Liebe und Leid zur Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges - packend erzählt
Die Küste der FreiheitDas Leben der Mennonitin Anna Hochstetter und des Sekondeleutnant Lorenz von Tannau scheint verbunden zu sein. Bereits in Deutschland liefen sie sich mehrmals über den Weg und auch in Amerika, wo beide ...
Das Leben der Mennonitin Anna Hochstetter und des Sekondeleutnant Lorenz von Tannau scheint verbunden zu sein. Bereits in Deutschland liefen sie sich mehrmals über den Weg und auch in Amerika, wo beide aus unterschiedlichen Gründen gelandet sind, treffen sie sich wieder.
In Amerika geraten beide in die Wirren des Unabhängigkeitskrieges, doch auch anderes macht ihnen Sorgen.
Maria W. Peters Roman über die beiden so unterschiedlichen Deutschen ist ein wahrer Pageturner, trotz seiner über 800 Seiten habe ich den Roman innerhalb kurzer Zeit gelesen. Die Autorin hat ein Händchen dafür, dem Leser ihre Charaktere sehr nahe zu bringen, man bangt, hofft und freut sich mit ihnen – oder ärgert sich und schimpft über die Antagonisten, von denen es auch ein paar gibt. Die beiden Protagonisten gefallen mir sehr gut, Anna, die sich selbst, auch unter widrigsten Umständen, treu bleibt, und Lorenz, der eine Reihe guter Anlagen für die Entwicklung, die er durchläuft, von Anfang an mitbringt. Auch die weiteren Charaktere sind der Autorin gut gelungen, manche sind allerdings etwas zu eindimensional gestrickt, ich hätte mir, vor allem bei den Antagonisten, weniger Klischee sondern mehr Ambivalenz gewünscht.
Ähnliches gilt für das Schicksal der Protagonisten, vor allem dem Annas, denn irgendwann war mir all das Unglück, das ihr widerfährt, fast zu viel, gut, dass die Autorin ihr dann doch zwischendurch ein wenig Frieden gönnt. Die Autorin hat viel hineingepackt von dem, was Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nach Amerika kamen, passieren konnte, der Roman wirkt dadurch aber nicht überladen, da nicht alles auf die beiden Protagonisten, sondern manches auch auf Nebenfiguren zutrifft, da gibt es z. B. Sklaven, irische Auswanderer, Plantagenbesitzer. Dadurch, dass der Roman aus vielen verschiedenen Perspektiven geschrieben wurde, kommen viele dieser Charaktere selbst zu Wort – und das gefällt mir wirklich richtig gut, wir schauen nicht von oben auf das Geschehen, sondern sind jeweils mittendrin.
Auch wenn die Charaktere allerhand Schlimmes durchmachen müssen, wie etwa die Überfahrt nach Amerika oder Kriegsschlachten, gelingt es der Autorin gut, dieses zwar eindringlich, aber nicht allzu drastisch darzustellen. Andeutungen oder ein paar kurze Sätze reichen oft vollkommen aus, um dem Leser das Leid begreiflich zu machen.
Die Geschichte ist spannend, und man fühlt sehr mit den Protagonisten, sowie mit manchen Nebenfiguren. Was mich, neben den teilweise klischeehaften Charakteren, etwas gestört hat, waren die vielen Zufälle, die in der Regel zu Begegnungen führten, die man sich, vor allem in dieser Fülle, im wahren Leben nicht wirklich vorstellen kann. Allerdings trifft die Autorin damit auch immer wieder die Wünsche der Leser, so dass man sich letztlich über diese Zufälle freut, weswegen es mich dann eben nur ein bisschen und nicht sehr stört.
Im Grunde wird das auch nebensächlich neben dem, was die Geschichte bietet: Sie bringt dem Leser diese Zeit sehr nahe, als Leser erfährt man viel nebenbei, sei es über bestimmte Religionen, die verschiedenen Beteiligten des Unabhängigkeitskrieges, das damalige Rechtssystem und einiges mehr, die Autorin hat umfassend recherchiert, was man auch dem umfangreichen Nachwort entnehmen kann. Am Ende klappt man den Roman zufrieden zu und denkt sicher noch eine Zeit lang hin und wieder an Anna und Lorenz und ihre Begleiter während der erzählten Zeit.
Wie bereits erwähnt, hat die Autorin ein umfangreiches Nachwort verfasst, in dem sie auf verschieden Aspekte des Romans und ihrer Recherche genauer eingeht, außerdem enthält das Buch zwei farbige Karten (Deutschland und Amerika), ein Glossar, eine Liste der historischen Persönlichkeiten, die vorkommen oder zumindest eine Rolle für das Geschehen spielen, sowie Reise- und Städtetipps – perfekt!
Der Roman hat mich gut unterhalten und mich mitgenommen in die Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Wer gerne umfangreiche, gut recherchierte historische Romane liest, die auch eine Liebesgeschichte erzählen dürfen, ist hier genau richtig.