Es fehlte nur die Kirsche auf der Sahnehaube.
Der dunkle SchwarmKlappentext:
Im Jahr 2100 verbinden die Menschen ihr Bewusstsein über Implantate zu sogenannten „Hive-Minds“. Die junge Atlas profitiert davon gleich doppelt: Tagsüber arbeitet sie als Programmiererin ...
Klappentext:
Im Jahr 2100 verbinden die Menschen ihr Bewusstsein über Implantate zu sogenannten „Hive-Minds“. Die junge Atlas profitiert davon gleich doppelt: Tagsüber arbeitet sie als Programmiererin für den größten Hive-Entwickler. Nachts betreibt sie unter dem Decknamen Oracle einen lukrativen Handel mit Erinnerungen, die sie aus Hive-Implantaten stiehlt.
Eines Nachts berichtet ihr ein Kunde namens Noah von dem Mord an einem ganzen Hive – eigentlich eine technische Unmöglichkeit. Er bietet ihr eine horrende Summe dafür an, den Täter zu finden. Atlas lässt sich auf den Deal ein – und ist bald auf der Flucht vor der Polizei, Umweltterroristen und Auftragsmördern …
Schreibstil:
Ich liebe den Schreibstil von Marie Graßhoff! Ich rede immer davon, dass ein Schreibstil leicht zu lesen ist und mir deshalb so gut gefällt. Vielleicht führt dieser Ausdruck aber zu Missverständnissen. Was ich damit sagen will, ist, dass der Schreibstil einfach dazu einlädt, das Buch in einem durchzusuchten. Es ist so schön geschrieben, dass einem selbst komplexe Zusammenhänge einfach vorkommen und man der Handlung ohne Probleme folgen kann. Genau so ist Marie Graßhoffs Schreibstil und genau so komme ich auch auf den Ausdruck „leicht zu lesen“. Es ist einfach leicht, sich von dem Buch fesseln zu lassen.
Meine Meinung allgemein:
Der Einstieg in die Geschichte war vielleicht ein wenig abrupt. Ob das nun positiv oder negativ ist, weiß ich nicht so genau. Wahrscheinlich eher ersteres. Man ist sofort in der Handlung drin, steht aber auch vor einer Menge Fragen. Wie das bei Sci-Fi nunmal so ist, ist alles anders und man muss erst einmal dahinterkommen, was nun wie ist. Das hinderte mich aber nicht daran, mich sofort mit der Handlung mitreißen zu lassen. Die Hauptprotagonisten Atlas, oder auch Oracle genannt, vereinigt nämlich alles, was nur irgendwie spannend an einer Person sein kann: sie hat ein geheimes Talent, einen geheimen roboterähnlichen Freund, einen geheimen Namen und agiert im Untergrund, wo keiner so recht über sie Bescheid weiß, sie dafür aber über alle. Es ist also ungefähr so, als würde man Spider-Man am Fenster entklangkrabbeln sehen und hinterhergucken. Man kann den Blick, seine Aufmerksamkeit nicht abwenden. Richtig interessant wird es dann zudem, als auch noch ein riesiges Geheimnis auftaucht, dass es zu klären gibt. Man rätselt sofort mit und lernt ganz nebenbei noch Atlas‘ Welt kennen.
Interessant und etwas ungewöhnlich an Atlas ist dabei, dass sie etwas kalt bzw. emotionslos wirkt. Da steht ein heißer Typ vor ihr? – egal. Ihrem besten Freund geht es schlecht? – sie macht, was nötig ist und dann Tschüss. Es ist allerdings nicht so, dass dies auf den Leser unsympathisch wirkt. Vielmehr ist es so, dass ziemlich schnell klar wird, dass es zu Atlas‘ Persönlichkeit gehört und dass sie es nie anders gelernt hat. Im Laufe der Geschichte ist dies der Punkt, an dem Atlas die größte Entwicklung zeigt. Ganz unauffällig und dezent wird im Handlungsverlauf immer deutlicher, wie einzelne Gefühle bis zu Atlas durchdringen und sie sich mehr und mehr Gedanken um ihre und die Gefühle anderer macht. Dies ist anfangs noch gar nicht gegeben.
Falls ihr eine riesige Liebesgeschichte in dem Buch erwarten sollte, so ist dies aufgrund dieser authentisch fortschreitenden Entwicklung quasi nicht möglich. Zwar gibt es da jemanden im Buch und es gibt für uns Leser auch genug Möglichkeiten, um sich mehr vorzustellen, aber letztlich bleibt alles sehr dezent, weil Atlas Zeit braucht, um solche Gefühle zuzulassen. Für diese Geschichte fand ich dieses Vorgehen aber total passend, weil es eben da ist, der Leser sich etwas vorstellen kann und es tatsächlich auch Einfluss auf die Handlung nimmt, es gleichzeitig aber einfach hauptsächlich um etwas anderes geht, und das ist auch gut so. Im Sci-Fi-Genre möchte ich gerne Action erleben und eine neue Welt kennenlernen. Eine Liebesgeschichte, die zu viel Platz einnimmt, wäre einfach unpassend.
Und Action gibt es jede Menge. Das Rätsel beginnt quasi auf Seite eins – für den Leser und für Atlas. Ab dann geht es von einer Station zur nächsten und nicht selten kommen Atlas und ihre Freunde dabei in brenzlige Situationen, in denen es um Leben und Tod geht. Wer nicht wag, der nicht gewinnt. Es wird also manchmal etwas wagemutig und eine verzwickte Situation reiht sich an die andere, aber genau das ist es, was die Spannung dieses Buches neben dem großen Rätsel, um das es geht, entstehen lässt. Dabei bleibt alles logisch, nachvollziehbar und so, dass man als Leser kleine Erfolgsmomente erlebt, weil man etwas vorausgeahnt hat und an anderen Stellen wiederum völlig überrascht von den neuen Erkenntnissen wird.
Ein ganz klein wenig möchte ich kritisieren, dass mir bis zuletzt ein paar genauere Erklärungen zu der Atlas‘ Welt gefehlt haben. Klar, vieles erklärt sich durch die Handlung und auch von selbst, anderes jedoch wurde mir ein wenig zu implizit gehalten. Ganz so klar wurden mir die Ursprünge der ADICs zum Beispiel nicht, aber das ist Kritisieren auf hohem Niveau.
Zu der Idee selbst kann ich sagen, dass ich sie total interessant und auch gut ausgearbeitet fand. Das Thema Umweltschutz wurde hier klug in eine Zukunftsversion unserer Welt eingebunden. Durch die Action im Buch, lernt man verschiedene Teile der Welt kennen und kann staunen, wie alles super gut zusammenpasst und ausgearbeitet ist. Auch das große Rätsel steht in einem klugen Zusammenhang dazu, sodass Atlas‘ Welt vom Ende der Geschichte unmittelbar betroffen ist.
Vielmehr kann ich zu dieser tollen Geschichte eigentlich gar nicht sagen. Sie hat mich einfach von Seite eins an total mitgerissen, hatte kluge Wendungen und hat beim Lesen super Spaß gemacht. Atlas wird im Verlauf der Geschichte immer sympathischer und das Ende ist nochmal der Kracher, weil einfach vieles zusammenkommt, dass man vorher vielleicht gar nicht so auf dem Schirm hatte und jetzt plötzlich doch noch eine Rolle spielt. Ich kann einzig noch sagen, dass ich am Ende vielleicht noch ein kleines bisschen mehr von der Geschichte erwartet hätte.
Fazit:
Für mich wieder ein Beweis, dass Marie Graßhoff einfach gute Bücher schreibt! Der Schreibstil war toll: mitreißend, flüssig und leicht zu folgen, super, um Komplexes verständlich zu machen. Die Story ist logisch, authentisch, interessant und absolut spannend, hat genau das richtige Maß an Action und brenzligen Situationen und steht dabei noch in einem absolut aktuellen Kontext. Mein Minikritikpunkt und der Eindruck, dass die Geschichte fast zu schnell vorbei ist, bringen mich zu einer 4-Sterne-Bewertung:)
4 von 5 Sterne von mir!