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Veröffentlicht am 22.09.2021

Hopes and Dreams

Montags bei Monica
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Eigentlich will Monica das kleine grüne Notizbuch zurückgeben, das auf einem Tisch ihres Cafés liegengeblieben ist und auf dem „Projekt Aufrichtigkeit“ steht, aber der Besitzer ist zu schnell verschwunden. ...

Eigentlich will Monica das kleine grüne Notizbuch zurückgeben, das auf einem Tisch ihres Cafés liegengeblieben ist und auf dem „Projekt Aufrichtigkeit“ steht, aber der Besitzer ist zu schnell verschwunden. Der Titel macht sie neugierig, sie schaut rein und ist erschüttert, was Julian sich darin von der Seele geschrieben hat. „ICH BIN EINSAM. … Mit dem Alter bin ich unsichtbar geworden. Was mich besonders trifft, weil ich früher immer im Mittelpunkt stand.“ (S. 9) Er stellt die Frage, was passieren würde, wenn wir unser Gegenüber nicht mehr belügen, sondern immer ehrlich sind. Und am Ende schreibt er: „Das ist meine Geschichte. Bitte tun sie sich keinen Zwang an und werfen Sie sie in den Müll, wenn sie wollen. Oder geben Sie sich einen Ruck und schreiben Sie Ihre Wahrheit auf diesen Seiten nieder und reichen Sie das kleine Büchlein weiter. Vielleicht erleichtert Sie das ebenso wie mich.“ (S. 11)
Monica kann nicht widerstehen, auch sie schreibt ihre Wahrheit hinein. Über ihr Café, das zwar ihr Traum war, aber noch nicht so gut läuft wie erwartet. Wie sehr sie sich nach einem Partner und einem Kind sehnt, weil sie glaubt, nur damit eine vollwertige Frau zu sein. Dann setzt sie das Notizbuch wieder aus. Nichtsahnend, dass auch der der nächste Finder hineinschreiben und außerdem versuchen wird, ihr Leben positiv zu verändern – so wie sie versucht, Julian zurück ins Leben zu holen, ihn wieder sichtbar werden zu lassen.
Am Ende reist das kleine grüne Büchlein um die halbe Welt. Immer mehr Menschen schreiben neben ihren Wahrheiten auch ihre Hoffnungen und Träume hinein. Und finden sich nach und nach in Monicas Café ein ...

Julian hat sicher nicht zu hoffen gewagt, dass er mit dem Notizbuch eine Kettenreaktion auslösen und die Menschen zum Nachdenken und Handeln anregen würde. Er war früher ein berühmter Künstler, hat keine Affäre oder Party ausgelassen, obwohl er wusste, wie sehr er seine Frau damit verletzt.
Nicht nur Monica hat Mitleid mit ihm, wie er einsam in seinem Cottage inmitten seiner Schätze lebt, sich von nichts trennen und nichts Neues anfangen kann. Sie ruft einen Malkurs mit ihm als Lehrer in ihrem Café ins Leben, und der alte Herr in seinen exzentrischen Klamotten lebt wieder auf.
Auch für sie ändert sich einiges. Das Café schreibt endlich schwarze Zahlen, plötzlich steht ein Mann im Café, der zwar sicher kein Partner fürs Leben ist, sie sich aber wieder jünger als ihre 37 und vor allem unbeschwerter fühlen lässt. „Sie war wild und frei und tollkühn. Die Welt erschien ihr riesengroß und voller unendlicher Möglichkeiten, ganz anders als noch vorhin.“ (S. 93)

Clare Pooley vereinigt in ihrem Buch viele verschiedene Charaktertypen. Hazard surft ganz oben auf der Welle des Erfolgs und will nicht wahrhaben, wie schnell man ein Suchtproblem entwickelt. Riley ist ein jugendlicher, anscheinend immer fröhlicher und unbeschwerter Weltenbummler. Und Alice, die glücklich verheiratete junge Mutter führt das perfekte Instagram-Leben. Aber wie sieht es wirklich in ihnen bzw. uns aus? Was passiert abseits der Öffentlichkeit? Was sehen wir, wenn wir in den Spiegel sehen?

„Montags bei Monica“ ist für mich eine echte Entdeckung. Was nach einer locker leichten Unterhaltungslektüre klingt ist so viel mehr: warmherzig, überraschend, spannend und vor allem tiefschürfend, denn Clare Pooley stellt existentielle Fragen, hält uns einen Spiegel vor und regt zum Nachdenken (und vielleicht auch Handeln) an.

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Ein Troll und Gentleman

Das Inselweihnachtswunder
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Carola ist mit Leib und Seele Inselpastorin auf Föhr. Sie liebt den Friesendom und die Arbeit mit Menschen, ist jederzeit für ihre Gemeinde da und erfüllt auch den ungewöhnlichen Wunsch des Organisten ...

Carola ist mit Leib und Seele Inselpastorin auf Föhr. Sie liebt den Friesendom und die Arbeit mit Menschen, ist jederzeit für ihre Gemeinde da und erfüllt auch den ungewöhnlichen Wunsch des Organisten und Hallig-Bewohners Torin, für seine todkranke Großmutter Weihnachten um eine Woche vorzuziehen. Aber wie sie dem Chef der Tafel helfen soll, der kein Geld mehr in der Kasse hat, oder der alleinerziehenden Mutter mit zwei kleinen Kindern, die kurz vor Weihnachten ihre Wohnung verlieren wird, weiß sie nicht. Und dann wird ein Geldkoffer an Land gespült, der viele Probleme lösen könnte …
Außerdem ist Carola traurig, dass sie Heiligabend nach der Christmesse wieder allein nach Hause gehen wird. Jetzt ist sie schon 35 und immer noch Single. Auf der Insel scheint es keinen passenden Mann für sie zu geben. Ob der Troll Nis Puk Abhilfe schaffen kann? Irgendwas Wahres ist ja meist am Aberglauben dran. Wenn sie wenigstens sie anderen Alleinstehenden überzeugen könnte, mit ihr zusammen in der Inselbuchhandlung Weihnachten zu feiern, aber sie bekommt nur Absagen ...

Ich habe Carola sofort gemocht. Sie ist eine sehr sympathische, engagierte, liebvolle, mitfühlende, zupackende und besorgte Pastorin. Sie sieht nicht weg, wenn jemand Hilfe braucht und schafft es mit ihrem ganz eigenen Charme, das Herz so manches unfreiwilligen Spenders zu erweichen. Als plötzlich so viel Geld auftaucht, gerät sie in einen echten Zwiespalt. Denn sie weiß sofort, wie sie es verteilen würde – aber es gehört ihr nicht. Also vertraut sie auf Gott und fordert sein Urteil heraus.

„Das Inselweihnachtswunder“ ist eine bezaubernde, herzerwärmende und sehr besinnliche Weihnachtsgeschichte, bei der auch die Liebe nicht zu kurz kommt. Sie ruft dem Leser mit leisem Humor ins Gedächtnis, worauf es nicht nur zu Weihnachten wirklich ankommt – nämlich Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen und daran zu denken, dass Geben seliger denn Nehmen ist.
Man merkt dem Buch an, wie sehr der Autor die Inseln und das Meer liebt, wie gut er sich dort auskennt. Er beschreibt alles sehr bildlich, man sieht die Orte förmlich vor sich. Auch die poetischen Beschreibungen der Natur gehen ans Herz: „Der Himmel leuchtete feuerrot, durchzogen von lavendelfarbenen Wolkenstreifen.“ (S. 134) Zudem habe ich mich sehr gefreut, einige Bekannte aus der Reihe „Die Inselbuchhandlung“ wiedererkennen.

Ein wunderbare Weihnachtsgeschichte mit Herz, Humor und Nordsee-Flair.

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Veröffentlicht am 17.09.2021

Dörfliche Idylle?

Wie ein Schatten im Sommer
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Vio ist mit ihren Eltern gerade nach Walddorf gezogen, einem Ort, der seinem Namen alle Ehre macht. Dörfliche Idylle inmitten von Wäldern und Badeseen: „Eine Eisdiele, ... ein Döner-Laden, drei Kneipen, ...

Vio ist mit ihren Eltern gerade nach Walddorf gezogen, einem Ort, der seinem Namen alle Ehre macht. Dörfliche Idylle inmitten von Wäldern und Badeseen: „Eine Eisdiele, ... ein Döner-Laden, drei Kneipen, ein Tennisverein und zwei Italiener, wobei nur einer von denen liefert.“ (S. 5) – Pizza Panda. Konstantin, der Fahrer, kommt auf einer Vespa, hat zwei Panda-Plüschohren am Helm und das tollste Lächeln, das Vio seit langem gesehen hat. „Mit jedem Schritt, den ich näher komme, wird sein Lächeln schöner und mein Herz etwas aufgeregter.“ (S. 130)

Vios Eltern, die schon in München ein Restaurant hatten, übernehmen die Gaststätte des Tennisvereins. Sie wollen einen unbeschwerten Neuanfang, doch die Schatten der Vergangenheit holen sie bald wieder ein. „Es ist ungerecht, dass ausgerechnet die Menschen, die man am liebsten aus der Erinnerung verbannen will, immer über eine Wildcard für die eigene Aufmerksamkeit verfügen werden.“ (S. 290)

Konstantin und Vio verlieben sich, doch sie erschrickt, als ausgerechnet sein Bruder Robin und dessen Freunde fremdenfeindliche Parolen grölen und es nicht nur beim Grölen bleibt. Und dann scheint Konstantin seinem Vorbild Robin nachzueifern ...

Adriana Popescu hat mich wieder geflasht und von der ersten Sekunde an in Vios und Konstantins Kosmos gezogen. Ich erlebe die zarten Anfänge ihrer Liebe, das Kribbeln im Bauch, den verheißungsvollen Sommer inmitten der Natur und neuer Freunde. Ich freue mich für Vio, die endlich angekommen zu sein scheint und deren Plan, nach einem Jahr wieder zu gehen, immer unwahrscheinlicher wird, denn Konstantin ist hier tief verwurzelt. Außerdem ist da noch Mone, die Vio als einzige völlig unvoreingenommen und ohne Bedingungen oder Vorurteile begegnet und ihre beste Freundin wird. Doch dann schlägt die Stimmung um und Vio wird mit ihren alten Ängsten konfrontiert.
Adriana Popescu zeigt, wie schnell und nahezu unbemerkt jemand in die rechte Szene abrutschen kann, wie beeinflussbar wir, wie fließend die Übergänge zwischen kritischen Äußerungen und Fremdenhass sind. „Das alles war von Anfang an eine beschissene Idee. Alles daran. Das wusste ich schon vorher, alles in mir wusste es. Aber ich Vollidiot habe selbstverständlich mitgemacht, weil es leichter ist, mitzulaufen, als stehen zu bleiben und seinen eigenen Weg einzuschlagen.“ (S. 436)

Ich habe mich sofort in die Figuren verliebt, die so real und überzeugend sind.
Vio wird von ihrer neuen Clique bewundert und beneidet, schließlich ist sie aus München. Dass ihre Realität dort alles andere als glamourös war, weiß hier niemand. „Wir alle bilden uns zu schnell eine Meinung über unser Gegenüber, basierend auf so albernen Dingen wie dem Haarschnitt, Make-up oder dem Fehlen davon, Klamotten oder eben den Geschichten, die wir von anderen hören.“ (S. 412)

Konstantin ist der nette Junge von nebenan, den alle mögen und der in allen Vereinen ist, weil er niemanden enttäuschen will. Er eifert seinem großen Bruder nach, der irgendwie immer besser war als er, und verpasst darüber, sich eine eigene Meinung zu bilden, seinen Platz im Leben und seine Stimme zu finden. „… der Junge, der niemanden verletzt, der nie etwas Falsches sagt. Und aus Angst davor, überhaupt etwas falsch zu machen, sagst du gar nichts und machst es einfach immer schlimmer.“ (S. 93)

Doch am meisten hat mich Mone fasziniert. Sie ist die beste Freundin, die man sich nur wünschen kann, macht ihren Mund auf, wenn es nötig ist, und anderen stets klar, wenn sie eine Grenze übertreten. Ihre Zivilcourage hat mich beeindruckt.

„Wie ein Schatten im Sommer“ ist ein sehr eindringliches und wichtiges Buch über (Geschwister-)Liebe, Freundschaft und Zivilcourage. Es zeigt, wie Gruppendynamik funktioniert, was passieren kann, wenn die Jugend ohne Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz und Zukunftsvisionen aufwächst und darum die Schuld bei Unschuldigen sucht und den Ausländerhass schürt. Und trotzdem schafft Adriana Popescu es, am Ende wieder Hoffnung auf Veränderung und eine bessere Zukunft zu schüren. Denn: „Es gibt kein Verfallsdatum für Träume.“ (S. 271)

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Leben heißt Veränderung

Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen
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„Erst mit dir ist alles vollständig geworden. Ich dachte früher, es muss der Sohn sein, der alles weiterführt. Ich habe mich getäuscht … Die Töchter werden es tun, meine 4 Töchter …“ (S. 346)
Lange haben ...

„Erst mit dir ist alles vollständig geworden. Ich dachte früher, es muss der Sohn sein, der alles weiterführt. Ich habe mich getäuscht … Die Töchter werden es tun, meine 4 Töchter …“ (S. 346)
Lange haben Miri und ihre Halbschwestern auf die Anerkennung ihres Vaters Friedrich Thalheim warten müssen, stammt er doch noch aus einer Generation, in der nur die Söhne etwas galten. Dabei beweisen Silvie, Rike, Flori und Miri seit Jahren ihr Können im Familienunternehmen, dem Kaufhaus Thalheim.
Doch jetzt, Ende der 60er Jahre, sind die Welt, Deutschland und Berlin wieder einmal im Wandel. Die Haare und Röcke werden kürzer, die Klamotten und Musik schriller, das Leben freier. Wenn das Thalheim mit der Zeit gehen will, muss sich was ändern, finden die Schwestern. Sie wollen ihren Vater überzeugen, aus dem Kaufhaus „Thalheim City“ zu machen – lauter kleine Shops und abgeschlossene Abteilungen, in denen die verschiedenen Geschmäcker der KundInnen thematisch bedient werden können.

„Einen vertrauten Ort aufzugeben, fühlte sich für Miri an, als würde ihr erneut der Boden unter den Füßen weggezogen. … wer sich wie sie unter dem Naziregime als Flitzer zwei endlose Jahre in geheimen Kammern, abgelegenen Bauernhöfen oder Lauben hatte verstecken müssen, in der der ständigen Angst, gefasst, deportiert und getötet zu werden, konnte sich nicht mit einem Fingerschnipsen in neuen vier Wänden einleben.“ (S. 17)
Auch privat steht Miris Leben Kopf. Ihre Adoptivtochter Jenny ist in der Pubertät und sie ziehen gerade um als sie feststellt, dass sie mit Anfand 40 endlich schwanger ist – dabei hatte sie diese Hoffnung längt begraben. Dann begegnet sie auch noch ihrer ersten Liebe wieder, dem Mann, der ihr im Krieg geholfen hatte.

Genauso spannend, aufregend und abwechslungsreich wie die damalige Zeit war, erzählt Brigitte Riebe jetzt Miris Geschichte. Die bisher stets so starke Frau gerät an ihre Grenzen. Ihr Baby ist ein Schreikind, die große Tochter wird immer aufmüpfiger, ihre Ehe plätschert nur noch vor sich hin und die aktuellen Begebenheiten katapultieren sie immer wieder in die Nazizeit zurück, lassen sie die Schrecken noch einmal erleben. Dazu kommt der Kampf mit Friedrich um die Umgestaltung und Umstrukturierung des Kaufhauses, Miri kann oft einfach nicht mehr. Ihre Jugendliebe wird zum Rettungsanker und Ruhepol. Er kennt sie besser als jeder andere und weiß, was sie damals erlebt, wie sie sich gefühlt hat.

„Ein neuer Morgen“ ist so bunt und vielfältig wie die 70er. Brigitte Riebe bezieht die aktuelle Mode, Musik und Politik ein. Rut Brandt kauft ihre Kleider immer noch bei Miri, weil deren Modelle so frisch und unkonventionell sind, immer am Puls der Zeit; ein neuer Kanzler wird gewählt; Jimi Hendrix gibt ein Konzert, das nur 7 Titel dauerte (Dass das schon als Konzert zählt, hat mich echt überrascht).
Innerhalb der weitreichenden Familie Thalheim werden das politische Tagesgeschehen, die Studentenaufstände und Attentate auf Rudi Dutschke und Benno Ohnesorg heiß diskutiert und zum Teil live miterlebt. Außerdem muss man sich mit Themen wie freie Liebe, Kommune, Künstlerkolonie und Blumenkinder auseinandersetzen.

Ich habe mich gefreut, dass auch Friedrich Thalheims Herzenstochter Miri noch ihren eigenen Band bekommen hat und ich mehr über sie erfahren durfte. Jetzt schließe ich das Buch mit einem lachenden und einem weinenden Auge – die Ära der Thalheims ist zu Ende.

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Veröffentlicht am 10.09.2021

Die Schönheitskönigin

Ein Traum von Schönheit
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New York 1922: Esther Mentzer ist die Tochter jüdisch-ungarischer Einwanderer und träumt davon, am Broadway im Rampenlicht zu stehen. „Auch wenn der amerikanische Traum nur für die wenigsten Wirklichkeit ...

New York 1922: Esther Mentzer ist die Tochter jüdisch-ungarischer Einwanderer und träumt davon, am Broadway im Rampenlicht zu stehen. „Auch wenn der amerikanische Traum nur für die wenigsten Wirklichkeit wurde, so schienen alle fest daran zu glauben.“ (S. 125)
Ihr Onkel John, ein böhmischer Apotheker, stellt auch in Amerika in einem kleinen Gartenlabor (pflanzliche) Arzneimittel her. Er bringt der interessierten Esty, wie sie innerhalb der Familie gerufen wird, bei, wie man Cremes und Lotions herstellt. Für sie ist es zu Beginn nur ein spannendes Hobby, doch als sie ihren Freundinnen bei deren Hautproblemen in der Pubertät wirklich helfen kann, erwacht ihre Geschäftstüchtigkeit. In kleine Marmeladengläschen abgefüllt, verkauft sie ihre All Purpose Creme zuerst auf der Straße, später in Schönheitssalons, den Foyers großer Hotels und auf Partys privater Gastgeberinnen. Aber ihr Traum ist es, eigene Stände in den großen Kaufhäusern wie z.B. dem Saks, zu betreiben.

Beate Maly alias Laura Baldini erzählt in “Der Traum von Schönheit“ vom Aufstieg der „Schönheitskönigin“ Estée Lauder, einer visionären Vorreiterin ihrer Branche, die Pflegeprodukte und Kosmetik auch für einfache Frauen bezahlbar machte, als erste Unternehmerin Proben als Kaufanreiz verteilte und auf natürlichen und unbedenklichen Inhaltsstoffen bestand. „Jeder kann sehen, dass Ihre Produkte wirken. Sie sind das lebende Beispiel. Der Inbegriff von Schönheit. … Außerdem sind Ihre Cremes erschwinglich und nicht so schrecklich überteuert. Es ist doch furchtbar ungerecht, dass nur reiche Frauen sich Schönheit leisten können“ (S. 8)

Estée hat mir imponiert. Sie ist eine willens- und durchsetzungsstarke Frau, die sich nicht so schnell unterkriegen lässt. Die Vorwürfe hochnäsiger reicher Kundinnen und überheblicher einflussreicher Männer, die sie nicht ernstnehmen, lächelt sie einfach weg und geht unbeirrbar ihren Weg. Ich fand es faszinierend, dass sie wirklich überall ihre Produkte dabeihatte (und auch verkaufte, selbst im Fahrstuhl) und immer wieder ihren Namen sagte, damit man sich an sie erinnerte. Auch die Vorführung und den Verkauf meisterte sie lange allein.
Genau so modern und visionär wie im Geschäftsleben, sind sie und ihr Mann auch im Privaten. Er kümmert sich um den Haushalt und den gemeinsamen Sohn, um ihr den Rücken freizuhalten – und findet das völlig normal. „Du bist ehrgeizig. Deine Firma bedeutet dir alles. Sie ist dein Leben.“ (S. 239) Doch die Anfeindungen ihrer Freunde und Bekannten, die in der Sorge gipfelt, das Kind könne bleibende Schäden nehmen, nur weil der Vater es windelt, lassen Estée irgendwann nicht mehr kalt. Passt ihr Mann überhaupt noch zu ihr oder bremst er sie nur in ihren Expansionsplänen? Ihre Ehe steht auf der Kippe …

Laura Baldini schreibt extrem fesselnd und anschaulich. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so sehr habe ich mit Estée um ihren Aufstieg und ihre Ehe gefiebert. Mir hat sehr gut gefallen, dass sie Estée nicht eindimensional angelegt hat, sondern ihre Zerrissenheit sehr glaubhaft schildert, den unbedingten Willen zum Erfolg, für den sie auch ihre Ehe aufs Spiel setzt, und die Liebe zu ihrem Mann. Und obwohl die Geschichte über 2 Zeitebenen erzählt wurde, erfuhr man nicht zu früh, wie es letztendlich ausgeht.

Obwohl ich selber kaum Kosmetik und nur selten Gesichtscremes benutze, fand ich das Thema Schönheitsprodukte und deren Entwicklung, Herstellung und Zusammensetzung sehr interessant. Beeindruckt hat mich auch Estée Lauders Philosophie „Wer sich Zeit für sich selbst nimmt, der mag sich. Und wenn eine Frau sich mag, dann strahlt sie eine Schönheit aus, die von innen kommt.“ (S. 174)

5 Sterne und meine Leseempfehlung für diese beeindruckende Romanbiographie.

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