Der Roman von Stefán Máni ist an Düsterheit und Finsternis nicht zu überbieten. Nach und nach wird der Leser in die Sorgen und Nöte eines jeden Mitglieds der Schiffsbesatzung, die am 11. September 2001 auf der Per Se von Island aus Richtung Surinam in See stechen wird, eingeführt und davon sind wahrlich genug vorhanden: jeder schleppt eine Last mit aufs Schiff. Das erstreckt sich von Kneipenschlägereien und Eheprobleme über die Auflehnung gegen den Arbeitgeber und Spielschulden verbunden mit Erpressung bis hin zu Rauschgiftschmuggel im großen Stil und Mord an der eigenen Ehefrau. Der Aktionsreichtum erstreckt sich vor allem auf das Geschehen vor der Abfahrt. Die Handlung auf dem Schiff wird vergleichsweise zurückhaltender dargestellt: ein geniales Mittel der Erzählkunst, das der Autor meines Erachtens aber nicht ausschöpft. Ein Piratenüberfall, der Mittelpunkt der eigentlichen Handlung an Bord, bleibt seltsam konturenlos. Das Kräftemessen der Besatzung untereinander, ebenfalls ein zentraler Aspekt innerhalb des Romans, wird mehr oder weniger ins Aus manövriert. Sicher, das Hauptaugenmerk des Autors liegt auf den Emotionen und Stimmungsschwankungen an Bord, aber auch diese kommen nicht an jeder Stelle des Romans so kraftvoll zum Ausdruck wie es möglich gewesen wäre.
Rettungsanker, die der Autor sich selbst auswirft, werden von ihm nicht ergriffen: so die zeitliche Festlegung auf das signifikante Datum 11. September 2001. Mir wird die Wahl dieses Datums nicht klar, da an keiner Stelle des Romans ein Zusammenhang mit der Katastrophe in New York erstellt wird.
Mit dem „Schiff“ hat Máni ein ungewöhnliches Werk geschaffen, das sich von anderen aktuellen skandinavischen Kriminalromanen durchaus absetzt. Ich bin ein großer Fan des sanft hervorblitzenden Humors, des Stehaufmännchenhaften in Krimis, mögen sie noch so düster und hoffnungslos sein. Darauf hofft der Leser hier vergebens. An einer signifikanten Stelle des Romans offenbart der Kapitän eine Episode aus dem frühen Jahren seiner Berufstätigkeit, die sich auf dem estnischen Schiff „Lootus“ zugetragen hat. Diese Hoffnung – so die Bedeutung des Wortes in deutscher Sprache - lässt die Besatzung der Per Se völlig in Stich und den Leser allein in einer beklemmenden Atmosphäre. Diese Stimmung wird vom Autor sehr gekonnt erzeugt – ein Liebhaber der düsteren Seiten der Literatur wird hier auf seine Kosten kommen.