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Veröffentlicht am 20.09.2021

Toxisch, teuflisch, süchtig

Shuggie Bain
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Klappentext:

„Shuggie ist anders, zart, fantasievoll und feminin, und das ausgerechnet in der Tristesse und Armut einer Arbeiterfamilie im Glasgow der 80er-Jahre, mit einem Vater, der virile Potenz über ...

Klappentext:

„Shuggie ist anders, zart, fantasievoll und feminin, und das ausgerechnet in der Tristesse und Armut einer Arbeiterfamilie im Glasgow der 80er-Jahre, mit einem Vater, der virile Potenz über alles stellt. Shuggies Herz gehört der Mutter, Agnes, die ihn versteht und der grauen Welt energisch ihre Schönheit entgegensetzt, Haltung mit makellosem Make-up, strahlend weißen Kunstzähnen und glamouröser Kleidung zeigt - und doch Trost immer mehr im Alkohol sucht. Sie zu retten ist Shuggies Mission, eine Aufgabe, die er mit absoluter Hingabe und unerschütterlicher Liebe Jahr um Jahr erfüllt, bis er schließlich daran scheitern muss. Ein großer Roman über das Elend der Armut und die Beharrlichkeit der Liebe, tieftraurig und zugleich von ergreifender Zärtlichkeit.“



Was hier so „weich“ dargestellt wird, entpuppt sich beim lesen als eine extrem toxische Geschichte, die nach Alkohol regelrecht stinkt. Autor Douglas Stuart hat eine enorme, kraftvolle und extrem intensive Geschichte verfasst, dessen Hauptprotagonist „Shuggie“ besser nicht hätte beschrieben sein können. Gleich vorweg: das Buch hat mich nicht so umgehauen, wie es andere Bücher dieses Jahr bereits getan haben, aber, und nun kommt das große ABER: man liest dieses Buch , taucht in die Seele von Shuggie und Mutter Agnes ein und will eigentlich garnicht weiter lesen. Warum? Die Worte, die Stuart hier wählt sind heftig aber dennoch klar gesetzt. Punktgenau beschreibt er Situationen die man eben lieber nicht „sehen“ will, die man gern verdrängt, die gern hinter den Kulissen spielen könnte und genau das ist die Krux bei dieser Geschichte: man will eigentlich nicht und ist dennoch gefesselt und liest immer weiter.

Die Story ist für weltoffenen Menschen gedacht. Warum? Nur wer mit offenen Augen und Verstand durch diese Welt geht, wird hier nicht den Schreck seines Lebens erhalten. Stuart beschreibt eine sehr gesellschaftskritische Zeit, eine Stadt, in der der Staub alles und jeden überdeckt und die Tristesse bei jedem Bürger in einer Art Wohngemeinschaft wohnt. Douglas Stuart nimmt kein Blatt vor den Mund und hat mit seiner klaren Wortwahl es dennoch geschafft, Situationen nicht immer direkt auszusprechen, sondern gekonnt durch verschiedenen Faktoren den Leser „aufzudrängen“. Dieses aufdrängen ist auch notwendig, sonst verstehen wir die Story rund um Shuggie nie…Diese Art von Schreibstil war dafür perfekt gewählt und hat mich zutiefst beeindruckt. Hier und da gab es ein paar Längen, ein paar Situationen, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen oder die so nach Alkohol stinken, das einem beim lesen schlecht wird. Das dieses Buch einen Preis erhalten hat, ist mir dennoch ein Rätsel. Wie gesagt, wer mit einem offenen und wachen Blick die Welt sieht, entdeckt hier nichts Neues, sondern eine Story, die unschön ist, aber eben nunmal überall spielen könnte. Von einem Leben in der Gosse liest niemand gern, aber dennoch ist es allgegenwärtig und ja, da gebe ich Douglas Stuart recht, auch darüber muss gesprochen werden. Nichts darf einfach so verharmlost werden oder einfach „tot-geschwiegen“ werden wenn es doch da ist.

Eine sehr beeindruckende Geschichte, der ich 4 sehr gute Sterne gebe, die aber dem äußert gelungenen Schreibstil und weniger der Story vergeben werden. Selten so eine heftige und toxische Geschichte gelesen, die nachhallt und den Leser immer wieder zum nachdenken anregt. Beeindruckend, aber mit Sicherheit nicht jeder Lesers Lieblingsbuch….

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Veröffentlicht am 20.09.2021

Klein aber dafür sehr informativ

Das pfeifen die Spatzen von den Dächern
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Klappentext:

„Was mache ich mit einem Jungvogel, der aus dem Nest gefallen ist? Welchem Vogel gehört die tolle Feder, die ich gefunden habe? Lars Lachmann und sein Team beim NABU beantworten jedes Jahr ...

Klappentext:

„Was mache ich mit einem Jungvogel, der aus dem Nest gefallen ist? Welchem Vogel gehört die tolle Feder, die ich gefunden habe? Lars Lachmann und sein Team beim NABU beantworten jedes Jahr tausende Fragen zu unserer heimischen Vogelwelt. Aus den FAQs der Vogelfreunde ist dieser praxisnahe Ratgeber entstanden. Er behandelt, geordnet nach Jahreszeiten, die wichtigsten Themen rund um Vogelkunde und Vogelschutz. Egal ob kurz und knapp oder mit wissenschaftlichem Hintergrund: die Antworten sind stets leicht verständlich und enthalten viele Tipps für praktischen Artenschutz von Januar bis Dezember.“



Gleich vorweg: der erfahrene (Hobby)Ornithologe wird hier zwar keine News finden, aber dennoch einen informativen und sehr gut recherchierten Ratgeber vorfinden, welcher durchaus lesenswert ist. Die Aufteilung in die Jahreszeiten und zusätzlichen ausgewählten Vogelporträts geben wunderbare Einblick und Tipps für eine gute Beobachtung vor allem einen geschulteren Blick auf unser Flugpersonal in Garten & Co.. Natürlich geht Autor Lars Bachmann in diesem dünnen Heftchen nicht zu weit in die Tiefe, aber beispielsweise den Zug der Vögel nach dem Winter wieder hier in unsere Heimat oder Vogelstimmen werden fachlich und verständlich erklärt. Kleines Highlight hier in diesem Buch: die wunderschönen Fotos. Man bleibt teilweise richtig daran kleben, denn die Feinheiten vom Gefieder bekommt man ja nicht immer so dicht vor‘s Auge.

Ein kompakter und informativer Ratgeber, der wahrlich sehr gut ist und somit 4 von 5 Sterne verdient.

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 02.09.2021

Setzt die Segel!

Freiheit auf Zeit
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Klappentext:

„Jede Weltumsegelung ist eine Liebesgeschichte. Erzählt von Männern und Meeren, von Frauen und Freiheit. Und von der Verwirklichung lang gehegter Träume. Vor diesen Geschichten sei gewarnt. ...

Klappentext:

„Jede Weltumsegelung ist eine Liebesgeschichte. Erzählt von Männern und Meeren, von Frauen und Freiheit. Und von der Verwirklichung lang gehegter Träume. Vor diesen Geschichten sei gewarnt. Sie können akutes Fernweh auslösen und Reisefieber verursachen, bis hin zu dem drängenden Verlangen, jetzt, gleich und hier alles stehen und liegen zu lassen, auf ein Boot zu steigen und davon zu segeln. Als Gegenmittel wirken vorübergehend nur Gebrauchtbootanzeigen und das Verteilen von Kreuzchen auf dem Globus. Zwölf Reisen deutscher Weltumsegler zeichnet dieses Buch nach, basierend auf zwölf Interviews mit Paaren, Solo-Seglern und einer Familie. Zwölf Träume, zwölf Entscheidungen des Loslassens, zwölf Mal vollkommene Freiheit….“



Kristin Müller lässt hier insgesamt 12 Geschichten die Segel aufblähen und wir erleben als Leser nicht immer nur romantische Seiten des Segelns. Jeder der 12 Geschichten hat ihren eigenen Ton, teilweise rau, manchmal emotionslos, manchmal komplett euphorisch…genau wie die See manchmal ruhig und manchmal stürmisch sein kann. Neben den Segelerfahrungen werden auch Routen etc. geteilt und der Leser kann sich so ein besseres Bild vom Geschehen machen. Fachbegriffe lassen einen im,er wieder im Glossar nachblättern und behindern natürlich den Lesefluss, aber wie will man sonst dieser „Kunst“ gerecht werden? Fachlich muss es dann eben genau so sein.

Alles in allem sehr interessant aber eben auch speziell - ich vergebe 4 von 5 Sterne.

Veröffentlicht am 02.09.2021

Auf alten Spuren

Der alte Ochsenweg
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Klappentext:

„Mancherorts breit, anderenorts eher schmal, mal auf festem, mal über sandigen Boden wand sich der Ochsenweg von Nord nach Süd durchs Land. Bis in die 1820er Jahre hinein hatte er jahrhundertelang ...

Klappentext:

„Mancherorts breit, anderenorts eher schmal, mal auf festem, mal über sandigen Boden wand sich der Ochsenweg von Nord nach Süd durchs Land. Bis in die 1820er Jahre hinein hatte er jahrhundertelang eine hohe wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung für die Orte, durch die er führte, und auch für einen breiten Streifen Landes und dessen Bewohner links und rechts des Weges: eine Lebensader für Zehntausende. Hinweise auf diesen Weg finden wir entlang der Linie Flensburg – Rendsburg – Bad Bramstedt – Wedel überall. Manche Ortschaft und manche Brücke verdankt ihre Errichtung (oder die Wirtschaftskraft, die sie heute hat), der Tatsache, dass sie auf der Strecke des Ochsenweges lag. „Der alte Ochsenweg“ unternimmt eine gemächliche Reise auf den Spuren dieses alten Weges von der dänischen Grenze bis zur Elbe. Wir sehen uns in der Natur und in den Orten um, schauen, ob etwas an diese sehr besondere Geschichte erinnert, und ob das, was die Orte heute ausmacht, etwas mit der Vergangenheit zu tun hat. Weil der Weg über die Geest führt, anders formuliert: kaum Berührung mit den Küsten hat, bekommen wir auch einen frischen Blick auf unser Schleswig-Holstein.“



Es gibt u.a. die berühmte Salzstraße, die Seidenstraße, die Silberstraße und auch den alten Ochsenweg. Dieser wird von Autor Carsten Dürkob beleuchte. Er geht hier ausschließlich die Lage zwischen Flensburg und Wedel ab, was leider etwas schade ist, denn der Ochsenweg zieht sich auch durch Dänemark und hätte somit noch mehr Potential als Ohnehin gehabt, aber gut, wir beleuchten nun also den Weg auf deutscher Seite.

Dies geschieht mit einer sehr interessanten und anschaulichen Art und macht Lust mit dem Rad den Weg zu erkunden. Dürkob beleuchtet die historische Geschichte, Ansiedlungspunkte und eben das alles was die Orte heute dadurch ausmachen. Auch hier sind neben zahlreichen Karten, Bildern und kurzweiligen Texten eine gekonnte Optik entstanden und der feste Einband lässt auch dieses Buch zu einem edlen Reiseführer werden. 4 von 5 Sterne!

Veröffentlicht am 29.08.2021

Leider schwächer als das Debut der Autorin

Die Teehändlerin
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Klappentext:

„Frankfurt 1838: Als Kaufmannstochter und Ehefrau des Teehändlers Tobias Ronnefeldt genießt Friederike es sehr, ab und an hinter der Theke ihres Geschäfts zu stehen – sie liebt den blumigen, ...

Klappentext:

„Frankfurt 1838: Als Kaufmannstochter und Ehefrau des Teehändlers Tobias Ronnefeldt genießt Friederike es sehr, ab und an hinter der Theke ihres Geschäfts zu stehen – sie liebt den blumigen, leicht erdigen Duft der dunklen Teeblätter. Doch tiefere Einblicke in den Handel bleiben ihr verwehrt. Das ändert sich, als Tobias 1838 zu einer monatelangen Reise nach China, dem Land des Tees, aufbricht. Ausgerechnet jetzt, wo sie schwanger ist. Bald merkt sie, dass sie dem neuen Prokuristen, den Tobias eingestellt hat, nicht trauen kann. Das ganze Unternehmen ist in Gefahr. So bleibt Friederike nichts anderes übrig, als die Geschicke des Hauses selbst in die Hand zu nehmen. Um diese Herausforderung zu bestehen, muss sie neue Kräfte entwickeln – und den Mut, sich zu behaupten.“



Susanne Popp hatte mich mit ihrem Debut „Madame Clicquot“ komplett begeistert. Ihr zweiter Roman rund um das Tee-Imperium Ronnefeldt viel für meine Begriffe etwas schwächer aus. Denn leider wurde hier zwar sehr viel über die Familie Ronnefeldt und das zu spielende Zeitalter geschrieben, aber eben weniger zum Thema Tee und genau das hatte bei „Madame Clicqout“ das Flair getoppt. Hier wurde das Verfahren für die Entstehung des Champagners und einige andere wichtige Parts zum Thema immer wieder gekonnt mit eingewoben und hier sah es leider etwas mau damit aus (gerade über Tee lässt sich so viel schreiben!). Nichts desto trotz begeistert diese Geschichte mit ihrer Sprach- und Wortwahl und ihrem äußert angenehmen Lesefluss. Der Aufbau des Tee-Imperiums ist neben Friederike der rote Faden der Geschichte. Hier und da gibt es aber leider Parallelen zu anderen Autor(innen) und deren Geschichten, aber da kann ja die Familiengeschichte der Ronnefeldts nichts für. Popp entführt uns sehr bildhaft und geschmeidig ins Frankfurt des 19. Jahrhunderts. Neben politischen und wirtschaftlichen Beleuchtungen, zeigt sich auch schnell, dass eine Frau nicht für die Wirtschaft geschaffen ist. Angeblich! Friederike sieht das etwas anders und zeigt mit ihrer Art ein feines Gespür. Sie will versuchen sich durchzusetzen und beweist Mut und Stärke. Als Leser sehen wir, dass es alles andere als leicht für sie ist, aber die Mitarbeiter der Firma dürfen von ihren Bedenken und ihrem straucheln nichts erahnen, muss doch diese Firma weiter wachsen, denn ein großer Name steht sonst auf dem Spiel!

Schlussendlich kann sich diese gelungene Geschichte in die Reiher mutiger Frauen und besondere/bekannte Firmen/Familiengeschichten einordnen.

Wie gesagt, an ihr Debut kann Popp hier nicht anknüpfen, zeigt aber wieder, dass sie schreiben und den Leser damit fesseln und beeindrucken kann. War die Messlatte doch recht hoch angesetzt mit der Göttin des Champagner, muss der Tee hier noch etwas ziehen….4 von 5 Sterne.

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