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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.05.2017

Zufälle gibt‘s

Dinge, die vom Himmel fallen
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Die 8-jährige Saara verliert ihre Mutter an einem strahlenden Frühsommertag; sie wird von einem Eisbrocken erschlagen, der sich von einem Flugzeug löste. Saara trauert, doch in ihrer Trauer fragt sie sich ...

Die 8-jährige Saara verliert ihre Mutter an einem strahlenden Frühsommertag; sie wird von einem Eisbrocken erschlagen, der sich von einem Flugzeug löste. Saara trauert, doch in ihrer Trauer fragt sie sich auch immer wieder: was sind Zufälle? Was wäre passiert, wenn ihre Mutter nur einen Meter weiter links gestanden hätte, wenn sie später in den Garten gegangen wäre oder es geregnet hätte? Auch Saaras Tante ringt mit dem Zufall, denn sie hat im Lotto gewonnen. Zweimal. Ein Fischer wird vom Blitz getroffen. Wieder. Und wieder. Und wieder…

Selja Ahava hat mit „Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ ein hervorragendes Debut abgeliefert. Für mich kommt ihr zweites Buch nicht an den Erstling heran, sie zeigt aber auch mit diesem Werk, dass sich nachdenklich und schräg nicht ausschließen müssen. Die Geschichte der kleinen Saara ist berührend und gefühlvoll geschrieben, trotzdem konnte ich mich nicht so richtig einfinden. Im Verlauf wechseln Perspektive und Stil, doch richtig gut hat mir eigentlich nur Saaras Sicht der Dinge gefallen. Die ist keine typische Achtjährige und hat mich manches Mal zum Schmunzeln gebracht. Ahava schlägt einen melancholischen Ton an, der überzeugt. Märchenhafte Elemente gesellen sich zu der schrägen, aber realistischen Geschichte; nicht immer klappt das Zusammenspiel. Zum Ende hin verliert die Story für mich immer mehr, sodass mein Fazit eher gemischt ausfällt. Ein Buch, das ein bisschen sperrig ist und bei mir leider nicht ins Schwarze getroffen hat.

Veröffentlicht am 16.05.2017

Seichte, aber ordentliche Unterhaltung

Spiel der Zeit
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Harry Clifton wächst in der englischen Hafenstadt Bristol auf. Seine Mutter schlägt sich als Kellnerin durch und versucht ihrem Sohnemann eine ordentliche schulische Ausbildung zukommen zu lassen. Eine ...

Harry Clifton wächst in der englischen Hafenstadt Bristol auf. Seine Mutter schlägt sich als Kellnerin durch und versucht ihrem Sohnemann eine ordentliche schulische Ausbildung zukommen zu lassen. Eine schwierige Aufgabe, denn der will eigentlich lieber seinem Onkel nacheifern und Hafenarbeiter werden. Doch eines Tages zeigt Harry sein großes Talent: als Solist im örtlichen Kirchenchor. Und plötzlich stehen dem einfachen Jungen Türen offen, von denen er nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
Ich hatte schon viel Gutes über diese Saga gehört und war nun wirklich gespannt, ob Archer meine Erwartungen erfüllen kann. Ja, denn er erzählt eine interessante Geschichte, füllt sie mit allerlei Leben, entwirft verschiedenste Charaktere, mit denen man mitfiebern kann. Ja, denn der Autor erzählt sehr flüssig und die Story lässt sich leicht lesen, der Perspektivwechsel wirft immer wieder neues Licht auf die Ereignisse. Auf der anderen Seite hat die Story leider kaum Tiefgang und wirkt zwischenzeitlich wie eine äußerst seichte Seifenoper. Der Vergleich zu Folletts Jahrhundertsaga drängt sich förmlich auf und da muss Archer sich leider weit hinten anstellen. Die „überraschenden“ Wendungen sind leider entweder etwas abstrus oder stark vorhersehbar, quasi jeder hütet ein supergeheimes Geheimnis, was dann in einem Ende gipfelt, dass sich Rosamunde Pilcher nicht besser hätte ausdenken können. Ich kann nicht sagen, dass ich nicht ordentlich unterhalten worden wäre, aber eben auf einem Strandlektüreniveau. Meiner Meinung nach hat zumindest dieser Einstiegsband das große Lob, welcher er gefühlt von allen Seiten bekommen hat, nicht verdient. Solide Unterhaltung ja, aber sicherlich kein großer Reißer.

Veröffentlicht am 22.04.2017

Remis?

Der Turm der Könige
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Mitte des 13ten Jahrhunderts sollte eine Schachpartie über Wohl und Wehe der Giralda in Sevilla entscheiden. Ein muslimischer Turm auf christlichem Boden? Ein Unding. Wer die Schachpartie zwischen Muslimen ...

Mitte des 13ten Jahrhunderts sollte eine Schachpartie über Wohl und Wehe der Giralda in Sevilla entscheiden. Ein muslimischer Turm auf christlichem Boden? Ein Unding. Wer die Schachpartie zwischen Muslimen und Christen gewinnt, entscheidet über das Los des Minaretts. Doch die Partie wird unterbrochen und ist auch 500 Jahre später noch nicht entschieden. Nicht zuletzt deswegen, weil die ursprünglichen Regeln verloren gingen…

Ein geheimnisvolles Schachspiel. Versteckte Regeln, Ritterorden und geheime Absprachen. Nerea Riesco kombiniert die mysteriöse Suche um die letzte Schachpartie gekonnt mit einer (unkitschigen) Liebesstory und Sevillas Geschichte im 18ten Jahrhundert. Mir hat diese Mischung über weite Strecken gut gefallen, die Autorin hat einen sehr angenehmen Schreibstil und kann auch die (für mich) eher langweiligen Schachsequenzen und –regeln entsprechend locker an den Leser bringen. Das ganze Buch ist einer Schachpartie ähnlich aufgebaut, das Spiel zieht sich als roter Faden durch die Geschichte, auch wenn die sich gerade mit etwas ganz anderem befasst. Die Figuren sind ganz gut gelungen, ab und an etwas stereotyp, aber durchaus interessant gestaltet. Die Familiengeschichte der Druckerfamilie de Haro ist abwechslungsreich, manchmal etwas abenteuerlich, ab und an leider auch etwas langweilig. Insgesamt bin ich den Figuren aber gerne über die Seiten gefolgt. Der Spannungsbogen ist mäßig aufgebaut, der vermeintliche Höhepunkt meiner Meinung nach etwas misslungen, sodass ich mit dem Ende nicht so richtig glücklich war. Insgesamt ist der Turm der Könige aber durchaus ein lesbarer historischer Roman, kein Highlight, aber doch unterhaltsam.

Veröffentlicht am 15.04.2017

Kleine Gefälligkeiten

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
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Stephanie lebt nach dem Tod ihres Mannes alleine mit ihrem Sohn in einem New Yorker Vorort. Der Alltag ist ausgefüllt mit Muttersein und Kindererziehung, in ihrer Freizeit bloggt sie über… das Muttersein ...

Stephanie lebt nach dem Tod ihres Mannes alleine mit ihrem Sohn in einem New Yorker Vorort. Der Alltag ist ausgefüllt mit Muttersein und Kindererziehung, in ihrer Freizeit bloggt sie über… das Muttersein und Kindererziehung. Etwas Halt und Abwechslung gibt ihr ihre beste Freundin Emily. Doch eines Tages verschwindet Emily spurlos. Stephanie tritt auf ihrem Blog eine Suche los, kümmert sich liebevoll um Emilys Sohn und kommt auch deren Mann näher…

Darcey Bell hat in ihrem Debutroman ein spannendes Szenario geschaffen: erfolgreiche Karrierefrau und Mutter verschwindet, inklusive überraschender Wendungen. Ihre Grundidee hat mir sehr gut gefallen, die Geschichte lässt sich gerade auch am Anfang sehr gut an. Leider hat Bell sich wohl ein bisschen an jüngste Bestseller wie Gone Girl oder Girl on the train ranhängen wollen, ich sah da schon einige Parallelen, was mir so ein bisschen den Lesespaß verdorben hat. Die Autorin schreibt flüssig und spannend, zieht allerdings im Laufe der Handlung so manches Kaninchen aus dem Schreiberlingshut, worunter die Glaubwürdigkeit der Geschichte relativ schnell leidet. Das Ende konnte mich dementsprechend auch nicht mehr überzeugen, wobei es durchaus stimmig mit der Entwicklung der Story war; nur halt nicht nach meinem Geschmack.
Mir ging die Figur Stephanie unendlich auf die Nerven: Sohn hier, Alltag mit Kindern da… sie ist das pure und reine Klischee der Übermutter, einer Frau, die nach der Geburt ihres Kindes NUR noch für ihre Mutterrolle lebt und sich selbst dafür komplett aufgibt. Ihre Blogeinträge, die sich übrigens sehr schön in den Lesefluss einfügen, strotzen vor Selbstbeweihräucherung und sind Ausdruck dieses Mutterseins und ihrer Heimchen-am-Herd-Einstellung. Ihre Vergangenheit umgibt ein düsteres Geheimnis, welches man erstens relativ früh in der Handlung errät und welches meiner Meinung nach so gar keine Funktion erfüllt und mir somit nur unnötig die Seiten gefüllt hat. Leider sind auch die anderen Hauptfiguren nur wenig sympathischer, sodass ich eigentlich so wirklich mit keinem mitfühlen wollte. Ein eher durchwachsenes Lesegefühl also, wobei mich der Erzählstil der Autorin schon angesprochen hat und ich ihr durchaus noch mal eine Chance geben würde. In einem Buch ohne Kinder ; )

Veröffentlicht am 04.04.2017

Sweetbitter

Sweetbitter
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„Essen wird zu einer Wissenschaft, definiert durch Sprache. Nie wieder wirst du einfach Nahrung zu dir nehmen.“
Die 22jährige Tess zieht mit Sack und Pack nach New York, zum Erwachsenwerden und zum Erleben. ...

„Essen wird zu einer Wissenschaft, definiert durch Sprache. Nie wieder wirst du einfach Nahrung zu dir nehmen.“
Die 22jährige Tess zieht mit Sack und Pack nach New York, zum Erwachsenwerden und zum Erleben. Einen rechten Plan hat sie nicht, bekommt jedoch unverhofft eine Stelle als Hilfskellnerin im edlen Restaurant am Union Square. Zwischen exquisiten Speisen und ausgesuchten Weinen lernt Tess nicht nur einiges über die Welt der Gourmets, sondern auch den anziehenden Barkeeper Jake kennen.

Sweetbitter ist der Debutroman von Stephanie Danler, die hier ihre eigenen Erfahrungen verarbeitet. Man merkt ihr die Liebe zum Beruf an, zu den Genüssen der gehobenen Küche, der Welt der Weinkenner. Ihre Beschreibungen des Geschmacks und Geruchs der Speisen, ihrer Anrichtung und auch ihrer Bedeutung in der High Society sind der Autorin hervorragend gelungen, man bekommt Hunger beim Lesen; selbst auf Austern ; ) Auch ihre Figuren, die Mitarbeiter des Restaurants wirken sehr echt, z.T. sind sie an Kollegen Danlers angelehnt, größtenteils jedoch Fiktion. Als Leser konnte ich nicht unterscheiden, wer „echt“ war und wer nicht. Die Hauptfigur Tess selbst war mir leider sehr unsympathisch, trotz ihrer jungen Jahre wirkt sie oft wie ein völlig gedankenloser Genussmensch, der nur für sich lebt. Natürlich gibt es auch solche Menschen, mir ging sie jedoch mit ihrer Art oft auf die Nerven. So hab ich ihr dann auch manche Niederlage gegönnt, ebenso ihre Probleme mit anderen Menschen. Danler hat keinen ganz einfachen Erzählstil, mir war er oft zu reduziert, andere Passagen hingegeben haben mich wiederum begeistert. Der Aufbau der Geschichte hat mir gut gefallen, Danler orientiert sich an den vier Jahreszeiten und gibt so der Story eine ansprechende Struktur.
Insgesamt habe ich dieses Buch mit gemischten Gefühlen gelesen, der Ausflug in die Welt des Genusses hat mir gut gefallen, die Hauptfigur und ihre Handlungen eher weniger. Kein ganz großer Knüller für mich, aber eine Autorin, die ich im Auge behalten werde.