ihren Eltern in das Randgebiet Münchens gezogen. Und ihrer aller Leben ist irgendwie auf Halt gestellt. Einen solchen Verlust kann man nicht einfach verwinden, schon garnicht, wenn völlig unklar ist, was geschehen ist. Und nun die Erblasserin, deren Mann zwar als Mörder des Journalisten verurteilt wurde, an dessen Unschuld sie aber nie gezweifelt hat. Zwei Sachen, die so unterschiedlich scheinen, dass ein Zusammenhang sehr unwahrscheinlich wirkt. Und dennoch, was wäre wenn und wie könnte es sein. Diese Frage packt einen. Man wird in die tragische Familiengeschichte Kristinas hineingezogen, grübelt, bangt und hofft.

Ermittlungen in einem ungewöhnlichen Rahmen mit viel Drive, überraschend und fesselnd.

Veröffentlicht am 20.04.2017

Spritzenphobie

Tote haben kein Zahnweh
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Ihre Spritzenphobie hindert die Zahnärztin Dr. Leocardia Kardiff keineswegs an der Ausübung ihres Berufes. Sie geht nur in die Hypnosetherapie zu Herrn Sharif El Benna. Nach einer Sitzung kann nicht einmal ...

Ihre Spritzenphobie hindert die Zahnärztin Dr. Leocardia Kardiff keineswegs an der Ausübung ihres Berufes. Sie geht nur in die Hypnosetherapie zu Herrn Sharif El Benna. Nach einer Sitzung kann nicht einmal der Gedanke an eine Spritze sie schocken. Anders sieht es allerdings aus als sie nach ihrer wöchentlichen Stunde die offene Tür der Nachbarwohnung entdeckt und nicht anders kann als diese zu durchschreiten. Auch eine Ärztin ist nicht dagegen gefeit beim Anblick eines Mordopfers einen gehörigen Schock zu erleiden. Und genau ein solcher Anblick bietet sich Dr. Leo nach ihrem Betreten der Wohnung neben der Praxis ihres Therapeuten.

Wieso bringt man denn eine vornehme alte Dame um? Das geht doch irgendwie nicht und dann noch so brutal. Sogar die Zahnbrücke wurde dem Opfer aus dem Mund gebrochen. Gerade das letzte Detail weckt Leocardias Neugier noch mehr als es eh schon der Fall ist, berufsbedingt. Als die Polizei dann nach ihrer Aussage noch einmal in ihrer eigenen Gemeinschaftspraxis auftaucht, stellt sich heraus, dass die Verstorbene Patientin ihres Seniorpartners war. Neben dem Bohren kann Leo auch das Denken nicht lassen, dass sie dabei der Polizei ins Handwerk pfuscht, ist ihr eigentlich ziemlich egal. Der ermittelnde Kommissar ist schließlich ziemlich sympathisch, der wird ihr wohl nicht dazwischen funken.

Ziemlich gut kann man sich bei der Lektüre das Kreischen des Bohrers vorstellen oder das Knirschen und Knarzen, mit dem sich ein Zahn beim Verlassen des Kiefers verabschiedet. Die humorige Krimihandlung, in deren Verlauf sich die freche blondgelockte Zahnärztin Mitte vierzig daran begibt, schlauer zu sein als die Polizei erlaubt, bildet einen ausgesprochen angenehmen Kontrast dazu und lässt den nächsten Zahnarztbesuch fast in einem milden Licht erscheinen. Dr. Leocardia Huberta Kardiff ist nicht nur mit einem außergewöhnlichen Namen beglückt, hat ihre Phobie soweit bekämpft, dass sie bei der täglichen Arbeit ihren Mann bzw. ihre Frau steht, beschäftigt ihre grauen Zellen mit den Überlegungen zu einem grausamen Mord und unterhält und fesselt damit die Leser, denen durch das Cover angelockt beim Gedanken an den Zahnarzt zunächst ein Schauer überläuft, nur um nach dem Aufblättern der ersten Seiten an den selbigen hängen zu bleiben im Versuch, den Fall zu lösen.

Veröffentlicht am 18.04.2017

Benner

Schwesterherz
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Martin Benner und Lucy Miller führen erfolgreich eine Anwaltskanzlei in Schweden. Sie müssen nicht jeden Auftrag annehmen. Als Bobby Tell im Büro auftaucht und Martin bittet, den Fall seiner Schwester ...

Martin Benner und Lucy Miller führen erfolgreich eine Anwaltskanzlei in Schweden. Sie müssen nicht jeden Auftrag annehmen. Als Bobby Tell im Büro auftaucht und Martin bittet, den Fall seiner Schwester zu übernehmen, ist Martin eher abgeneigt. Denn Sara Texas wurde beschuldigt, fünf Menschen umgebracht zu haben und nach einem Geständnis ist sie geflüchtet und hat sich umgebracht. Wer sollte also ein Interesse haben, den Fall wieder aufzurollen. Doch Bobby schafft es, Martin zu überzeugen, dass es da doch etliche Ungereimtheiten gibt, die weder die Polizei noch den ehemaligen Verteidiger veranlasst haben ordentlich zu ermitteln. Martins Neugier ist geweckt und er übernimmt die Sache.

Dieser Martin Benner ist schon ein wenig speziell. So leicht war es für ihn nicht, ohne Vater aufzuwachsen. Und auch sein Aufenthalt in Amerika hat nicht zu einem besseren Verhältnis zum Vater geführt, aber immerhin hat er dort eine Polizeiausbildung genossen. Aber immerhin ist er als Anwalt erfolgreich und Sympathiepunkte sammelt er ungemein damit, dass er seine kleine Nichte adoptiert hat, deren Eltern verstorben sind. Die vierjährige Belle erdet ihn manchmal, doch häufig ist Martin ein Hansdampf in allen Gassen. Wenn Martin allerdings eins geschafft hat, so glaubt er wenigstens, ist es, seiner Herkunft zu entkommen.

Mit geradlinigen Worten erzählt Martin seine Geschichte, manchmal drückt er sich dabei sehr unanwaltlich deutlich aus. Und so muss man sich an seine Sprache etwas gewöhnen. Gut kann man mitverfolgen, wie er sich immer mehr in die Nachforschungen verbeißt. Sieht es zunächst so aus als sei die Schuld der Sara Texas erwiesen, kommen nach und nach Zweifel an der offiziellen Geschichte auf. Doch reicht das, um Bobbys Schwester rehabilitieren.

Sie Autorin Kristina Ohlsson betritt mit „Schwesterherz“ Neuland. Mit Martin Benner und Lucy Miller stellt sie ein neues Duo vor, das sehr ungewöhnlich und dennoch sympathisch wirkt. Allerdings sollte man sich die hintere Klappe des Buches einmal genau anschauen. Dort wird nämlich darauf hingewiesen, dass es sich um eine zweiteilige Serie handelt. Man merkt demgemäß der Handlung auch an, dass sie in diesem ersten Band (der zweite erscheint am 13.06.2017) noch nicht auserzählt ist. Zum Glück erscheinen die beiden Bände in relativ kurzem Abstand, so dass man in Kürze selbst entscheiden kann, ob es nicht mehr Sinn macht, die Bücher direkt nacheinander zu lesen. Davon abgesehen fesselt diese Suche nach der Wahrheit sehr und bereits in diesem ersten Teil der Beschreibung der Ereignisse deutet sich ein unglaubliches Verbrechen an, von dem man nicht glauben mag, dass es im Bereich des Möglichen liegt. Im beschaulichen Schweden können schließlich keine amerikanischen Verhältnisse herrschen, oder? Das wird hoffentlich im Folgeband zu erfahren sein.

Veröffentlicht am 17.04.2017

Seefestung

Totenfang
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Nach seinem letzten Fall ist Dr. David Hunter gewissermaßen in Ungnade gefallen. Seine Dienste als forensischer Anthropologe werden von der Polizei kaum noch angefragt, möglicherweise ist sein Job in Gefahr. ...

Nach seinem letzten Fall ist Dr. David Hunter gewissermaßen in Ungnade gefallen. Seine Dienste als forensischer Anthropologe werden von der Polizei kaum noch angefragt, möglicherweise ist sein Job in Gefahr. Das scheint sich allerdings noch nicht zu den Beamten herumgesprochen zu haben, die in einem Leichenfund ermitteln sollen. Hunter, der eigentlich zu einer Party eingeladen ist, auf die er keine Lust hat, nutzt diese willkommene Ausrede, um zumindest einen Umweg in die Backwaters und das kleine Städtchen Cruckhaven zu machen. Wie ihm gesagt wurde, ist sein Navi in der Gegend nicht sehr nützlich, trotzdem schafft er es rechtzeitig, um sich mit der Polizei zum Fundort der Leiche zu begeben.

Es scheint wie so oft alles ganz einfach zu sein. Ein so wie es heißt etwas durchgedrehter Sohn reicher Eltern wird seit einigen Wochen vermisst und sein Vater identifiziert die Kleidung des Toten als die seines verschwundenen Sohnes. Doch etwas nagt an David Hunter und in Gedanken versunken verfährt er sich in dem unwegsamen Gelände des von Prielen und Kanälen durchzogenen Marschlandes. Gerettet wird er letztlich durch die Mitglieder der Familie einer jungen Frau, die seit Monaten abgängig ist. Hier wird Hunter nicht sehr freundlich aufgenommen, denn die Familie wartet immer noch auf Nachricht und befürchtet, jeder Fremde könnte der Überbringer schlechter Nachrichten sein.

In seinem fünften Fall wird Dr. David Hunter wieder in eine ihm unbekannte Gegend gerufen, Marsch- und Wattland, Priele und Kanäle, Seefestungen, raue Seeluft und unwegsames Gelände bilden einen Hintergrund, der den Leser einlädt selbst ein wenig nachzuforschen, in was für eine Landschaft die Handlung hineingeschrieben wurde. Eine Kleinigkeit nur wirkt nicht passend und schon stellt sich der Leichenfund in einem anderen Zusammenhand dar als zunächst geglaubt. Angespannt verfolgt man nach, ob die nächsten Schlüsse zur Aufklärung führen. Nachdem jedoch immer neue Hinweise auftauchen gestaltet sich die Sache immer rätselhafter. Und so langsam merken auch die örtlichen Beamten, dass Hunters Ansehen gelitten hat und seine frisch geknüpfte Verbindung zu der Familie der Verschwundenen machen ihn eigentlich befangen, so dass er eigentlich aus den Ermittlungen herausgehalten werden müsste. Wären da nicht seine Spürnase, seine Erfahrung und Abwimmeln lässt er sich einfach nicht. Tief taucht man ein in eine Geschichte, die mit überraschenden Wendungen und einem tollen Setting überzeugt.

4,5 Sterne

Veröffentlicht am 16.04.2017

Der Richter

Gefährlicher Lavendel (Ein-Leon-Ritter-Krimi 3)
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Der Gerichtsmediziner Dr. Leon Ritter hat es sich ganz gut eingerichtet in Südfrankreich. Er will das Leben genießen und ein wenig auf den Spuren seiner französischen Vorfahren wandeln. Der schöne allerdings ...

Der Gerichtsmediziner Dr. Leon Ritter hat es sich ganz gut eingerichtet in Südfrankreich. Er will das Leben genießen und ein wenig auf den Spuren seiner französischen Vorfahren wandeln. Der schöne allerdings trockene Frühling verspricht einen Sommer wie er im Buche steht. Und beim Boule lässt es sich gut entspannen und plaudern. Doch dann geht das Gerücht um, der angesehene Richter Lambert sei verschwunden. So recht nimmt das zunächst keiner ernst, schließlich kann er sich mit einer Geliebten eine kleine Auszeit genommen haben. Doch nur wenig später wird der Richter in desolatem Zustand mit zahlreichen Verletzungen gefunden. Bald verstirbt er an den schweren körperlichen Schäden, die er sich während seines Verschwindens zugezogen hat.

Bereits zum dritten Mal wird der Gerichtsmediziner Leon Ritter zu den Ermittlungen der Polizei hinzugezogen. Ritter ist ein gewissenhafter und gründlicher Rechtsmediziner, der obwohl er ganz dem savoir vivre zugeneigt ist, auch seine deutschen Wurzeln nicht verleugnen kann. Da kann es passieren, dass er mit exakten Untersuchungsergebnissen, die er in den Zusammenhang stellt und dann noch überdenkt, eher aneckt als erfreut. Zum Glück ist er mit der stellvertretenden Polizeichefin des Ortes liiert, die ihm so manche Unterstützung gewährt, wenn die Herren Kollegen und die ganz Oberen mal wieder etwas unter den Tisch kehren möchten.

Aus französischer Lebensart und deutscher Gründlichkeit wird hier ein unterhaltsamer Krimi gestrickt. Leon Ritter ist ein gutes Beispiel für ein Kind zweier Kulturen, die zwar ähnlich aber doch sehr unterschiedlich sind. Er möchte sich der Leichtigkeit Südfrankreichs anpassen, kann aber nicht verhehlen, dass er einige sogenannte deutsche Tugenden doch vermisst. Dennoch hat er sich in Frankreich verwurzelt und möchte überhaupt nicht mehr zurück. Damit und mit den lebendigen Beschreibungen des Lebens in der Provence weckt der Autor ein gewisses Fernweh. Gleichzeitig entwickelt sich eine packende Kriminalgeschichte, deren Spuren in die nähere Vergangenheit reichen. Man fragt sich, wer solch nie verzeihenden Hass empfinden kann, dass er Mensch auf ausgesprochen grausame Weise tötet. Darauf kann natürlich keine Obduktion eine Antwort geben. Auf die Frage, warum Menschen töten, antwortet Dr. Ritter, weil sie es können. Das klingt zunächst etwas lapidar, wenn man bedenkt, dass wir auch nur Tiere sind und uns vielleicht nicht so viel einbilden sollten, scheint aber doch was dran zu sein. Jedenfalls ist der Krimi klug komponiert und Leon Ritter wächst einem schon nach kurzem ans Herz.