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Veröffentlicht am 17.09.2021

Heiße Ermittlungen in Montana

Brennender Fluss
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Es gibt ein Wiedersehen mit der Ermittlerin Macy Greeley, inzwischen alleinerziehende Mutter eines anderthalbjährigen Sohnes, Luke, die es mitten im Sommer, in der brütendsten Hitze, ins Flathead Valley ...

Es gibt ein Wiedersehen mit der Ermittlerin Macy Greeley, inzwischen alleinerziehende Mutter eines anderthalbjährigen Sohnes, Luke, die es mitten im Sommer, in der brütendsten Hitze, ins Flathead Valley in Montana verschlägt, wo ein junger Soldat ermordet aufgefunden wurde, nachdem er mehrere gefährliche Auslandseinsätze, unter anderem in Afghanistan, überlebt hatte.

Obwohl längst nicht so brutal wie sein Vorgänger "Eisiges Geheimnis", geht es hier doch ordentlich zur Sache und in seiner überaus atmosphärischen Art erinnert mich das Buch an die Thriller von Linda Castillo und die Bücher von Daniel Woodrell, vor allem "Winters Knochen", das auch verfilmt wurde, sowie an den Film "Fargo" der Coen Brothers. Sie alle zeigen die amerikanische Einöde, die Menschen dort in ihrer Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit - Menschen, die kein Wertesystem, keine Struktur mehr in ihrem Leben haben und soweit gehen, das Liebste in ihrem Leben in Frage zu stellen, wenn nicht gar zu verleugnen - wenn sie ein solches überhaupt noch zu identifizieren imstande sind. In diesen Kreisen muss die alleinstehende Macy ermitteln und es tun sich Abgründe auf, die teilweise mit lange zurückliegenden Ereignissen zusammenhängen und deutlich machen, dass der Mensch sich irren kann - in vielerlei Hinsicht. Doch hat sie diesmal Unterstützung durch den örtlichen Sheriff Aiden Marsh, einen überaus charismatischen Typen, den sie zudem noch von früher kennt. Und auch ihr Chef Ray Davidson, der noch viel mehr als das ist, ist immer wieder - wenn auch selten persönlich - präsent, was es nicht unbedingt leicht für Macy macht.

Der Autorin Karin Salvalaggio ist hier ein außergewöhnlicher Krimi gelungen, der im Vergleich zum ersten Band "Eisiges Geheimnis" an Atmosphäre gewonnen hat und frei von Längen ist. An der Darstellung von Übergängen und Zusammenhängen hapert es immer noch ein bisschen, was bei mir zeitweise für Verwirrung sorgte. Zudem spielen diesmal eine ganze Reihe von Charakteren eine Rolle, deren Einführung teilweise etwas unübersichtlich vonstatten geht. Doch dies sind Marginalien - man hört, es soll eine ganze Serie von Thrillern um Macy Greeley entstehen - also, ich freue mich schon auf den nächsten Band und bin gespannt, ob Macys weiterer Weg ebenso abwechslungsreich, überraschend und unvorhersehbar sein wird wie der bisherige.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Der Vegan-Papst in Bella Italia

Vegan Italian Style
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Wer in Deutschland zumindest den Begriff "vegan" gehört hat, kennt meist auch Attila Hildmann, den medienwirksamen Koch und Kochbuchautor, der untrennbar mit der veganen Küche verbunden ist und - man mag ...

Wer in Deutschland zumindest den Begriff "vegan" gehört hat, kennt meist auch Attila Hildmann, den medienwirksamen Koch und Kochbuchautor, der untrennbar mit der veganen Küche verbunden ist und - man mag von ihm denken, was man will - mehr als maßgeblich dazu beigetragen hat, diese in Deutschland bekannt und vor allem auch interessant zu machen.

Ich selbst bin keine Veganerin, nicht einmal Vegetarierin, ernähre mich jedoch hauptsächlich fleisch- und fischlos. Zu viel Eier und Milchprodukte tun Haut und vielen anderen Regionen des Körpers nicht unbedingt gut, daher lag es auf der Hand, sich auch mit der veganen Küche auseinanderzusetzen. Da ich selbst und auch andere Familienmitglieder die italienische Küche lieben, lag es auf der Hand, Hildmanns neuestes Werk "Vegan Italian Style" unter die Lupe zu nehmen.

Zunächst eine Einführung, selbstverständlich mit einer, nein, einer ganzen Reihe von Botschaften, ganz wie es sich für einen Papst ziemt. Und - ganz nach der Facon von Jamie Oliver - einer Reihe von Bildern des Kochs selbst, allerdings diesmal im Kreise seiner italienischen "Familie". Erfreulicherweise ändert sich das im Rezeptteil - was keineswegs in jedem Hildmann-Buch der Fall ist - wo dann jedes Rezept von einem schönen Foto begleitet wird, das Lust aufs Kochen und Essen macht.

Die italienischen Rezepte, besonders die Pizzen und die Pastagerichte, wirken einladend und köstlich und sind bereits mehrfach von mir nachgekocht worden - alle mit durchschlagendem Erfolg. Auch die - allerdings nicht so zahlreich wie erhofft vorhandenen - Salate sind köstlich. Was allerdings vollkommen fehlt, sind Suppen und das hat mich dann doch ziemlich schockiert, sind sie doch gerade in der Herbst- und Winterzeit das A und O unserer heimischen Alltagsküche - und ich kenne sie durchaus zahlreich aus anderen italienischen Kochbüchern wie auch aus italienischen Restaurants. Auch die "Secondi" sind aus meiner Sicht nicht richtig repräsentativ und enthalten zudem auch Gnocchi und Risotti, die beide m.E. auch - wie Pasta - als Zwischengang gereicht werden. Mit Blick auf den ersten Teil wie auch auf einige der Desserts ist dies aber durchaus ein Kochbuch, das viele "nützliche" Gerichte enthält, die ich langfristig in unseren Speiseplan eingliedern werde, da sie unaufwändig und bekömmlich sind und zudem gut schmecken!

Doch eines stört mich wirklich und irgendwie passt es wirklich gut zu den vielen Hildmann-Fotos: Hier ist nicht die Rede von Bioläden bzw. Biosupermärkten, nein, es sind Biodealer, der Leser wird durchgehend geduzt, alles schmeckt super und man ist auch nicht hungrig, sondern wird vom Hunger gepackt.... nein, ich mag es definitiv lieber, wenn es sprachlich einerseits nicht ganz so lässig, andererseits nicht so aufgesetzt zugeht. Ich gebe offen zu, dass Attila Hildmann mich ein kleines bisschen nervt. Das macht es mir anstrengend, mich länger auf dieses Buch einzulassen - gottseidank ist es diesmal nicht ganz so präsent wie in einigen anderen Hildman

Veröffentlicht am 17.09.2021

Ein Krimi der ruhigen Art

Totenrausch
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Eher der ruhigen, der introvertierten - doch wer glaubt, es ginge hier gemächlich zu, der befindet sich auf dem Holzweg! Nein, dies ist ein auf reduzierte Art überaus rasanter Krimi, auf den sich einzulassen ...

Eher der ruhigen, der introvertierten - doch wer glaubt, es ginge hier gemächlich zu, der befindet sich auf dem Holzweg! Nein, dies ist ein auf reduzierte Art überaus rasanter Krimi, auf den sich einzulassen lohnt.

Worum es geht: Bestatterin Blum - eingeführt bereits in den Vorgängerbänden "Totenfrau" und "Totenhaus"- ist auf der Flucht: jede Menge Leichen haften ihr an. Diesmal führt ihr Weg über den Umweg in den hohen Norden geradewegs nach Hamburg - und Blum wäre nicht Blum, wenn sie nicht schnurrstracks auf der Reeperbahn und im Rotlichtmilieu landen würde - und das mit ihren beiden Töchtern im Schlepptau!

Dass sie bald nicht mehr Blum, sondern Marie Müller heißt und dem brutalen Zuhälter Schiele auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist - das müssen Sie nicht verstehen. Jetzt noch nicht - erst, wenn Sie der Geschichte von Brünhilde Blum/ Marie Müller literarisch gefolgt sind.

Weitere Figuren tauchen auf - sie alle als schräg zu bezeichnen, ist - gelinde gesagt - eine Untertreibung sondergleichen! Und die Handlung wird blutig und hart - auch wenn es viel um innere Entwicklungen geht, sind es große Themen, die hier angesprochen werden: es stellt sich die Frage, wem man vertrauen kann und wer man selber ist - vom gesamten Umfeld gar nicht zu Reden. Blum jedenfalls bereitet sowohl sich als auch anderen jede Menge Schwierigkeiten - wobei nur der kleinere - durchaus nicht geringe Teil - hausgemacht ist.

Ein ruhiger, aber heftiger Thriller und damit eine ausgesprochen ungewöhnliche, umso wirkungsvollere Kombination. Teilweise sind die Entwicklungen dennoch ein wenig langsam. Das bezieht sich aber ausschließlich auf den Schreibstil, wenn man sich vergegenwärtigt, was da so los ist, geht es eindeutig Knall auf Fall.

Ein Buch für anspruchsvolle Thrillerfreunde, die wollen, dass es kracht und dass blut fließt und die nicht zu empfindlich sind. Im Gegensatz zum Vorgänger "Totenhaus", der meinen Geschmack nur teilweise getroffen, bin ich diesmal so ziemlich auf meine Kosten gekommen. Und empfehle die Geschichte mit Brünhilde/Marie, die mit diesem Band vollendet bzw. abgerundet wird, von ganzem Herzen!

Veröffentlicht am 17.09.2021

Tatsächlich Berger und Blom?

Sieben minus eins
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Dem Ermittler Sam Berger begegnen wir gleich zu Beginn des Buches und er ist ein wahrhaft eigensinniger Typ, einer mit Ecken und Kanten, einer, der gewiss nicht jedermanns Freund ist - und mit Sicherheit ...

Dem Ermittler Sam Berger begegnen wir gleich zu Beginn des Buches und er ist ein wahrhaft eigensinniger Typ, einer mit Ecken und Kanten, einer, der gewiss nicht jedermanns Freund ist - und mit Sicherheit auch kein allseits beliebter Kollege. Nein, er ist ein Typ, der polarisiert und das liegt ganz bestimmt nicht an seinem nahezu manischen Faible für Uhren, sondern eher daran, dass er ein ziemlich sturer Typ mit manchmal fast ins machohafte gehenden Attitüden ist. Einzig seine Kollegin Desiré Rosenquist steht vorbehaltlos hinter ihm, wohingegen sein Chef Allan Gudmundsson durchaus Zweifel an seinen unkonventionellen Methoden hat. Und es ist wichtig, zu einem raschen Erfolg zu kommen, wird doch nach einem 15jährigen vermissten Mädchen gesucht und nach zwei weiteren, bei deren Verschwinden zunächst aufgrund von Migrationshintergrund ein Zusammenhang mit dem IS vermutet wurde, bei denen man jetzt aber einen innerschwedischen Mordfall vermutet - in allen Fällen - es können auch noch einige mehr sein - wird derselbe Täter vermutet.

Doch wer um Himmels ist Molly Blom, die im Klappentext als Bergers Partnerin angekündigt wird? Zunächst entsteht der Eindruck, dass der Autor sie beim Schreiben vergessen hat, bis sie auf geradezu wahnwitzige Art ins Geschehen eingreift und damit diesen Krimi endgültig von der Masse der vorliegenden Skandinavien-Krimis absetzt.

Wer Ermittler mit einem vielfältigen, nicht gerade einfachen, privaten Vorleben in Kombination mit ungewöhnlichen Fällen und den Überraschungen, zu denen nur ein Arne Dahl fähig ist, mag, der ist hier trotz anfänglicher Verwirrungen an der richtigen Adresse!

Veröffentlicht am 17.09.2021

Einen sicheren Hafen

Das Nest
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bzw. einen familiären Rückhalt haben die vier Plumb-Kinder - zumindest auf dem Papier seit Ewigkeiten erwachsen - schon lange nicht mehr, wenn sie überhaupt je so etwas hatten. Früh zu Halbwaisen geworden, ...

bzw. einen familiären Rückhalt haben die vier Plumb-Kinder - zumindest auf dem Papier seit Ewigkeiten erwachsen - schon lange nicht mehr, wenn sie überhaupt je so etwas hatten. Früh zu Halbwaisen geworden, hat sich ihre exzentrische, stets dem Alkohol zugeneigte Mutter doch eigentlich nur um sich selbst gekümmert. Und auch sonst, untereinander gab es stets wenig Halt: dafür waren und sind Leo, Bea, Jack und Melody einfach zu unterschiedlich. Doch über all die Jahre, durch alle Widrigkeiten hindurch, gab es immer etwas, woran sie sich festhalten konnten, nämlich das "Nest" - einen erklecklichen Fond für alle vier, der ihnen offenstehen sollte, wenn Melody, die Jüngste von ihnen, ihren vierzigsten Geburtstag hinter sich hat, was zu Beginn dieses Buches nicht mehr lange dauern wird. Allerdings wird dieser Fond ausgerechnet von ihrer Mutter, der unzuverlässigsten Person unter der Sonne verwaltet und so erfüllt sie auch in diesem Falle nicht die Erwartungen aller. Denn Leo, der Älteste, gerät in eine Notsituation, in der sie ihm kurzerhand die gesamte Summe - mehrere Millionen - zur Verfügung stellt.

Ein schwerer Schlag für die restlichen Geschwister, hatten sie doch schon alle mit dem Geld gerechnet. Und es teilweise bereits einkalkuliert in ihre Lebensplanung. Und nun?

Wir lernen in diesem Roman alle vier Plumb-Geschwister und ihr jeweiliges Umfeld, ihre Familien kennen, es wird uns vorgeführt, was Familie NICHT sein sollte. Oder kann Leo das Geld rechtzeitig retournieren? Springen die anderen über ihren Schatten und helfen sich gegenseitig aus der Patsche? Lesen Sie selbst, es passiert so einiges Unvorhergesehene und sie werden Bekanntschaft mit einigen Charakteren der besonderen Art machen.

Die Autorin Cynthia D'Aprix Sweeney hat einen klassischen Familienroman geschaffen und gleichzeitig etwas überraschend Neues. Wie in diesem Genre üblich, werden die Charaktere demaskiert und zeigen in der Krise ihr wahres Gesicht. Ebenso wie ihr Umfeld - in einigen Fällen entspricht dies den Erwartungen, die der Leser früh entwickelt, in anderen wird man total überrascht. Trotzdem - ich zumindest war durchgehend froh, am Rande zu stehen und nicht zu dieser Familie zu gehören, die etwas Gestörtes, etwas Zerstörendes an sich hat. Aber - haben das nicht alle Familien? Nun, ich würde sagen, definitiv nicht in diesem Ausmaß, wenn überhaupt.

Das Buch liest sich ausgesprochen süffig, der Stil ist sowohl ausdrucksstark als auch unterhaltsam, die Charaktere gut gezeichnet. Einige wenige Male war ich ein bisschen enttäuscht von den inhaltlichen Entwicklungen - hier hätte es ein wenig mehr, da wieder etwas weniger sein dürfen. Doch das sind persönliche Wünsche, die ebenso auf meinen Lese- wie auch auf meinen Lebenserfahrungen fußen. Insgesamt ist dies ein spritziger, unterhaltsamer, teilweise auch erschütternder, ja schockierender, doch immer wieder auch humorvoller Roman über eine New Yorker Familie der Gegenwart. Eine brilliante Unterhaltung an dunklen Herbsttagen!